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Full text of "Die Medizinische Fakultät zu Leipzig im ersten Jahrhundert der Universität; Jubiläumsstudien von Karl Sudhoff. Mit 16 Tafeln"

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Studien  zur  Geschichte  der  Medizin 

herausgegeben 

xon  der  Puschmann-Stiftuns  an  der  l'niversität  Leipzig 

Redakteur:    Karl   Sudhuff 


Heft  S 


Die  medizinische  Fakultät 


Leipzig 


im  ersten  Jahrhundert  der  Universität 

Jubilaumsstudien  von 

Karl  SudhofF 

Mit  i6  Tafeln 


Leipzig  1909 
Verlag  voq   Johann  Ambrosius  Barth 


R 


McLzjfcr  &  Wittig  in  Lcipzii;. 


Vorwort. 


Die  Gefahren  der  Lokalliistorik  sind  bei<annl.  Sie  steigern 
sich,  wenn  eine  feierliche  Gelegenheit  den  Anlaß  gibt,  und  werden 
dadurch  gewiß  nicht  geringer,  wenn  die  Untersuchungen  nicht  von 
langer  Hand  unternommen  sind,  weil  dem  Autor  die  Bodenstandig- 
keit  fehlt,  er  sich  also  einarbeiten  muß,  wo  andere  begeistert  ans 
Ausarbeiten  gehen! 

Dies  Alles  war  mir  völlig  klar,  schon  als  ich  diese  Studie  im 
Spätherbste  1908  begann.  Kein  irgendwie  gearteter  Auftrag  hat 
mich  dazu  veranlaßt,  trotzdem  dies  Wagnis  zu  unternehmen,  einzig 
das  Bedürfnis,  mir  selbst  über  die  Anfänge  und  die  erste  Ent- 
wickelung  einer  wissenschaftlichen  und  lehrenden  Körperschaft  klar 
zu  werden,  der  nahe  zu  stehen,  ich  seit  vier  Jahren  die  Ehre 
genieße,  mir  klar  zu  werden  über  den  Entwickelungsgang  und 
die  Bedeutung  der  medizinischen  Eakultät  Leipzig  im  Gesamtbilde 
deutschen  Universitätslebens  am  Ende  des  Mittelalters. 

Von  vornherein  schien  es  mir  geboten,  der  Untersuchung  die 
in  den  letzten  Worten  ausgesprochenen  gemessenen  Grenzen  zu 
ziehen,  eiimial  weil  nur  so  eine  Spur  von  Aussicht  bestand,  eine 
wirkliche  Durcharbeitung  des  Themas  zu  erreichen  und  damit  der 
Arbeit  einen  mehr  als  ephemeren  Wert  zu  sichern,  zweitens  weil 
sie  damit  in  dem  Rahmen  blieb,  den  ich  mir  für  die  nächsten  Jahre 
gespannt  hatte,  die  Medizin  im  deutschen  Mittelalter  und  den  Zeiten 
der  Renaissance  und  des  Humanismus  erneut  zu  durchforschen. 
Wenn  ich  ihm  auch  nur  selten  das  Wort  gestattet  habe,  so  mag 
dieser    größere,    allgemeinere    Gesichtspunkt    der    folgenden    Arbeit 


doch  zugiitc  gckoininrn  sein,  \m  ni^slcus  iiulcin  er  die  Heijiistcnins;" 
zum  Teil  ersetzte,  deren  Auslösunq  tlen  mehr  als  beschritkiun 
Anfanijen  medizinischen  Lehrens  und  1  rcibcns  (vun  l'orschen  l.iUi 
sich   kaum   n-dcnl   im   MriUniscIun  versain   war. 


Wer  sich  den  Hisltiriker  nur  als  den  Iaudat<)r  temporis  acti 
vorstellen  kann,  wird  hier  nicht  auf  seine  Kosten  kommen.  Aber 
auch  die  I  listorie  der  Medizin  hat  diesen  Kindheitsx.ustand  über- 
wunden. Es  gilt  hier  dasselbe,  was  etwa  bei  der  Beurtcilimg  d(;s 
gTOÜen  Giovanni  Battistita  Morgagni  maUgebend  ist,  dem  man 
es  mit  vollem  Rechte  als  grundlegendes  Verdienst  annichnet,  tlaU 
er  zum  ersten  Male  mit  dem  1  lunger  nach  Sensationillem  in  der 
pathologischen  Anatomie  aufräumte,  mit  der  spielerischen  Freude 
am  Ungewöhnlichen,  am  AuLieronlenllichen,  mit  der  Bevorzugung 
lies  Monströsen  in  der  Bcforschung,  das  erst  aus  der  Kenntnis  des 
Alltäglichen,  der  mit  Regel mäUigkeit  auftretenden  pathologischen 
Erscheinungen  Bedeutung  und  Verständnis  gewinnen  kann,  aus  der 
systematischen  Untersuchung  aller  X'eränderungen  aller  Organe  unter 
bestimmten  pathologischen  Bedingungen.  —  In  ähnlicher  Weise  ist 
in  der  Erforschung  der  kulturellen  Entwickelung  die  Kontinuität  zu 
erfassen,  was  damit  niemals  gelingen  wird,  daß  man  sein  Augen- 
merk nur  auf  das  Außergewöhnliche,  das  „Große"  richtet,  nur  auf 
die  ragenden  Erscheinungen  gewaltiger  Lebensäußerung  und  alle 
Niederungen,  Stagnationen  und  Rückständigkeiten  völlig  außer  Acht 
läßt  oder,  was  noch  schlimmer  ist,  das  L'nverstandene,  weil  ernstlich 
nicht  Untersuchte,  mit  gangbar  aburteilenden  Redensarten  abtut. 
Das  Flachland  hat  nicht  nur  volkswirtschaftlich  seine  Bedeutung 
ebenso  wie  die  gewaltigen  Gebirgsmassive,  deren  Durchwanderung 
den  Geist  erhebt.  Auch  hier  ist  für  den  rechten  Standpunkt  „die 
Aussicht  frei".  —  — 

Im  Bewundern  wie  im  Tadeln  ist  das  Maßhalten  das  Schwere, 
das  die  Gerechtigkeit  des  Urteils  und  seine  Richtigkeit  allein  ge- 
währleistet. Der  Fehler  ist  nicht  etwa  geringer,  wenn  der  Biograph 
der    Größe    seines    Helden    allzuwillig    sich    hingibt,    als    wenn    der 


Kulturhistoriker  an  einer  Zeiterscheinung  nur  die  Schattenseiten 
sieht  in    beiden    Fallen    ist    der    Maßstab    verloren    gegangen. 

Jedoch  ist  mit  dem  Maßhalten  in  diesem  Sinne  dem  temperament- 
vollen Erfassen  uml  zur  Darstellung  bringen  noch  nicht  das  Urteil 
gesprochen,  wenigstens  nicht  für  den  hier  Schreibenden,  wie  z.  B. 
der  ristoris-Mellerstadlstreit  den  Leser  lehren  mag,  der  manchem 
zu  temperamentvoll  angefaßt  scheinen  wird  und  doch  gerade  da- 
durch buchstäblich  die  historische  Wahrheit  tribt.  —   — 


Wenn  im  Folgenilen  trotz  mancher  entgegenstehender  Schwierig- 
keiten —  auch  außer  der  Kürze  der  Zeit')  —  im  Ausschnitt  ein 
Bild  korporativen  Gelehrtentums,  redlich  lehrenden  Strebens  und 
wissenschaftlicher  Kleinarbeit  in  den  Jahrzehnten  der  zu  Ende  gehenden 
Scholastik  wahrheitsgetreu  gezeichnet  ist,  wie  ich  hoffe,  so  dürfte  es 
in  erster  Linie  dem  Bestreben  zu  danken  sein,  nur  die  ersten  Quellen 
reden  zu  lassen,  allein  die  Akten  und  die  literarischen  Spuren  der 
denkenden,  strebenden  und  handelnden  Persönlichkeiten  zur  Unter- 
suchung heranzuziehen  und  das  damit  gewonnene  Material  in  mög- 
lichster Schlichtheit  und  U^nmittelbarkeit  zum  Wort  zu  bringen,  dagegen 
erst  in  dritter  und  vierter  Linie  alles  Das  einzusehen  und  zu  be- 
rücksichtigen, was  bisher  über  die  Leipziger  medizinische  I-"akultat 
und  ihr  Leben  im  ersten  Jahrhundert  der  Universität  da  und  dort 
zerstreut  berichtet  worden  ist.  Trotzdem  man  also  nur  geringe 
Spuren  im  vorliegenden  Hefte  davon  finden  wird,  gesehen  und  ge- 
lesen habe  ich  doch  wohl  alles  Einschlägige.  Mir  schien  aber  weder 
zu  seiner  geordneten  literarischen  Zusammenstellung  begründeter 
Anlal3,  noch  zu  einer  raisonnierenden  Auseinandersetzung  mit 
etwaigen  abweichenden  Darstellungen  anderer.  Ich  denke  auch 
hierin  ist  trotzdem  ersichtlich,  daß  die  Untersuchung  ebensowohl 
in   die  Breite  wie  in  die    liefe  ging. 

Wo  Lücken  noch  klaffen  und  .Xufklänuig  noch  vonnöten,  weiß 
ich    selbst    wohl    am   besten;    ich    habe   es   nirgends   zu   verschleiern 

')  Ein  wesentlich  früherer  Beginn  dieser  Quellenstudic,  w.ir  schon  dadurch  ausgeschlossen, 
daß  die  ältesten   Fakultälsaktcn  Jahre  lang  nach  auswärts  versandt  waren. 


versucht.  Am  unvollstamlijjstcn  ina;^  vielleicht  der  (>.  Abschnitt 
iibcr  ilio  literarische  Bet;itijp.inif  der  Leipzitjer  Mediziner  in  ilieseni 
Zeitraum  sein,  trutzdem  er  weitaus  den  cfölitcn  Kaum  einnimmt. 
Naturcfcmäli  war  er  iler  Letzte,  iler  zur  .\usarbeitung  kam.  Das 
bis  1509  Gedruckte  ist  vielleicht  doch  noch  nicht  vülliof  erschöpft 
und  in  tlem  1  landschriftlichcn  ist  wohl  erst  der  .Anfang  gemacht.  Möge 
auch  ilieser  .Xnfang  einiger  Beachtung  wert  gehalten  werden  —  ein 
Schelm  gibt  mehr  als  er  hat,  und  das  Jubiläum  steht  vor  iler  Tür  — 
möge  es  in  neue  glückliche  Zeiten  gesegneter  .\usbildung  des  jungen 
deutschen  Nachwuchses  und  zu  reicher  wissenschaftlicher  Ernte  auf 
allen    t'icbieten   hinüberleiten    die   glorreiche    Alma  Mater  l.ipsiiiisis! 

Leipzig,  den   4.  Kili    1909. 

Karl  Sudhoff. 


Inhaltsverzeichnis. 


Seile 

Vorwort "' 

Verzeichnis  und   Krklärung  der  Abbildungen vrii 

Aus  dem  ersten  Jahrhundert  der  Leipziger  medizinischen  Fakultät. 

1.  Universitätsgründung.     Konstituierung    und    äußeres  Leben    der   medizinischen    Fakultät    in 

den  ersten  J.ihrzehnten.     Die  ersten  Promotionen.     Dotierung  zweier  Lehrstellen  3 

2.  Inneres  Leben  der  Fakultät.     Die  ersten  Satzungen  und  ihr  weiterer  Ausb.iu 22 

3.  Die  erste   Reformation   der  Universität  im  Jahre   1502/3    und    die   durch  ihr  Aktenniaterial 

gegebenen  Einblicke  in  das  Fakultätsleben    und    den  Lehrbetrieb  in  den  letzten 

Jahrzehnten  des   15.  Jahrhunderts 39 

4.  Aus  dem  Dekanatsbuch  der  Leipziger  medizinischen  Fakultät  unter  fünf  Dekanen,  1440  — 1509  57 

5.  Die  Stadt  und   die  Arzte  der  Fakultät 86 

6.  Literarische  Betätigung  der  Leipziger  Ärzte  und   Professoren  der  Medizin 100 

Anhang. 

1.  Die  Statuten  vom  Jahre   1503,  mit  Zusatzbeschlüssen  bis  ums  Jahr   1520 159 

Wichtige   neue   Bestimmungen    in    dem    behördlicherseits    erlassenen   Fakultätsstatut 

von    1543 171 

Spätere    ergänzende   Beschlüsse   und   Ausführungsbeslimmungen    der   Fakultät    vom 

Jahre    1555  usw 172 

2.  Äußerungen  der  verschiedenen  Mitglieder  der  Leipziger  Universität  über  Mängel  und  Keform- 

bedürftigkeit   der   medizinischen    Fakultät    in    den    Gutachten    zur   Reformation 

der  Hochschule  auf  Anfordern  Herzog  Georgs  verabfaßt  im  Oktober  1502    .     .      175 

3.  Akten  betreffend  die  Schmiedebergsche  Stiftung  für  das  Gehalt  eines  Arztes  am  Georgen- 

hospital zu  Leipzig  im  Jahre    15 17 182 

4.  Diätetische  Verhaltungsvorschriften  in  Peslzeiten  und  Vorschriften  zur  Pestkur  von  Dr.  med. 

Vinzcnz  Seh woff heim  von  Liegnitz 185 

5.  Daz  ist  wider  dy  pastilencz,  ein  Pestregimen  für  die  Frau  von  Plauen 192 

6.  Ein  Gesundheitsregiment    für  Kurfürst  Friedrich   den    Sanftmütigen   (1428 — 1464)  von  Dr. 

med.  Johann  Meurer  in  Leipzig '     .     .     200 

7.  Ärztliche   Ratschläge    für    die  Reise    für   einen    sächsischen    Herzog,    anscheinend   aus  der 

2.  Hälfte  des   i  j.  Jahrhunderts 205 

Namenregister 209 


Verzeichnis  unil   l'jkläiuni'    der  Ahhildunecn. 


Tafel  I,     Eine  Seite  aus  dem  ältesten  Statutenbuche  der  I-eipiigcr  medizinischen  Knkultüt. 

Beginn  der  Eintragungen  iil>cr  Promotionen  und  Rcreplioncn  (Einlr.igungcn  der 
Dekane  Gerhard  Hoghcnkcrkc,  Helmold  Glcdcnstedc,  Jakob  Mcscberg, 
Johann  Schipnitz  von  Weida  und  Johann  Wagner  von  Landsberg),  vgl.  S.  5  T. 
u.  S.  ;8  (T. 

Tafel  II.  Dekanatskonto,  angelegt  auf  der  Innenseite  des  hinteren  HinKinddcckels  des  1.  Slatuten- 
buches  von  Dekan  Dr.  Johann  Schipnitz  von  Weida  (s.imt  eigcnhrindigen  Ein- 
tragungen der  Dekane  Valentin  Becke  von  Schmicdcbcrg  und  Johann  Wagh  von 
Halle).     Xg\.  S.  80  ff. 

Tafel       III.      1.  Grabmal  der  Familie  Pistoris  in  der  Thom.iskirchc  zu  Leipzig.     Vgl.  S.  95. 

2  u.  3.  Großes  und  kleines  Siegel  der  medizinischen  Fakultät  zu  Leipzig.    Vgl.  S.  19  ff. 

Tafel  IV.  „Der  Sterbende",  Tafelgcmälde  von  Lukas  Cranach  d.  Alt.  vom  „Schmidburgschcn 
Altar",  weiland  in  der  Nikolaikirche  zu  Leipzig,  gemalt  1518.  (Grabmal  des  Dekans 
Valentin  Becke  von  Schmiedeberg.)  Heute  in  der  städtischen  Gemäldegalerie  zu 
l^ipzig.     Vgl.  S.  96  f. 

Tafel  V.  Donatorengruppc  der  Familien  Becke  von  Schmiedeberg  (links  der  Sohn  Heinrich 
und  der  Vater  Valentin)  und  Pistoris  (rechts  der  Vater  Simon  und  der  Sohn 
Christoph,  samt  den  Stamm-Müttern,  Martha  Pistoris  geb.  Schmiedeberg  und  Ursula 
Schmiedeberg  geb.  Proles,  gemalt  1522,  gestiftet  von  Simon  Pistoris  d.  Alt.,  unter 
einem  Kreuzigungsbilde  von  Georg  Lembcrgcr  auf  der  Innenseile  der  Schreintürc  des 
„Schmidburgschcn  Altars",  weiland  in  der  Nikolaikirche  zu  Leipzig,  heule  in  der 
städtischen  Gemäldegalerie.     (Vgl.  S.  98.) 

Tafel  VI.  Gesamt-Tilel  und  Untertitel  des  anatomischen  Abschnittes  von  Peyligks  ,,Compcn- 
dium'',   1499  (vgl.  S.  114). 

Tafel    VII.     Situsbild  aus  Peyligks  Compendium,   1499  (vgl.  S.  120  f.). 

Tafel  VIII.     Organ-Abbildungen  aus  Peyligks  Compendium,   1499  (vgl.  S.  119). 

Tafel      IX.     Titel  und  Bild  der  geistigen  und  Sinnesqualitäten  aus  Hundts  „Antropologium",    1501. 

Tafel        X,     Organbilder  aus  Hundts  „Antropologium",   1501    (vgl.  S.  Iiq  u.  120). 

Tafel      XI.     Organbilder  aus  Magnus  Hundts  „Antropologium",   1501  (vgl.  ebenda). 

Tafel     XII.     Situsbild  der  „Compcndiosa  declaratio"  von   1516  (vgl.  S.  121). 

Tafel  Xin.     Titelblätter  zweier  Schriften  Martin  PoUichs  von  Meilerstadt,  ca.  l495(vgl.S.  122  u.  133). 

Tafel  XIV.     Leipziger  medizinisches  Disputationsprogramm  Kaspar  Keglers,    1512  (vgl.  S.  138). 

Tafel     XV.     Facsimilia  von  Titeln  zu  Schriften  von  Pollich  und   Pistoris. 

Tafel  XVI.  i.  Titelblatt  der  letzten  Streitschrift  Pollichs.  2.  Gedruckte  Vorlesungsanzeige  von 
Konrad  Tocklcr  (über  die  „Spera  materialis")  von   1507  (vgl.  S.  87  f.). 


Aus  dem  ersten  Jahrhundert 
der  Leipziger  medizinischen  Fakultät. 


Geichichle  der  Medizin.     Vlll. 


1.   Universitätsgründung. 

Konstituierung  und  äulieres  Leben  der  medizinischen  Fakultät 

in  den  ersten  Jahrzehnten.     Die  ersten  Promotionen. 

Dotierung  zweier  Lehrstellen. 

Praga  modo  doleas  nunquam  caritura  dolore, 
Cum  cicro  careas,  qui  le  ditabant  honore ! 
Lyptzk  exuhare  fers  maxima  gaudia  quare, 
Nam  facis  intrare  lucentia  lumina  clare'). 

Prag,  vorübergehend  der  Sitz  der  Regierung  des  deutschen  Reiches,  vorüber- 
gehend ein  Mittelpunkt  geistigen  Lebens  für  weite  Strecken  deutschen  Landes, 
auch  für  Schlesien,  Meißen,  Thüringen,  Bayern,  hatte  seine  günstige  Position 
für  kleinvölkliche  lokale  Sonderinteressen  auszunützen  versucht  —  zu  eigenem 
Schaden.  Die  vom  König  Wenzel  seitens  der  „Natio  bohemica"  schlau  er- 
schlichene Entrechtung  der  anderen  drei  Nationen,  der  bayerischen,  sächsi- 
schen und  polnischen,  die  durch  Dekret  vom  i8.'26.  Januar  1409  ihnen  allen 
dreien  nur  noch  je  eine  Stimme  gab  gegenüber  drei  Stimmen  der  böhmischen 
Nation,  und  die  gewaltsame  Amtsentsetzung  ihres  erwählten  Rektors  und  des 
Dekans  der  Artistenfakultät  am  9.  Mai  hatten  die  schnöde  um  60jährige  Rechte 
Betrogenen  mit  dem  allgemeinen  Auszug  beantwortet. 

Der  stärkste  Strom  hatte  sich  nach  der  kleinen  Stadt  im  Meißnischen 
gewendet  und  in  Leipzig  die  6.  deutsche  Universität  gegründet,  die  bald  manche 
ihrer  älteren  Schwestern: 

Prag   1348 

Wien   1365 

Heidelberg   1386 

Köln  1388 

Erfurt  1392 

weit  überstrahlen  sollte.  Nach  der  Stadt  an  der  Pleiße  „in  loco  fertili  et  sub 
aere  temperato"  hatten  sich  nach  ihrem  Wegzug  aus  Prag  etwa  40  Magistri 
und  Doctores  und  400  Baccalarien  und  Studenten  gewendet,  wo  ihnen  ein  kluges 
Fürstenpaar  freundlich   eine  Stätte,    vor  allem   zwei  abgabenfreie   Gebäude    in 

')  Geschrieben  ans  Ende  einer  Handschrift  des  „Clariücatorium"  Johannis  de  Tornamira 
von  Heinrich  Lamme,  Dr.  med.  aus  Lübeck,  etwa  1410.  (Ms.  med.  Fol.°  Xr.  1  der  Stadt- 
bibliothek in  Lübeck.)  Lamme  bat  viele  Abhandlungen  in  Montpellier  während  seiner  Studien- 
jahre in  andere  Lübecker  Handschriften  kurz  vor  und  nach  dem  Jahre   1400  abgeschrieben. 

I* 


j  I .    UnirersiOtsgrUndun;;. 

der  Kitterstraüo  uiul  der  iVtcrsstr.iÜc  gelogen,  das  „Grolic"  und  das  „Kleine 
Kolleg"  rur  Nut/.ung  anwies,  damit  zunächst  für  20  l.eluer  freie  Wohnung  (im 
größeren   12,  im  kleineren  8)  und  Hesoldung. 

Als  das  papstHche  Privileg,  in  Pisa  von  Alexander  \'.  am  9.  Septem- 
ber 1409  ausgefertigt,  eintraf,  das  in  der- neuen  Universitätsstadt,  ,,in  oppido . . . 
loci  amcnitate  non  modica  circumcirca",  ein  „Studium  generale"  ins  Leben 
rief,  „sacrae  theologiae  et  utriusque  juris  nee  nun  medicinae  et  Septem  libe- 
ralium  artium",  mit  allen  Privilegien  und  Rechten  in  weitestem  Umfange,  da 
hatten  sich  die  Herkömmlinge  vom  ungastlichen  Prag  schon  um  manchen 
wackeren  Mann  von  andersher  vermehrt. 

Man  hatte  sich  in  vier  Nationen  wieder  zusammengeschlossen,  der  Meißner, 
Sachsen,  Bayern  und  Polen,  mit  völlig  gleichen  Rechten,  und  schon  vorher 
den  Landesherren  ein  X'erzeichnis  der  Lehrer  überreicht,  das  46  Namen, 
Magistros  et  Doctores,  aulweist,  darunter  7  Mediziner:  't 

(3)  ^Igr-  N'incentius  Wyaw  doctor  medicinae 

(4)  Mgr.  Gerhardus  Hogenkirche  doctor  medicinae 
(25)     Mgr.  Helmoldus  de  Zolticcdel  (doctor  inedicinac) 
(31)     Mgr.  Anshelmus  de  Fraiiketistcyn  (doctor  medicinae) 
(34)     Mgr.  Nicolaus  Fabri  de  Sagano  (doctor  medicinae^ 
(36)     Mgr.  Jo.   Hilden 

(42)     Mgr.  Lubertus  de  Osenbrug  [doctor  medicinae). 

Die    eigentliche    Konstituierung    des   Lehrkörpers    wurde    mit    der    Wahl 
eines  Dekans  der  philosophischen   Fakultät    am   24.  Oktober  1409   vollzogen, 
der  sofort  eine  Matrikel  dieser  Gesamtfakultät  anlegte,  in  der  alle  Magister  und 
Baccalarien   genau   nach   dem  Jahre   ihrer   Promotion  .Aufnahme   fanden.     Dies 
Verzeichnis   des  Lehrerkollegiums   von  M.  Heinrich  Bernhagen,   sächsischer 
Nation,  erstem  Dekan   in  Leipzig,   ist  erhalten  und  bringt  unter  42  Magistern 
von  den  obengenannten  Medizinern  fünf  in  folgender  Reihenfolge: 
(4)     Mgr.  Helmoldus  de  Zoltwedel  (Sa.x.) 
(26)     Mgr.  Gerhardus  Hogenkergh  (Sax.) 
{32)     Mgr.  Nicol.  Fabri  (Pol.) 
(33)     Mgr.  Jo.  Hilden  (Bav.) 

Mgr.  Lubbertus  de  Ozenbrugg  (Bav.)') 

')  Das  kursiv  Gedruckte  ist  später  beigesetzt,  teilweise  auf  Rasuren  der  Universitatsmatrikcl. 
In  allen  handschriftlichen  Dokumenten,  welche  im  Folgenden  zum  Abdruck  gelangen,  sind  u  und  v, 
sowie  ae  und  e  nach  modernem  Brauche  geregelt,  desgleichen  die  Interpunktion.  Die  Orthographie 
der  Originalien  ist  im  übrigen  beibehalten.  Die  Abkürzungen  sind  aufgelöst,  die  Eigennamen  durch- 
gehends  mit  grollen  Anfangsbuchstaben  geschrieben. 

*)  Vizentius  Wyaw,  der  hierin  fehlt,  war  Bacc.  art.  zu  Trag  1383,  Magister  1387,  später 
Doctor  medicinae;  er  scheint  die  Universität  Leipzig  früh  wieder  verlassen  zu  haben.  Anshelmus 
de  Frankensteyn  war  1391  zu  Prag  Bacc.  art.,  1405  Magister  geworden.  Er  ist  vielleicht  mit 
M.  Anscimus  de  Frankenberg  identisch,  der  im  Sommer  1410  in  Leipzig  inskribiert  wurde  (wie  auch 
Wyaw)  und  im  Prager  Über  decanorum  nicht  vorkommt.  Ferner  findet  sich  Magister  Bernhard 
Vorschove  de  Monasterio,  Dr.  med.  von  Bologna,  im  Sommersemestcr  141 1  immatrikuliert,  er  trat 
also  in  den  Lehrkörper  der  jungen  Hochschule  ein.     Weiteres  verlautet  nicht  von  ihm. 


FakultätsgrtlDduni;. 


Sämtliche  Lehrer  der  Universität  waren  Magistri  artiuni  und  zunächst 
Mitglieder  dieser  Fakultät,  und  dadurch  im  Mitgenuß  aller  Rechte  derselben. 
Die  Hildung  gesonderter  weiterer  Fakultäten  ließ  auf  sich  warten.  Die  Mediziner 
schlössen  sich  erst  im  Jahre  1415  zu  einer  medizinischen  Fakultät  zu- 
sammen, ohne  daß  damit  die  Verpflichtung  zum  Hesitz  der  Magisterwürde  in 
der  philosophischen  Fakultät  in  Wegfall  kam  ' .  Wie  wir  noch  sehen  werden, 
war  auch  das  allgemeine  philosophische  Studium  Vorbedingung  für  die  medi- 
zinischen SpezialStudien.  In  diesen  V^orbereitungsstudien,  worin  Vorlesungen 
über  Aristotelische  Schriften  (darunter  auch  „de  coelo"',  „meteora",  „parva 
naturalia"),  über  die  topica  des  Boethius,  über  Arithmetik,  Euklids  Geometrie 
und  über  Planetentheorie  mit  inbegriffen  waren,  müssen  wir  keine  irgend  be- 
denkliche philosophische  Dressur,  sondern  einfach  einen  Ersatz  für  unsere  höhere 
Mittelschulbildung  auf  Gymnasium  und  Oberrealschule,  einen  Vorbereitungs- 
modus zum  eigentlichen  Fachstudium  behufs  Schaffung  einer  breiteren  wissen- 
schaftlichen Grundlage  und  Erlangung  einer  höheren  Allgemeinbildung  suchen. 


.Am  10.  Juli  141 5,  also  fast  6  Jahre  nach  der  Begründung  des  Studium 
generale  in  Leipzig,  konstituierte  sich  die  Facultas  medica,  oder  wie  sie  im 
ganzen  ersten  Säkulum  und  noch  lange  nachher,  ja  heute  noch  auf  den 
Fakultätssiegeln  heißt,  die  „Facultas  Medicine".  Noch  heute  besitzt  sie  ihr 
erstes  Statutenbuch,  das  kurz  nach  141 5  angelegt  wurde.  Es  besteht  heute  aus 
8  Pergamentblättern  in  Folio  von  330:220  mm,  die  in  Holzdeckel  mit  Leder- 
überzug gebunden  und  mit  zwei  Schlössern  geschlossen  waren,  die  jetzt  ver- 
schwunden sind,  wie  weiland  das  Statutenbuch  selbst  aus  den  Händen  der 
Fakultät  % 

Als  erste  Eintragung  im  Statutenbuche  der  Leipziger  medizinischen 
Fakultät  finden  sich  von  der  Hand  Helmolds  von  Gledenstede  (vgl.  Tafel  I) 
spätestens  im  Jahre  143 1  die  Namen  folgender  neun  Doktoren  als  Mitglieder 
der  Fakultät: 

Haec    sunt    nomina   doctorum    facultatis   medicinae   studii   Lypzensis 
mgr.  Gherardus  Hoghenkerke 
mgr.  Vincencius  Haller 
mgr.  Vincencius  de  Nysa 
mgr.  Helmoldus  Gledenstede  de  Zoltwedel 
mgr.  Johannes  Kynst^, 


')  Sie  ausdrücklich  in  den  Statuten  vorzuschreiben,  hatte  man  anfangs  versäumt  und  erst 
ein  unliebsamer  Zwischenfall  im  Jahre  1 508  führte  dazu,  diese  Lücke  in  der  schriftlichen  Fixierung 
des  Usus  auszufüllen. 

■)  In  den  Jahren  1518— 1573  oder  gar  1584.  Genaue  Angaben  über  dies  Sututenbuch 
siehe  zu  Beginn  des  2.  Abschnittes  S.  22  ff. 

')  Johannes  Kuntz,  Haderslevensis  Sa.\onus  schreibt  J.J.Vogel  auf  dem  Umschlag  des 
Mitgliederverzeichnisses  der  medizinischen  Fakultät  (s.  u.  S.  u).  In  der  Matrikel  kann  ich  diesen 
nicht  finden. 


I .    Vni\-eniUUgnlndun|;. 

ingr.  Lubbertus  de  Oicnbrugha') 

mgr.  Johannes  Hyldcn 

mgr.  Nicolaus  Fabri 

mgr.  Johannes  Hoppe  de  Jutcrbuk. 

Es  schlieft  sich  direkt  an,  von  der  Hand  des  gleichen  Herrn  Dekan,  die 
Eintragung  einer  vcrstcnl)  Doktorpromotion  ^s.  Tafel  I  Sp.  1),  welche  am 
9.  Oktober  143 1  in  der  Nikolaikirche  stattfand,  wie  es  noch  lange  Zeit  nachher 
tur  diesen  feierlichen  Aktus  die  Regel  bildete  -). 

Über  die  älteste  urkundlich  beglaubigte  Leipziger  medizinische  Doktor- 
promotion ist  also  mit  folgenden  Worten  in  dem  Fakultätsalbum  berichtet: 

Anno  domini  M''cccc''xxxi  nona  die  mensis  Octobris  in  die  Dyonisii 
magister  Nicolaus  Schulteti  de  Frankenvordis  et 
magister  lacobusMerzeborch  de  Stendal  receperunt  insignia  doctoratus 
medicinae  a  magistro  et  doctore  medicinae  Helmoldo  Gledenstede 
de  Zoltwedel   in  ecclesia  sancti  Nicolai   civitatis  Lypkzensis  et   inibi 
ad  facultatem  medicinae  studii  Lypkzensis  sunt  recepti. 

Zwischen  dem  9.  Oktober  143 1  und  dem  November  144",  also  in  abermals 
16  Jahren,  sind  von  verschiedenen  Händen  im  ganzen  11  weitere  Magister  in 
das  Fakultätsalbum,  d.  h.  auf  freie  Blätter  des  Statutenbuches  ohne  nähere 
Zeitangabe  eingetragen  worden. 

Zunächst  abermals  die  beiden  am  9.  Oktober  1431   Promovierten: 

Magister  Nicolaus  Schulteti  de  Frankenfordis 
und     Magister  Jacobus  Meseberch  de  Stendal. 

Des  weiteren 

Magister  \'incencius  Swoffheym  de  Legenitz 
und     Magister  Franciscus  Korcze  de  Wratislavia. 

Es  folgt  sodann  als  zusammengehörige  Eintragung,  von  der  nämlichen 
Hand,  die  auch  schon  Franz  Korze  eingetragen  hatte,  vermutlich  des  promotus 
anni   1431   Jakob  Meseberg,  eine  Gruppe  von  6  Promovierten: 

mgr.  Petrus  de  Pawlicow 
Magister  Johannes  Weyda 
Magister  Johannes  Meurer 
Magister  Nicolaus  Pistoris 
mgr.  Conradus  Deynhardi 
mgr.  Johannes  Stauffmann 

')  Lubertus  Starten  Osnabrugcnsis  nennt  ihn  Vogels  Verzeichnis  auf  dem  Umschlag 
und  trlgt  ihn  unter   1425  ab  Fakultätsmitglied  ein. 

•)  Für  diesen  Zweck  mußten,  ebenso  wie  für  die  an  gleicher  Stelle  abgehaltenen  Promotionen 

.-.r  T^-  !    '.•     ■'.'■■   y.  ■■■•,]].,  erst  Katheder  und  Sitze   aufschlagen  (G.  Erler,  Matr.  2.  XLI  u.  XXI). 


FakultätsgrUndung. 


welche  allesamt  —  „sicher  ein  großes  Ereignis  für  die  kümmerlich  vegetierende 
Fakultät!"  sagt  ein  früherer  Autor  —  nachträglich  (von  Meseberg  selbst!)    als 

.  I  a  domino  doctore  Jacobo  Mesebergk 

universitate  ,  j     c-^     j  i 

...  de  Stendal 

Lipczensi    ) 

durch  eine  Klammer  zusammengefaüt  sind  am  Fuß  der  ersten  Spalte  des  Blattes  ( 1 1  f 
(vgl.  Tafel  I  Spalte  I).  Doch  ist  es  durciiaus  unwahrscheinlich,  daß  auch  alle  diese 
sechs  auf  einen  Tag  mit  dem  Doktorhut  geschmückt  worden  seien.  Dagegen 
spricht  schon  die  völlig  verschiedene  Stimmung  der  eintragenden  Hand,  die  nur 
für  VVeyda  und  Meurcr,  \'ielleicht  auch  noch  für  Nie.  Pistoris  (der  später  mit 
anderer  Tinte,  weil  zu  blaß  in  der  Sclirift,  überfahren  worden  ist)  die  nämliche 
ist,  und  für  Deynhardi  unil  Stauffmann.  Doch  selbst  die  Annahme  wäre  falsch, 
daß  sie  die  Gesamtleistung  eines  Dekanatsjahres  Jakob  Mesebergs  darstellen, 
der  noch  lange  Jahre  diesen  Ehrenposten  nach  dem  Jahre  1441  bekleidete, 
wie  wir  noch  sehen  werden. 

Wir  werden  im  4.  Abschnitte  die  einzelnen  Doktorpromotionstermine 
fast  aller  hier  genannten  Mediziner  noch  kennen  lernen;  es  handelt  sich  bei 
der  ganzen  Liste  offenbar  nicht  um  Doktorpromotionen,  sondern  um  Bac- 
calariatsprüfungen  und  daran  anschließende  Promotionen  zum  Baccalaureus 
medicinae,  die  aber  auch  nicht  an  einem  und  demselben  Termin  erfolgt  sind. 

Die  genannten  zwei  Doktoren  und  zehn  Baccalarien  der  Medizin  in  38  Jahren 
seit  der  Universitätsgründung  reden  eine  bewegliche  Sprache.  Es  war  recht  mager 
bestellt  mit  der  „Facultas  medicinae"  an  der  Hochschule  im  Meißnischen!  Hatte 
sich  doch  nicht  einmal  ein  besonderes  Doktorenbuch  gelohnt;  man  fand  auf 
den  leeren  Blättern  des  Statutenbuches  Platz;  ja  auch  noch  in  späteren 
Statutenbüchern  blieb  es  bei  diesem  Brauche  und  als  es  Rechnungsbücher 
gab,  benutzte  man  diese  zur  Eintragung  der  neugebackenen  Doctores  und 
Baccalaurei. 

Überhaupt  war  es  mit  dem  Besuche  der  Universität  Leipzig  in  ihrem 
ersten  Jahrhundert  und  auch  später  noch  nicht  gerade  glänzend  beschaffen.  An- 
fangs waren  es  hauptsächlich  Prager,  die  nach  Leipzig  kamen,  doch  ging  seit 
dem  Wintersemester  1410  ihre  Zahl  schnell  herunter.  Bis  zum  Jahre  1433  finden 
sich  „Pragenses",  die  gebührenfrei  waren,  wenn  sie  dort  den  vollen  Betrag  er- 
legt hatten,  in  der  Matrikel  aufgeführt.  Die  Gesamtzahl  der  Inskribierten,  die 
im  ersten  Semester  507  betrug,  fallt  im  Wintersemester  1415/16  auf  115  und 
steigt  bis  1422  23  auf  310,  um  1429  30  wieder  auf  85  zu  fallen.  Darauf  wieder  ein 
langsames  Ansteigen  auf  471  und  ein  jäher  Absturz  auf  171  Inskribierte  im 
Winter  146S/69  und  wieder  ein  ziemlich  stetiges  Ansteigen  auf  539  im  Jahre 
1508/9,  wobei  zu  bemerken  wäre,  daß  im  Sommersemester  stets  die  meisten 
Immatrikulationen  stattfanden').     An  dem   zeitweisen   Segen   der   Inskriptionen 

'j  Vgl.  Erler,  Matrikel  i,  LXV  und  Drobisch,  Beiträge  zur  Statistik  der  Universität 
Leipzig,  1848.  In  großem  Zusammenhang  und  äußerst  übersichtlich  und  scharfsinnig  behandelt  die 
g.in/e  Frequenzfrage  der  Universitäten  die  vorzügliche  Arbeit  von  Franz  Eulenburg,  die  Frequenz 


s  i  rsiUUcrtnduiu: 

hatten  aber,  wie  wir  noch  h  »rcn  wenlcn.  die  Mediziner  all/.eit  den  geringsten 
Anteil.  Sollen  doch  selten  mehr  als  20  Medi/.incr  zu  gleicher  Zeit  in  Leipzig 
studiert  haben,  häufig  sugar  nocli  weit  weniger. 

Zu  dem  betriiblichen  Zustand,  in  dem  sich  die  ,,.\])ollinischc  Kunst" 
£U  Leipzig  in  den  ersten  Jahrzehnten  befand,  liat  gewiÜ  der  Umstand  mit  bei- 
getragen, daß  noch  29  Jahre  nach  der  Gründung  der  Hochschule  ins  Land 
gingen,  ehe  überhau])t  aucii  nur  ein  Pfennig  an  Lehrgehältern  nder  sonstiger 
Dotierung  lür  die  Mediziner  aulgewendet  wurde. 

Dali  das  so  nicht  weiter  gehen  könne,  wurde  denn  auch  an  den  ent- 
scheidenden Stellen  in  Dresilen  und  Merseburg  eingesehen.  Und  indem  die 
herzoglichen  Hruder  Friedrich  und  Wilhelm  am  2.  Februar  143S  in  der  so- 
genannten „donatio  240  sexagenorum"  der  Universität  eine  bescheidene  Summe 
neuer  Mittel  als  jahrliche  Quote  zuwiesen,  trafen  sie  durch  die  zugehörige 
Keformationsordnung  vom  24.  Februar  143S  gemeinsam  mit  dem  Hischof 
Johannes  von  Merseburg  die  Hestimmung,  da(J  von  nun  an  zwei  voUdoticrte 
KoUegiatenstellen  im  großen  Kolleg  den  Professoren  der  Medizin  vorbehalten 
bleiben  sollten,  unabhängig  von  dem  im  übrigen  erhalten  bleibenden  VVahl- 
turnus  der  Nationen.  So  finden  wir  denn  von  nun  an  zwischen  den  beige- 
setzten Bav.,  Mis.,  Sax.,  Fol.  in  den  Listen  des  großen  Fürstenkollegs  die 
Bezeichnung  Med.  hinter  einer  Reihe  von  Namen;  das  sind  eben  unsere  medi- 
zinischen Universitätslehrer,  die  nun  endlich  I  lausung  und  Nahrung,  wenn  auch 
in  bescheidenstem  Grade,  gefunden  hatten.  Freilich  scheint  die  Änderung  nicht 
sofort  in  vollem  Umfang  in  Kraft  getreten  zu  sein,  da  doch  erst  eine  solche 
Stelle  frei  werden  mußte.  Doch  sehen  wir  uns  die  betreffenden  Stellen  dieses 
wichtigen  Aktenstückes  einmal  an,  das  im  Original  noch  heute  im  Universitäts- 
archiv sich  befindet.  (Nr.  8.)  Nach  einer  einleitenden  Begrüßung  und  einer 
allgemeinen  Betrachtung  über  die  Unzulänglichkeit  nicht  völlig  bis  ins  Kleinste 
geordneter  und  geregelter  Dinge  geht  das  Reskript  sofort  auf  die  mangelhafte 
Dotierung  und  Ausgestaltung  der  medizinischen  Fakultät  ein:  ') 

.  .  .  universitatem  nostram  studii  Lipczensis  non  in  omnibus  facultatibus 
plene  dispositam  sed  quoad  egregiam  medicinae  facultatem  propter 
lectorum  carentiam  lectionumque  defectum  per  plures  iam  praeteritos 
annos  minus  sufficienter  fuisse  ordinatam,  igitur  super  his  et  aliis  dictae 
almae  universitatis  necessariis  .  .  .  mature  deliberavimus  super  certis  reformati- 
onibus  pro  commodo,  incremento  et  prosperitate  eiusdem  almae  universi- 
tatis .  .  .  Primo  statuimus,  volumus  et  ordinamus,  ne  de  cetero  praefata 
facultas  in  lectoribus  deficiet,  ut  in  collegio  nostro  maiori  apud  sanctum  Nico- 
laum  duae  collegiaturae  proxime  vacantes  in  perpetuum  sint  pro  duobus  valcn- 


der  deutschen  Universitäten  von  ihrer  Gründung  bis  zur  Gegcnw.irt.  Abhandlungen  der  philologisch- 
historischen  Klasse  der  Königl.  Sächsischen  Gesellschaft  der  Wissenschaften  Bd.  XXIV  Nr.  2, 
Leipzig  1904,  323  S.  Lex.-8". 

')  Vgl.  Stube  1,  Urkundeob.  d.  Univ.  Leipzig  S.  31 — 33  Xr.  23;  Zarncke,  Statulenbücher 
d.  Univ.   Leip^ii'  S.  6 — <,. 


Die  ersten  medizinischen  Professuren. 


tibus  doctoribus  in  medicinis  reservatae,  et  quod  ad  eas  assumentur  duo  me- 
dici,  non  habita  distinctione  nationum,  qui  legendo  singulis  diebus  perficere 
poterint  ac  in  ceteris  actibus  scolasticis  in  ipsorum  facultate  utiliter  praeesse. 
Debent  quoque  duo  iili  nicdici  cum  collegiatis  ceteris  dicti  collegii  maioris  in 
singulis  obventionibus  participare,  si  in  coUegio  stare  elegerint,  alias  in  solo 
corpore  collegiaturae  debent  esse  contenti.  Item  volumus  et  ordinamus,  ut 
octo  collegiaturae  in  nostro  coUegio  praefato  mancant  quo  ad  dispositionem 
nationum  in  ordinatione  laudabili  hactenus  observata,  sed  quo  ad  residuas  col- 
legiaturas  ser\'etur  tornus  inter  nationes  ut  nunc  bis,  nunc  illis  iuxta  ordinem 
ex  eis  provideatur.  Ouoniam  vero  naturalis  expostulat  ratio  iurisque  dispositio 
idem  profitetur,  ut  hi  ceteros  pinguiori  praecellant  stipendio,  quos  labor  expectat 
prolixior  fructusque  utilior  alios  facit  anteire,  hinc  est  quod  volumus,  statui- 
mus  et  ordinamus,  ut  hü  duo  phisici  qui  ad  legendum  in  singulis  diebus  legi- 
bilibus  prae  ceteris  sint  collegiatis  astricti,  ultra  obventiones  coUegiis  maioris 
habeant  Stipendium  duarum  collegiaturarum  in  collegio  nostro  minori  apud 
sanctum  Petrum  proxime  vacantium,  quas  et  nos  per  praesentes  pro  eis  reser- 
vamus  in  perpetuum.  Ne  vero  deficiat  numerus  magistrorum  collegii  eiusdem, 
statuimus,  volumus  et  ordinamus,  ut  ad  praefatas  duas  collegiaturas  duo  assu- 
mantur  artium  magistri  nationum  tamen  debita  servata  distinctione,  qui  in 
cameris  ac  singulis  aliis  eiusdem  collegii  obventionibus  solis  corporibus  colle- 
giaturarum pro  medicis  ut  praeniittitur  reservatis  cum  aliis  praetacti  collegii 
collegiatis  participare  debeant  plenarie  et  admitti,  sintque  ab  omnibus  oneribus 
mensae,  donec  eis  aut  alicui  eorum  in  corpore  provisum  fuerit,  penitus  exone- 
rati  .  .  .  Datum  et  actum  Lipczk,  anno  domini  .  .  .  [1438]  .  .  .  feria  tertia 
proxima  post  Mathiae  apostol.     [25.  Febr.  143S.] 

Im  großen  Kolleg  bei  der  Nikolaikirche  sollen  also  den  Medizinern  außerdem 
Wahlturnus  der  Nationen  zwei  Kollegiaturen,  wie  oben  gesagt,  reserviert  bleiben 
für  zwei  leistungsfähige  Doktoren  der  Medizin,  die  täglich  Vorlesungen  halten  und 
die  übrigen  Unterrichtshandlungen  und  -Übungen  leiten  können,  und  zwar  sollen 
diese  beiden  Arzte  entweder  wie  die  anderen  Kollegiaten  im  Kolleg  Wohnung 
nehmen  oder  w'enigstens  der  Körperschaft  angehören.  Außerdem  werden  den 
beiden  medizinischen  Lehrstellen  auch  noch  die  Einkünfte  zweier  Kollegiaturen 
am  kleinen  Kolleg  (bei  St.  Peter  zugewiesen,  was  die  kümmerliche  Arithmetik 
dieser  Nährstelle  noch  mehr  erschwerte,  da  nach  einer  komplizierten  Rechnungs- 
aufstellung im  Statutenbuch  dieses  kleinen  Fürstenkollegs  in  Folge  der  Schaffung 
dieser  zwei  neuen  Medizinerstellen  jeder  Kollegiat  wöchentlich  nur  noch  40 
Groschen  zu .  besehen  hatte  statt  früher  54 '). 

In  den  Genuß  dieser  neugeschaffenen  Pfründen  scheint  zunächst  nur  der 
zweite  Dekan  der  medizinischen   Fakultät,   Dr.  med.  Helmold  Gledenstede 

')  Vgl.  BeiUüge  zur  Geschichte  der  Universität  Leipzig  in  ihren  ersten  Jahrhundert.  I.  Das 
älteste  Statutenbnch  des  kleinen  Fürstenkollegs,  hrsg.  v.  Karl  Boysen,  Leipzig  1909,  S.  40  f.  und 
die  Ausführungen  im  3.  Abschnitt  S.  51  ff.,  wo  das  gesamte  Einkommen  aus  beiden  Kollegiaturen 
für  einen  Medizinprofessor,  der  ja  doch  fast  immer  ein  verheirateter  Mann  sei,  auf  wenig  mehr  als 
40  Gulden  im  Jahre  angegeben  wird  (an  anderer  Stelle,  S.  48,  auf  44  Schock  Groschen  also  etwa 
130  Gulden). 


I  ,^  I .    UniversittUgründung. 

von  Salzwcdel  gckomnu-n  zu  sein;  er  ist  bis  zu  seiiuni  Tode  1441  im  CkiiuÜ 
der  Stelle  geblieben,  wahrend  im  Jahre  1440  Jacobus  Mcseberg  und  l-ranz 
Korr  aus  Breslau  in  dies  Kolleg  eintraten  und  gleichzeitig  Joh.  Sclupnitz 
aus  Weyda  ins  kleine  Kolleg  Aufnahme  fand,  das  er  aber  1447  wieder  verließ, 
um  an  die  Stelle  des  resignierten  Korz  zu  treten  —  „majoris  coUegii  coUe- 
giatus  (actus  discessit" '). 

Mit  dem  Jahre  143S  beginnen  auch  in  dem  Verzeichnis  der  Fakultäts- 
mitglieder bei  den  F"akultätsakten  -)  erst  die  Eintragungen  der  „Professores 
medicinae",  deren  in  der  uns  hier  beschäftigenden  Zeit,  dem  ersten  Jahrhundert 
der  Universität  allezeit  nur  zwei  gewesen  sind,  der  Professor  der  praktischen 
Medizin  und  der  der  theoretischen. 

Der  Professor  practicae  war  der  ältere  und  rangierte  an  erster  Stelle; 
der  Professor  der  Theorik  jjflegte  beim  Abscheiden  des  Kollegen  für  die  prak- 
tische Medizin  oder  bei  dessen  Rücktritt  in  dessen  Stelle  aufzurücken,  mit  der 
auch  die  Bekleidung  des  Dekanats  in  Personalunion  verbunden  war.  Das  Ein- 
rücken in  die  Professura  Pathologiae,  also  die  theoretische  Professur,  pflegte 
mit  dem  Eintritt  in  das  große  Kolleg  zeitlich  zusammenzufallen,  naturgemäß, 
doch  stelle  ich  der  Übersicht  halber  die  Reihenfolge  der  Professores  Therapiae 
und  Pathologiae  nach  dem  Mitgliederverzeichnis  der  Fakultät  zusammen,  womit 
gleichzeitig  die  Liste  der  Dekane  für  diesen  Zeitraum  gegeben  ist. 

1.  Gerhardus  Hohenkirch   1415  — 1429  (t)  Dekan 

Prof.  Path.  Prof  Therapiae 

2.  Helmold  Gledenstede' ,  u.  Dekan 

de  Salzwedel (1438)  1428— 1441  (t) 

')  Folgendes  ist  die  Liste  der  Mediziner,  die  ich  mir  bei  Zarnckc,  Urkundl.  Quellen  S.  "49  ff„ 
unter  den  Mitgliedern  des  Collegium  majus  ausgezogen  habe: 

— 1441.     S.        Helmoldus  Gledenstede,  Solzwedelio  Marchicus. 
[ — 1426.     B.        Lubertus  Starten,  Osnabrugensis.] 
1434  —  1462.     S.        Ja.  Mcseberg,    discessit   1438,   seJ    1440   acccpta   profcssione   medica 

iterum  rcceptus. 
1440— 1447.     Med.  Franz  Korz,  Wratislav.,  resignavit. 
1447—1484.     Med.  Jo.  Schipnitz,  Weydensis. 
1462 — 1490.     Med.  Valentinus  Becke,  Schmiedebergensis, 
1484 — 1499.     Med.  Joh.  Wagh,  Halensis. 

(1490 — 1508.     M.       Wcnceslaus  Fabri  [nicht  im  Turnus  der  Mediziner]). 
1490 — 1509.     Med.  Joh.  Currifex  al.  Wagner,  Landsbergensis. 
1500 — 1507.     P.        Guiliclmus  Haltcnhof,  Thorunensis. 
1508—1523.     Med.  Simon  Pistoris,  Lipsiensis. 
1509-1542.     Med.  Henr.  Stromer,  Auerbaco-Bavarus. 
Im    „kleinen  KoUeg"    habe    ich  (bei  Fr.  Zarncke,  urkundl.  Quellen,  S.  764  (T.)  außer  dem  oben- 
erwähnten Joh.  Schipnitz  Weydensis   nur  1490 — 1500  Wilhelm  Haldcnhof  gefunden,    ehe 
er    „in    coli,   majtts   cooptatus   discessit";    es  werden    aber   weiter   noch   als   Mitglieder  des  kleinen 
Kollegs    aufgefiühjt,    die    nicht    in   das  Große   aufrückten:    Nico  laus   Sculteti   de   Frankenfordia 
(ad  Viadmm),  Conradus  Deinhard,   Wetteranus 

')  Allerdings  ist  dasselbe  späteren  Datums,  wie  wir  noch  sehen  werden. 

3i  1,1  .,!.  nti,.,ii   schreibt  Vogels  Verzeichnis  der  Fakultätsmitglieder  konsequent. 


Die  ersten  Professoren  und  Dekane.  I  i 

Prof.  Patli.  l'rof.  Tlicrapiae 

3.  Jakob  Mcsenberg,  u.  Dekan 

de  Stendal 143S— 1441  1441  — 1463  (t) 

4.  Johannes  Schipnitz, 

de  Weida 1447— 1463       1463— 14S4  (t) 

5.  Valentinus  Becke, 

de  Schmideberg     ....    1471  — 14S4  14S4— 1490  (t) 

6.  Johannes  Wagh  ;U'ack  , 

de  Halle 14S4— 1490  1490—1499  (t) 

7.  Johannes  Wagner, 

(Currifex)  de  Landsberg.     .   1490— 1499  1499—1509  (t) 

8.  Simon  Pistoris, 

de  Lipsia 1508— 1509  [1509— 1523  (t)] 

[Henricus  Stromer, 

de  Auerbach 1516—1523  1523— 1542    t  ] 

Die  Professur  der  Pathologie  schiene  nach  dieser  Tabelle  der  Dekane  er- 
hebliche Lücken  aufzuweisen,  ja  sogar  in  den  Jahren  1441  — 1447,  1463 
bis  1471,  1499 — 1508,  1509 — 1515  überhaupt  nicht  besetzt  gewesen  zu  sein. 
Es  werden  diese  Lücken  aber  dadurch  ausgefüllt,  daß  eben  eine  Reihe  von 
Professoren  der  theoretischen  Medizin  (Pathologie)  nicht  in  die  Professur  für 
praktische  Medizin  (Therapie)  und  damit  ins  Dekanat  ein-  bzw.  nachrückten,  z.  B. 

Franciscus  Kortze 
de  Vratislavia   1440 — 1447, 

der  aus  bisher  unbekannten  Gründen   1447  resignierte,  und 

Wilhelm  Haldenhoff,  Thorunensis 

der  1490 — 1500  Mitglied  des  kleinen  Kollegs  und  von  1500 — 1507  Mitglied 
des  großen  Kollegs  gewesen;  er  war  1499  Dr.  med.  geworden.  Beide  waren 
Vertreter  bzw.  Lehrer  der  Pathologie,  also  der  theoretischen  Professur  auch 
nach  dem  Mitgliederverzeichnis  der  Fakultät,  einem  Folioheft  mit  Korrekturen 
von  der  Hand  des  Leipziger  Historikers  S.  J.  Vogel.*)  Nach  diesem,  welches 
für  jedes  Jahr  von  1438 — 1730  die  Mitglieder  der  Fakultät  zusammenstellt, 
hat    also   Franz    Korz   im   Jahre   seines  Rektorates    1441    den   Lehrstuhl    der 

')  Vgl.  Zarncke,  Die  urkundlichen  Quellen  S.  893  ff.  Ein  Folioheft  von  33  beschriebenen 
Blättern  in  der  Zeit  von  1709 — 1720  von  der  Hand  eines  Berufsschreibers  geschrieben  und  von 
J.  J.  Vogel  durchkorrigiert,  der  auch  für  die  Jahre  1409 — 1437  die  lückenhaflen  Notizen  eingetragen 
hat,  die  noch  zu  eruieren  waren.  Vermutlich  stellen  die  Jahre  1438 — 1709  die  Abschrift  eines 
früheren  derartigen  Verzeichnisses  dar,  dessen  Original  in  Verlu.>;t  geraten  ist.  Eine  andere  Hand 
hat  das  jährliche  Mitgliedenerzeichnis  der  Fakultät  und  das  in  zweiter  Spalte  danebenstehende 
Dozentenverzeichnis  bis  zum  Jahre  1730  weitergeführt.  Es  folgen  dann  noch  23  unbeschriebene 
Seiten.  Soweit  ich  die  Angabe  dieses  Verzeichnisses  aus  dem  Anfang  des  18.  Jahrhunderts  nach- 
prüfen konnte,  scheinen  sie  mir  im  ganzen  recht  zuverlässig. 


\2  1      liincrsitätsßTündunB. 

Pathologie  bestiegen  und  1447  darauf  resigniert '\  Willioltn  HaldonhotY  das 
theoretische  Lehrlach  1500 — 150S  vertreten.  Nacli  der  gleichen  OucUe  liat 
den  Lehrstuhl  der  Pathologie  von  14(54  -14<l{)  oder  1470  Xicolaus  Pistoris 
innegehabt,  1509-bis  1516  Konrad  Nieseniann  (t  1511  und  von  1511  an 
Christof  Schoeneleld  aus  Liegnitz,  so  daO  also  den  obengenannten  S  Dozenten 
noch  folgende  4  beizufügen  waren,  von  denen  nur  der  erste  von  der  Professur 
zurücktr.it,    die  anderen   wahrend   iiirer  theoretischen  Lehrtätigkeit  verstarben: 

9.     Franciscus  Kortze  .Kurz]  aus  Hreslaii.  Prof.  der  Pathologie  1441  — 1447 

10.  Nicolaus  Pistoris  aus  Leipzig  „       „  „  14G4 — 1470 

11.  Wilhelm  Haldenhoff  aus  Thorn  „       „  „  löOO— l.jOS 

12.  Konrad  Niesemann  „        „  „  150'.) — 1510 
Christof  Schoenefeld  aus  Liegnitz  „       ,,           „  •  5' '  — '  5  '  5  [?]) 

In  diesen  12  .\rztenainen  von  Gledenstede  bis  zu  Xiesemann  erschöpft 
sich  das  ganze  Material  der  medizinischen  Professoren  im  ersten  Jahrhundert 
der  Leipziger  Universität. 


Ob  vor  dem  Jahre  143S  an  der  Universität  Leipzig  überhaupt  medizi- 
nische Kollegien  abgehalten  wurden?  Zweifellos,  denn  sonst  wären  z.  B.  143 1 
keine  Doktorpromotionen  möglich  gewesen.  Wenn  auch  in  der  allerbeschei- 
densten  Form  vielleicht,  so  hat  doch  ein  Unterricht  auch  in  der  Heilwissenschaft 
bestimmt  stattgefunden,  mindestens  vom  Jahre  141 5  ab,  als  sich  die  ,, Fakultät 
der  Medizin  (Facultas  medicinae)*'  konstituierte  hatte.  Den  bündigsten  Beweis 
bringt  das  Studium  der  Satzungen  der  medizinischen  Fakultät  mit  ihrer  um- 
ändernden Weiterentwickelung  aus  dem  Unterrichtsbetriebe  heraus. 

Alles  spricht  dafür,  daß  die  beiden  ersten  Dekane  der  Fakultät,  Gerhard 
Hohenkirch  und  Ilelmold  Gledenstede,  auch  die  hauptsächlichsten  Lehrer 
der  Heilkunde  in  Leipzig  im  ersten  Drittel- Jahrhundert  der  Universität  gewesen 
sind.  Vermutlich  hat  aber  auch  schon  in  den  ersten  6  Jahren  des  Studium 
generale  Lipsiense  irgend  eine  Form  von  Lehrtätigkeit  in  medicinis,  wenn  auch  noch 
nicht  mit  Regelmäßigkeit  und  nicht  ohne  vielmalige  Unterbrechungen  bestanden. 
Studierende  sind  doch  auch  auf  diesem  Gebiete  samt  ihren  Lehrern  von  Prag 
hierher  gezogen.  Viele  waren  es  zwar  sicher  nicht.  Und  die  Bedingungen  für 
den  Unterricht  waren  bestimmt  die  denkbar  ungünstigsten,  wie  wir  gleich 
noch  naher  sehen  werden. 

Doch  vorher  noch  einen  Blick  auf  die  hauptsächlichsten  Unterrichts- 
gegenstände in  der  Medizin  damaliger  Zeit  Einen  bestimmten  Hinweis  wenigstens 
bringt  uns  ein  Aktenstück   aus  der  Zeit  der  Universitätsreformation  von   1502. 

')  Es  scheint,  als  wenn  Korz  aus  Gesundheitsrücksichten  von  seinem  Amt  zurückgetreten 
sei,  denn  Vogel  schreibt  im  eben  genannten  Mitglieder\-erzeichnis  unter  dem  Jahr  1447  in  der 
Dozenlenspalte  (R)  „Kortz  resigniert"  und  in  der  Mitgliederspalte  (L)  „Kortze  f  d.  [Lücke!)  Nov.".  Er 
scheint  also  am  Ende  des  Jahres  1447  schon  verstorben  zu  sein.  Wir  linden  denn  auch  keine 
weitere  Spur  von  ihm. 


Der  medizinische  Unterricht.  13 


Wir  erfahren  dort  einiges  Nähere,  welclien  Inhalt  ungefähr  diese  beiden  Lehr- 
kurse der  Medizin,  von  denen  wir  oben  gehört  haben,  der  theoretische  und 
der  praktische  besaßen.  Der  erste  Kursus,  der  medicina  theorica,  wurde  in 
den  Morgenstunden  von  6  —  7  im  Sommer,  von  j—S  im  Winter  6  Semester 
lang  abgehalten.  Im  i.  und  2.  Semester  wurde  der  erste  Kanon  des  Avi- 
cenna  (Ibn  Sina  vorgetragen,  im  3.  und  4.  Semester  der  „liber  tegni" 
des  Galenos  kommentiert,  im  5.  und  6.  die  „Aphorismen"  des  Hippo- 
krates  mit  dem  Kommentar  des  Galenos  abgehandelt  und  dabei  die  land- 
läufigen scholastischen  Kommentatoren  aller  dieser  Schriften  von  Gentilis, 
Jacobus,  Trusianus  usw.,  also  von  Gcntile  da  Foligno'),  Jacques 
Despars,  Torrigiano  de  Torrigiani  dem  „Plusquamcommentator")  und 
anderen,  zum  höchsten  Vorteile  der  Hörenden  zur  Erklärung  mit  herangezogen. 
Die  praktische  .Medizin  wurde  in  nachmittäglichen  \'orträgen  von  1 — 2  Uhr 
abgehandelt,  und  zwar  wurden  diesen  V^orträgen  das  9.  Buch  des  Almansüri-) 
des  Razes  (Ar-Räzil.  der  i.  Abschnitt  des  4.  Buches  des  Avicenna,  das  über 
die  Fieber  handelt,  und  der  4.  Abschnitt  des  ersten  Kanon  über  allgemeine 
Heilmittellehre  zugrunde  gelegt.  Auch  in  diesem  zweiten  Kursus  der  Medizin 
wurden  natürlich  die  gangbaren  Autoren  über  diese  Schriften  aus  den 
Zeiten  der  spätmittelalterlichen  Scholastik  nicht  vergessen.  Was  uns  so  in 
der  später  im  Wortlaut  mitzuteilenden  wichtigen  Emanation  der  Fakultät 
über  den  Leipziger  Lehrbetrieb  im  i.  Jahrhundert  der  Universität  in  der  Er- 
klärung „A  longis  temporibus  institutae  sunt  duae  lectiones  in  medicinis"  be- 
kannt gemacht  wird,  entspricht  völlig  dem  Lehrgang,  wie  er  allenthalben  im 
15.  Jahrhundert  in  Italien,  Frankreich,  England  und  Deutschland  gang  und 
gäbe  war  —  von  den  einzigen  beiden  Disziplinen,  welche  damals  an  den 
Hochschulen  im  Welschland  schon  eine  Wendung  zum  Fortschritt  genommen 
hatten  oder  wenigstens  zu  nehmen  sich  anschickten,  von  Chirurgie  und  Ana- 
tomie ist  in  den  ersten  90  Jahren  in  Leipzig  überhaupt  nicht  die  Rede.  Erst 
im  letzten  Jahrzehnt  wurden  wenigstens  einige  Wegweiser  aufgerichtet,  welche 
ins  Land  der  Anatomie  die  Richtung  zeigen  sollten. 

Eine  große  Lehrfreudigkeit  scheint  bei  den  Gliedern  der  medizinischen 
Fakultät  kaum  vorhanden  gewesen  zu  sein,  trotzdem  ihre  „Lektionen"  seit 
1438  „fundiert"  waren.  Denn  noch  zu  Ende  des  i.  und  zu  Anfang  des  2.  Jahr- 
hunderts' klagen  die  Professoren  unisono   über  den  \'orlesungszwang  bei  niini- 


')  Eine  immerhin  respektable  Erweiterung  dieses  Studienplanes  läßt  es  erkennen,  wenn  das 
spätere  Mitglied  der  Fakultät  (allerdings  etwas  bewegten  Angedenkens)  Conrad  Tockler  (Toeckler), 
offenbar  unter  Anleitung  eines  seiner  Lehrer  (vermutlich  des  Joh.  Wagner  von  Landsberg)  die 
Consilia  des  Gentile  da  Foligno  eifrig  studierte  und  mit  R.indbcmerkungen  versah,  wie  sein 
Handexemplar,  die  Pavianer  Ausgabe  (AUg.  Path.  79)  beweist,  in  welcher  sich  am  Ende  die  Ein- 
tragung findet: 

Bl.  G,T  (48  statt  47)    „huic  lectioni   finem    iraposui    in    studio    Lipsensi   Anno   Christi   l'>01.     die 
vero  30.  Novembris.     Deus  sit  benedictus." 
L>t  doch  dieser  Literalurtypus  der  scholastischen  Medizin  zu  Ende  des  Mittelalters,  die  „Con- 
silia", der  erste  bescheidene  Anfang  einer  künftigen,  neuerwachenden  , .klinischen  Medizin". 

')  Kitib  at-tilib  al-Mansüri,  ein  Lehrbuch  in    Ki   Abschnitten  für  den  Stalth.iltcr  Mansur. 


I  .j  I.    UnivenitMigTflndung. 

malcr  Entlohnung,  da  er  —  lukrativere  Reisen  zu  hochstehenden  Kranken  oft  un- 
mogHch  mache,  seit  strenger  darauf  gesehen  wurde,  dali  die  Kolicgiaturcn  nicht  ein- 
fach als  Sinekuren  aufgefaßt  wurden,  deren  Kinkunfte  man  einstrich  und  gleichzeitig 
an  fernen  Fürstenhöfen  als  Leibarzt  in  Glanz  und  Ehren  sich's  wohl  sein  lieÜ. 
Freilich  die  Entlohnung  „supra  duabus  collegiaturis  collegii  maioris  cum 
duobus  corporibus  collegii  principis"  war  schmal,  d.i  sie  tatsachlich  nicht  mehr  als 
40  Gulden  jahrlich  betrug,  zumal  die  medizinischen  Professoren  schon  frühzeitig 
Weiber  hatten  und  außerhalb  der  Kollegiengebäude  wohnten.  Wir  treffen  Ver- 
suche, auf  andere  Weise  sich  Nebeneinkünfte  zu  verschaffen,  durch  Halten  von 
,.Bursen"  für  die  Studenten,  wie  es  von  „Dr.  Schmiedeberg"  berichtet  wird, 
der  seine  Bursc  kaum  mit  Medizinern  allein  zu  füllen  vermocht  haben  wird'), 
da  die  Zahl  der  Medizinstudierenden  bestandig  fast  verschwindend  gering  war. 
Der  Besuch  der  medizinischen  Kollegien  soll  selten  mehr  als  vier  Hörer  be- 
tragen haben  -". 

Wo  wurden  nun  diese  Kollegien  abgehalten?  Zu  Anfang  bestimmt  und 
fast    während    des    ganzen    15.  Jahrhunderts    in    einem    Räume    der   Nikolai- 

')  Daß  Professor  Valentin  Bccke  von  Schmiedeberg  trotzdem  zu  Vermögen  kam, 
werden  wir  noch  sehen. 

•)  Wesentlich  günstiger  als  in  Leipzig  waren  die  Krcquenzverhällnisse  der  Medizinstudierenden 
auch  an  .-indcren  alten  Universitäten  des  15.  Jahrhunderts  in  Deutschland  nicht,  soweit  sie  sich 
einigermaßen  klarstellen  lassen.  Die  absoluten  Immatrikulationszahlen  fiir  Köln  sind  nach  Eulen- 
burgs  Zusammenstellung  a.a.O.  S.  312  in  den  4  Jahren  1397  — 1400:  2,  von  1401  — 1410:  30 
und  in  den  nächsen  5  Jahrzehnten:  14,  15,  21,  8  und  14,  selten  mehr  als  i  "  ^  der  Gesamtzahl 
der  Immatrikulierten.  Auch  in  Heidelberg  war  die  medizinische  Fakultät  die  letzte,  die  sich 
bildete,  im  fünften  Jahre  erst  (1390)  nach  der  Universitätsgründung.  Auch  hier  war  der  Besuch 
sehr  schlecht  in  den  ersten  Jahrzehnten;  gab  es  doch  hundert  Jahre  lang  nur  einen  Lehrer  der 
Heilkunde,  wurde  doch  erst  im  Jahre  1482  das  Prinzip  durchbrochen,  daß  nur  ein  Kleriker  Medizin 
lehren  dürfe,  indem  man  neben  dem  Lehrer  aus  geistlichem  Stande  einen  zweiten  anstellte,  der 
wenigstens  ein  Laie  sein  konnte;  1522  wurde  in  Heidelberg  eine  dritte  medizinische  Professur 
errichtet.  Die  Zahl  der  Schüler  war  sehr  gering.  (Vgl.  August  Thorbccke,  Die  älteste  Zeit 
der  Universität  Heidelberg,  1886,  Heidelberg,  G.  Köster,  S.  95 — 98.)  In  AVien  lagen  die  Ver- 
hältnisse anfangs  womöglich  noch  schlimmer  (vgl.  Leopold  Senfelder,  Öffentl.  Gesundheitspflege 
und  Heilkunde  I,  in  Geschichte  der  Stadt  Wien,  Bd.  II,  Wien  1904,  S.  29  ff.).  Dort  wurde  die  Uni- 
versität zwar  1365  gegründet  und  1384  reorganisiert,  aber  erst  seit  1387  wird  gelegentlich  ein  Doktor 
der  Me<lizin  genannt,  ohne  daß  schon  regelmäßig  medizinische  Vorlesungen  gehalten  worden  wären. 
1389  wird  zum  ersten  Mal  ein  medizinischer  Dekan  urkundlich  erwähnt  (Hermann  Lijrz).  Eine 
wirkliche  Konstituierung  der  Fakultät  scheint  erst  am  6.  Mai  1 399  stattgefunden  zn  haben.  Damals 
wurden  die  Eintragungen  in  das  Dekanatsbuch  begonnen;  gleichzeitig  begegnet  Johann  Silber  als 
erster  Professor  der  Medizin  und  zweiter  bekannt  gewordener  Dekan.  Und  wenn  wir  lesen,  was 
Senfelder  S.  32  über  Baccalariatsprüfungen,  Lizenziatsprüfungen  und  Rezeptionen  in  die  Fakultät 
direkt  nach  1400  berichtet,  so  könnten  wir  uns  nach  Leipzig  versetzt  glauben.  Die  Zahl  der  stu- 
dierten Ärzte  war  in  Deutschland  überhaupt  allenthalben  noch  recht  gering,  dem  schwachen  Bedarf 
entsprechend,  und,  wer  etwas  war  oder  werden  wollte,  ging  zum  Medizinstudium  nach  Italien. 
Durch  allerhand  kleine  Mittel  (Erschwerung  der  Rezeption  auswärts  Promovierter  usw.)  versuchte 
die  Leipziger  medizinische  Fakultät  dieser  Abwanderung  ins  Ausland  entgegenzuwirken  (wie  wir  noch 
sehen  werden),  naturgemäß  ohne  irgend  welchen  Erfolg,  zumal  man  den  Studierenden  nicht  einmal 
Gelegenheit  bot,  z.  B.  anatomischen  Demonstrationen  an  der  Leiche  beizuwohnen,  was  in  Wien  doch 
ichon  seit  1404  geschah,  freilich  auch  ohne  durchschlagenden  Erfolg.  —  Auch  in  Prag  war  zuerst 
der  Besuch  sehr  gering:  vgl.  Hasner,  Die  ältcstf   Medizin  in  Böhmen  S.  i. 


Auditorium  und  Bibliothek.  I  J 

kirche,  in  welcher  ja  auch  die  sparhchen  Promotionen  der  Mediziner  vorgenommen 
wurden.  Später  wurde  ihnen  ein  .Auditorium  im  benachbarten  großen  Kolleg 
eingeräumt,  welches  sie  aber  mit  den  Theologen  teilen  bi-.w.  abwechselnd  be- 
nut/.cn  mußten,  ohne  daß  sie  sich  in  ihrer  kleinen  Zahl  gegen  die  stattlichere 
theologische  Fakultät  behaupten  konnten.  So  wird  denn  noch  zu  Anfang  des 
i6.  Jahrhunderts  in  einer  Eingabe  der  med.  Fakultät  dem  Kurfürsten  geklagt'): 

Diu  lamentati  sunt  doctores  apud  illustrissimum  principem  de  auditorio, 
quo  aegrc  carent,  coguntur  enim  cum  theologis  convenire  pro  tribus  horis,  scilicet 
septima,  prima  et  tercia.  Quarc  si  vel  plures  advenirent  doctores  vel  aliquis 
ex  baccalaureorum  numero  legere  vellet,  nee  horam  nee  locum  haberet.  De 
hoc  itaque  illustrissimus  princeps  denuo  est  admonendus;  potest  enim  dari 
locus  vel  in  domo  nova  artistarum  vel  in  collcgio  maioii. 

Waren  die  Zustände  für  die  Mediziner  in  Sachen  ihrer  Vorlesungsräume 
also  durchaus  nicht  günstig  zu  nennen,  so  waren  sie  völlig  trostlos  in  bezug 
auf  ihre  Bibliothek.  Die  anderen  Fakultäten  hatte  schon  beachtenswerte  Biblio- 
theken zu  Ende  des  15.  Jahrhunderts.  Im  Jahre  1500  wurde  die  Bibliothek 
der  Artisten  mit  der  des  großen  Kollegs  vereinigt  und  dort  gegen  138  Groschen 
Mietzins  aufgestellt,  „eine  Zierde  der  ganzen  Universität".  Trotzdem  nun  aber 
die  Mediziner  zwei  Stellen  unter  den  zwölfen  des  großen  Kollegs  einnahmen, 
hatten  sie  wohl  kaum  bei  der  Bibliothek  desselben  irgend  einen  Einfluß;  denn 
sie  klagen  noch  beweglich  über  den  Mangel  eines  Lokals  für  die  Aufstellung 
ihrer  Bücher  zu  .Anfang  des   16.  Jahrhunderts:-) 

Saepe  doctores  medicinae  petierunt  locum  pro  bibliotheca,  qui  summopere 
eis  est  necessarius  propter  libros,  quos  aliqui  doctores  defuncti  legassent. 
Verum  hactenus  nihil  impetrarunt,  quare  denuo  instant  ut  eis  unus  assignetur. 
Esset  enim  pro  maxima  scholasticorum  utilitate,  praecipue  eorum  qui  libris 
carerent,  proque  totius  ordinis  honore  ....  possent  insuper  ex  fisci  pecunia  libri 
novi,  si  qui  adveherentur,  emi  ac  pro  omnium  commodo  illic  reponi.  De  hoc 
ut  instigetur,  valde  orant.'' 

Wie  groß  der  Bücherbestand  der  .Artisten  unterdessen  bereits  geworden 
war,  ergibt  sich  schon  allein  aus  der  Tatsache,  daß  1533  schon  Leihzettel  für 
Bücher  ausgestellt  werden  mußten. 

Trotzdem  stand  aber  auch  den  Medizinern  schon  frühzeitig  ein  kleiner 
Bestand  von  Handschriften  und  später  auch  Druckwerken  zur  Verfügung,  über 
deren  Zusammensetzung  einige  spärliche  Nachrichten  auf  uns  gekommen  sind. 
Vielleicht  wurden  sie  bei  einem  der  beiden  Kollegiaten  im  großen  Kolleg  in 
der  Ritterstraße,  vielleicht  im  Haus  zum  „Fuchszagel"  (Fuchsschwanz)  verwahrt, 
das  ihr  zweiter  Dekan  Helmolt  Gledenstede  von  Salzwedel  ja  dem  großen 
Kolleg  vermacht  hatte.  Doch  wissen  wir  darüber  nichts  Näheres.  Jedenfalls 
müssen  es  schon  so  viel  Bände  gewesen  sein,  daß  sie  erheblichen  Raum  be- 
anspruchten und   offenbar  dem   betreffenden   Herrn   Kollegiaten  dadurch  lästig 

')  Stübel,  Urkundenb.  d.  Univ.  Leipzig,  1879,  S.  338,  20. 
»)  Stübel,  Urkundenb.  d.  Univ.  Leipzig,   1879,  S.  338,  35. 


t .    riiivenil&tsgrandung. 

tidcn,  sonst  waren  die  eben  gcljortcn  Klaj^cn  nicht  rcclit  vcrstiuidlicli.  Freilich 
k.«m  d.uu,  daO  die  verheirateten  ,,Kollc.i;iaten",  iinil  das  war  bei  ilen  Medizinern 
stets  die  Mchrzalil,  niclit  inj  Kollei;ium  wolinten  und  in  ihren  l'rixatvvohnungen 
die  Hücher  der  medizinischen  Fakultät  nicht  aufstellen  und  anderen  zur  He- 
nutzunsj  stellen  konnten  und  durften.  Nicht  viel  anders  war  es  mit  den  mciii- 
zinischen  liand-  und  Druckschriften  der  beiden  Kollegien. 

Genaueres  wissen  wir  über  diese  Bestände  an  medizinischen  Werken, 
welche  die  beiden  „Kollegien"  besaücn,  aus  den  Akten  dieser  Korporationen. 
Die  Akten  der  medizinischen  Fakultät  schweigen  völlig  über  Schenkungen  oder 
Frwerbungcn  von  Werken  ihres  Faches,  soweit  ich  sehe. 

Im  Statutenbuch  des  kleinen  Kollegs  werden  an  medizinischen  Werken 
als  frühester  Besitz  die  „.Aphorismen"  des  Hijipokrates  erwähnt  (1458),  später 
außer  ihnen  ein  Avicenna,  die  „Anathomia  Mundini"  {1489),  ferner  „Quae- 
stiones  in  medicinis",  damals  so  sehr  beliebte  scholastische  Spitzfindigkeiten  in 
rebus  medicis  aller  Art,  die  „practica  Gcraldi  super  viaticum  Constantini 
cum  Cyrologia  ex  doctrina  Hugonis",  der  „liber  Aristotelis  ad  Alexandrum" 
und  einige  naturwissenschaftliche  Aristoteles-Kommentare  (1490),  endlich  tretil'en 
wir  in  dem  Inventur\erzeichnis  der  Bibliothek  des  kleinen  Kollegs  um  1 507 
folgende  zusammenfassende  Liste  medizinischer  Schriften,  in  welcher  auch  die 
vorher  gelegentlich  ihrer  Erwerbung  genannten  Werke  großenteils  wieder  mit 
angeführt  sind. 

In  Medicina: 

Avicenna. 

Plinius  in  naturali  historia. 

Galenus  de  alimentis  cum  caeteris. 

Quaestiones  in  medicinis. 

Lectura  super  prima  Avicennae. 

Lectura  item  super  prima  Avicennae. 

Mesue. 

Sermo  Nicoli  primus,  secundus,  tertius, 

Sermo  Nicoli  quartus  et  sextus, 

Sermo  Nicoli  septimus. 

Lectura  super  prima  et  secunda  Ven  [statt  Fen]  primi  canonis. 

Lectura  super  primam  quarti  Avicennae. 

Pratica  Pantegni. 

Glosa  super  tegni. 

Magister  Wilhelmus  de  Placentia. 

Practica  Bartholomaei. 

Practica  Gerhaldi. 

Quaestiones  de  Febribus. 

Summa  de  Analeticis  trinarii. 

Collecta  super  Aviccnnam'). 

')  Alle  diese  Schriften,  soweit  sie  einigermatten  genau  sich  bestimmen  lassen,  sind  heute  noch 
im  Besitze  der  Leipziger  Universitätsbibliothek.  Das  meiste  ist  schon  aus  dem  alten  FcUerschen 
Handschriflenverzeichnis  der  Paulinerbibliolhek  von   1786  zu  verifizieren  (Catalogus  codicum  MS.SC- 


Medizinische  Bücherbestände. 


17 


Über  alle  diese  medizinisch-literarischen  Schätze  besaß  aber  die  medi- 
zinische Fakultät  wohl  kein  direktes  X'crfügungsrecht,  jedenfalls  waren  sie  nicht 
ihr  Eigentum,  wenn  auch  die  vorübergehenden  medizinischen  Insassen  des 
kleinen  Kollegs  naturgemäß  ihre  fleißigsten   Henutzer  darstellten. 

Auch  von  zu  erwartenden  Legaten  von  l^iichern  an  die  „facultas  reposi- 
torium  non  habens"  ist  in  dem  oben  angezogenen  Aktenstücke  die  Rede'), 
und  wenn  wir  auch  den  reichen  Bücher-  und  llandchriftenlegaten,  welche  die 
Akten  der  Artistenfakultät  zieren-),  nichts  Entsprechendes  bei  der  medizinischen 
an  die  Seite  zu  stellen  vermögen,  so  berichten  doch  die  Universitätsakten  auch 
schon  im  15.  Jahrhundert  von  einer  größeren  Schenkung  medizinischer  Werke 
durch  letztwillige  Verfügung  eines  (Dresdener?)  Arztes-'),  der  in  Leipzig  studiert 
hatte,  die  freilich  auch  in  diesem  Falle  nicht  die  medizinische  Fakultät  selbst 
betraf,  sondern  das  „Große  Kolleg",  dem  seit  143S,  wie  wir  gesehen  haben, 
mindestens  zwei  Mediziner  satzungsgemäß  angehörten.  Das  Aktenstück  selbst  ist 
aber  für  die  Geschichte  der  Medizin  namentlich  in  Leipzig  doch  so  wichtig,  daß 
ich  es  eingehender  besprechen  und  exzerpieren  muß'). 

Am  22.  April  1459  stellen  die  12  Kollegiaten  des  ,,Großen  Kollegs", 
darunter  die  Mediziner  Johannes  Wyda  und  Johannes  Mewerer^),  eine 
Bescheinigung  darüber  aus,  daß  sie  durch  den  Testamentsvollstrecker  Hans 
Muntzmeistere  (Münzmeister),  Bürger  in  Dresden,  die  der  Universität  zu 
Leipzig    letztwillig    vermachte  Bibliothek  —  ,,etliche   bucher"  —  des    „erbaren 


torum  Bibliothecac  Paulinae  B1.  428 — 432).  Natürlich  finden  sich  auch  gedruckte  Bücher  in  der 
obenstehenden  Liste,  wie  allein  schon  der  Plinius  beweist,  von  dem  wir  in  Leipzig  keine  Hand- 
schrift unser  eigen  nennen. 

')  ^'gl-  '■"  3-  Abschnitte  S.  50,  j„. 

')  Vgl.  G.  Erler,  Die  Matrikel  der  Univ.  Leipzig,  IL  Bd.   1897,  S.  609/10,  621,  641. 

^)  In  den  Registern  und  Stadtrechnungen  des  Dresdener  Ratsarchives  kommt  ein  Ar/t  Peter 
Paulico  allerdings  nicht  vor,  wie  mir  Herr  Stadtarchivar  Prof.  Dr.  Richter  liebenswürdig  mitteilt; 
er  wird  also  nicht  dauernd  in  Dresden  gelebt  haben,  das  damals  auch  nur  wenige  Tausend  Ein- 
wohner hatte. 

*)  Es  findet  sich  im  Hauptstaatsarchiv  zu  Dresden  und  ist  in  Bruno  St  Übels  Urkundenbuch 
der  Univ.  Leipzig  S.  136 — 138  unter  Nr.  119  zum  Abdruck  gebracht. 

*)  Der  hier  als  „Meister  und  zcu  dem  male  collegiat  des  größeren  CoUegiums  der  Universitäten 
zcu  Lyptzk"  genannte  Johannes  Mewerer  findet  sich  nirgends  in  den  Listen  des  großen  Kollegs 
als  Mitglied  aufgeführt  (vgl.  Zarncke,  Die  urkundlichen  Quellen  S.  750  u.  751).  Aber  auch  zwei 
andere  hier  im  Akte  1459  Genannte:  Nicolaus  Gerstmann  und  Johannes  Uderitz  lassen 
sich  1459  nicht  in  den  Mitgliederlisten  des  großen  Kollegs  nachweisen;  crsterer  soll  ihm  erst 
1466— 1471  angehört  haben,  letzterer  1466- 1491.  Auch  Cunradus  Fluther  stimmt  nicht  mit 
Zarnckcs  Liste,  da  ein  Conrad  Flührer,  Nurembergensis ,  zwar  1450  ins  große  Kolleg  eingetreten 
aber  schon  1453  wieder  ausgeschieden  ist.  Sollte  dieser  Johannes  Mewerer  gar  nicht  identisch 
sein  mit  dem  Mediziner  Joh.  Sprottau  al.  Mewrer  aus  Crossen,  den  wir  noch  näher  kennen 
lernen  werden  (promoviert  wie  obengenannter  Joh.  de  Weida  1447),  sondern  mit  „Jo.  Herold", 
den  Zarncke  unter  Nr.  44  (1458 — ?)  anführt,  der  aber  im  übrigen  völlig  in  der  Luft  schwebt?  Es 
fehlt  jedoch  in  der  Reihe  der  12  Kollegiaten  der  Dekan  der  medizinischen  Fakultät,  der  damals 
schon  hochbetagte  Jakob  Meseberg.  Vielleicht  hatte  er  für  diesen,  doch  vor  .lUem  die  Mediziner 
interessierenden  Akt  seinen  Fakultätsgenossen  Joh.  Meurer  mit  seiner  Stellvertretung  be.iuftragt, 
d.imit  die  facultas  medica  wenigstens  durch  die  ihr  zustehenden  Zahl  von  Mitgliedern  vertreten  sei. 
Studien  zur  Geschictitc  der  Mediiin.      VIII.  2 


I  S  '  •    UniversitHtsgründunt;. 

nieister  P.iulico  der  ein  doctor  was  in  der  crtztey  seligi-n"  in  Empfang 
genommen  liaben;  die  Urkunde  Ailirt  alle  übernmnmcncn  Handschrirten  einzeln 
auf  mit  kurzer  Angabe  ihres  Inhaltes.  ICs  sind  zunächst  lO  theologische  Iland- 
schrit^en  darunter  genannt;  sodann  28  medizinische  Handschriftenbände,  teils 
auf  Papier,  teils  auf  Pergament  geschrieben,  endlich  zwanzig  aus  dem  Gebiete 
der  „Artes",  unter  welchen  sich  auch  eine  Anzahl  medizinische  belindcn.  Ich 
gebe  hier  das  \'erzeichnis  samtlicher  medizinischer  Schriften  und  der  philoso- 
phischen,  soweit   sie   l'iir  unseren  Zweck  mir  %'on  einigem  Interesse  erscheinen. 


Item  in  medicinis. 

(l.)     prirao  additiones  Mesue  inagnae  in  pergameno  et  bapiro  über  unus, 
(2.)     item  secunda  pars  de  animalibus  Aristotelis   cum  lectur.  in  libro  bapireo 

mixto  pergameno, 
(3.)     item    viaticus    Constantini    cum    commento    et    Johannes    Meswc    in 

uno  magno  volumine  pergamenei  >, 
(4.)     item  prima  pars  de  animalibus  cum   lectur.   cnnlinens  XII  libros  in  uno 

volumine  bapireo  permixto  pergameno, 
(5.)     item  liber  bapireus  niixtus  pergameno  continens  tractatum  de  motu  cordis, 

physonomiam  Aristotelis  et  quaedam  alia, 
(6.)     item  lilier  continens  quaestiones  el  probleumata  super  de  animalibus 

Aristotelis,  probleumata  Aristotelis  et  quaedam  alia, 
(7.)     item  quodlibet   Rebnicz'). 

(S.)     item  lilium  Gordonii  in  pergameno  et  bona  littera, 
(9.]     item  libei   Egidii  de  pulsibus  et  urinis, 
(10.)     item  primus  canon  Avicennae  in  libio  magno  pergameneo, 
(ll.)     item  liber  bapireus  permixtus  pergameno  continens  antidotarium  Nycolai, 
(12.)     item    liber   pergameneus   et   de   bona   littera    de    differentia    febrium,    de 
virtutibus  naturalibus,  de  ingenio  sanitatis,  de  secretis  Galeni 
et  pluribus  aliis, 
^13.)     item  liber  bapireus  Geraldi  de  Solo  super  nono  Almansoris, 
(14.)     item  primus  Canon  Avicennae  in  pergameno  disligatus, 
(15.)     item  practica  Mundini  in  pergameno, 
{16.)     item  ars  commentata  et  Johannicius  in  pergameno, 
(17.)     item  liber  de  concordantia  jxietarum  et  philosophorum, 
(18.)     item  liber  pergameneus  de  therapeutic'(e]>  Galeni  cum  quibusdam  aliis, 
(19.)     item  Gilbertus  de  febribus  et  alii  libri  in  pergameno, 
(20.)     item   tres   sextemi   in  pergamenn  Thadei   super   librum   pronosticoruin, 
(21.)     item  ars  commentata  in  pergameno, 
(22.)     item  liber  bapireus  super  priorum  super  veteri  arte  cum  quaestionibus 

phisicorum  et  topicorum, 
(23.)     item  Albertus  magnus  de  animalibus  in  pergameno, 
(24.)     item  textus  de  generatione  animalium  in  pergameno, 
(25.)     item  liber  unus  in  pergameno  Alberti  de   mineralibus,  de  vegetabilibus 

et  plantis,  de  nutrimento  et  nutribili, 
(26.]     item  viaticus  Constantini, 
(27.)     item  liber  bapireus  in  quo  continetur  dietarium  magistri  Stephani  medici 

cum  multis  aliis  tractatibus, 
'28.)     item  libellus  pergameneus  Gyradii  de  modo  medendi, 

'1   Hf-r.ricus   flc   Ribhcnicz. 


Eine  Handschrinen- Schenkung.  ig 

(29.)     Item  in  artibns  über  pergameneus  nietaphysice  Aristotelis  cum  coin- 

inenlo  Averrois, 
(30.)     item  textus  methaphysice  in  pergameno, 

(31.)     item  methaphysica  Averrois  cum  commento  eiusdem  in  pergameno, 
(32.)     item  über  pergameneus  phisicorum,  de  coelo,  de  generatione  cum  plu- 

ribus  aliis  libris  philosophiae, 
(33.)     item  über  bapireus  comnienti  Averrois  super  libris  phisicorum, 
(34.)     item  textus  politicorum  et  yconomicorum  in  libro  pergameneo, 
(35.)     item  commentum   Egidii  super  de  anima  in  pergameno, 
(36.]     item  commentum  super  metheororum  in  libro  bapiren, 
(37.)     item     über    bapireus     de     antiqua     üttera    continens    lecturam    de    anima, 

quaestiones    super    primum    et    secundum    de    anima    et   lecturam 

super  priorum, 
(38.)     item  über  astronomicalis  pergameneus  qui  incipit  „Dixit  Ypocras", 
(39.)     item    über   astronomicalis   pergameneus   cum  multis  tractatibus  qui  incipit 

„Tractatum  de  sphera". 


(40.)     item   practica   Serapionis,    Ras.    Ahiiansoris   et  plura  aüa  in  libro   per- 
gameneo et  bona  üttera, 


(41.)     item  practica  Gilbert!  cum  thesauro  pauperum  in  pergameno, 
(42.)     item  Geraldus  super  nono  Almansoris  in  pergameno, 
(43.)     item  Serapio  de  simplicibus  in  libro  bapireo, 

(44.)     item  über  in  quo  cimtinetur  practica  Plate[n]arii,  thesaurus  pauperum 
cum  multis  aliis  quorura  ultiraus  est  de  signis  morientium. 


als  man   zalt  nach  Christi  unnsers  herren  gepurt  vierczehenhundert  neun  vnd 
fünfzig  iar  am  suntag  vor  Georü  des  heiligen  merterers".     \_22.  April  1459.] 

Der  Geschenkgeber  bzw.  Testator  dürfte  mit  Petrus  de  Pawlicow  iden- 
tisch sein,  der  zusammen  mit  den  beiden  Medizinern,  die  als  Kollegiaten  des 
großen  Kollegs  Johannes  VVeyda  und  Johannes  Meurer  143 1  von  Doktor 
Jacob  Meseberg  von  Stendal  zu  Baccalarien  promoviert  wurden  (s.  oben  S.  6), 
nachdem  er  im  Sommersemester  1427  hier  in  Leipzig  bei  der  Natio  Polonorum 
immatrikuliert  (Petrus  de  Pantikow  al.  Paulikow),  im  Sommersemester  1428  das 
Baccalariat  der  Artistenfakultät  (Petrus  de  Paulico]  und  im  Wintersemester  ihr 
Magisterium  errungen  hatte  (Petrus  de  Pawlicaw).  Den  Doktor  med.  hat  er 
sich  zweifelsohne  auswärts  errungen.  Seine  Handschriftenbibliothek  ist  aller- 
dings in  Fellers  obengenanntem  Verzeichnis  der  Paulinischen  Handschriften 
unter  den  Manuskripten  des  CoUegii  Principum  Majoris  nur  zum  allerkleinsten  Teile 
nachweisbar  (I.  c.  S.  385 — 388),  aber  das  Meiste  scheint  sich  docii  heute  noch 
auf  der  Leipziger  Universitätsbibliothek  zu  befinden,  worauf  bei  anderer  Ge- 
legenheit näher  eingegangen  werden  mag. 


Über  die  Zeit  der  Herstellung  des  Fakultätssiegels  der  Leipziger 
Mediziner  habe  ich  eine  quellenmäßige  Nachricht  nicht  aufzufinden  vermocht, 
doch  dürfte  ein  Zweifel  kaum  am  Platze  sein,  daß  auch  hierfür  das  Jahr  141 5 


.^  o  >  ■    UnivrrsitKscrandung. 

mit  Recht  anzusetzen  ist.  Man  hat  sich  hierin  an  dio  l'ragcr  medizinische 
Fakultät  oflensichtig  angeleimt  und  die  ärztlichen  Martx  rer  Kosmas  unil  Dami- 
anos gleichlalls  als  Wappenheilige  erwählt.  Im  emblematischen  lurakiischon 
Detail  freilich  ist  man  völlig  unabhängig  von  l'rag.  Dort  stehen  Kosmas  und 
Damianos  Talmenzweige  fragend  auf  beiden  Seiten  im  1  lerzscliiklc '),  das  dem 
doppelköpfigen  Adler  aufgelegt  ist,  wahrend  der  Präger  Lokalhoiligc  als  Hclm- 
zier  zwischen  den  beiden  Adlerköpfen  erscheint.  Im  Leipziger  Siegel  sitzen 
die  beiden  Martvrer  nebeneinander  unter  geschnitztem  Doppelbaldachin.  Links 
der  heilige  Kosmas  (S.  und  C.  zu  beiden  Seiten  des  I  leiligenscheins  =  Sanctus 
Cosmas)  das  otTene  lUich  in  der  leicht  erhobenen  linken  Hand,  während  die 
rechte  in  gleicher  Stelhmg  das  Harnglas  hält,  das  diesen  Heiligen  immer  ziert; 
rechts  der  heilige  Damianos  8.  und  D  desgleichen  zur  Rechten  umi  Linken 
des  Hauptes  =  Sanctus  Damianus)  gleichfalls  ein  gelehrtes  JUich  in  den  Händen 
als  Zeichen  der  Lehrtätigkeit,  der  die  Leipziger  Arztekorporation  sich  widmete. 
In  der  rechten  Hand  hält  Damianos  ein  stabartiges  Instrument,  das  Zarncke'-) 
als  Mörserkeule  deutete.  Eis  ist  eine  ansprechende,  doch  vermutlich  nicht  ganz 
den  Tatsachen  entsprechende  Erklärung,  wenn  Zarncke  darin  die  Verkörperung 
der  beiden  Leipziger  Professuren  der  Pathologie  und  der  Thera])ie  sehen  will, 
die  1438  fundiert  wurden.  Zunächst  halte  ich  dafür,  daß  die  Zeichnung  des 
Siegels  vor  143S  festgestellt  wurde,  womit  diese  Annahme  schon  hinfällig 
wäre.  Aber  selbst,  wenn  das  Siegel  wirklich  erst  nach  1438  geschnitten 
wäre,  scheint  mir  in  Zarnckes  Annahme  eine  Verkennung  des  Wesens  der 
ursprünglichen  „Facultas  Medicinae"  zu  liegen,  die  als  Korporation  der  Leipziger 
akademi.'^ch  gebildeten  Arzte  auftrat,  wie  allenthalben,  und  sich  als  solche  das 
bekannte  Schutzheiligenpaar  wählte,  das  sich  neben  dem  anderwärts  üblichen 
Evangelisten  Lukas  oder  seinem  Wappentiere  dem  Stier')  (oft  Fliigelstier)  bei  zahl- 
reichen medizinischen  und  chirurgischen  Kör|)erschaftcn  durchsetzte,  auch  wenn 
sie  zu  dem  Lehrzwecke  gar  keine  oder  nur  sehr  entfernte  Beziehungen  hatten. 
Ursprünglich  knüpfte  die  Legende  der  üvdQ'/vooi,  der  heiligen  ärztlichen  Zwillings- 
brüder, an  die  berühmten  heilenden  Zwillinge  der  Antike,  Kastor  und  Pollux 
an,  in  deren  alte  Heiltempel  sie  wohl  einrückten  wie  ein  anderes  Paar  heiliger 
Krankenheiler,  Kyros  und  Johannes.  Als  man  zu  deuten  anfing,  lange  vor 
der  Leipziger  Doppelprofessur  von  143S,  sah  man  in  Kosmas  und  Damianos, 
den  heilenden  Brüdern,  die  Verbindung  von  innerer  Medizin  und  Chirurgie  und 
gab  dem  einen  ein  Harnglas,  dem  anderen  einen  Spatel  in  die  Hand,  der  dann 
auch  wohl  zur  (oft  vielfacherigen)  Pfla.sterbüchse  wurde.  Ich  gehe  auf  diese 
Emblematik  der  heilenden  Zwillingsbrüder  von  den  Fruchtschalen  von  San  Co- 
simo  und  Damiano  und  den  Palmzweigen  und  Büchsen  von  Schwarzrheindorf 
und  dem  Prager  Fakultatswa])pen  bis  zu  der  Pinzette  und  der  Arzneischachtel 
des  Lorenzo  di  Bicci  usw.  nicht  näher  ein.     Später  hat  man  in  \'erwischung 


')  Nur  H.il«zier  und  Talar  lassen  den  mittclaltcrlicben  Gelehrten  erkennen. 
*)  Philol.-hUlor.   Klasse  der  Kgl.  Sachs,  üescllschaft  der  Wissenschaften,    2.  Band,   Leipzig 
1857  (Die  Urkundlichen  f^uellen  zur  Geschichte  der  Universität  Leipzig)  S.  903. 

1  Z.  P.    1    i    !.n   Inf Hl/ini«chcn   Fakultät'-n   von   Wien,  Heidelberg,  Freiburg,  BaseL 


Pas  Fakultäts- Siegel.  21 

der  alten  Vorstellung  den  Kosmas  zum  Patron  der  Arzte  und  den  Damianos 
zum  Patron  der  Apotheker  gemacht,  das  sind  aber  alles  spätere  Variationen.  In 
der  ersten  Hälfte  des  15.  Jahrhunderts  war  der  lange  doppelseitige  Pflaster- 
spatel oder  die  Spatelsonde  und  das  Harnglas  die  stehenden  Attribute,  denen 
das  l^uch  in  manchen  Fällen  hinzugefügt  wurde,  ob  nur  bei  lehrenden 
.Ärztekorporationen,  will  ich  nicht  gerade  unbedingt  behaupten.  Dieser  Typus 
hatte  noch  lange  Zeit  Bestand,  wie  der  bekannte  Holzschnitt  aus  dem  Johannes 
Schottschen  Verlag  in  Straßburg  im  „Schylhans"  von  1517  dartut'),  und  kommt 
zweifellos  auch  im  Leipziger  Fakultätssiegel  zum  Ausdruck,  das  wir  in  seiner 
großen  .Ausführung  für  feierliche  Anlässe  noch  im  Original  besitzen  (Tafel  III 
Nr.  2),  während  das  kleine  Siegel  für  den  gewöhnlichen  Gebrauch  des  Tages 
gegen  Ende  des  16.  Jahrhunderts  erneut  worden  zu  sein  scheint  (Tafel  III  Nr.  3). 
Die  Legende  der  Umschrift  lautet: 

Si^illü.  ^fa:ultati5.  illcöicinc.  Iipc5cn)'i5.  5t(u6ti). 


')  Vgl.  z.  B.  H.  Peters,    Der   Arzt    und    die    Heilkunst    in    der  deutschen   Vergangenheit 
1900,  Abb.  4. 


2.   Inneres  Leben  der  Fakultät. 
Die  ersten  Satzungen  und  ihr  weiterer  Ausbau. 

Haben  wir  so  in  wenig  Strichen  das  äußere  Leben  der  Mediziner  an  der 
jungen  Hochschule  und  seine  Erscheinungs-  und  Betätigungsformen  in  ihren 
ersten  Jahrzehnten  angedeutet,  so  müssen  wir  uns,  ehe  wir  ihre  äußeren  Ge- 
schicke weiter  verfolgen,  nun  Rechenschaft  zu  geben  suchen  über  ihr  inneres 
Leben,  das  in  den  Statuten  und  deren  fortschreitender  Ergänzung  und  Weiter- 
entwickelung seinen  schriftlich  fixierten  Niederschlag  gefunden  hat. 

Das  Original  der  ersten  Satzung,  über  die  man  sich  bei  der  Konstituierung 
am  lo.  Juli  141  5  einigte,  ist  in  Verlust  geraten,  vielleicht  mit  Absicht  1443 
vernichtet  worden,  um  nicht  immer  durch  den  wenig  übersichtlichen  Zustand, 
in  dem  sich  das  allmählich  Gewordene  und  nicht  immer  kalligraphisch  An- 
einandergereihte befand. 

Zweitellos  ist  aber  das  erste  Statutenbuch  noch  vorhanden;  denn  auf  den 
letzten  Blattern  des  oben  schon  kurz  beschriebenen  lederüberzogenen  Holzbandes ') 
finden  sich  üriginaleintragungen  über  Promotionen,  die  bis  in  die  älteste  Zeit 
der  Fakultät  zurückgehen,  z.  B.  von  der  Hand  des  ersten  Dekans  Helmold 
von  Gledenstede.  Zu  Anfang  dieses  Bandes  sind  aber  4  Pergamentblätter 
herausgeschnitten,  die  wohl  die  Originalsatzungen  enthielten.  Friedrich  Zarncke-) 
meint,  diese  seien  im  Jahre  1 503  noch  vorhanden  gewesen,  als  man  das  später 
zu  besprechende  zweite  Statutenbuch  anlegte.  Aber  warum  hätte  man  da- 
mals das  älteste  Statutenmaterial  beseitigen  sollen,  wo  man  doch  alles  Andere 
erhielt,  das  von  1443 — 1490  sich  zusammenkristallisiert  hatte,  und  man  doch 
sowieso  ein  neues  Statutenbuch  anlegte,  das  fortan  in  Satzungsangelegenheiten, 
also  in  allen  prinzipiellen  Fragen,  allein  zu  Rate  gezogen  wurde.  Ein  Ent- 
wickelungszustand  mehr  konnte  damals  doch  nicht  mehr  störend  erscheinen, 
als  man  das  bisherige  Satzungsexemplar  völlig  ausschaltete  und  den  Band  nur 
noch  zur  Eintragung  der  Promotionen  benutzte,  deren  Verzeichnis  man  von 
jetzt  ab')  unmittelbar  an  die  alte  Niederschrift  der  Satzung  mit  ihren  Zusätzen 


•)  WeiUnd,  nach  Friedrich  Zarncke,  vielfach  mit  Blut  befleckt  f?  ?). 
•)  Die  Statutenbficher  in  Universität  Leipzig  1861,  S.  586  Anm.  i. 
')  Allerdings  nur  bis   1518. 


2.    Inneres  Leben  der  Fakultät.  23 

bis  1490  anschloÜ.  Die  fehlenden  Blätter  sind  offenbar  1443  herausgeschnitten 
worden  und  sind  dann  viclK-ioiit  SKÜirt  \irnicl-.tit  uordni.  iedcnialls  in  Wrlust 
geraten. 


Der  hcuti_i,'e  Zustand  dieses  ältesten  Dekuinentes  zur  Geschichte  der 
medizinischen  Fakultät  Leipzig  ist  folgender: 

Zwei  Ilolzdeckel,  31,6 — 51,7:22,2  cm,  sind  durch  einen  graugrünen  Leder- 
rücken von  18  cm  Breite  zusammengehalten,  dessen  Enden  beiderseits  am  Rande 
durch  einen  aufgenagelten  roten  Lederstreifen  von  8  —  9  mm  Breite  ab- 
geschlossen sind. 

Auf  der  Rückseite  des  hinteren  Holzdeckels  waren  im  Abstand  von  5 ''2  cm 
vom  oberen  und  unteren  Rande  am  äußeren  Deckelrande  Lederstreifen  von 
16 — 17  mm  Breite  mit  drei  Nägeln  befestigt  (versenkt  in  eine  Rinne  von 
26:  19  mm),  welche  um  die  otüene  Buchseite  herumliefen,  auf  der  X'orderseite 
in  Randkerben  des  \'orderdeckels  sich  einlegten  und  1 10  mm  vom  Rande 
auf  einen  Nagel  gesteckt  wurden  oder  mit  einem  Pint  versehen  waren,  der  in 
die  zwei  Löcher  des  \'orderdeckels  paßte,  die  heute  noch  vorhanden  sind. 

Der  Band  bestand  ursprünglich  aus  6  Lagen  Pergament,  also  aus 
1 2  Blättern.  Die  vorderen  4  Blätter  sind  weggeschnitten,  es  ist  also  nur  Blatt 
5 — 12  erhalten;  von  diesen  8  Blättern  sind  das  zweite,  dritte  und  vierte  erhaltene 
mit  den  Seitenzahlen    I — 6  versehen. 

Die  erhaltenen  8  Blätter  (5—12)  sind  folgendermaßen  in  Anwendung 
genommen. 

Bl.  {^Y  unbeschrieben  bis  auf  einige  Katalogisierungsvermerke: 

Nr.  10.    A.'   LX.    A  I.  9.    Vol.  I»-  Nr.  1. 
Bl.  (5)''  unbeschrieben. 

'   SwJl'u  Bli-niiu  !U   ^'^  Statuten   von    14.5.   1429  u.   .443  mit 
Bl.  (7  '  u.  Bl{/Y  (b.  3  u-  4)  Zusätzen  bis   idoo 

Bl.  (8)'  (S.  5)  )        ^"^^f^en  D.s  1490. 

Bl.  (8)*'  noch  eine  Eintragung    über   Rezeptionswesen,    darunter    Doktor- 
eintragungen von   1504 — 15 12. 

Bl  fiOM   unbeschrieben. 

Bl.  (Ii)'  Promotionseintragungen  von    1415 — 1451   und  eine  von    1502. 
Bl.  (II)''  Promotionseintragungen   von   145 1  — 1487   (eigentlich    14S9,   ver- 
schrieben ist   1479). 
Bl.  (12)''  Promotionseintragungen    von    1490— 1499,    Sp.  i;     1479 — 1493> 

1508  Sp.  2. 
Bl.  (12)"   Kontobucheintragungen   von  Johannes  v.  Landspergk.     Darunter 

Baccalariats-Promotionen  von    1452  — 1467. 
Auf  dem  Hinterdeckel  innen  Einnahme-  und  Ausgabeeintragungen  usw. 
Auf  dem  Vorderdeckel  innen:  Eintragung  von  Dr.  Joh.  von)  Weyda  über 
empfangene  Gelder  (deutsch)')  und   eine   Notiz,   daß  das  Buch    sich   im   Besitz 
Georg  Schilteis  befand: 

„E.K  libris  Doct.  Georgij  Schiltelij  donatus  Doctori  Michaeli  Barth  ab 
Huldericho  Cancellario  Schiltelij  ex  filia  nepote." 


')  „doctor  weyda  hat  entphangen  rrrriiij  [^4]  r<;heinische>  fl.  [Gulden]."     „llcm  er  hat  auß- 
gegeben  von  dem  selbigen  gelde  jij  [19]  r.  fl.  und  rij  [l2]  aide  ^. 


^^  ,  2.    Innern  Leben  der  FakuUlt. 

Schreibcrhandc  tiniicn  sicli  in  Jen  l.cii>iiL;cr  mcdi<:inisclioii  Statuten 
lolgcnde  ": 

1.  Hl.  (67  /irrii/sst-Mreittr.] 

2.  Hat  hu  bcrgcschrieben. 

3.  Einigt-  .  Kndc  der  Absclinitte  (S  I2^  oder  aul  Rasuren  (§  iS\ 

;/v<.. 

4.  Zusatz,   Siclic    i;    25.      [J>ft,i»    7o/i.  -.on   IMle:\ 

5.  Zusatz  zu  i;  21   und  29,  den  Zusatzparagraphen  29,  die  oberen  3  Ab- 

schnitte von  Hlatt  (S/  und  die  obersten  6  Zeilen  von  Bl.  ^S  ^  (•4'^'5> 

1469,    147  l).      \l\kan  Johann  -.on    \\',Yd,t.\ 

6.  Das  Ende  der  S.  (S^'  und  /('l.  (1490).     [/>./.  Joh.  von  Lan,hbergf\ 

6a.    Mitte    von    Hl.  (S)"    (1504— 1509).       [Detnn  Joh.  -.on  Lamhlvrg.] 

7.  Die  unterste  der  Zeilen  von  Hl.  iS  "^  ('5I2\     \rirt,in  Simon  PisfonSJ 

Heute  beginnt  mithin  der  alte  Statutenband  mit  einer  sauberen  .Abschritt, 
welche  bis  auf  die  Rückseite  des  7.)  Hlattes  reicht  und,  von  einer  Hand  her- 
gestellt, folgendes  bietet: 

I.  Die  Statuten  von   1415  (.\linea   i — 25). 
II.  Die  Statutenerweiterung  von   1429  [.Alinea  26 — 30;. 
III.  Die  Statutenerweiterung  von   1443  (Alinea  31 — ^'^\ 

Eine  etwas  spätere  Hand  hat  die  einzelnen  Absätze  beziti'ert  und  diese 
Zahlung  auch  noch  auf  eine  Reihe  zusätzlicher  Hestimmungen  bis  1471)  weiter 
geführt,  die  in  Originalniederschrift  angefügt  sind.  Um  dieses  erste  Statutenbuch 
in  seinem  Satzungsinhalt  hier  zu  erschöpfen,  führe  ich  auch  diese  autographischen 
Beischriften,  welche  bis  zum  Ende  der  Rückseite  von  Blatt  8 '  reichen,  hier  noch 
übersichtlich  an: 

BI.  (7)^:     IV.  Zusatzbestimmung  vom   16.  Dezember  1465. 
BI.  (8)':      \'.  Desgl.  vom   10.  April   1469. 
\"I.  Desgl.  vom  5.  März  147 1. 
VII.  Desgl.  vom  23.  November  1490. 
Bl.  8/:  Vlla.  Em  Schlußabsatz  hierzu,  auf  den  noch  leeren  Raum  auf 
der  Rückseite  des  dritten   7).  Blattes  herübergeschrieben. 


Das  älteste  Statut  vom  Jahre  141 5  hat  man  im  Jahre  1443  vielleicht 
unverändert  herübergenommen,  doch  ist  das  nicht  sicher.  Denn  auch  an  seinem 
Bestand  vom  Jahre  1443  hat  man  später  noch  Veränderungen  vorgenommen, 
den  alten  Wortlaut  an  einigen  Stellen  wegradiert  und  den  abgeänderten  auf 
die  Rasur  geschrieben,  auch  am  Ende  hinter  ij  25  noch  einen  neuen  Paragraphen 
beigefugt,  als  die  Zahlung  der  Paragraphen  schon  vorgenommen  war,  vermut- 
lich also  zwischen  1471  und  1490.  Immerhin  mag  es  sich  bei  diesen  Ab- 
änderungen zwischen  141 5  und  1443  ""r  ""^  Nebensachen  gehandelt  haben, 
im  Wesentlichen  ordnete  also  die  Leipziger  Fakultät  im  Jahre  1 4 1 5  ihre  An- 
gelegenheiten in  folgender  Weise: 


;.    Inneres  Leben  der  Fakultät,  25 

~Mi  nonüui  6oiniiii  ^Imou.  ^liiiio.  ilatiritiitis  ciusöcm 
iliillofimo  Qiui5riiu\ontol'iiiio  6c:inio  .luiuto  [1+15]  öccinia 
^io  mcnfir  julij  coiichifa  et  approlvila  fuiit  Statuta  in- 
i\\\ict\yt>.x  facultatis  iiic6iciuao. 

\.    priimim  öocamiii  Ijalvat  prinuim  locum  iiitcröoctor<.'5mc6i:inac  fa:u!tatis. 

2.  jtcm  öcaimis  halwit  matiöarc  onmilni>  alijs  6octonbiis,  baccalaiijs  et 
fiip^x->)'iti5  fajultatii;  mo6iciiiao,  ut  intccfint  fiiis  conrocacionibus  pro  botio 
fa:ultati5  fa:icii6is  fub  \>cni.i  uniiis  a,voffi,  öuonim,  tvium  rol  qiiatiior, 
quiiiquc  rol  fcr  aroffovum  facultati  porfolpcnöonmi. 

">.  Jtcm  6ecami»  in  fuis  conrocacionibiis  öoetonun  ^no  aliqiio  fa:to  fa:iil- 
tatif.  tractanöo  liabct  inöiicoiv  et  fccimömn  luaioivni  pavtoiii  rotuni  :o\\ 
col•^alIcium  concluöcrc,  rractcrqiiam  in  ijraciofts  et  in  pracinöicialibus, 
ubi  unus  folu»  potoft  contraöiccrc  et  iwiamaiv,  et  ein;.  :ontraöi>::io  et 
i\\iaina:io  ralot  ortra  oraniiua  licencian6orinu  et  ba:>:alarianöovuin. 

4.  Jtcni  in  affunicnöo ')  aliquoni  in  li:cn:iatinn  in  facultatc  ino6i:inac  rol 
baooalaridnöum  öooanus  babot  :on:hi6oro  fcoiiu6iuu  maiorcni  parloni 
rotuni  concoiöanoiuni. 

5.  ~\''-'"i  '"  ronrooacionibus  aut  in  oraniinibus  faoultatii  ino6icinali>  nullus. 
bkat  altcri  pcrba  iniuriofa,  maloöiotoria  aut  opprobriofa  fub  pona  uniu» 
floroni  rincnfts  facultati  pcrfolronöi.  nidiilonünus  pars  offonöon»  parti 
laofao  ultra  öiotani  ponani  tonotur  falisfaooro  iurta  öictamcn  faoultatis, 
fi  non  potorit  inter  oo>  aliomoöo  aniicabilis  oonpoficio  interpcniro. 

6.  Jtoin  in  orantino  liooncianöi  rol  baccalarianöi,  quo  a6  oorum  affu<ni)p= 
ciononi-")  rol  roiccciononi,  fi  fuorint  paros  rocos,  ita  quoö  tot  fuorint 
roocs  approbantos  quot^)  roicicntes,  ortunc  öeoanus  cuilibct  in  cyamino 
oriftonti  babot  manöaro,  quoö  60  noro  öot  rooom  in  fua  oonfcicncia,  ut 
porroniatur  a6  pluralitatoni  rocuni  concoröanciunt. 

7.  jtoni  quilibot  öootor  tonotur  focrota  confilij  faoultatis  aö  ortra  non 
rorolaro,  quanöo  fibi  por  öooanuni  iniunoiuntuv,  non  offo  aö  ortra  ropo= 
lanöa. 

S.  Jtoni  quoMibot  fuppofituni  faoultati»  nio6i>."inao  tonotur  pro  lo:o  ot 
lomporo  conc,ruonti,  6o:ano  oius^on^  6obituni  bonoroni  ot  rororanciam  [!J 
inponöoro. 

>).   jtoni   baccalarij   ot  ftu6onto5  nioöioinao  pro  looo  ot  tontporo  conojruonti 

tonontur,  fuis  öootoribus  öobitarn  rororonciant  ot  Ijonoreni  inponöcro. 
\0.   Jtoni   quilibot  pro^Ho^on^uf•  in   baocalariuni,  liconciatum  rol  öootorom 
facultatis   mo6i:inao   in  a:tu  fuao  pronio:ionis  tonotur,  iuraro  rollo  pro 
curare,    quantiun    in    00   oft,    bouuni   facullatis  a6  quotncumouo  ftatuni 
öoronorit  *]. 


')  a&mitteiibo  übergeschrieben. 

*)  „aömilfionem"  übergeschrieben. 

')  Die  Handschrift  hat  „quob". 

')  „3uraiii(ntuni  ptimuni"  am  Rande. 


1.    Innrtr'-  I^bcD  der  Fakttltfit. 

[m. 

to     ( \.   jloiu  l\u\\^la^au^ll^,  li.■olK•iaIl^us  ivl  quililvt  6o;toi\iii5u5  in  lUlu  \\im 

promo.ioiii?  loiiotur  p»M'>>>'  iui\iro,  6iclum  iji\i6um  in  milla  lUia  luti 

ivrfitalv"  rcfiimciv,  .1uo^  fio  AviiivU-iuiu  illiu?  ftiituti  focoril,  ortuii;  i-o  i^^o 

)it  jvnuru? '). 

12.   ~Mom  millus  vronioiwilur  ll^  iilKiuom  vii\i6uiu  fiuult.ui>  luoMwiiuu-,  iiifi 

•s  yrius  nuitri:ulao   uiiiivrfitjtis  fit   tufciiptu?.   [\bim  iiilcllioiitur   i^c  affii 

m01l^i^    l^^    fiUllltatOlU,    ..KV/r.r,  ;<„„,/■.  ■] 

U".  ~Mi.MH  millus  ^Tomoiwitur  ab  ciluyium  {;ni6um  fiuiiltatis  iiK^idnao -;, 
nifi  V'""?  coram  facultafc  mo^i:inac  iumrcrit,  rollo  )'cn\uv  ftatuUi 
fa:iillati5  ino6i:inao,  quac  fünf  ot  cniiit  v»'«-"*  l''*-'*"'-"*   f^i^riiltati?  iH'prolMta 

so  |.\T  facultati'iu'. 

14.  jtcm  iiullus  «ra^l^^Iu^  in  nicMciiui  in  alia  unii>or)iliUc  ^i5  f.u-iiUatcni 
nio6icinüo  jffimuUiir,  nifi  prius  iniMivrit ')  joiani  f'^i'-'Hl'^itoni  nlc^ic^nac, 
iv'llo  fon\irc  flatutii  faculfatis  mc^i:inao  et  ftiituonöii,  c\iuk  funl  ot  onint 
pro  bono  fjciiltati*  inc6iciuac  \\v  i<.\:ülU\tcm  ntcöi:inao  jppvobata. 

«5  ^ö.  jtcm  quilibct  affiuuonöus  ii6  focultatont  inoJ)i«:inao  tanuinani  boctov 
mcöicinao.  liconciatus  i\\  baccalarius  ante  fni  (.iffnuipcioncni  ab  fa:ul 
fatv-ni  tonobitur  iiirarc,  fi  oft  proniotus  in  alia  uniivrfitatc,  i.}uob  ivlit 
pro:urarc  bonuni  fa:iiltvitis  nic6icinae  Jiipc^cnfis,  quantuni  in  co  oft,  iiö 
Ononicunquc  ftatuni  öerenerit^). 

«D     [6.    jlcni  in  oraniinibu*  fit^'nltatis  nioöi:iniio  pro  liconciatiuM  ivl  Ki.wikuiaiii 

l^^nIiffio  et  rcioccio  alicuius  fccunönm   phiralitatoin  ro:uni    i.'on;lu6i.üur. 

'7.   jtcnt    noquo    licoiu'iati    facultatis    nic6icinac  noquo  bj::alarij   nio6icinac 

6obont  cffc  :unt  confilio  facultati*  nioöicinac. 
\8.    ~\tcm    iiuilibet    affinnonöus    ai>    facultatcm    moöiciiuio    {ac    c:\a\n    ab 

65  confiliuni    fa:ultati5    ciusöcni)")    iurabit    6ccano    fa;ulfatis    moöicinac: 

„«£«0  .n.  iuro  robi«'),  6ccano  [otj")  ivftris  fuccofforibu?,  rcrcronciam  ot 
obo^ioncialu  in  li:iti5  ot  bonofti*,  ot  forraro  ftatuta  ot  ftiituonöa,  quao 
fünf  ot  erunt  \\r  fajulfatom  approbata,  ot  procuraro  boniun  faculfatis 
nioöi:inao,  ab  quoniJinuiuo  ftatuni  öoronoro.  fi:  mo  6ous  a6iui-'ot  ot  fan:ta 

-0  oius  otpangolia." 

19.  Jtoni  quilibot  i»o:toran6u5  in  moöidna  infra  prinuini  nionfom  poft  fuani 
vromocionom  touobifur^  iiaro  ab  fi5:um  facultatis  quatuor  floronos  rinonfos. 

20.  jtoni  quilibot  baccdlarianöiis  in  nioi>i:ina  infiM  prinium  monfoin  poft 
fuam  pronio;iononi  tonobitur  6aro  aö  fi;:nin  fa;nltiiti5  (öuos) 'J  floronos 

7»  rinonfo». 

')  „3urameittum  ffcunium"  am  Rande. 
•)  Es  steht  „incbicimc"  oder  meMcinie  da! 
')  wJt""'"'''""  tcrcium"  am  Rande. 
*)  „3'"''i'"""u"'  iiuartum"  am  Rande. 
')  »3"r'""''''l>""  quinUim"  am   Rande. 

*)  Steht  auf  Rasur  von  der  nämlichen  Hand  geschrieben  wie   der  Zusatz  bei   12,    bestimmt 
nach   1443  und,  wie  ich  vermute,  von  der  Hand  des  Dekans  Jakob  Mesebcrg. 
')  3i>i'>><n^ntum  facultatis  mcMcine  am  Rande  beigeschrieben. 
•)  Auf  Rasur. 


Inneres  Leben  der  Fakultät. 


2^ 


2\.  jtoni  qiiilibct  v'i'oinotu«  in  alia  unircrfitate  in  öoctoivm  infra  v""inuni 
monfoni  voft  ftiani  a))'n<in>v\'ionoin  ai>  fa:ultatcin  nicöicinac  toncbitur,  6arc 
<6uo6ocini> ';  florcnoi.  rincnfcs  [fi  cfl  baccalarius  Ijuju«;  \\  noii,  öabit 
xvm  fl]  =  . 
80  22.  jtoni  quilibct  vn-oiuottii'  in  .ilia  luiirorflKito  in  ba::aUu-iinu  infiM  piinmm 
luoiifcni  po)'t  l'naiu  a)')'nnip:ioncni  loncbitur  övUC  ii5  fa:iiltatoni  pro  fi^'-'o 
fiio  ^llo^  '    floroiio^  rinonfof. ' : 

[Bl.  (7)'.]  _ 

25.    Jtoni   ^.n•omorcn^u~   a^   b.uwUaviuin  in  nio6i:itui  tonivx'>vo  fuac  ^n'oino= 

:ionis  fonotnr,  6ai\'  faiiuili*  unircrfitafis  iinuni  florcmmi  rincnfcm.   jöcin 
SS  f^i:iiit  baiWiUu'ius  pi''"n«5'"^  i"  ^i'i'-i  nnirorfltato  tempore  fnac  ti)'fH(ni)p 

eioni?  a6  facnltateni  moöi:inae. 

24.  Jtcin  Iicencian6ii?  in  li:en:iatiu\i  6abit  fanuilir.  uniperfitatif.  uniini  florc» 
num  rinenfeni. 

25.  Jtcni   öo:tor  prontotus   in  alia  iinirerfitate  ^abit    fanuilis    unirerfitatif. 
flo            tempore  Huie  affumpeionis  aö  faeult^item  meöieinac  öiios  florenos  rinenfes. 

jtem   faeidt    lieeneiatu»,    in    lüia    unirerfitate    promotus    tempore    fnae 
iiffnmpeioni»  ai>  facultatem  meöieinae. 

[jtem  nullns  Ijabeat  locum  in   actibu?  folempnibu5   publiei»  inter 

öoetorcs  meöieinae,  nift  fit  affumptus  a6  faeultdtem  meöieinae  fecnnöiim 

n«  ftatnta  eiu55em  faenitatis,  neqne  catbeöram  Iec:ionibu5  aut  6ii;putationibn5 

afcenöet  faciendi? ,  nifi  öe  confenfu   6eeani  et  öoctorum  me6i:inae  facnl* 

tatis.]  5) 


Das  Statut")  beginnt  mit  den  Rechten  und  Pflichten  des  Dekans  und  der 
Fakultätsmitglieder  in  den  Fakultätssitzungen,  verfügt  über  Verhängung  von 
Ordnungsstrafen,   erläßt  ein  Schweigeverbot  für  Dinge,  die  der  Dekan  als  ver- 


')  Auf  Rasur. 

')  Durch  eine  andere  Hand  später  hinzugefügt,  bestimmt  nach  1443.  Es  ist  nicht  die 
nämliche  Hand,  die  bei  §  12  Zusätze  gemacht  hat,  sondern,  wie  ich  glaube,  die  des  Dekans  Johann 
von  Wcyda. 

»)  Auf  Rasur. 

*)  Hierauf  folgt  die  Rasur  eines  ganzen  Absatzes,  der  aber  spätere  Zutat  gewesen  zu 
sein  scheint. 

'■')  Späterer  Zusatz  jedenfalls  nach  1443,  vermutlich  erst  nach  dem  Jahre  147 1  hier  angefügt 
vom  Dekan  Johann  von  Halle. 

")  Wenn  auch  die  Leipziger  medizinische  Fakultät  in  ihrem  Korporationssiegel  dem  Prager 
Vorgang  gefolgt  ist,  so  weisen  die  Leipziger  Satzungen  mit  denen  der  Prager  medizinischen  Fakultät 
weder  im  Inhalt,  noch  im  Wortlaut,  ja  nicht  einmal  im  Geiste  irgendwelche  Berührungspunkte  auf, 
wenn  wir  aus  der  Überlieferungsform,  welche  Joh.  Dionis  John  im  2.  Teil  der  „Medizinischen 
Polizei  und  gerichtlichen  Arzneiwissenschaften  in  den  K.  K.  Erbländern",  Prag  1798  (im  Anschluß 
an  das  ,, Lexikon  der  k.  k.  Medicinalgesetze")  S.  193 — 281,  als  ,, Antiqua"  der  ,,Renovata"  gegen- 
überstellt, auf  die  um  1409  gültige  schließen  dürfen;  höchstens  die  Gebühren  weisen  eine  teilweise 
Ähnlichkeit  in  ihrer  Höhe  auf.  Die  alten  Originalstatuten  scheinen  in  Prag  untergegangen  zu  sein; 
eine  andere  Drucklegung  wie  die  genannte  habe  ich  trotz  vielen  Suchens  nicht  aufzufinden  ver- 
mocht; den  Hinweis  auf  diese  Publikationsstelle  verdanke  ich  Herrn  Prof.  Friede!  Pick  in  Prag. 


3S  :  ''l>en  der  FakuUlt. 

trauliche  bczcicliet  hat,  und  erstreckt  die  Machtvollkommenheit,  Autorität, 
Khrunijspflicht  und  Respekt  gegenüber  dem  Dekan  und  den  Kakultatsgenossoii 
bei  leierlichen  Akten  una  im  Unterricht  über  alle  Graduierte  und  Studenten. 
Ms  geht  dann  weiter  zu  den  Bestimmungen  bei  der  l->\verbung  von  akademischen 
Graden  über.  Jeder  Haccalaureats-  und  Lizentiatskandidat  hat  vorher  zu 
schworen,  daß  er  denselben  Grad  an  einer  anderen  (medizinischen)  Fakultät 
einer  anderen  Universität  nicht  zum  /weiten  Male  erwerben  wird,  daß  er  die 
Satzung  der  Fakultät  halten  will.  Der  nämliche  Kid  wird  auch  von  ander- 
wärts Graduierten  verlangt,  wenn  sie  in  die  Leipziger  Fakultät  Aufnahme  limien 
wollen.  Hei  den  Haccalaurcat.s-  und  Lizentiatenprüfungen,  deren  Vorbedingung 
die  Inskription  in  die  Universitatsmatrikcl  ist,  entscheidet  die  Stimmenmehrheit 
der  F'akultätsmitglieder  wie  in  allen  anderen  F'akultätsangclegenheiten,  mit  Aus- 
nahme der  res  gratiosae  et  praejudiciales'\  bei  welchen  liinmütigkeil  vorhanden 
sein  muß,  also  eine  Gegenstimme  schon  zur  Ungültigkeit  eines  Beschlusses 
genügt  In  das  „Consilium"  der  Fakultät,  also  in  diese  selbst  im  engeren 
Sinne,  können  Lizentiaten  und  Baccalarien  der  Medizin  keine  Aufnahme  linden. 
Für  die  Aufnahme  in  die  weitere  Fukultät  ist  ein  besonderer  Eid  auf  die 
Statuten  und  zu  pflichtmäBigem  Gehorsam  vorgesehen.  Binnen  Monatsfrist  nach 
seiner  Promotion  hat  jeder  Doctorandus  4  Gulden-)  und  jeder  Baccalariandus 
2  Gulden  an  die  Fakultätskasse  zu  bezahlen.  Die  letztere  Summe  scheint 
anfangs  niederer  bemessen  gewesen  zu  sein;  jedenfalls  ist  das  Wort  duos 
zwischen  1443  und  1490  an  Stelle  eines  anderen  Zaiilworts  eingesetzt  worden. 
Wer  an  einer  anderen  Universität  den  Doktorhut  errungen  hat,  muß  beim 
Eintritt  in  die  Leipziger  F'acultas  medica  12  rheinische  Gulden  Aufnahmegebühr 
binnen  Monatsfrist  bezahlen.  Auch  diese  Zahl  ist  nach  1443  erst  auf  diese 
Höhe  gebracht '  und  noch  dadurch  weiter  gesteigert  worden,  daß  man  den  Beschluß 
in  die  Satzung  aufnahm,  diese  \'ergünstigung  der  Zahlung  einer  niedereren,  für 
damalige  Zeit  aber  recht  respektabeln  Summe,  nur  denen  zuzubilligen,  die  in 
Leipzig  wenigstens  das  Baccalariat  erworben  hatten;  alle  anderen  mußten  fortan 
noch  um  die  Hälfte  mehr,  also  18  rheinische  Gulden  Eintrittsgebühr  bezahlen. 
Man  suchte  dem  herrschenden  Brauch  entgegenzuwirken,  daß  die  Studierenden 
der  Medizin  in  Leipzig  gewöhnlich  schon  nach  Erringung  der  (philosoi^hischen) 
Magisterwürde  (also  etwa  nach  Bestehung  des  Vorexamens),  beim  Beginn  des 
eigentlichen  Medizinstudiums  nach  Italien  zum  Fachstudium  zogen  oder  höchstens 
noch  bis  zur  Erringung  des  Baccalariats  in  Leipzig  blieben  (also  etwa  bis  nach 
bestandenem  Physikum  .  Der  Fall  der  beiden  Nürnberger  Arzte  aus  der  Familie 
Schede!.  Onkel  und  Xefl'e,  Hermann  und  Hartmann,  deren  ersterer  im  Jahre 
1433  die  Universität  Leipzig  bezog,  im  Februar  1436  Baccalaureus,  im  (Jktober 


')  Bei  Ehrenerwcisungen  von  Seiten  der  Fakultät  (z.  B.  Verleihung  von  Graden  oder 
anderen  Vorrechten  honoris  causa)  und  bei  Beschlüssen  genereller  Art,  welche  fiir  die  Zukunft 
irgendwie  bindend  waren. 

')  Im  Jahre  1466  wurden  noch  3  fl.  für  die  Doktorpromotion  bezahlt,  wie  wir  am  Ende 
des  4.  Abschnittes  aus  den  Aufzeichnungen  des  Dekans  ersehen  werden  (S.  80). 

')  1469  wurden  zum  erstenmal  8  fl.  bezahlt  (vgl.  ebendort),  später  stets  nur  4  fl.  trotz  aller 
weitergehenden  Fakultütsbeschlüsse  bis  zum  Jahre   1497  (vcl.  S,  72  u.  84). 


2.    Inneres  Leben  der  FakultSt.  29 


1437  Magister  wurde  und  dann  nach  Padua  ging,  während  Hartmann  von 
1455  bis  1461  in  Leipzig  studierte  und  dort  am  17.  September  1457  das  Hacca- 
lariat,  am  12.  Januar  1460  den  Magistertitel  errang,  um  dann  sein  Studium 
bis  1466  in  Padua  fortzusetzen,  wo  er  am  17.  April  1466  zum  Doktor  promo- 
viert wurde,  —  der  Fall  dieser  beiden  Nürnberger  Arzte,  deren  kostbare 
Bibliothek  heute  noch  großenteils  in  München  vorhanden  ist  und  auch  für 
Leipziger  Univcrsitatsverhältnisse,  leider  nicht  auf  medizinischem  Gebiete,  noch 
wertvolle  Dokumente  birgt,  scheint  anfangs  die  Regel  gebildet  zu  haben.  Um 
diese  Regel  zu  durchbrechen,  hat  man  wohl  die  Aufnahmebedingungen  in  die 
Leipziger  medizinische  Fakultät  stetig  pekuniär  erschwert,  wie  unsere  Statuten 
darzulegen  scheinen.  Auch  an  die  Fakultätsbediensteten  (famuli)  mußten  die 
Bewerber  um  Baccalariat,  Lizentiatur  und  Doktorat  ein  bis  zwei  Gulden  be- 
zahlen, was  anderwärts  Promovierte  alles  nachbezahlen  bzw.  nochmals  bezahlen 
mußten,  wollten  sie  in  das  Leipziger  Ärztekollegium,  das  ist  eben  die  „Fakultät" 
im  weiteren  und  engeren  Sinne'),  Aufnahme  finden.  Und  diese  Aufnahme  war, 
wie  ein  späterer  Zusatz  (aus  der  Zeit  nach  1471)  ausdrücklich  stipuliert,  unbe- 
dingtes Erfordernis,  wollte  man  überhaupt  an  einem  feierlichen  Universitätsakt  in 
Mitte  der  Doktoren  der  Medizin  teilnehmen,  wollte  man  Vorlesungen  halten  oder 
in  der  Disputation  seine  Stimme  erheben,  falls  nicht  ein  besonderer  (einstim- 
miger) Beschluß  des  Dekans  und  der  Fakultätsmitglieder  vorlag,  der  diesen 
Fall  zu  einer  Ehrenerweisung  stempelte  (res  gratiosa  des  §  3),  die  wohl  nur 
vorübergehend  anwesenden,  auswärtigen  Gelehrten  zuteil  wurde.  Daß  einer  ohne 
die  „Assumptio  in  facultatem"  in  Leipzig  nicht  ärztlich  praktizieren  konnte,  ist 
damit  ja  nicht  ausdrücklich  gesagt,  galt  aber  schon  von  Anfang  an  als  völlig 
selbstverständlich. 

Mit  solchen  Fragen  der  Praxis  oder  wenigstens  der  praktischen  ärztlichen 
.Ausbildung  befaßt  sich  das  Nachtragsstatut  vom  Jahre  1429  —  jedenfalls  ein 
sicheres  Zeichen,  daß  tatsächlich  bereits  vor  der  „Dotierung"  der  beiden  Profes- 
suren der  Medizin  (s.  o.)  ein  Hochschulunterricht  in  der  Medizin  stattgefunden 
hatte  und  daß  man  in  der  Praxis  des  Lehrbetriebes  schon  Erfahrungen  gesammelt 
hatte  und  seine  Konsequenzen  daraus  zu  ziehen  begann. 

Secuntur  alia  statuta  [von  1429]. 
[Bl. '7)'|.      Anno   domini  M^'ccccxxi.k  decima  die   5  Junij    approbata   sunt 
per  facultatem  medicinae  statuta  infrascripta. 

26.  Primum  quilibet  volens  promoveri  in  baccalarium  medicinae  tenetur 
antea  cum  aliquo  doctore  vel  doctoribus  visitasse  practicam  medicinae  per 
biennium  diligenter. 

27.  Item  quilibet  volens  promoveri  in  baccalarium  medicinae  vel  doc- 
torem   tenetur   ante   privatum  suum  exanien,  publice  in  scolis  sub  aliquo  doc- 


')  Nicht  nur  die  Professoren  bildeten  das  „Consilium  facultatis",  sondern  nach  einer  ein- 
bis  rweijährigen  Übergangszeit  fand  in  der  Regel  jeder  Leipziger  Doctor  medicinae  auch  hierin  Auf- 
nahme, wie  er  auch  vorher  schon  zur  Teilnahme  an  der  Lehrtätigkeit  berechtigt  und  bis  zu  gewissen 
Grade  verpflichtet  war.  Für  solche  ergänzende  Vorlesungen  der  jungen  Doktoren  war  ausdrücklich 
die  Stunde  nachmittags  3  Uhr  vorgesehen. 


•  ^^  3.   Inneres  Leben  der  Ftkulttt. 

tore  quacstioncm  niedicinalcin  dctcnninare  et  suo  doctori  et  aliis  argucntibus 
contra  dictam  quacstioncm  rcspondcro. 

28.  Item  quilibet  doctorandus  in  medicina  tcmiiore  complccionis  sui 
byeanij  tenebitur,  diligenter  lectioncs  doctorum  visitarc. 

29.  Item  promotus  in  doctorcm  medicinac  in  alia  uniucrsitate  famosa, 
si  desidcrat  recipi  ad  facultatem  mcdicinae,  primo  doccat  de  doctoratu  suo 
jKT  autenticam  suam,  in  qua  modus  suae  promocionis  continctur,  deindc 
publice  in  scolis  dctcmiinet  quaestionem  medicinalem,  ad  quam  respondebit 
doctoribus  et  omnibus  aliis  contra  eandcm  artjucre  volcntibus  [et  quod  velit 
peterc  assumi  ad  facultatem  medicinac  secundum  statuta  post  responsionom. 
quae  responsio  sit  loco  cxaminis.  et  fiat  inmediate  post  responsionem  sua 
assumpcio]  'l 

30.  Item  promotus  in  baccalarium  medicinac,  in  alia  univcrsitate  famosa, 
desiderans  recipi  ad  facultatem  tamquam  baccalarius  medicinac,  tenebitur  prius 
docere  de  suo  baccalariatu  per  autenticam  suam,  deinde  sub  aliquo  doctore 
determinabit  quaestionem  medicinalem,  ad  quem  respondebit  suo  doctori  et 
alijs  arguere  volentibus. 

Die  wichtigste  Bestimmung  ist  sicher  die  erste,  durch  welche  festgesetzt 
wird,  daß  der  künftige  Arzt,  ehe  er  zum  Baccalariatsexamen  zugelassen  werden 
dürfe,  gehalten  sei,  mit  einem  Arzt  oder  auch  mit  verschiedenen  Ärzten  zwei 
Jahre  lang  fleißig  deren  Klientel  mitzubesuchen,  also  an  den  Praxisgängen 
teilzunehmen  —  der  Embr>o  einer  poliklinischen  Unterweisung,  der  wie 
wir  noch  sehen  werden  eine  dauernde  Institution  der  Leipziger  medizinischen 
Fakultät  wurde.  Ob  er  nicht  für  lange  Zeiträume  im  wesentlichen  auf  dem 
Papiere  stand?  —  Eine  historische  Kontrolle  ist  schwer  anzustellen. 

Wesentlich  nach  den  scholastischen  Gesichtspunkten  einer  formal-dialek- 
tischen Schulung  zugeschnitten,  aber  einer  allgemeinen  Zeitforderung  entsprechend, 
ist  die  weitere  Bestimmung  über  die  .Abhaltung  einer  „Determination"  über 
eine  „Quaestio  medicinalis";  es  wurde  eine  mündliche  .Auseinandersetzung  über 
eine  medizinische  Frage  verlangt,  die  der  Lehrer  stellte,  und  daran  anschließend 
eine  öffentliche  Beantwortung  aller  von  den  Dozenten  und  Studenten  oder 
sonst  aus  der  gelehrten  Korona  erhobenen  Einwürfe,  also  ein  Vortrag  mit 
anschließender  Disputation  zur  .Aufweisung,  daß  man  etwas  gelernt  hatte,  und 
zur  Dokumentierung  und  weiteren  Übung  und  .Ausbildung  einer  dialektischen 
Gewandheit  und  Schlagfertigkeit*). 


')  Späterer  Zusatz  bestimmt  nach  1443,  hScliit  wahrscheinlich  im  Jahre  1469;  wenigstens 
stimmt  die  Hand  dieses  Zusatzes  mit  der  des  noch  mitzuteilenden  Nachtrags  vom  Jahre  1469  überein 
und  ist,  wie  ich  annehme,  vom  Dekan  Johann  von  W'cyda  zu  Papier  gebracht. 

')  Die  „Quaestiones  medicinales"  sind  ein  ständiges,  durch  seine  Sterilität  meist  übel  an- 
widerndes Inventar  der  Handschriften,  namentlich  des  1 5.  Jahrhunderts.  Auch  eine  ganze  Reihe  von 
solchen  akademischen  Lchrvorträgen  (Quodlibeta,  disputationes  quodlibeticae)  namhafter  Hochschulen 
sind  mir  samt  ihren  abgezirkelten  Einleitungen  und  umständlichen  ,,Graliorum  actioncs''  in  die 
Hände  gekommen;  ich  werde  einige  interessantere  aus  Montpellier  und  Prag  demnächst  anderweit 
publizieren    lassen.      Für    Leipziger  Verhältnisse    fehlt   mir  bis   heute   aus    der   Mitte   des   15.  Jahr- 


Inneres  Leben  der  Fakultät. 


3t 


Auch  nach  dem  Haccalariat  soll  der  künftige  Doktor  wahrend  seines 
pflichtniäßigen  Bienniums  gehalten  sein  die  Lehrvorträge  der  Dozenten  fleißig 
zu  besuchen.  Wer  von  auswärts  mit  einem  Doktordiplom  nach  Leipzig  kam, 
mußte  sein  Diplom  zur  Prüfung  vorlegen,  (daß  es  von  einer  namhaften 
[famosa]  Fakultät  ausgefertigt  sei,  galt  als  Voraussetzung),  erneut  eine  Rede 
über  ein  medizinisches  Thema  halten  und  den  Inhalt  in  öflentlicher  Disputation 
verteidigen  —  an  Stelle  eines  Kxamens,  aber  doch  nur  Formsache,  wie 
sich  daraus  ergibt,  daß  die  Aufnahme  in  die  Fakultät  sich  sofort  anschließen 
sollte,  „immediate",  also  ohne  vorhergehendes  geheimes  oder  öflentliches  Skruti- 
nium  der  Fakultät.  Das  Thema  seiner  „Quaestio",  seiner  Disputationsrede,  die 
hier  fast  als  llabilitationsrede  aufzufassen  ist,  war  dem  auswärtigen  Doktor 
oflenbar  in  sein  eigenes  lielieben  gestellt,  während  dem  auswärts  zum  Bac- 
calarius  Promovierten  als  einziger  Unterschied  von  der  Doktorrezeption  dieses 
Thema  gestellt  wurde,  wie  der  Schlußabsatz  ausdrücklich  besagt:  „sub  aliquo 
doctore  determinabit  quaestionem". 

Mit  diesen  Zusätzen  zum  Grundstatut  von  141 5  war  aber  der  innere 
.Ausbau  der  F'akultätsangelegenheiten  noch  nicht  abgeschlossen;  nach  abermals 
14  Jahren  entschloß  man  sich  zu  einer  umfänglichen  abermaligen  Aufnahme 
einer  ganzen  Reihe  von  neuen  Paragraphen  in  das  Fakultätsstatut. 

[Satzungszusatz  vom  21.  Januar  1443.] 

[Bl.  (7)"].  .\nno  domini  millesimo  quadringentesimo  quadragesimo  tercio 
vicesima  prima  die  mensis  Januarij  approbata  sunt  per  facultatem  statuta  in- 
frascripta. 

31.  Primum  facultas  medicinae  habeat  decanum'),  qui  sit  senior  doctor 
promotus  aut  assumptus  in  facultate  medicinae  universitatis  Lipczensis,  qui  si 
in  possessione  mensium  sex  tempore  permanserit  et  alter  doctor  medicinae  eo 
senior  non  advenerit,  nisi  domicilium  ab  hac  univcrsitate  transtulerit,  semper, 
quousque  voluerit,  decanus  permanebit. 


32.  Item  promotus  in  baccalarium  facultatis  medicinae  in  univcrsitate 
Lipczensi,  postquam  assumptus  fuerit  ad  legendum  pro  licenciatura  facultatis 
medicinae  et  legerit  pro  publico  examine  licenciaturae,  extunc,  postquam  pro- 
motus fuerit  in  doctorem  medicinae  in  univcrsitate  Lipczensi,  praecedere  habebit 
in  loco  quemlibet  doctorem  medicinae  promotum  in  doctorem  medicinae  in 
alia  univcrsitate,  nisi  talis  doctor  alterius  universitatis  in  univcrsitate  Lipczensi 
ante  admissionem  eiusdem  baccalarij  ad  licenciam  esset  praeassumptus;  sie 
enim  talis  doctor  hie  in  univcrsitate  Lipczensi  promotus  talem  doctorem  alie- 
num    sequi    debet,    eciam    si    ante    ipsius    doctoris    ad    facultatem    medicinae 

hunderts  der  Nachweis  solcher  medizinischer  Baccalariats- Disputationen;   als  Specimina   mögen   die 
theologischen  Quaesliones  des  Mediziners  Helmold  von  Gledenstcde  im   6.  Abschnitt  und  die 
Thesen  eines  Pistoris,  Meilerstadt  und  Kegler  an  gleicher  Stelle  dienen. 
')  DECANUS  .im  Rande. 


;.  r.    Iiitv!   -    ! -I ,Vr  FakulUU 

assumiicioncni  ad  k-s^cnilum  pro  iicoiicia  esset  admissus.  Doctores  auteni  hie 
pronioti  locum  habeant  sccundum  primogenita  ipsorum  ad  licenciani  assuiup- 
cionum. 

33.  Item  doctorandus  in  illa  universitate  tempore  suae  promocionis 
dabit  quinque  florenos  rinenses  famulis  vmiversitatis. 

34.  Item  nullus  doctor  sit  de  consiiio  facultatis  mcdiciiiae,  nisi  liic  in 
universitate  vel  in  alia  suum  biennium  con|)leverit,  et  lioc  siio  juramcnto 
contirmabit. 

B 

35.  Item  quilibet  promovendus  in  iicenciatum  facultatis  medicinae  tem- 
pore examinis  fiendi ')  pro  licenciatura  dabit  pro  doctoribus  de  consiiio  facul- 
tatis medicinae  cxistentibus  duodecim  florenos  rinenses. 

36.  Item  quilibet  promouendus  in  Baccalarium  facultatis  medicinae  tem- 
pore sui  examinis  pro  baccalariatu  dabit  (sex)*)  florenos  reynenscs  pro  docto- 
ribus de  consiiio  cxistentibus  facultatis  eiusdem. 

37.  Item  quilibet  baccalariandus '),  volens  promoveri  in  Iicenciatum, 
debet  primo  optinere  a  doctoribus  de  consiiio  facultatis  medicinae  favorcm 
legendi  pro  licencia,  et  post  hoc  favorem  assumendi  ad  eandem. 

Diese  Zusatzparagrajjhen  treffen  zunächst  nähere  Bestimmung  über  das 
Dekanat,  das  zur  Lebensstellung  des  ältesten  F"akultätsmitgliedes  gestempelt 
wird.  Bei  der  Dekanatsvakanz,  die  wegen  des  hohen  Alters  des  augenblicklichen 
Trägers  dieser  Würde,  Helmold  von  Gledenstede,  in  baldiger  Aussicht 
stand  und  auch  wenige  Jahre  später  eintrat,  sollte  der  nächstälteste  Doctor 
medicinae  in  das  Dekanatsamt  einrücken  und  zwar  sollte  dieses  zunächst  ein 
provisorisches  Einrücken  sein  und  erst  zu  einem  definitiven  werden,  wenn 
binnen  sechs  Monaten  kein  früher  promovierter  Doctor  der  Medizin  in  die 
Leipziger  Fakultät  wieder  eingetreten  sein  würde.  Nur  im  Falle  seines  Weg- 
zuges von  Leipzig  sollte  das  Amt  vor  seinem  Tode  auf  den  Nächstbefugten 
übergehen,  wenn  er  nicht  ausdrücklich  von  weiterer  Amtsführung  entbunden 
zu  werden  wünschen  sollte. 

Ein  Baccalarius  der  Leipziger  Fakultät  sollte  in  Zukunft,  so  wird  nun 
festgesetzt,  nachdem  er  die  Lizenz  erhalten  und  seine  Antrittsvorlesung  zum 
Lehramt  gehalten  hätte  und  (dann  später)  zum  Doktor  der  Medizin  promoviert  sei, 
vor  jedem  anderwärts  promovierten  Doktor  der  Medizin  den  Vortritt  haben,  der 
nicht  vor  dem  Doktorpromotionsakt  des  Leipziger  Baccalarius  Aufnahme  in 
die  Leipziger  Fakultät  gefunden  hätte,  nicht  aber  wenn  nur  seine  Zulassung 
zur  Lizentiatur  früher  ergangen  sein  sollte  als  die  Aufnahme  eines  fremden 
Doktors  der  Medizin  in  die  Leipziger  Fakultät.  Das  kam  also  in  der  Praxis 
darauf  hinaus,  daß  den  auswärts  promovierten  Doktoren  der  Medizin  in  der 
Leipziger   medizinischen    Fakultät   ihr   Dienstalter   nicht   vom   Termin    der   aus- 

•)  Es  steht  „ficnde"  also  „fiendac"  da! 

'J  Auf  Rasur. 

')  „baccalarius"  überschrieben. 


2.    Inneres  Leben  der  Fakultät.  Ti 


wärtigen  Doktorpromotion  sondern  vom  Tage  ihre  Aufnahme  in  die  Leipziger 
Fai<ultät  gerechnet  wurde.  Einheimische  Doktoren  der  Medizin  sollten  in  der 
Reihenfolge  ihrer  Zulassung  zur  Lizentiatur  ., rangieren".  .'\n  dem  Termin  der 
Promotion  sind  fünf  rhein.  Gulden  an  die  Famuli  der  Universität  zu  entrichten. 

Die  Aufnahme  in  den  Rat  der  Fakultät  soll  nicht  früher  als  nach  Ablaut 
zweier  Jahre  nach  der  Doktorpromotion  erfolgen;  auswärts  Promovierte  müssen 
darüber  einen  Eid  schwören,  daß  sie  anderwärts  auch  ihr  Biennium  an  einer 
Universität  durchgemacht  haben. 

Bei  der  Promotion  zum  Lizentiaten  sind  12  rhein.  Gulden  den  Doktoren 
im  Rate  der  Fakultät  zu  entrichten,  bei  der  Baccalariatspromotion  6  rhein. 
Gulden;  doch  scheint  letzterer  Betrag  erst  nach  1443  ^"^  diese  Höhe  normiert 
worden  zu  sein,  da  die  Zahlangabe  auf  Rasur  stand.  Nach  den  spärlichen 
Resten  unter  dem  Palimpsest  möchte  ich  schließen,  daß  „quattuor"  zuerst  da- 
gestanden hat;  dies  dürfte  die  Zahlungsnormierung  des  Jahres  1443  gewesen 
sein.  Will  der  Baccalarius  zum  Lizentiaten  promovieren,  so  hat  er  erst  vom 
Rat  der  Fakultät  die  Vergünstigung  zu  erlangen,  zur  Probevorlesung  zugelassen 
zu  werden,  und  danach  die  \'ergünstigung  der  .Aufnahme  in  die  Fakultät. 


Doch  auch  mit  dieser  Vermehrung  um  8  Paragraphen  hat  die  Redaktion 
der  Satzung  noch  immer  nicht  ihr  Ende  erreicht.  Vor  ihrer  völligen  Neu- 
regelung nach  der  Reformation  von  1 503  wurden  noch  viermal  (in  den  Jahren 
1465,   1469,  147 1  und   1490)  Zusatzbestimmungen  getroffen. 

Zuerst  fand  man  für  nötig,  die  Anordnung  zu  treffen,  daß  kein  aus- 
wärtiger Doktor  der  Medizin  in  die  Leipziger  medizinsiche  F'akultät  Aufnahme 
finden  solle,  wenn  er  nicht  (neben  den  übrigen  Belegstücken)  noch  durch  Eid- 
schwur erhärten  könne,  daß  er  mindestens  drei  Jahre  an  einer  namhaften 
Universität  eingeschrieben  gewesen  sei  und  dort  fleißig  die  Lehrvorträge  der 
Fakultätsmitglieder  gehört  habe: 

(38)  Anno  domini  M°  cccc°  lxv'°  sedecima  die  Decembris  (1405  den  16. De- 
cember)  conclusum  'j  fuit  statutum  istud,  videlicet  quod  nullus  decetero  recipiatur 
ad  facultatem  medicinae,  nisi  per  triennium  ad  minus  in  alia  universitate  famosa 
steterit  et  doctores  medicinae  facultatis  diligenter  in  leccionibus  audierit;  et 
hoc  suo  iuramento  confirmabit.  Et  hoc  de  doctoribus^)  in  alia  universitate 
promotis  statutum  est. 

Man  hatte  wolil  seine  Gründe,  sich  gegen  leichtfertige  Doktorpromotionen 
anderer  Universitäten  zu  wehren,  auch  abgesehen  von  den  langsam  immer  mehr 
zutage  tretenden  Bestrebungen,  überhaupt  die  Zulassung  auswärts  Promovierter 
zur  Fakultät  zu  erschweren. 

')  Hier  findet  sich  im  Original  eine  Rasur  von  8  Buchstaben  Länge.  Eingetragen  sind  alle 
diese  neuen  Satzungsparagraphen  Nr.  38  —  41  der  Jahre  1465,  1469  und  1471  vom  Dekan  Johann 
von  Weyda. 

-)  „Promotis"  ist  hier  wegradiert. 
Smaien  .'ur  Geschichte  der  Medizin.     VUI.  3 


Inneres  Leben  der  l-'akullllt. 


\  H.-1  Jahre  später  wurde  der  längst  gewiß  als  selbstverständlich  geübte 
Usus  (s  obenl  durch  einstimmigen  Fakultätsbeschluß  fixiert  und  damit  in  die 
Satzung  aufgenommen,  daü  jede  Art  von  medizinischer  Praxis  zu  ihrer  Aus- 
übuni:  in  Leipzig  als  unumgängliche  Voraussetzung  habe,  daß  der  lietreffende 
vorher  als  Doktor,  Lizcntiat  oder  Baccalarius  von  der  Leipziger  Fakultät  pro- 
moviert sei  oder  den  Nachweis  einer  anderweit  gültig  errungenen  Promotion 
erbracht  und  sich  auf  die  Leipziger  Fakultätsstatuten  verpflichtet  hätte. 

(39  Anno  domini  millesimo  quadringentesimo  sexagesimo  nono  decima  die 
Aprilis  [1469  </<•//  lo.  .J/T/Ylconclusum  et  approbatum  t'uit  statutum  istud  peromncs 
doctores  medicinae  facultatis  concorditer,  videlicet  quod  dccetero  nullus  ad- 
mittatur  se  intromittere  de  cura  mcdicinali  vel  practica  alicuius  corporis,  niorbo 
vel  intimiitate  laborantis  aut  gravati  in  praefata  civitate  Leipczk,  cuiuscunque 
gentis,  professionis,  sexus  vel  condicionis  fuerit,  nisi  prius  in  praefata  medicinae 
facultate  in  doctorem,  liczenciatuni  vel  baccalarium  promotus  fuerit,  vel  de 
promocione  sua  doceat  altcrius  universitatis,  cuius  dicit  se  fore  membrum,  atque 
secunduni  statuta  facultatis  medicinae  huius  universitatis  satisfaciat  et  perficiat 
ea,  quae  inibi  continentur. 

Schon  nach  weiteren  zwei  Jahren  fand  man  lur  ratsam  die  Bestimmungen 
des  §  38  vom  Jahre  1465  zu  verscharten  für  alle,  die  zuerst  in  Leipzig  studiert 
hatten  und  zur  Aufnahme  ihres  eigentlichen  medizinischen  Fachstudiums  oder 
zur  weiteren  Fortsetzung  desselben  andere  Hochschulen  aufsuchten.  Auch 
hier  wird  die  Einmütigkeit  des  Beschlusses  ausdrücklich  erwähnt. 

Die  Baccalarien  der  Leipziger  medizinischen  F'akultät,  die  zur  Erringung 
des  Doktorhutes  an  einer  anderen  Universität  Leipzig  verlassen  hatten,  mußten 
eidUch  aussagen,  daß  sie  ein  weiteres  Biennium  mit  eifrigem  Kollegienbesuch  an 
einer  Hochschule  ausgefüllt  hätten.  Wer  etwa,  ohne  das  Baccalariat  ;der  Medizin) 
zu  erringen,  Leipzig  verlassen  hätte,  müsse  mindestens  den  Nachweis  erbringen, 
daß  er  vor  dem  Verlassen  der  Universität  Leipzig  die  Dozenten  der  Medizin 
zwei  Jahre  lang  fleißig  gehört  und  zwei  Jahre  die  Praxisgänge  satzungsgemäß 
mitgemacht  habe  und  zweimal  in  Disputationen  den  Doktoren  erwidert  habe. 
Sollte  er  anderwärts  zum  Doktor  der  Medizin  promoviert  sein,  so  müsse  er 
eidlich  erhärten,  daß  er  sein  Biennium  an  einer  anderen  Universität  unter 
fleißigem  Kollegienbesuche  absolviert  habe  und  zweimal  in  Leipzig  an  Dispu- 
tationen als  „Respondent"  sich  beteiligen  —  ohne  dies  sei  seine  Aufnahme 
in  die  Leipziger  medizinische  Fakultät  nicht  angängig.  F"ür  solche,  die  von 
Anfang  an  auswärtigen  Universitäten  studiert  hätten,  bleibt  es  bei  den  Be- 
stimmungen des  §38.  Der  neue  Satzungsparagraph (40)  lautete  folgendermaßen'): 

(40)  Anno  domini  millesimo  quadringentesimo  septuagesimo  primo  tercia 
feria  post  Invocavit  (1471  den  5.  März)  conclusum  fuit  et  statutum  per  omnes 
doctores  medicinae  facultatis,  quod  quilibet  exiens  de  hac  universitate  Lipczensi 

')  Am  Rande  die  Notiz  „•    doctoribus  alienis  assumcndis  sUtutum  proponendum". 


Inneres  Leben  der  Fakultüt.  ^c 


pro  studio  medicinae  pro  adepcione  doctoratus  in  medicina  ad  aliam  universi- 
tatem,  si  est  baccalariiis  medicinae  huius  univcrsitatis  et  promovetur  in  alia 
universitate  in  doctorem,  quod  non  recipiatur  in  hac  universitate  ad  facuitatem 
medicinae,  nisi  sub  iuramento  suo  dicat,  quod  complevit  biennium  suum  in 
hac  universitate  vel  in  alia,  in  qua  promotus  est,  diligenter  doctores  in  lec- 
tionibus  medicinae  legentes  audiendo.  Si  autem  non  sit  baccaiarius,  talis  sie 
exiens  ad  aliam  universitatem  tenetur  diligenter  audivisse  doctores  huius  uni- 
vcrsitatis per  biennium  et  visitasse  practicam  per  biennium  secundum  statuta 
huius  univcrsitatis  in  facultate  medicinae  et  bis  respondisse  doctoribus,  antequam 
exeat  ad  aliam  universitatem;  et  cum  promotus  fuerit  in  doctorem  alterius 
univcrsitatis,  talis  tunc  sub  iuramento  suo  dicat,  quod  complevit  biennium 
suum  in  alia  universitate,  diligenter  doctores  audiendo,  post  responsionem  binam 
hie  factam  in  universitate,  alias  ad  facuitatem  medicinae  huius  univcrsitatis  non 
recipiatur.  Si  autem  non  studuit  in  hac  universitate  Lipczensi  in  medicinis  et 
est  promotus  in  alia  universitate,  tunc  cum  eo  procedatur  secundum  statutum, 
de  doctoribus  alterius  univcrsitatis  conclusum  anno  etc.  Iw". 

Gleichzeitig  wurden  die  Rezeptionsgebühren  für  auswärts  Doktorierte  derart 
festgesetzt,  wie  es  die  Korrekturen  des  §  21  der  früheren  Statuten  vom  Jahre 
141 5  angeben,  d.h.  wer  in  Leipzig  das  Baccalariat  errungen  hatte  und  aus- 
wärts zum  Doktor  promoviert  war,  hatte  12  rheinische  Gulden  an  die  Mit- 
glieder des  Rats  der  Fakultät  zu  bezahlen,  die  übrigen  18  rheinische  Gold- 
gulden. 

(41)  Item  conclusum  fuit  cademtercia  feria  post  Invocavit  per  omnes  doctores 
facultatis  medicinae,  quod  doctor  alterius  facultatis  volens  recipi  ad  facuitatem 
medicinae  huius  univcrsitatis,  si  est  baccaiarius  huius  univcrsitatis,  tenetur  dare 
XII  florenos  renenses  in  auro  doctoribus  de  consilio  facultatis  medicinae.  Si 
autem  non  est  baccaiarius  huius  univcrsitatis,  tenetur  dare  xviii  florenos  renenses 
in  auro  doctoribus  de  consilio  facultatis  medicinae. 

Diese  nämliche  Bestimmung  findet  sich  nochmals  auf  der  Rückseite  des 
nämlichen  Blattes  (Bl.  (S)'^  mit  der  Seitenbezeichnung  6)  von  derselben  Hand ')  ein- 
getragen, mit  der  Randnotiz  ,.prius  scriptum  est  hie  repetitum",  was  immerhin 
zeigt,  welch  großen  Wert  man  gerade  auf  diesen  Beschluß  legte. 


Ein  ganz  anderes  Gebiet  berührt  eine  Bestimmung  vom  Jahre  1490,  die 
Lepraschau,  über  deren  bisherige  Ausübung  in  Leipzig  wir  nichts  Sicheres 
wissen.  Ob  sie  hier  wie  mehrfach  anderwärts  von  den  Insassen  der  Leprosorien 
ausgeführt  worden  war?  Ob  sich  der  Rat  diescrhalb  an  die  Fakultät  gewandt  hat? 
Jedenfalls  ist  der  Beschluß  äußerst  beachtenswert;  denn  sein  ganzer  Wortlaut  legt 
die  .Annahme   nahe,    daß   er   doch   erst    infolge  anderweitiger  ärztlicher  Lepra- 


')  Des  Dekans  Johann  von  Weyda. 

3* 


:  •      1 •■  -   '  '-Ucn  der  l'akullilt. 

•■•ut.KJücii   i;iiai.T  \\onkn   is; .    ociun   dio  Fakultät  aus  iryfiul  wclclu'n  ClriimK'ii 
vorbeugen  wollte. 

(42)  Itcni  concorditer  conclusuni  tuit  per  doctores  lacultatis  medicinae  anno 
millesimo  quadringcntesinio  nonagcsimo  die  sancti  Cleinentis  (1490  dni  23.  A'c- 
t'fmlftr),  quod  in  futurum  nullus  doctoruni  audebit  nequc  ex  suo  proprio 
consilio  sc  intermitterc  de  examine  leprosi  aut  suspecti  pro  lepra,  nisi  signo- 
tum  facultatis  medicinae  obtineat  ex  favore  doctoruni  de  consilio,  sub  poena 
exclusionis  a  consilio  facultatis  et  sus|)ensionis  ad  tres  annos,  si  ad  facultatcm 
speraverit,  taliter  extra  consilium  aduc  existente'}. 

Die  Fakultät  muß  offenbar  ein  eminentes  eigenes  Interesse  darin  gesehen 
haben,  daß  sie  in  so  scharfer  Weise  jedem  ihrer  Mitglieder  die  eigenmächtige, 
von  ihr  nicht  ausdrücklich  autorisierte  Vornahme  einer  Lepraschau  untersagte 
bei  Strafe  einer  Exklusion  auf  3  Jahre  und  eines  dreijährigen  .Aufschubes  für 
die  .-Xurnahme,  falls  der  Hetreflende  etwa  auf  eine  solche  Rezeption  gerechnet 
oder  sie  beantragt  haben  sollte*). 

Eine  den  Lehrbetrieb  betreffende  Bestimmung  enthalt  der  folgende  Para- 
graph (43),  der  aus  demselben  Jahre  1490  stanmit.  Er  setzt  fe.st,  daß  alle  Mit- 
glieder des  Rates  der  Fakultät  der  Reihe  nach  verpflichtet  sein  sollen  sich  an 
den  öffentlichen  Disputationen  zu  den  4  Frohnfasten  (Ouatember)  zu  beteiligen. 
Für  seine  Bemühung  als  Teilnehmer  an  der  Disputation  bzw.  ihr  Leiter  hat  er 
I  Gulden  zu  beanspruchen  —  falls  die  Fakultät  gerade  bei  Gelde  ist,  erhält 
er  diesen,  wenn  nicht,  muß  er  sich  geduldeUj  bis  etwa  etwas  einläuft,  in  welchem 
Falle  die  Fakultät  über  nachträgliche  Zubilligung  zu  beschließen  hätte  —  man 
sieht  hier  so  recht  die  Armseligkeit  der  Leipziger  medizinischen  Fakultätsver- 
hältnisse! —  dagegen  hat  pro  poena  i  Gulden  zu  zahlen,  wer  sich  säumig 
zeigte.  Stellvertretung  oder  Turnusänderung  aus  Gründen,  die  sich  hören 
lassen,  sollen  dagegen  zulässig  sein: 

143)  Item  statutum  sit,  quod  quilibet  doctor  de  consilio  facultatis  existens 
tenetur  ex  ordine  suo  secundum  quatuor  angarias  disputare  publice.  VX  idem 
doctor  pro  labore  suo  habebit  unum  florenum  a  facultate,  si  facultas  habuiida- 
verit;  sed  si  deficiet  facultas,  tenetur  gratis;  expost,  cum  facultas  obtinebit, 
satisfaciet  secundum  decreta  doctoruni.  Et  si  aliquis  negligens  fuerit,  quod 
disputare  neglexerit,  tenetur  dare  unum  florenum  pro  poena',  vel  ex  causa 
rationabili  potest  aliuni  vice  opponentem  de  consilio  facultatis  substituere'' . 

')  .\ufg«eichnct  vom  Dekan  Johann  von  Landsberg. 

')  Ich  werde  auf  diese  Lepraschau  der  Fakultät  anderwärts  zurückkommen.  Die  einzige 
in  den  Leipziger  RatsprolokoUen  nachweisbare  stammt  vom  Jahre  1492;  G.  Wust  mann  hat 
sie  im  „Archiv"  der  Puschmannstiftung  Bd.  I  S.  70  f.  veröfTcntlicht. 

'1  Auf  einen  leeren  Raum  am  Fuße  der  Rückseite  des  Blattes  (7)  im  J.ihre  1490  vom  Dekan 
Johann  von  Landsberg  geschrieben  und  dadurch  zwischen  §  38  u,  39  geraten.  —  Daß  schon  1470  bis 
1473  solche  Disputationen  mit  einer  gewissen  Regelmäßigkeit  an  den  4  Frohnfesten  stattfanden  und 
zum  selben  Satze  honoriert  wurden,  werden  wir  am  Ende  des  4.  Abschnittes  aus  den  Notierungen 
der  Dekanatsausgaben  Johanns  von  Weyda  ersehen.  Es  wurde  also  ein  früherer  Usus  1490  nur 
aufgenommen  und  satzuogsgemäß  fixiert. 


2.    Inneres  Lebeq,  der  Fakultät.  rn 


Den  Ausführungen  des  nächsten  Absclinittes  etwas  vorgreifend,  um  die 
Statutenfrage  im  Zusammenhange  zu  erledigen,  gehe  ich  zum  Schlüsse  noch 
kurz  auf  die  Satzungen  von    1 503   und   1 543  ein. 

Die  Statuten  von  1 503  sind  im  Anhang  unter  Nr.  i  S.  1 59  ii.  in  ihrem 
Wortlaute  zum  Abdrucke  gebracht  unter  Heranziehung  des  heute  noch  vor- 
handenen Originals  im  Archiv  der  medizinischen  Fakultät  [A.  I  9  vol.  I''(i)]'). 

Sie  stellen  im  wesentlichen  eine  Neuordnung  und  Umredaktion  des  im 
Laufe  der  Jahre  von  1415 — 1490  in  die  Erscheinung  getretenen  Beschluß- 
materials dar,  in  manchen,  hauptsächlich  formalen  Punkten  auch  eine  Erwei- 
terung. Beseitigt  ist  die  Bestimmung,  daß  der  Dekan  bei  Stimmengleichheit 
eine  neue  Abstimmung  herbeifuhren  muß.  Neu  ist  ferner,  daß  es  in  das  Be- 
lieben des  Dekans  und  des  Doktorkollegiums  gestellt  sein  soll  in  besonderen 
Fällen  auch  die  Lizentiaten,  Baccalaurei  und  Medizinstudierenden  bei  Strafe  zur 
Fakultätsversammlung  hinzuzuziehen  bzw.  eine  Fakultätsversammlung  in  ihrer 
Gegenwart  abzuhalten.  Neugeschaffen  wird  eine  Vizekanzlerstelle  neben  dem 
Dekan,  welche  im  Anciennitätsturnus  umgehen  soll  und  namentlich  bei  der 
Promotion  der  Lizentiaten  in  die  Erscheinung  tritt  und  auch  in  einem  Vorzug 
bei  der  \'erteilung  der  Sportein  sich  manifestiert.  Da  aber  auch  die  übrigen 
anwesenden  Fakultätsmitglieder  in  dritter  Reihe  an  den  Gebühren  der  Promo- 
tionen beteiligt  sind,  wird  ausdrücklich  festgesetzt,  daß  der  Dekan  bei  der  Be- 
stimmung desTermines  auf  die  Anwesenheit  der  Doctores  regentes  und  residentes 
in  der  Stadt  Rücksicht  nehmen  möge.  Die  Zahlung  der  betreffenden  Examens-  usw. 
Gebühren  wird  zeitlich  noch  genauer  fixiert,  für  die  Baccalarii  z.  B.  vor  die 
\'erkündigung  des  Prüfungsergebnisses  gelegt.  Auch  der  Promotor  erhält  nun 
eine  Sondergebühr  von  4  Gulden.  Die  Respektspflicht  ist  jetzt  ebenfalls  schärfer  ge- 
faßt, und  für  Verabsäumung  der  schuldigen  Achtungser\veisung  werden  Disziplinar- 
strafen ausdrücklich  vorgesehen.    Auch  die  Zeitspannen  für  die  theoretische  und 


')  Es  ist  ein  ganz  in  Pergament  mit  zierlichen  Pressungen  gebundener  dünner  Foliant 
(318  X  216  mm),  bestehend  aus  18  Pergamentblättern.  Auf  BI.  ir  steht  die  Bezeichnung  „Nr.  9 
Liber  Statutorum  Facultatis  medicae"  von  einer  Hand  aus  der  i.  Hälfte  des  16.  Jahrhundert». 

Bl.  2r — iiT  nimmt  das  Statut  von  1503  ein  von  einer  gleichzeitigen  Hand  sauber,  wenn 
auch  etwas  steif  und  plumb,  geschrieben;  nur  wenige  Korrekturen  und  Beischriften  andereren  Hand. 
Am  Schlüsse  auf  Bl.  11^  zwei  Zusätze  in  blasser  Tinte  von  einer  Hand  aus  dem  2.  Viertel  des 
16.  Säkulums. 

Auf  Bl.  1 2  r  der  Beschluß  über  die  \'orbedingung  des  Magisterium  arlis  für  jede  medizinische 
Fachqualität  vom  Jahre  1 5 1 1  mit  feinem  farbigem  Initial,  mit  Gold  belegt,  sehr  sauber  und  zierlich 
zu  Pergament  gebracht,  darunter  zwei  Baccalariatspromotioncn  von  1525  und  1526.  Bl.  12^  IJzen- 
tiatspromotion  von  1525  mit  Angabe  der  Disputationsthemata.  Darunter  Baccalariatspromotion 
von   1527. 

Bl.  13'   Linzcntiatur  und  Doktorpromotion  von   1528. 

Bl.  13»  Lizentiatur  zweier  Kandidaten  von  1532  und  Doktorproraotion  eines  derselben  1535. 

Bl.  14 — 16  unbeschrieben. 

Bl.  I7r  —  iSr  mit  schönem  bunten  Initial  und  zierlicher  Schrift  (wie  Bl.  12')  der  Beschluß 
über  die  Ausstoßung  des  Konrad  Toeckler  aus  der  Fakultät  (15 18)  und  über  seine  Wieder- 
aufnahme 1521.  Unter  dem  Schluß  des  letzteren  stehen  Bl.  iS'  u.  18»  noch  Eintragungen  über 
Aufnahmen  in  die  Fakultät  und  Doktorpromotionen  aus  den  Jahren  1526,  1529,  1534,  1535  IS42 
und    1546. 


'"vctcs  Lcbeu  der  Fakultät, 

praKiiscnc  .\usin  oimiv;  wiiac»  ijcnaucr  festgesetzt.  Dein  „Promotor"  wird  ein 
..Conipromotor'*  zur  Seite  gestellt  und  über  die  llerrichtung  und  Ausschmückung 
der  Kirche  lür  die  Promotionen  ausdrücklich  Bestimmung  getroffen.  Auch  über 
wahlweise  Hereitstellung  von  Wein  oder  Hier  und  Konfekt  bei  den  lixaminibus 
finden  wir  zuerst  hier  Hestimmungen,  die  noch  weiter  ausgedehnt  worden  in 
einer  Verordnung  nach  dem  Jahre  1521,  die  man  im  Anhang  nachsehen  mag 
Nr.  41  S.  169).  Sie  erhöht  gleichzeitig  die  Gebühren  für  auswärts  ijronioviertc 
Doktoren  der  Medizin  nicht  unerheblich  auf  25  bzw.  31  Goldgulden.  Wichtig 
scheint  mir  eine  Hestimniung  aus  dem  Jahre  i  50S,  durch  welche  die  bisherige 
Lbung  zum  Gesetz  erhoben  wird,  daß  keiner  mehr  zum  Haccalaureus,  ge- 
schweige zu  einem  höheren  medizinischen  Grade  zugelassen  werden  dürfe,  auch 
niemand  in  irgend  welche  nähere  Beziehung  zur  medizinischen  Fakultät  treten 
dürfe,  er  habe  denn  das  Magisterium  der  Artes  vorher  errungen.  Brennend  war 
die  Sache  dadurch  geworden,  daß  zwei  junge  Leute  auf  ihr  Verlangen  zu 
Haccalaurien  hatten  gemacht  werden  müssen,  trotzdem  sie  kein  Magisterium 
der  Artes  besaßen,  weil  sich  herausstellte,  daß  eine  Bestimmung  darüber  in 
den  Statuten  sich  nicht  fand,  trotzdem  es  bisher  immer  so  gehalten  worden 
war  (vgl.  das  interessante  Aktenstück  unter  Nr.  42  im  ersten  Abschnitt  des  An- 
hangs S.  17c). 

Eine  abermalige  Kodifizierung  der  Fakultätssatzung  fand  im  Jahre  1 543 
statt,  diesmal  allerdings  nicht  aus  dem  freien  Entschlüsse  der  Fakultät,  sondern 
durch  Allerhöchste  Verordnung.  Jedoch  wurde  das  allermeiste  aus  der  Satzung 
von  1 503  einfach  wörtlich  herübergenommen  und  ich  gebe  im  Anhang  nur  ein 
paar  wichtige  neue  Zutaten  im  Wortlaut  wieder. 

Neu  eingeschärft  werden  die  früher  (1490]  zwar  beschlossenen  und  lange 
vorher  schon  geübten,  aber  in  die  Satzung -von  1 503  nicht  ausdrücklich  mit 
aufgenommenen  vierteljährlichen  Disputationen  mit  Gebühren  für  alle  in  be- 
stimmter Form  an  der  Disputation  Teilnehmenden,  abgestuft  bis  zur  Höhe  eines 
Groschens  tlir  die  Schüler  Kap.  Ii;.  Neu  aufgenommen  wurde  endlich  die  Be- 
stimmung, daß  alljährlich  eine  „Anatomie"  abgehalten  werden  solle  (Kap.  XXIP, 
eine  Forderung,  die,  wie  wir  gleich  sehen  werden,  schon  1 502  von  einigen  Gut- 
achtern innerhalb  und  außerhalb  der  Fakultät  erhoben  worden  war. 

Eine  endliche  Erfüllung  weiterer  bei  der  Reformation  von  1 502  erhobener 
Forderungen  stellen  auch  die  neuen  Hestimmungen  über  die  Arzneitaxe  und 
Apothekenrevisionen  dar,  ebenso  die  \'erweisung  aller  Kurpfuscher  aus  der 
Stadt  Leipzig  und  ihrem  Bannkreise. 

Genauere  Bestimmungen  über  die  Ausführung  der  anatomischen  Zerglie- 
derung, eine  Studienordnung  für  Mediziner  und  ein  Reglement  für  die  öffent- 
lichen Disputationen  bildet  vorerst  den  Abschluß  der  .statutarischen  Fest- 
legungen; ich  verweise  hiermit  darauf  (S.  173  f.],  ohne  näher  auf  sie  eingehen 
zu  können;  sie  stammen  vom  Jahre   1555. 


3.   Die  erste  Reformation  der  Universität  im  Jahre  1502  3  und 

die    durch    ihr    Aktenmaterial     gegebenen    Einblicke    in    das 

Fakultätsleben  und  den  Lehrbetrieb  in  den  letzten  Jahrzehnten 

des  15.  Jahrhunderts. 

Daß  in  der  medizinischen  FukuHät  der  jungen  Hochschule  im  Meißnischen 
manches  verbesserungsbedürftig  war,  ergibt  sich  schon  aus  unseren  kurzen  bis- 
herigen Andeutungen.  Ein  weiterer  Krebsschaden  war  vor  allem  die  geringe 
Neigung  zu  ruhiger  bodenständiger  Lehrtätigkeit.  Einmal  steckte  von  anderen 
gelehrten  Stellungen  her  die  Sinekurenwirtschaft  zu  sehr  in  dem  mittelalterlichen 
Gelehrtenwesen.  Selbst  die  Leipziger  Kollegiaturen ,  wie  schmal  sie  auch  zu- 
gemessen waren,  galten  dennoch  manchen  als  willkommene  Pfründen,  die  man 
andenvärts  gern  verzehren  mochte.  Diesen  Übelstand  erkannte  schon  früh  die 
herzogliche  Regierung. 

Im  Jahre  147 1  („sabbato  post  omnium  sanctorum",  also  Anfang  November, 
doch  steht  die  Jahrzahl  nicht  völlig  fest),  erließen  Kurfürst  Ernst  und  Herzog 
Albrecht  an  die  Universität  ein  Schreiben  (Stübel,  Urkdb.d. Univ. L.Nr.  162,  S.203), 
in  welchem  der  Rückgang  der  Universität  beklagt  und  als  eine  seiner  Ursachen 
die  vielfache  längere  Abwesenheit  der  Lehrer  {„vy\  collegiaten")  vom  Sitz  der 
Hochschule  betont  wird,  was  unbedingt  abgestellt  werden  müsse.  Alle  seien 
zurückzuberufen  und  keinem  ein  länger  als  halbjähriger  Urlaub  künftig  zu 
gewähren;  gleichzeitig  werden  alle  von  der  kurfürstlichen  usw.  Regierung  etwa 
erlassenen  Urlaubsvergünstigungen  ausdrücklich  zurückgezogen. 

Im  selben  Aktenstück  wird,  und  das  ist  für  uns  besonders  interessant, 
darauf  hingewiesen,  daß  augenblicklich  „in  unser  hoenschulen  keyner  in  der 
astronomei  unde  mathematica  nüczlichen  noch  fhßlichen  leße,  adder  etwas  prac- 
ticire,  das  auch  eine  ringerunge  bringet  der  universitet".  Das  müsse  abgestellt 
werden  und  die  Kollegiaten  sollten  pflichtgemäß  dafür  sorgen,  daß  „ymands  sich 
undir  yn  der  egnanten  kunste  unde  practica  anneme,  adder  ymands  sollichs  zcu 
thun  zcu  sich  czyhen,  der  in  dem  underwyßung  thue  unde  practicire",  also  aus 
•  ihren  Mitgliedern  solchen  Unterricht  schaffen  oder  einen  Vertreter  dieser  wich- 
tizen  Disziplinen  von  auswärts  berufen. 

Daß  es  der  kurfürstl.  Regierung  ernst  war  mit  dieser  Zurückziehung  aller 
Lehrdispense,  beweist  eine  Korrespondenz  des  Herzogs  Heinrich  von  Schlesien 
mit  dem  Kurfürsten  Ernst  und  Herzog  Albrecht   im  Dresdner  Hauptarchiv. 


40 


j.    Die  pr»te  Rcfornialion  ilcr  lTiiivcr>itiil  im  J.ibre   i;o;  ?  usw. 


Der  Heraog  von  Scljlesien  bat  in  iwei  gleichzeitigen  Sclirciben  aus  Freynstadt 

vom  6.  Juni  1472  an  den  Kurfürst  und  den  Herzog  und  an  den  Obermarschall 

Gugold  von  Schleinitz,  man  möge  für  seinen  Leibarzt  Dr.  Gregor  llilde- 

brand'),    Kollegialen    des    Leipziger  Frauenkollegs,    den    er    nicht    entbehren 

könne,    nachdem    er    sich    für    zwei    Jahre    verpflichtet    habe,    eine    Ausnahme 

machen : 

,,  .  .  .  zo  magister  Gregorius  Ilillcbrand.  des  gnanten  coUegii  unßir 

liebin  frauen  coUegiate,  sich  uffczwehe  gantczeiarzu  unliverphlicht  hath 

unde  unßir  artczt  ist.  wir  daß  och  gar  swerlichin   entperin  kundin  .  .  . 

dem  gemeltin  magister  Gregorio  dy  czwe  iar  zu  abweßin   von  seyner 

collegiatur  vorgonnin  ..." 

Doch  die  ergangene  Antwort  bedauert,  nicht  willfahren  zu  kennen,  und 
ersucht  „  .  .  den  egenanten  meister  Gregorius  dorczu  halden,  daß  er  sich  nach 
der  egenanten  unser  ußaczung  und  Ordnung  richte  unde  der  mit  soUichcn  sinen 
vornemen  nicht  irrunge  noch  abebruch  thun"^. 

Ob  diese  Strenge  langen  Bestand  hatte,  fragt  man  sich  unwillkürlich, 
wenn  man  ein  Aktenstück  des  Dresdner  Hauptarchivs  liest,  das  8  Jahre  später 
datiert  ist  pfen,  3.  Mai  1480),  und  das  Gesuch  des  Königs  Matthias  von 
Ungarn  und  Böhmen  enthält,  man  möge  seinem  Hofastrologen  Magister  Hans 
Tolhopf  die  Einkünfte  von  seiner  KoUegiatur  an  der  Universität  Leipzig 
weiter  belassen. 

„Uns  hat  der  ersam  und  hochgelert  unser  rat  und  lieber  ge- 
treuer maister  Hanns  Tolhopf  unnser  astrologus  zu  erkennen  geben 
und  anbracht,  wie  er  von  euch  mit  ainer  colligatur  der  universitet  und 
hohen  schulen  zu  Leibtz  versehen  worden  sey,  und  yetzt  in  unsern 
dinsten  ist,  villeicht  im  an  solher  colligatur  in  seiner  absens  etwas 
irrung  mocht  werden.  Wann  aber  sich  der  obgenant  Tolhopf  in  unsern 
dinsten  empsigclichen  halltent,  so  sein  wir  im  insonderhait  seiner 
vleissigen  dinst  und  Vernunft  wegen  genaigt  mit  unßer  furdrung  und 
hilff  genedigclichen  zu  ersprießen.  Darumb  begern  wir  an  eur  lieb, 
vleissig  bittunde,  den  obgenannten  unnsern  rate  und  astrologen,  dieweil 
er  also  in  unsern  dinsten  erscheinet,  bey  solher  colligatur  gutwillig 
hanndhaben  und  im  die  zinß  davon  nit  einziehen,  sunder  volligen 
lassent . .  .^) 

\'ermutlich  war  Hans  Tolhopf  (Dollhopf) '),  der  mit  dem  Lehramt  der 
Mathematik  und  Astrologie  an  der  Leipziger  Universität  Betraute,  wie  es  scheint 

•)  Gregor  Hildebrandt  de  Crossin  war  im  Sommer  1451  in  Leipzig  immatrikuliert  worden, 
baccalaritis  im  Sommer  1452,  magister  im  Winter  1454,  Dekan  der  Artistenfakultät  im  Winter  1465. 
Wo  er  medizinische  Ausbildung  genoß,  ist  unbekannt;  jedenfalls  hat  er  in  Leipzig  medizinische 
Grade  nicht  erworben.     Auch  in  den  mir  zugänglichen  KoUegiatenlisten  habe  ich  ihn  nicht  gefunden. 

•)  Stfibel,  Urkundenbuch  der  Universität  Leipzig  S.  204 — 205,  Nr.  163-^165. 

*)  Stübel,  Urkundenbuch  der  Universität  Leipzig,  Nr.  182,  S.  220. 

*)  Auch  ijanus  Tolophus"  sich  nennend. 


3.    Die  erste  Keiormation  der  Universiiai  im  Jahre   1502/3  usw.  ai 

direkt  infolge  des  obigen  Erlasses  vom  Samstag  nach  Allerheiligen  [1471]; 
wenigstens  finden  wir  seinen  Namen  schon  im  Jahre  1471  unter  den  Kollegiaten 
des  großen  Kollegs:  ,,Jo.  Tolhopf,  Kemnato  Palatinus".  Im  Winter  1479  auf 
1480  auf  ein  halbes  Jahr  ordnungsgemäß  beurlaubt  worden,  wird  er  jetzt  zur 
Rückkehr  aufgefordert,  widrigenfalls  seine  Koliegiatur  ihm  entzogen  werde. 
Diese  drohende  Gefahr  abzuwenden,  hat  er  offenbar  die  Inter\'ention  des  Königs 
Matthias  erbeten.  Da  die  kurfürstliche  Regierung  aber  gerade  auf  dieses  Lehr- 
fach erst  9  Jahre  vorher  einen  so  ganz  besonderen  Wert  legte,  dürfte  das  Ge- 
such   doch    wohl  abschläglich    beschieden   worden  sein.     Mit  welchem  Erfolg? 

Anscheinend  hat  die  herzogliche  Regierung  doch  pflichtgemäß  auf  ihrem 
Rechte  bestanden  und  den  Astrologen  vor  die  Alternative  gestellt,  entweder 
nach  Leipzig  zurückzukehren  oder  auf  seine  Koliegiatur  zu  verzichten.  Er  ent- 
schied sich  wohl  für  das  Verbleiben  am  Königshof;  denn  seinem  Namen  ist 
ein  „discessit-',  also  etwa  „durch  Weggang  ausgeschieden'',  beigefügt.  Daß  dieses 
Ausscheiden  schon  direkt  in  seinem  Eintrittsjahre  erfolgt  sei,  also  147 1,  wie  bei 
Zarncke,  Statutenbücher  S.  75  1  zu  lesen  ist,  scheint  mir  aber  auf  irgend  einem 
Mißverständnis  oder  Versehen  zu  beruhen;  historische  Tatsache  ist  es  wohl  nicht'). 

Wer  sein  Nachfolger  wurde,  weiß  ich  freilich  auch  nicht  bestimmt  zu 
sagen.  Wenzeslaus  Faber  von  Budweis  begegnet  erst  1483  als  Mitglied 
des  kleinen  Kollegs,  nachdem  er  1475  inskribiert  und  1477  im  Sommer  Bacca- 
laureus,  1479  Magister  geworden  war.  Aus  dem  kleinen  Kolleg  ins  große 
aufgerückt  ist  er  im  Jahre  148S,  dem  er  20  Jahre  lang  angehört  haben  soll, 
trotzdem  er  nach  Vogels  Fakultätsverzeichnis  schon  1503  gestorben  wäre, 
was  aber  bestimmt  irrig  ist.  Medizinischer  Baccalaureus  war  er  1488  ge- 
worden und  von  dieser  Fakultät  späterhin  sehr  ausgezeichnet  worden.  Mit  der 
Praktizierung  der  Leipziger  Kalender  hat  er  wohl  bestimmt  schon  14S4  be- 
gonnen, denn  es  ist  ein  solcher,  in  der  Druckerei  von  Markus  Brandis  her- 
gestellt, für  dies  Jahr  noch  erhalten-).  Die  „Allerhöchste  Anregung"  war  offen- 
sichtig  in  Leipzig  auf  günstigen  Boden  gefallen,  aber  es  wäre  dennoch  ein 
Fehlgriff,  wollte  man  daraus  etw^a  ein  Lob  für  die  medizinische  Fakultät  oder 
die  Artistenfakultät  konstruieren,  daß  ihr  so  etwas  erst  von  Obrigkeit  wegen 
hätte  aufoktroyiert  werden  müssen.  Die  medizinische  Fakultät  hat  sich  diese 
astrologischen  „Leistungen"  nur  zu  gern  gefallen  lassen  und  erst  ein  Jahrzehnt 


')  Er  war  1465  inskribiert,  1466  baccalarius,  1468  im  AVintersemester  magistcr  geworden 
und  im  Sommer  1474  zum  Rektor  gewählt  worden.  Allerdings  finden  wir  ihn  1472  unter  den 
ersten  Dozenten  der  eben  gegründeten  Universität  Ingolstadt  und  1475  im  Sommersemester  dort- 
selbst  als  Dekan  der  „Via  antiqua"  (des  Realismus  der  Thomisten  und  Scolisten)  in  der  Artisten- 
fakultät. Dollhopf  hat  in  aller  Gemütlichkeit  in  Leipzig  und  Ingolstadt  zugleich  eine  Koliegiatur 
besessen  und  zog  eine  Reihe  von  Jahren  von  einer  zur  anderen  Universität.  Später  wurde  er  Probst 
in  Forchheim  und  zugleich  Kanonikus  in  Regensburg,  und  war  ein  naher  Freund  des  Dichters 
Konrad  Celtis. 

')  Allerdings  nur  in  einem  Fragment  auf  der  Leipziger  Universitätsbibliothek;  einen  voll- 
ständigen aufs  Jahr  1485  habe  ich  auf  der  herzogl.  Bibliothek  in  Gotha  gesehen  (Haebler  Nr.  46). 
Seinen  Namen  nennt  Faber  nachweisbar  erst  1488  auf  einer  solchen  „Edicto  lipscnsis"  (Haebler 
Nr.  57).  Vgl.  meine  „Lalltafelkunst"  im  „Archiv  (lir  Geschichte  der  Medizin",  Bd.  I,  S.  254 — 258 
und  „Deutsche  medizinische  Inkunabeln",  1908,  Nr.  326  u.  334. 


Kei.>tm..ti.n  -in   riiivcrsitSI  im  Jahre    15023  usw. 


nachiur  i>t  <->  ü.i-  \\  1  i-iii. iisl  iiiKs  ..Artisten"  gewesen,   mit  der  Astrologie  in 
Leipzig  lu  brechen  unter  scharfem  Widerspruch  von  medizinischer  Seite! 

Aber  von  diesem  astrologischen  Seitenweg  müssen  wir  wieder  in  die 
eigentliche  Bahn  unserer  Untersuchung  einbiegen  I  Bei  diesem  reglementarischcn 
Reformationsversuch  von  147 1  scheint  es  zunächst  sein  Bewenden  gehabt  zu 
haben.  Energischer  nalmi  man  behördlicherseits  die  Sache  zu  Beginn  des 
16.  Jahrhunderts  in  die  Hand. 

Als  Herzog  Georg  im  Oktober  1  502  in  Leipzig  weilte,  erlieü  er  an  einem 
Sonntag,  dem  23.  Oktober,  in  Übereinstimmung  mit  der  Universität  den  Befehl, 
daß  jeder  Dozent  ihm  schriftlich  seine  .Ansicht  über  die  Gebrechen  der  Universi- 
tät mitteile  und  Mittel  zu  ihrer  Beseitigung  vorschlage.  Alle  Dozenten  faßten  ihre 
Gutachten  an  einem  Tage  ab,  am  Dienstag,  dem  25.  Oktober,  nnd  alle  diese 
Gutachten  sind  in  einem  Bande  des  Dresdener  Hauptstaatsarchives  im  Original 
vorhanden.  Ich  habe  sie  alle  im  Original  durchgesehen  und  alles  ausgehoben, 
was  sich  auf  die  medizinische  Fakultät  bezieht  und  bringe  es  im  Zusammenhange 
im  Anhang  unter  Nr.  2    S.  175  ff.;')  zum  Abdruck. 

Unter  diesen  45  Gutachten  lehnen  es  einzelne  ganz  ab,  sich  über  die 
medizinische  Fakultät  oder  was  mit  ihr  zusammenhangt,  zu  äußern  —  „hi 
scribent,  quorum  interest"  oder  „der  ertzte  thun  i.=t  mir  gar  nicht  wissenn"  — 
oder  es  werden  nur  nebenher  die  Posaunen  des  Lobes  geblasen,  selbst  über 
alle  andern  deutschen  Hochschulen: 

..Es  seint  viel  gelarten  doctores  in  der  Ertznei  allhie;  es  ist  sich 
zu  vermuten,  man  findet  sie  in  deutschen  landen  als  gut  und  so  viel 
in  einer  Universität  bei  einander  nicht;  ich  versehe  mich,  sie  tun  was 
sie  sollen."  j-^oct.  jur.  Laurentius  Zoch.] 

Welche  Gebrechen  und  Übelstände  anderwärts  wohl  hervorgehoben 
werden,  lehrt  schon  folgende,  allerdings  das  Vorhandensein  derselben  be- 
streitende, Auslassung  des  Doctor  juris  Johannes  von  Breitenbach: 

„In  der  fakultät  der  Ertzenei,  so  die  Doctores  derselben  facultett 
noch  notturftig  versorget  wären,  die  dan  jetzund  auch,  bei  andern 
Universitäten  für  gelart  angesehen,  geburlichen  Fleiß  in  ihrer  Schule 
mit  Disputieren  und  Lesen  teten,  als  ich  nicht  anders  weiß,  dann  daß 
sie  geburlichen  fleiß  tun,  so  wüste  ich  von  einigen  Gebrechen  ge- 
nannter Fakultät  nichts  zu  sagen." 

')  Schon  früher  von  Emil  Friedberg  in  seinem  ,,Collegium  Juridicum"  (1882)  benutzt  und 
gröOtenteüs  im  Anhang  zu  seiner  „Universität  Leipzig  in  Vergangenheit  und  Gegenwart"  (1898) 
mitgeteJiL  Wer,  wie  ich,  die  Niederschriften  zum  eigenen  Gebrauch  von  Ärzten  des  14.  oder  gar 
des  15.  Jahrhunderts  täglich  lesen  muß,  kann  diese  Gelehrtenniederschriftcn  aus  dem  Jahre  1502 
fär  ihren  Landesftirsten  nicht  als  „sehr  unleserlich"  anerkennen.  Es  liest  sich  fan  nll.  «  vchr  leicht 
und  bequem. 


J.    Die  erste  Reformalion  der  Universität  im  Jahre  1502  3  usw. 


Der  Kaplan  Doktor  Johannes  Reinhart  berichtet  zwar,  daß  ein  Mitglied 
dieser  Fakultät  ein  „Doktor  Kaspar"  zur  Zeit  „nicht  einheimisch"  sei.  Doch  habe 
er  in  einem  solchen  F"alle  stets  einen  andern  „seine  Lektion  übertragen'',  wie 
das  auch  bei  Juristen  üblich  sei.  .Allerdings  ist  mir  aus  dem  Jahre  1 502  kein 
„Doctor  Kaspar''  als  Professor  in  Leipzig  bekannt  geworden.  Damals  war 
Dekan  der  medizinischen  Fakultät  und  Lehrer  der  Therapie  Johannes  Wagner 
;Currife.\)  von  Landsberg  und  Lehrer  der  Pathologie  Wilhelm  Haldenhof 
von  Thorn. 

Es  käme  also  wohl  ein  anderes  Mitglied  der  Leipziger  .Ärzteschaft  in 
Frage,  das  Vorträge  hielt,  ohne  gerade  eine  der  beiden  fundierten  Lehrstellen 
inne  zu  haben;  denn  weder  im  großen  noch  im  kleinen  Kolleg  gab  es  zu 
dieser  Zeit  ein  Mitglied,  das  den  Vornamen  Kaspar  führte.  Wohl  aber  war 
damals  ein  stark  beschäftigter  .-Xrzt  in  Leipzig,  der  weithin  Ruf  genoß,  Dr.  Kaspar 
Molitoris  aus  Braunsberg,  der  sich  von  den  Univcrsitätsangelegenheiten  schein- 
bar etwas  ferner  hielt,  aber  doch  Lehrtätigkeit  ausübte,  wie  wir  hier  nebenbei 
erfahren.  Wir  werden  ihm  zu  Ende  des  4.  Abschnittes  mehrfach  begegnen. 
Von  Kaplan  Johannes  Lintholz  von  Mühlberg  wird  der  Herr  Dekan  als 
,. Doctor  Lanczbergk",  „der  etlichen  Fleis"  anwende,  gelobt;  allerdings  fehlt 
gerade  sein  Gutachten  in  der  Sammlung,  wenn  man  nicht  eins  der  beiden 
NichtUnterzeichneten  ihm  zuschreiben  will. 

Die  meisten  Stimmen  äußern  sich  in  folgendem  Sinne.  Man  klagt,  daß 
nicht  fleißig  gelesen  werde  in  der  medizinischen  Fakultät.  Man  mache  viel 
Feiertage,  statt  an  allen  „diebus  legibilibus"  pünktlich  seine  Pflicht  zu  tun; 
auch  würden  die  Vorlesungen  vor  den  Ferien  zu  früh  geschlossen  und  nach 
denselben  zu  spät  wieder  begonnen.  Schüler  seien  zwar  nur  wenige  vorhanden 
bei  den  medizinischen  Professoren,  aber  es  seien  auch  tatsächlich  um  der  ge- 
nannten Mißstände  willen  manche  Studierende  der  Medizin  gezwungen,  andere 
Hochschulen  aufzusuchen,  also  außer  Landes  zu  gehen.  Auch  Disputationen 
würden  nur  sehr  spärlich  abgehalten.  Es  zeige  sich  eben  bei  Medizinern  und 
Juristen  nur  zu  deutlich,  daß  dieselben  um  anderer  lukrativerer  Geschäfte  willen 
ihre  Lehrpflicht  vernachlässigten,  an  den  gemeinen  Nutzen  nicht  dächten,  sondern 
nur  auf  ihren  eigenen  Vorteil  bedacht  seien.  Dies  harte  Urteil  findet  sich  in 
einer  ganzen  Reihe  dieser  doch  gewiß  als  „pflichtgemäß",  ja  „amtlich"  zu  be- 
zeichnenden Äußerungen. 

Praktische  Besserungsvorschläge  für  den  medizinischen  Unterricht  finden 
sich  nur  spärlich.  Recht  sachverständig  im  Sinne  der  reformatorischen  Strömung 
der  Zeit  äußert  sich  ein  Anonymus,  vielleicht  der  medizinische  Dekan  selbst, 
Johann  Wagner  von  Landsberg,  von  welchen  sich  kein  Gutachten  unter  den 
Unterzeichneten  findet? 

„Facultas  medicorum  solum  deficit,  ut  conqueruntur  scholares, 
quod  ad  practicam  non  ducuntur,  herbas  noscere  et  discernere  nemo 
docet,  anatomia  non  cclebratur,  apothecae  non  rectificantur." 

Also  der  Unterricht  entbehre  der  praktischen  Ausbildung,  die  Unter- 
weisung und  Übung  im  Kennenlernen  und  Unterscheiden  der  Medizinalpflanzen 


j  .  j.    Dif  er«e  Reformation  der  Uniwrsität  im  |;ilire   1501  3  usw. 

\,iUig,  ebenso  die  ärztliche  Kontrolle  und  Visitation  der  Apotheken. 
Sollte  wirklich  der  Herr  Dekan  diese  Äußerung  getan  haben,  so  würde  man  ihm 
mit  Recht  entgegengehalten  haben,  warum  er  denn  nicht  aus  eigenem  Antrieb 
die  kenntlich  gemachten  Unterrichtsniängel  beseitige.  Es  wird  also  doch  wohl 
diese  mahnende  Stimme  eines  Klarsehenden  einem  welterfahrenen  Mitglied  der 
Artistenfakultät  angehört  haben  und  keinem  Mediziner.  Auf  die  fehlenden 
Apothekenrevisionen  und  auf  den  Mangel  einer  festen  Arzneita.xe  weist  auch 
der  namhafte  Magister  der  Artistenfakultät  (Dekan  im  Winter  1496)  Peter 
Tübinger  (Deubinger'  aus  Miltenberg  hin. 

Von  den  Medizinern  selber  äußert  sich  der  eben  erst  ernannte  Professor 
der  Pathologie,  Doktor  der  Arznei  Wilhelm  Haldenho ff  aus  Thorn  nur  ganz 
kurz  zur  Sache.  Er  betont,  daß  alle  anderen  Fakultäten  vierteljährlich  Dis- 
l)utationen  abhielten;  nur  die  medizinische  lasse  es  hieran  fehlen.  Recht  ein- 
gehend spricht  sich  dagegen  ein  Arzt  aus,  der  seit  1497  zur  Fakultät  gehörte 
und  seit  1499  in  das  Consilium  der  Fakultät  aufgenommen  worden  war,  aber 
nicht  zum  Lehrkörper  im  engeren  Sinne  zu  rechnen  ist,  ein  Leipziger  Kind, 
das  schon  im  Winter  1485  den  philosophischen  Magistergrad  in  Leipzig  er- 
worben und  nachher  sich  wohl  in  der  Welt  umgesehen  und  anderwärts  den 
medizinischen  Doktorhut  errungen,  also  auch  wohl  die  anderwärts  im  medi- 
zinischen Unterricht  gemachten  Fortschritte  kennen  gelernt  hatte,  l^enedikt 
Staetz  (auch  Pistoris  genannt),  der  seine  fortschrittliche  Ansicht  in  folgender 
Weise  vorträgt: 

Bl.  39^ 

In  der  Facultet  der  Ertzney  solden  auch  alle  leßliche  tage  zcwene  lesen, 
und  so  sie  ausserhalb  der  statd  gefordert  wurden,  solden  das,  so  sie  wyder 
quemen,  erfüllen  und  vorgleichen;  es  solten  auch  die  doctores  vier  Mal  im  jar 
disputiren  und  dar  zcu  eyn  itzlicher  doctor  im  jar  eyn  mall  eyn  repeticion  halden 
in  seiner  materie,  die  er  list.  man  solde  auch  keinen  in  baccalarium,  licen- 
tiatum  oder  doctorem  promoviren,  er  hette  den  vormals  genugsam  gehört, 
und  nach  antzeygung  gelesen,  das  er  nicht  mit  schaden  der  leutte  eyn 
artzt  wurde. 

Man  solde  auch  alle  dry  Jar  Machen  eyne  anathomia,  das  ist  ein 
gantzlich  zcu  lidung  [Zergliederung]  aller  gelider  des  menschen,  da  durch 
Man  erlernet  alle  Inwendige  geschicklickeyt  des  Menschen,  und  welcher  das 
nicht  gesehen  hath,  ist  nicht  an  große  fare  der  lewtte  eyn  Artzt. 

Es  war  auch  gut,  das  ewer  fürstlich  gnade  die  facultet  hette  mit  der 
freyheit  begnat,  das  sie  die  jenigen,  die  nicht  Baccalarien,  Licenciaten  oder 
doctores  weren  in  der  Ertzney  eyner  gerumbten  universitet.  Mochten  zcu  Leypz 
und  in  ewer  gnaden  furstentumb  vortreyben  al  die  lantferer  seintd,  welche 
ungetzweyfelt  ungelarte,  leichtfertige  lewtte,  sich  der  Ertzney  under  sthen  und 
nicht  gelemet  haben,  welche  itzund  in  disen  und  andern  landen  die  lewt  so 
jemerlich  vorderben,  vorlemen  und  ermorden,  das  doch  nymant  zcu  hertzen 
Nympt.  auch  das  die  doctores  macht  hetten,  die  Apotecken  jerlich  zcu  Be- 
suchen zcu  sehen,   ab  das  Jenige,  das  Man  zcu  N'otdurfft  der  krancken  haben 


3.    Die  erste  Rcfornialion  der  UniversitUt  im  Jahre  1502/3  usw.  ac 

soldf,  genugsam  vorsorget  und  tuglich  were.  Es  solden  auch  die  apotecker 
Sweren,  das  [Bl.  40'']  sie  alle  dinck  Nach  verordenung  der  doctor  Machten  und 
nichts  nachüssen.  Auch  nicht  gitift  vorkeuftten  leichtfertigen  personen  ane 
eyns  doctors  angetzeygte  Hantschriflt.  welchs  alles  bis  her  mit  Mergklichem 
schaden  des  gemeynen  Nutz  und  abebruch  der  facuitet  Ist  nachbliben,  und  die 
facultet  so  gantz  zcu  gangen,  das  Jitz  und  kein  Magister  oder  gar  wenigk  zcu 
leypzk  Ist,  der  in  der  facultet  studiret;  wen  ider  man  denckt  auffs  gut  und 
vorgist  seins  leybs  und  lebens,  da  im  nicht  wenigk  an  gelegen  Ist." 
Benedictus  Staetz,  doctor  der  artzney. 

So  im  wesentlichen  lauteten  diese  gleichzeitig  erstatteten  Gutachten  der  ein- 
zelnen Mitglieder  des  Lehrkörpers  der  Universität  über  die  Reformbedürftigkeit 
der  medizinischen  Fakultät  im  besonderen.  Ihre  Äußerungen  werden  recht  erheb- 
lich ergänzt  durch  eine  Reihe  anderer  Akten  zur  Universitätsreformation  von 
1 502  und  kurz  nachher,  die  uns  auch  weiterhin  den  reformbedürftigen  Zu- 
stand der  medizinischen  Fakultät  eindringlich  demonstrieren. 

Im  Bericht  der  polnischen  Nation  an  Herzog  Georg  über  gewisse  mit 
der  Universität  vorzunehmenden  Veränderungen ')  heißt  es 

„AUeyne  ist  unssir  Studium  e\'n  wenig  ungeordnet  und  mit  etlichen  ge- 
brechen beladen,  irstlich  bey  den  iuristen  und  medicis,  welche  ere  lec- 
tiones  doctoraliter  und  mit  grossen  vleis  von  denihenigen,  dy  dorzu  vor- 
ordnet lassen  und  interpretiren ,  sunder  sie  werden  uft  dovon  geczogenn 
unnd  gefurdirt,  das  sie  intervalliren  müssen,  dach  ann  ere  schauld." 

Das  deckt  sich  ja  so  ungefähr  mit  dem  was  wir  schon  kennen  gelernt 
haben.  Auf  ein  völlig  anderes  Gebiet  wird  die  Sache  hinübergespielt  wenn 
z.  B.  die  Juristenfakultät  zwischen    1504  und    1509  klagt: 

daß  die  Theologen  die  anderen  Fakultäten  in  den  Kollegien  verdrängen 
und  ihren  Leuten  alle  Kollegiaturen  zuschustern,  so  daß  die  Juristen  und 
Mediziner  keine  Kollegiaturen  für  ihre  Scholares  haben-). 

Wir  werden  sogleich  in  einem  langen  deutschen  Fakultätsgutachten  noch 
ein  mehreres  davon  hören. 

Zunächst  wollen  wir  uns  noch  zwei  kleine  Konzepte  von  anscheinend 
behördlichen  Berichten  ansehen,  die  sich  nahe  berühren,  aber  doch  jeder  sein 
Besonderes  bringt.  Sie  finden  sich  im  selben  Aktenband  wie  die  Gutachten 
der  Dozenten  auf  dem  Hauptstaatsarchiv  in  Dresden. 

[Bl.  .05r.| 

,,Der  Ertzney  facultet  gebrechen 
Die   doctores   der   Ertzney   sein   vorpflicht  alle  tage,  so  mann  zulesen  pfleget, 
einer  vor  mittage  und  der  ander  dornach  zulesen,  Sie  sein  abir  vorsewmlich,  machen 
viel  feyer  tage  unnd  lange  vacantien,  haben  acht   tage  vor  Margaretae  zu  lesen  auf- 
gehört,  sollen    nach    anhebenn,    Ist   dorein    Zusehen,    unnd    zubestellen,   das   sulchs 

')  Bald  nach   1502  (Stübcl,  Urkundenbuch  der  Universität  Leipzig  S.  2S8  Nr.  234). 
')  St  übel,  Urkundenbuch  der  Universität  Leipzig  S.  304  ff.  (Nr.  250). 


l'niM-isitSt  im  Jahre   1502  3  u>w. 


pr.itu;t-it.  uiir.u  hi-  icuu'ik.s  .lu. ;.  .i..i,Ai.ii  lun h  den  Caniculaiibus,  so  die  Juristen. 
anhel>cn.  widderunib  anfingen  zulesenn. 

Nach  dein  auch  die  doctores  Iiin  der  Ertzney,  got  lob,  fast  gelart,  were  gut 
unnd  nütze,  das  für  die  schuler  Inn  der  Ertzney  auch  Ein  gemeine  dispulation  auf- 
gcricht  «-ürde.  auf  das  die  Schüler  destobaß  dauon  gelernen  unnd  sich  gebessern 
miVhten.  unnd  das  die  doctores  also  Im  lare  vier  male  sullen  disputiren  unnd 
dorzu,  ein  Itzlicher  Im  lare  ein  mal  repetiren  Inn  der  materien,  dor 
Innen  sie  lesen,  das  auch  nymandes  In  Baccalarium  adir  Licentiaten  promouirt 
wurde.  Er  hatte  denn  zuvor  gnujsam  geh'^rt  unnd  studirt  unnd  nach  anzceigunge 
gelesen,  das  er  nicht  mit  schaden  der  lewte  Ein  Artzt  wurde  .  ." 

und  das  Folgende  von  der  nämlichen  Hand: 

'■    ■     '  »Der  Ertzney  gebrechen. 

Die  doctores  der  Ertzney  seyn  verpflicht  zu  lesen  alle  tage  als  man  zu  lesen 
pfleget  einer  vor  mittage  unnd  darnach  sie  sein  vorseumblich  und  machen  vil  fier- 
tage  unnd  lange  vacantien,  man  hat  uflT  gehört  viij  tage  vor  Margarethae,  s.  i\  man  wieder 
anheben,  ist  darein  zu  sehen  und  zu  bestellen,  das  solchs  geendert  werde,  die  lec- 
tiones  og  allezeit  widerumb  anhaben  nach  den  caniculares,  wen  die  Juristen  anfahen 
zcu  lesen.  Das  auch  vor  die  Schuler  yn  der  Ertzney  eine  disputation  auffgericht 
werde,  denn  die  doctores  gottlob  fast  gelert,  uff  das  die  schuler  sunst  mehr  davon 
gelernen  und  sich  gebessemn  mochten,  das  allso  die  doctoreß  vier  mal  Im  lare 
sollen  disputiren.  und  darzcu  ein  ieglicher  Im  lar  ein  mal  repetiren  yn  der  materia 
dor\-n  er  lese,  das  och  nymant  in  Baccalaureum  oder  licentiaten  solten  promoviren 
er  hette  den  zuun  gnugsam  gehört  und  nah  anzceigunge  gelesen,  das  er  nicht  mit 
schaden  der  leut  ein  artzt  werde.  Ist  och  zcu  betrachten  das  ordenung  gemacht 
wurde  In  den  aptecken  das  sie  gute  simplicia  vnd  arznei  (?)  hetten,  nicht  verlegen 
besse  ding,  das  den  doctom  der  Ertzney  geweit  geben,  solche  zcu  reformirn  und 
och  zu  taxiren,  uff  das  die  aptecker  armen  kranke  leut  nicht  verdorben  (?)  oder 
verlegenn  ertznei  geben." 

Den  sofortigen  Eflekt,  den  diese  reformatorischen  Bestrebungen  hatten, 
können  wir  aus  folgendem  Absatz  des  großen  Reformationsaktes,  vom  8.  No\'ember 
I  502  in  Leipzig  datiert,  erschließen.  Von  der  medizinischen  Fakultät  wird  im 
Speziellen  weiter  nichts  gesagt  als  das  Folgende 

Reformation  der  artzneifacultet. 

Nachdem  die  doctores  inn  der  artznei  etzliche  ausziehen  und  lange  vacantien 
darzu  machen,  ist  vorordent,  das  ein  ietzlicher  seiner  lection  mit  vieis  auswartten 
soll,  persönlich  odder  durch  einen  andern  tuglichen  doctor,  wo  er  vorhindert  wurde, 
und  sollen  auch  allezeit  nach  den  vacantien  widerumb  anheben  zu  lesen,  wann  die 
iuristen  anheben. 

Srillen  auch  ire  gewönliche  disputation  inn  der  materien,  dorinnen  sie  lesen, 
auch  niemand  in  baccalaureum  oder  licentiaten  promoviren,  er  habe  dann  zuvor 
genugsam  studirt  und  gelesen.  Es  sollen  auch  die  landferer  die  do  artzeneien 
pflegen  und  der  kunst  nie  gelart  und  die  empirici  one  erlaubnus  der  doctor  inn 
der  artznei  nicht  zugelassen  werden ';. 

Ermahnung  zum  Fleiß,  Abschaffung  der  langen  Unterbrechungen,  geord- 
nete Vertretung,  öftere  Disputationen,  Vorsicht  bei  den  Promotionen  und  Kon- 

•)  Stübel,  Urkunden  der  Universität  Leipzig  Nr.  225  S.  264. 


3.    Die  erste  Reformation  der  Universität  im  Jahre   1502  3  usw.  An 

trolle  der  Kurpfuscher   durch   die  Doctores  der  medizinischen  Fakultät  —  das 
ist  zunächst  alles I 

Eingreifend  und  umfassend  kann  man  diese  Verordnung  kaum  nennen. 
Es  begegnen  denn  auch  schon  bald  wieder  mahnende  Stimmen.  Die  folgende 
mag  mit  zu  den  fri.ihesten  gehören,  denn  sie  läßt  sich  durch  ihre  Erwähnung 
des  Doctor  „Noricus",  der  sich  in  fürstlicher  Ungnade  befand,  und  „Vorschläge" 
zu  seiner  Rehabilitierung  einigermaßen  bestimmt  auf  das  Jahr  15 16  etwa 
datieren. 

Von  der  ertzney  facultet-^. 

Der  ertzney  facultet  lection  seynt  in  der  iungsten  reformation  furstchticklich 
mit  iren  gebrechen  furkumung  verordent,  welche  aufl'  die  zeyt  geringer  besoldunge 
halben  unfruchtpar  werden  erfunden  und  in  nochlesicker  gestalt,  welchs  entlich  zu 
verkumen  mocht  werden,  wo  der  obgenantenn  facultet  coUegiaturen  mit  gantzem 
einkumen  in  auswendigk  den  collegien  wonende  wurde  zugeteylt. 

Auch  kann  e.  f.  g.  in  gedey  unnd  aufl'wachsunge  dieser  facultet  schueller  und 
zu  abetrag  unnd  versonung  des  Unwillens  zwischenn  e.  f.  g.  unnd  doctore  Norico 
erburt  demselbigen  einbinden,  ein  iar  aber  zcwey  fleyssigk  zu  lesenn,  zu  welchem 
dieser  doctijr  sunderlich  gescliickt  ist.  Unnd  dieweyl  e.  f.  g.  lobliche  universitet  in 
der  mathematica  gantz  gefallen,  so  kan  dieser  ohgemelter  doctor  darin  troestlich 
erfunden  werden  und  erscheynenn'^).  Auch  wer  nicht  unbilligk  das  diser  facultet 
baccalarien  wie  der  andern  disputacion  unnd  etzliche  lection  zu  lesen  unnd  ent- 
halden  pro  completione  eyngebunden  wurde. 

Aus  der  nämlichen  Zeit  ungefähr  ist  wohl  auch  der  folgende  Ausschnitt 
aus  einem  großen  Bericht  über  die  Ergebnisse  des  Reformationswerkes  zu 
setzen.  Wenigstens  scheint  mir  die  Äußerung  über  den  „Dechant"  am  besten 
auf  Simon  Pistoris  zu  passen*),  der  diese  Würde  von  1509 — 1523  be- 
kleidete. Auch  wird  auf  ein  Ereignis  in  der  Fakultät  angespielt,  das  in  den 
Jahren  1508  und  1509  sich  abspielte  und  offenbar  ganz  kurz  vorher  sich  er- 
eignet hatte. 

Der  facultet  der  artzney  belangend^). 

Sagt  dye  reformation  das  d)e  doctores,  so  sie  ausszcihen  vre  lection  sollen 
durch  andere  mit  vle}'ss  zu  lessen  bestellenn,  wie  solchs  gescheen  ist  wisslich; 
mancher  ist  zwey,  drey  ihar  aussen  gewest,  sallariat  gewest  und  dennoch  wenig  ader 
nichts  zu  lesen  bestalt.  Ciagen  noch  heut  am  tag  dye  schuler  gemelter  facultet, 
das  dye  do  nutzlich  lessen  sich  selten  hören  lan,  dye  aber  wenig  gehör  han,  lessen 
ofl'tmals  und  dyeweyl  dye  schuler  ynen  nicht  zuhören,  lassen  sie  entlich  auch  darvon. 
Also  bleybts  den  mehren  teyl  ungelessen.  Darauss  bisher  geursacht,  das  in  der- 
selbigen    facultet   kaum   zwen   addcr  drey    scholares   in  gantzer  universitet  befunden. 

Forder  meldet  dye  reformation  nicht  leychtlich  zu  promoviren  !c.  Ist  ge- 
scheen diss  iar,  das  sie  licentiaten  gemacht,  wie  gelert  wissen  sie  dye  doctores,  auch 


•)  Vgl.  z.  B.  Zarncke,  Urkundliche  Quellen  S.  882. 
-)  Stübel,  Urkundenbuch  der  Universität  Leipzig  Nr.  278  S.  369/370. 
')  Er  hat  ja  alle  Jahre  seit   1508  bis  1515  (mindestens)  seine  „Praktiken"  erscheinen  lassen, 
durch  welche  Leipzig  seit  40  Jahren  etwa  eine  traurige  Berühmtheit  genoß. 
')  Freilich  auch  später  auf  Heinrich  Stromer  von  Auerbach. 
'■)  Stübel,  Urkundenbuch  der  Universität  Leipaig  S.  309  Nr.  252. 


ig  ;.    i>ir  fi«ic  Kefonnatlon  der  Univcrsiiai  im  Jahre   150;  3  usw. 

euliche  dvc  do  nicht  inagistri  vorher  gcwest').  welchs  da  vor  mans  heldt  ungewonlich 
und  dyewevl  dyc  universitel  gestanden  nye  vormals  gescheen;  Ursachen  disscs  ist 
vre  une^tückeit,  wenn  itzHcher  dem  andern  zu  vordriess  etwas  geschceu  lest. 

Zcufellige  gebrechenn  obgemeltcr  facultet 

Der  dechant  ist  mit  untreglicher  muhe  beladen  das  es  ym  nicht  möglich 
vlcyssig  J!u  lesen  und  noch  der  facultet  nutz  noiturfiiglich  zu  trachten.  Er  ist  im 
rath,  scheppenstull,  leybartzt  des  churfursten,  collegiat  addcr  salariat,  dechant,  Icctor, 
ist  mit  hausssorge  beswert,  darumb  vil  vorseumnis  gescheen  müssen  und  was  er  in 
andern  s<ilt  bessern,  ist  zu  besorgen,  vorbleybe,  dyeweil  er  selbst  unileyssig,  und 
wen  obgeschriebene  und  disser  gebrechen  nicht  gebessert,  werden  vormutiglich  wenig 
gelerter  ertzte,  den  zu  vortrauen  were,  zu  Leyptzk  erwachsscn. 

Es  solt  auch  darvor  man  es  heldt  nicht  wenig  anreytzung  zu  disser  facultet 
geben,  so  dye  doctores  anathomey  adder  zugeliedderung  unvornunfftiger  thier  adder 
auch  zum  tode  vorurteylter  menschen  yren  schulern  dye  do  graduirt  weren  noch 
wellischer  weysse  zceygtenn,  damit  sich  innerlicher  geschiglickeit  menschlichs  leybs 
zu  erkundenn. 

Beachtenswert  ist  aucli  der  liier  gegebene  Hinweis  auf  die  noch  immer 
ein  pium  desiderium  bildende  „.Anatiiomey  .  .  .  nach  wcllisciier  weysse''. 

Den  kümmerlichen  Zustand  der  Besoldung  der  Mediziner  betont  wiederum 
ausdrücklich  ein  Konzept,  das  als  einen  der  , .lesenden  Doctores"  ausdrücklich 
dem  Dekan  Dr.  Simon  Pistoris  nennt.  Georg  Schiltel  aus  Amberg  war 
Dr.  med.  von  Bologna  und  im  Jahre  i  5 1  2  in  die  Fakultät  aufgenommen  worden. 
Ins  Kollegium  Majus  kam  er  erst  lange  nachher,  1537. 

Die  facultet  in  der  artzeney  hat  alleine  zwue  oflenberliche  unnd  ordinarie 
lectiones,  gestifft  und  fundirt  ufT  zwue  coUegiaturen  im  grosen  collegio,  derhalben 
ire  eynkommen  alleine  von  eynem  doctor,  der  do  nit  beweibt,  gentzlich  mag  be- 
kommen aber  gebraucht  werden,  als  dasihenige  so  von  dem  collegio  und  dorflTer 
nutzung  einkembt.  Dieweil  dan  die  ertzte  und  doctores  genieynickiich  weltlichs 
Standes  und  weyber  haben  und  ausserhalb  des  coUegium  wonen,  derhalben  sie 
dasihenige,  so  andere  collegiaten  haben,  beraubt  werden  und  alleine  iren  theil  von 
den  zcinsen  bekommen.  Einem  doctori  der  do  list  auß  beyden  coUegien  werden 
zwey  theil,  auß  dem  grosen  collegio  X-Wiii  aide  scho.,  auß  dem  furstencollegio  xvi 
aide  scho.  und  die  gantze  summa  so  eyn  doctor  bekembt  xliiii  aide  scho. 

Die  namen  der  lessenden  doctor:  Doctor  Simon  Pistoris  techant  um  i  ure, 
doctor  Georg  Schiltel  um  vii  hora^). 

Ein  überaus  wichtiges  Aktenstück,  vermutlich  aus  dem  Zweiten  Jahrzehnt 
nach  der  Reformation  von  1 502  ist  das  folgende  ausführliche  lateinische  Gut- 
achten der  medizinischen  Fakultät,  das  alles  zusammenfaßt,  was  in  Lehre  und 

')  1509  wurden  Kaspar  Kegler  und  Kallhasar  Ludwiger  nach  heftigen  Kämpfen  in  der 
Fakultät  zu  Baccalarien  der  Medizin  promoviert,  ohne  vorher  das  Magistcrium  der  Artes  erworben 
zu  haben.  Es  stellte  sich  heraus,  daß  in  den  Satzungen  darüber  nichts  gesagt  sei,  trotzdem  es  ein 
Jahrhondert  lang  50  gehandhabt  wurde,  daß  nur  Magistri  artium  zu  Baccalarien  der  Medizin  promo- 
^^ert  werden  konnten.  Infolge  dieses  Falles  wurde  §  42  (siehe  im  Anhang  Abschnitt  2  S.  I/O) 
einstimmig  beschlossen,  der  diesen  Usus  für  die  Zukunft  statutarisch  festlegte. 

*)  Stübel,  Urkundenbuch  der  Universität  Leipzig  S.  366  Xr.  277. 


Die  crsie  Rcforinalidn  der  Univcrsitiit  im  Jahre    1502  3  usw.  4g 


Ausstattung    den    Fakultätsmitgliedern    zu    Beginn    des    zweiten    Jahrhunderts 
wünschenswert  dünkte'). 

A  longis  temporibus  institutae  sunt  duae  lectiones  in  medicinis  fundataeque 
supra  duabus  coUegiaturis  collegii  maioris  cum  duobus  corporibus  collegii  prin- 
cipis,  quarum  una  legitur  tempore  matutino  hora  sexta  in  aestate,  in  hyeme 
hora  septima,  ac  totus  cursus  medicinae,  theoricae  medicinae,  in  triennio  com- 

s  pletur,  puta  primus  cancm  Avicennae  primo  anno,  secundo  liber  techni  Galeni, 
tertio  liber  aphorismonmi  H\pocratis  cum  commento  Galieni.  Recitantur  circa 
huiusmodi  libros  doctores  communiter  scribentes,  puta  Gentilis,  lacobus,  Tru- 
sianus  ;c.,  qui  profeclo  nequaquam  omitti  debent,  cum  hinc  summa  utilitas 
scholasticis  eveniat,  nee  in  hoc  quicquam  vel  potest  vel  debet  immutari. 

10  Altera   lectio   est   pomeridiana   hura   prima,    in    qua  completur  cursus  in 

medicina  practica,  puta  nonus  Almansoris,  prima  fen  quarti,  quae  est  de 
febribus,  et  quarta  primi  quae  est  de  medicatione  in  universali  cum  enarratione 
doctorum  communiter  legi  solitorum. 

Hü   cursus   triennio  finiri   possunt  ita,  ut  singulis  annis   unus  liber  com- 

15  pleatur,  quod  si  non  finem  usque  legitur,  non  admodum  refert,  dunimodo  ea 
quae  difficilia  sunt  enarrenlur.  Nam  reliqua  hiis  intellectis  et  auditis,  quis  vel 
per  semet  ipsum  vel  ab  doctore  in  studio  camerario  facile  percipiet.  Quare 
ad  summum  in  quadriennio  adhibita  diligentia  auditoque  cursu  facile  quis  pro 
doctoratu  complere  poterit. 

20  Stipendia   harum    duarum   lectionum   sunt  valde    exilia  ac  macra,  nam  si 

quis  in  coUegio  habitat  vel  moratur,  cogitur  solvere  mensam  ut  reliqui  collegae 
faciunt  simulque  collegii  emolumenta  participat  nihilque  habet,  nisi  quantum 
unus  ex  coUegis  annuatim  habere  solet,  quod  si  extra  coUegium  moretur  ut  in 
plurimum    medici,   cum    uxorati   fere   omnes   sint,  faciunt,    ex   harum    una  lec- 

25  tione  tantum  quadraginta  quatuor  florenos  Renenses  per  integrum  ac  longum 
annum  obtinet.  Quare  haec  antiqua  ordinatio  nihil  erroris  in  se  habet,  nisi 
quod  stipendia  nimis  sunt  depauperata  ac  ad  ultimum  tenuitatis  exhibita. 
Ideoque  si  doctores  medicinae  de  negligentia  accusantur,  non  tarn  iuste  quam 
optime  respondere  possunt,  se  plus  quam  satis  pro  illa  peniniola  laboris  facere. 

30  Quare  si  vel  doctores  vel  frequentiores  lectiones  facere  debent,  ante  omnia 
de  salarii  augmento  est  cogitandum,  (luo  facto  omnia  bene  renovabuntur. 

Praeter  has  duas  lectiones  nuUa  alia  est  fundata,  sed  aliquando  a  casu 
doctores  assumpti  solent  unam  ex  suprascriptis  pro  eorum  completione  ad 
biennium  legere.     Quod  cum  raro  eveniat,  iccirco  duae  tantum  sunt  continuae 

35  lectiones,  licet  bonum  esset  (si  fieri  posset)  ut  tertia  eciam  institueretur,  puta 
quae  legi  deberet  hora  tercia  pomeridiana,  sive  esset  in  theorica  sive  practica. 
Verum  cum  tanto  tempore  hae  duae  non  potuerunt  stipendio  competenti  corro- 
borari,  inane  visum  est  ut  pro  tercia  laboraretur,  maxime  cum  consultius  sit, 
ut  duae  bene  provideantur  quam  ut  ternae  negligenter  habeantur. 

10  Diu   lamentati   sunt   doctores   apud  iliustrissimum  principem  de  auditorio 

quo  aegre  carent;  coguntur  enim  cum  theologis  convenire  pro  tribus  horis, 
scilicet  septima,  prima  et  tercia.  Quare  si  vel  plures  advenirent  doctores  vel 
aliquis  ex  baccalaureorum  numero  legere  vellet,  nee  horam  nee  locum  haberet. 
De  hoc  itaque  illustrissimus  princeps  denuo  est  admonendus;  potest  enim  dari 

»5     locus  vel  in  domo  nova  artistarum  vel  in  coUegio  maiori. 

Modus  promovendorum  talis  est:  Ut  quisUbet  sit  magister  nee  ad  bacca- 
laureatum  admitti  debet,  nisi  duobus  annis  doctores  audierit  ac  cum  uno  ex 
eis  in  practica  diligens  fuerit.     Post  baccalaureatum  vero  nisi  et  tanto  tempore 


')  Stübel,  Urkundenbuch  der  Universität  Leipzig  S.  33; — 339  Nr.  261. 
Sludicn  Jur  Geschichte  der  Medizin.     VIU. 


j.    Die  ente  Reformation  der  Universität  im  Jahre  1502  3  usw. 

in    audiendo    soUicittis    fucril    ac    in    praxi    acriosus,    ail    liccntiatuiain  iiidiiciis 
minimc  censetur. 

Ex  communi  fisci  f>ecunia  doctores  medicinae  ordinabuntur.  ut  singulis 
annis  quattuor  disputaliones  tempore  competcnti  (puta  angariac)')  colcbrarcnlur 
cogiturque  senipcr  aliquis  docloruni  isto  tempore,  ul  eum  ordo  tangil,  dis- 
putare,  ciquc  unus  ex  scholasticis  vel  medicinae  baccalaurcis  rcspondet.  Qimd 
cum  prudcntissimc  sil  inslitutura,  ncipiaquam  immutari  polest. 

Saepc  doctores  medicinae  petierunt  locum  i>ro  bibliotheca,  qui  summo- 
jiere  eis  est  necessarius  propter  libros,  quos  aliqui  doctores  defuncti  legassent. 
Verum  haclenus  niliil  impetrarunt,  quare  denuo  instant,  ut  eis  unus  assignetur. 
Esset  enim  pro  maxima  scholasticorum  utilitate,  praecipue  eorum  qui  iibris 
carerent,  proque  tocius  ordinis  honore.  Sunt  enim  adhuc  aliqui  doctores  eo 
praediti  animo,  ut  libros,  si  obirent,  facultati  medicae,  non  repositorium  hubenti, 
legareni;  possent  insupcr  ex  fisci  pecunia  libri  novi,  si  qui  advelierentur,  eini 
ac  pro  omnium  commodo  illic  reponi.     De  hoc  ut  instigetur  vaidi'  orant. 

Quia  membrorum  et  interni  Tum  et  e\temoruni  huraani  corporis  sub- 
stancja,  complexio  ;c.  medicis  adamussim  cognita  esse  debet,  nee  tamen  id 
absque  anatliomia  seu  dissectione  fieri  queat,  iccirco  operae  precium  est,  ut 
de  anathomia  annuatim  videnda  cogitetur.  Quare  rogant  ul  si  corpus  mortuum 
tempore  oportuno  olTerretur,  eis  hoc  a  senaiu  roncedatur  adque  hoc  locus 
aptus  assignetur  nemoque  ad  videndum  intromittatur,  nisi  iuxta  consuetudinem 
satisfecerit,  quod  omni  ut  est  necessarium,  ita  et  maxime  efllagital. 

Haec    sunt   quae   de   medicinae   doctoribus   videanlur  esse  ordinanda 

sicque  unanimiter  ac  pari  volo  a  tolo  coUegio  est  ronclusuin  pro  tucius  studii 

omamento  ac  utiiiale  ;c. 


Wir  hören  hier  wie  der  Unterricht  cinfjcriclitet  war  seit  Universitätsbeginn, 
was  wir  oben  schon  besprochen  haben-j,  nicht  minder,  daß  wohl  eine  dritte 
Professur  zu  wünschen  wäre,  ein  dritter  Lelirgang,  daß  das  aber  doch  solange 
ohne  rechten  Zweck  und  \'orteil  sein  würde,  solange  nicht  die  beiden  alten 
Professuren  ordentlich  ausgestattet  seien.  Es  komme  zwar  vor,  daß  auch  in 
Leipzig  (wie  sonst  allgemeiner,  aber  nicht  häufig  geübter  Brauch)  andere  jung 
aufgenommene  Mitglieder  der  Fakultät  neben  den  beiden  offiziellen  Lehrgängen 
der  Medicina  theorica  und  practica  Vorlesungen  hielten,  das  sei  aber  nur  Zu- 
fallssaclie  und  es  könne  in  keiner  Weise  mit  einiger  Bestimmtheit  darauf  ge- 
rechnet werden.  Ob  die  3.  Professur,  wenn  sie  einmal  nach  besserer  Dotierung 
der  beiden  altfundierten  Lehrstellen  wirklich  eingerichtet  werde,  aus  der  theo- 
retischen oder  aus  der  praktischen  Medizin  zu  nehmen  sei,  behandelt  das  Gut- 
achten als  eine  offene  l'rage.  Beweglich  geklagt  wird  des  weiteren  über  den 
völligen  Mangel  eines  Hörsaales  und  eines  Bibliothekraumes.  Die  Promotionen 
seien  wohl  ziemlich  geordnet,  ebenso  die  Disputationen,  völlig  fehle  aber  die 
anatomische  Unterweisung,  über  deren  notwendigste  Einrichtung  einige  prak- 
tische V^orschlage  gemacht  werden. 

Über   die  Gehaltfragen  und  das  ungünstige  Verhältnis  der  (verheirateten) 


')  Eig.  „Frohndiensl",  hier  Frohnfasten,  Qualembcr.     Vgl.  den  Anhang  zu  Abschnitt  4  über 
das  Rechnungswesen  der  Fakultät. 

')  Siehe  aber  weiter  unten  S.  55.    Man  beachte  den  streng  konservativen  Standpunkt  Zeile  9. 


3-    Die  erste  Rerormation  der  Universität  im  Jahre  1503,3  usw. 


Mediziner  den  Mitgliedern  anderer  Fakultäten  gegenüber  spricht  sich  ein  anderes 
Fakultatsgutachten  aus,  das  auch  in  die  gleiche  Zeit  fallen  mag'): 

Durchlauchter  hochgeborner  furste,  gnediger  herre.  Uff  behendete  e.  f.  g. 
ordenungk  und  artickel  der  facultet  medicinae,  durch  e.  f.  g.  unczwe)'tTelich  aus  sunder- 
licher  wolineinungk  bescheen.  haben  wyr  in  undertenigkeylt  und  bey  unßern  cides- 
pllicliten  underhandeltt,  und  wyewoU  dyeselbien  artickel!  aus  fürstlicher  tugendt  durch 
c.  f  g.  gutlich  vormeinen,  idoch  unßers  bedungkens  vaste  niergkliche  schaden  mochte 
milt  der  zceytt  e.  (.  g.  universitett  und  sunderlich  unßer  facultet  geberen,  fuegen 
e.  f.  g.  in  aller  undertenigkeytt  unßern  gedachtt  und  gutdungken  hirmitte  demutigk 
wissen,  vleissigk  undertenigklich  bittende,  e.  f  g.  dyesclbie  unßere  underrichtungk 
gnedigklichenu  im  besten  zu  betrachtenn. 

Zcum  ersten  das  unßer  facultett  medicinae  under  andern  allenn  faculteten  am 
ubelsten  vorsorgett  ist,  denn  sye  habenn  allenthalben  in  der  ganczen  universitett 
nicht  meher  dann  zcwu  oillegiaturn,  von  welchen  sye  geringenn  nutz  kegen  der 
andern  coUegiaten  gebrauch  zu  achten  entpfahen,  wann  ein  collegiat  im  großen 
coUegio  hadtt  von  einer  coUegiatur  meher  dann  Lxxx  gülden,  das  corpus,  biergeld, 
habitacionzcins  und  andere  zugenge  zusamme  gerechentt,  und  ein  medicus  nicht 
über  vierczigk,  umb  welche  vierczigk  gülden  der  medicus  das  gancze  ihar  über  zu 
Icßen  vorpflichtet  ist  unnd  ein  collegiatt  sunst  von  seiner  coUegiatur  und  umb  das 
vorgnante  einkommen  nichts  list,  und  haben  doruber  von  andern  ordinariis  in  theo- 
logiae  lectionibus,  als  nemlich  hora  nona  vor  essens  und  hora  secunda  nach  essens, 
sunderlichen  soldt  unnd  gek.  Ab  sye  aber  sagen  wollen  das  sye  sunst  one  dye 
sunderlichen  beseiten  lectiones  auch  laßen,  daraufT  gebenn  wyr  e.  f.  g.  dyesen  under- 
richt,  das  sye  ordentlich  nacheinander,  als  heute  einer,  morgen  der  ander  ;c.  wenn 
nichtt  vacantien,  festa  coUegii,  actus  publici,  yre  prandia  und  promociones  sein, 
iczlicher  eine  stunde  list,  das  alßo  in  vierczehen  tagen  adder  in  dreyen  wochen 
unnd  seiden  schirer  einen  kaume  eine  stunde  betritft. 

Zcum  andern  welle  e.  f.  g.  vormergken,  das  dye  collegiaten  im  großen  col- 
legio  einem  lectori  medicinae  der  collegiatt  in  demselbien  grossen  collegio  gnantt 
wirtt,  dye  denn,  nachdeme  sye  gemeinlich  beweybett,  nicht  bey-  ynen  gewonen 
kunnen,  umb  dasselbie  aus  guten  Ursachen  abeßein,  kaume  das  dritte  teyll  ungever- 
lich  (alle  accidencia  wye  oben  berurtt  zusammen  gerechentt)  sovill  als  dye  andern 
collegiaten  im  collegio  haben.  Und  hatt  auch  kein  medicus,  so  eine  coUegiatur 
vorledigett,  einen  medicum  adder  andern  collegiaten  kein  votum  noch  stimme  zu 
welen,  und  wollen  des  dorumb  unns  abezurechenn  Ursache  haben,  das  sye,  dye  im 
collegio  wonen,  onera  collegii  tragen,  welche  sein  das  sye  dorinne  essenn,  won- 
hafftigk  sein  und  einen  tercium  der  das  collegium  zu  und  auffschleust  bestellen. 

Ab  nun  sulche  onera  dem  gelde  und  der  stimme  adder  voto,  so  wyr  dovor 
entperen  sollen,  gemeß  adder  nichtt,  geben  wyr  e.  f  g.  in  undertenigkeytt  demutig- 
lich  zu  bedengken  und  bitten  mitt  undertenigem  vleyß  zu  vorschaffen,  dyeweyll 
unßer  facultett  nicht  geringer  auch  nichtt  weniger  nuczlich  und  trostlich  ist  den 
d\e  andern,  und  e.  i.  g.  auch  in  kurcz  vorschinen  iharen  clerlich  vermargktt  hadtt, 
das  an  erczten  in  der  universitett  gebruch  gewest  ist,  alßo  das  byßweilen  kein  doctor 
medicinae  allne  in  der  universitett  und  stadtt  gewest  ist,  welchs  denn  aus  ungnugk- 
samer  derselben  facultett  vorsorgungk  ersprossen  ist,  das  unßer  facultett  mitt  sovill 
collegiatum  in  be\den  collegien  auch  sulchs  gewiß  gleich  den  andern  faculteten  vor- 
sorgett wurden,  duch  der  fundacion  nach,  welche  e.  f.  g.  seliges  und  lnblichs  ge- 
dechtnis  vorfarn  zu  gedeve  der  universitett  zu  bessern  und  zu  verändern  vorbehalden 
haben,  magistri  dve  in  medicinis  studirn  adder  doctores  dye  niagistri  sein  zu  sulchen 
collegiatum  auffgenommen  wurden.     Und  als  e.  f.  g.  in  einem  artickell  der  iuristen 

')  Stübel,  UrUundenFuch  der  Universität  Leipzig  S.  330  —  341  Nr.  262. 

4' 


-j  3,    Die  crtte  Refonnation  der  Universität  im  ]ahi\-   i>o;  5  usw. 

V,  .1).^,.  iw.riirit^  (Jas  sye  dye  iurislen  den  meliriitevll  der  collegialuren  im  coUegio 
■  ino  haben  sollen  und  e.  f.  g.  der  mcdicos  in  e.  f.  g.  reformacion  gar 
i>!>t,  und  S7.0  sye  vorhin  auch  inn  demselben  collegio  keine  collegiatur 
hai>cn,  wurden  d\e  medici  schir  von  bexden  ciiUegiis  gar  ausgeschlossen,  das  s\e 
sich  denn  mergklich  beschwertt  befindenn,  und  wollen  uns  \e  das  es  e.  f.  g.  mcinungk 
scv  nichtt  verschen  und  bitten  gncdigklich  doreiii  /u  sehen,  ulV  das  dye  glcicheytt 
unnd  billigkextt  geschce. 

Forder  peben  wyr  e.  f.  g.  zu  erkennen,  das  wyr  gnante  unßere  gebrechen, 
abebruch  und  underdrugkungk  unßer  facultett,  durch  welche  sye  schir  ull's  niderst 
gcknmracn  ist.  ane  e.  f.  g.  sunderlichen  rath  und  hulffe  nichtt  wissen  zu  wandeln, 
lUiin  was  in  zusaminenkoinmungk  der  ganczen  universitetl  gehandcltt,  haben  dye 
..'llegiatcn  miti  yren  stimmen  allewege,  dyeweyll  yr  iczund  melier  sein  und  dye 
facultisten  arcium  ynen  anhcngigk,  den  vorczugk,  wan  dye  meisten  vota  und  stimmen 
und  nichlt  der  wegristen  personen  teyll  adder  pars  sanier  vorgehen,  dadurch  sye 
allezceMt  yren  willen  leichte  zu  schaffenn  haben. 

Item  e.  f.  g.  wolle  auch  vormergken,  das  die  theologi  über  das  vnrige  erzealte 
einkommen  haben  prebcnden  zu  Meissen,  auch  einkommen  von  anniversariis  und 
disputacionibus,  dergleichen  dye  facultett  der  iuristen  auch  prebenden  und  dispu- 
taciones,  darkegen  die  medici  nichts  haben. 

Aus  welchem  underricht  e.  f.  g.  gnugksam  kan  ermessen,  was  mergklichs  vor- 
te>ls  dye  theologi  vor  den  medicis  in  e.  f.  g.  universitett  haben  und  wye  sye  mehcr 
einkommens  umb  keine  adder  wenigk,  dann  dye  medici  umb  vyl  crbeytt  habenn. 
Item  es  sollen  die  doctores,  licenciaten  ;c.  unßer  facultett  vleissigk  in  promo- 
cionibus  und  actibus  erscheinen,  wuc  publici  actus  und  promocion  sein  in  yren 
doctoratus  habitu,  aber  wue  einer  mergklicher  geschetVte  halben  nichtt  kommen 
künde,  das  er  mitt  des  techands  adder  eldisten  wissen  mochte  abesein,  auch  ist  es 
sub  pena  carenciae  gemeinlich  in  sulchen  actibus  zu  kommen  geholten. 

Wir  geben  auch  e.  f.  g.  im  besten  zu  erkennen,  das  ein  artickell,  vaste  alle 
Studenten  belangende,  in  dieser  e.  f.  g.  universitett  zu  betrachten  nott  sey,  das  so 
dye  Studenten  erstlich  alhir  kommen  ubell  und  nichtt  formlich  in  gramatica,  d)e 
ein  anfangk  aller  ander  kunste,  instruirtt  und  underweist  werden,  derhalben  dye 
collegiaten  aus  der  universitett  selbs  yre  freunde  an  frcnibde  ende,  do  denn  in  der- 
selben gramatica  yrs  selbs  ansehens  bipß  denn  alhye  geleßen  wirt  schigken.  Dye- 
weyl  denn  ein  deiner  irtumb  im  anfange  oflte  groß  am  ende  wirtt,  ist  dornach 
leczlich  der  Studenten  mergklich  nachte\  11  und  schaden,  zu  welcher  facultet  forder 
zu  Studiren  sye  sich  begeben,  das  ynen  in  Alexandro  und  andern  unnuczen  und 
bey  gelarten  leutten  spottischen  grammaticis  und  logicis  und  nichtt  in  den  tüchtigen 
und  namhafltigen  geleßen  wirtt,  welchs  zu  grosser  e.  f.  g.  universitett  vorachtungk 
in  andern  universiteten  und  landen  erschalle«.  Und  wyewoU  deme  wye  angeczeigett 
also,  doch  stehet  es  ane  sunderlich  e.  f.  g.  einsehen  nichtt  zu  vorandern.  Das 
wolle  e.  f.  g.  zu  nucz  und  frommen  der  universitett  auch  betrachten  und  was  hirzcu 
von  unßer  facultett  auch  gethan  soll  werden,  wollenn  wyr  vle)ß  zu  thun  nicht 
underlassenn. 

Es  sein  auch  vyll  landleuffer  im  lande  dye  den  leuthen  erczenei  in  leyb  und 
anderer  weyße  geben,  dodurch  das  volgk  betriegen,  und  lassen  uns  derhalbenn  von 
noyten  zu  sein,  bedungkt,  das  keiner  im  lande  noch  alhye  in  der  stadtt  zugelassenn 
wurde,  er  hette  denn  alhye  in  der  universitett  respondirt  und  seine  kunst  und 
doctorat  erczeigett.  E.  f.  g.  wolle  sulchs  e.  f.  g.  undertanen  denn  gemeinen  nucze 
zu  guthe,  den  wyr  alleine  hirinne  suchen,  in  gnediges  bedengken  nemenn,  das  wirtt 
^■' !  ubels  das  sunst  von  denselbien  ungelarten  leuthen  geschichtt  vorkommen  und 
:•  iibarlichen  nucz  geberen.  Sulchs  habenn  wyr  e.  f.  g.  in  undertenigkeyt  nicht 
••II  vorhalden. 

E.  f.  g.  undertenige  techand  unnd   doctores   der   ganczen   facultet    medicinae. 


3.    Die  erste  Reformation  der  Universität  im  Jahre  1502/3  usw.  53 

Näher  auf  die  vielfach  nicht  unwichtigen  Einzelheiten  einzugehen,  erübrigt 
wohl,  da  andeutungsweise  schon  von  alledem  gesprochen  war  und  im  übrigen 
alles  leicht  verständlich  ist.  Nur  auf  die  Darlegungen  im  vorletzten  Abschnitt 
über  die  mangelhafte  grammatische  \'orbildung  in  den  ersten  philosophischen 
Vorbereitungssemestern  bei  der  Artistenfakultät  möchte  ich  hinweisen,  weil  sie 
uns  zeigen,  wie  rückständig  die  Universität  Leipzig  noch  in  all  dem  gewesen 
ist,  trotz  aller  ephemeren  Apostel  des  Frühhumanismus.  Einen  durchgreifenden 
Erfolg  hatte  die  Retbrmation  also  auf  diesem  Gebiete  ebensowenig  gehabt,  wie 
auf  dem  speziell  Medizinischen. 

Der  Hinweis  darauf,  daß  eine  energische  Bekämpfung  des  Kurpfuscher- 
tums  auch  im  allgemeinen  \'olksinteresse  notwendig  sei,  kommt  nicht  uner- 
wartet. Die  Verordnung  vom  S.  November  1 502  hat  oftenbar  keinen  Erfolg 
gehabt.  Man  verlangt  abermals,  daß  keiner  zur  Krankenbehandlung  zugelassen 
werden  dürfe,  den  die  Universität  nicht  aprobiert  habe  —  eine  Forderung,  die 
schon  manches  Jahrhundert  unerfüllt  erhoben  worden  ist,  trotz  ihrer  selbstver- 
ständlichen Berechtigung  und  Unabweisbarkeit. 

Viel  Erfolg  haben  diese  beiden  eingehenden  Fakultätseingaben  '^  allem 
.■\nscheine  nach  nicht  gehabt,  denn  wir  sehen  die  Fakultät  sich  bald  nachher  mit 
folgender  alles  kurz  zusammenfassender  \'orstellung  abermals  an  ihren  fürst- 
lichen Herrn  wenden  und  um  Abstellung  der  verschiedenen  Mängel  zum  dritten 
Male  untertänig  bitten. 

Durchleuchtiger  hochgebornner  fürst,  genediger  herr.  Wir  stellen  in  keinen 
zweilTel,  euer  fürstlich  gnaden  tragen  unnsers  hievorigen  supplicirens  das  wir  zwe\ mal 
undertheniglich  an  euer  fürstlich  gnad  gethan  unnd  darinnen  gepetten  haben  uns 
mit  einem  lectori(o),  auch  einem  gemach  darinnen  man  ein  liberey  anrichten  möcht, 
desgleich  das  keinem  lanndtfarer,  welcher  anher  kern  und  sich  zuvor  gegen  der 
universitet  nit  wie  ein  doctor  beweist  und  erzeigt  hett,  zu  prateciren  vergönndt 
würde,  genediglich  zu  versehen  und  zu  bedenncken  noch  gnedis  gutts  wissen. 
Dieweil  unns  aber  von  euern  fürstlichen  gnaden,  villeicht  derselben  treflfenlicher 
obligender  geschefft  halben,  bis  anher  darauff  kein  beschaid  noch  antwortt  worden, 
so  thun  wir  euer  fürstlich  gnad  desselben  hirmit  underthenigklich  erinnern,  und 
daneben,  nachdem  wir  inn  haltung  der  prandia  mißbrauch  spüren^),  weitter  pitten, 
euer  fürstlich  gnad  wolle  darinnen  unser  facultet  zu  gutt  auch  gnedigs  einsehen 
haben  ader  haben  lassen,  damit  solche  prandia  möchten  vorenndert  unnd  zu  annder 
nützliche  weg  gesteh  unnd  gewenndt  werden.  Euer  fürstlich  gnad  wollen  auch 
genediglich  verordnen,  das  die  zwen  coUigaten  medici  im  grossenn  collegio,  welche 
stettigs  lesen  unnd  vil  mühe  unnd  arbeit  haben,  mit  den  anndern  colligaten,  die 
wenig   ader   gar   nichts  lesen,  gleich  auflfheben,   geniss  und  einkomen  hetten,    unnd 

')  Ein  Sondergutachten  des  Dekans  Simon  Pistoris  aus  der  Zeit  zwischen  1511  und  1515 
besitzt  das  Hauptstaatsarchiv  in  Dresden  im  Konzept,  Stübcl  hat  es  im  Urkundenbuch  der  Uni- 
versität, S.  454 — 457,  in  seinem  vollen  Wortlaut  zum  Abdruck  gebracht,  .-»her  falschlich  in  die  Zeit 
zwischen  1523  und  1540  versetzt.  Es  ist  äußerst  persönlich  geförbt  und  bringt  viel  interessantes 
Detail,  das  ich  gelegentlich  an  passender  Stelle  einflechte;  seinen  vollen  Wortlaut  findet  man  im 
.\nhang  S.  179 — 181. 

-)  Über  diese  ,, Prandia  arislotelica",  „Platonische  Essen"  usw.,  kurz  über  dies  ganze  Aka- 
demische Zweckessenwesen  in  Leipzig  siehe  Georg  Erler,  Leipziger  Magisterschmäuse  im  16.,  17. 
und   18.  Jahrhundert.     Leipzig  1905.     220  S.     4". 


;  j  ;      Pif  fiMc   Kclormalion  der   L  iiivcrsiui  im  Jahre   Ij02  3  usw. 

::.Ncr   ansuchen,   das  wir   obligcniidcr   notturlTt  nach  nit  umbgeen  mftgen,   ge- 
!i    zu    gemuet    führen   unnd   behertzigen,    unns   auch   darautT  mit   trostlicher 
-  hcn.      Das   umb   euer    fürstlich   gnad  erpietten  wir  unns  mit  unnsernn 
:;  dicnnsten  williglich  zu  verdicnnen. 
.    .:.  underthenigc  gehorsame  doctores  der  facultet  der  ertzncy '). 

Sollte  das  Ergebnis  all  dieser  Eingaben  und  Wünsche  und  Bitten  nicht 
mehr  gewesen  sein  als  die  magere  Reglementierung  einiger  Äußerlichkeiten, 
wie  sie  der  folgende  Erlaß  bringt?-; 

Als  inn  nechster  reformation  die  wir  mit  zceitigem  rate  zu  besserung  dieser 
löblichen  universitet  ordnunge  unnd  reformation  aufgericht,  befinden  wir  demselbenn 
nicht  allenthalbenn  gelebt  unnd  nachgegangenn.  Darumb  wollenn  wir  das  sollichs 
wie  auf  die  zeit  vonn  unns  geordent  vestiglich  gehaltenn  unnd  nachgegangenn  unnd 
zu  besserung  derselbenn  universitet  die  ordnunge  hiemit  wie  volgende  vorbessert 
habenn. 

Die  ertzte  belangende. 

Nachdem  wir  inn  iungster  reformation  geordent,  das  die  doctores  der  ertzney 
ire  lection  mit  vleis  außwartenn,  persönlich  ader  durch  cynen  tuchtigenn  doctor  be- 
stellenn,  bfindcn  wir  das  derselbenn  reformation  nicht  gelebt  unnd  das  die  doctores 
irer  lection  nicht  außwartenn  unnd  durch  andere  ire  lection,  darzu  die  schuier  nicht 
andacht  habenn,  bestellen.  Darumb  so  wollenn  wir  das  dieselbenn  doctores  ire 
lectiones  selbs  außwartenn  soUenn  unnd  durch  andere  zu  bestellenn  über  acht  tag 
nicht  solle  zugelassen  werdenn,  doch  das  solche  Zulassung  des  iares  nicht  über 
dreymal  beschehe. 

Dieselbigenn  doctores  sollenn  ire  lectiones  continue  lesenn,  wenne  man  zu 
lesenn  pllegt,  unnd  welcher  seine  lection  an  ehehaft  vorseumbt  ader  durch  eynenn 
andern  nicht  bestellet,  der  sol  so  oft  das  beschiecht  eynen  halben  gülden  zu  buse 
geben.  Und  sali  keyne  vacantz  dan  inn  der  marterwochen,  osterwochenn,  pfingst- 
wochen,  weyhnachten  unnd  die  drey  tag  inn  der  faßnacht  sampt  der  gebotenn  feyertag 
gehaltenn  ader  gemacht  werdenn. 

Es  sollen  auch  hinfurder  in  examine  bey  ireii  eydenn  gutter  vleis  vorgewendt 
werden,  das  redliche,  wolgelerte  personen  unnd  die  zuvor  magisiri  artium  seind  auf- 
genomen  unnd  ungelarte  reiicirt  werden. 

So  publici  actus,  doctores,  licenciaten  adder  baccalaureen  zu  promoviren  vor- 
handen, so  sollenn  alle  doctores  in  irenn  habit  wie  sie  promovirt  sein  darbev  er- 
scheynen,  unnd  welcher  ane  ehehafit  absens,  der  soll  inn  eynen  halbenn  gülden 
pene  gefallen  sein,  dergleichen  soll  derihenige  so  zu  dem  actu  ane  habit  kernen 
wirdt  gestraft  und  locum  nicht  gegebenn  werden. 

Es  kann  dann  nicht  wundernehmen,  wenn  eine  wirkliche  Reformation 
des  medizinischen  Unterrichts  in  Leipzig  noch  in  weitem  Felde  lag'.  — 


Auch  das  folgende  Aktenstück,  das  einer  Lehr-  und  Studienordnung 
entnommen  ist,  die  von  den  Herzögen  Friedrich  und  Wilhelm  im 
Jahre  1519  erlassen  wurde,  kann,  abgesehen  von  seiner  schwülstigen  Ein- 
leitung, im  wesentlichen  nur   als  eine  Kodifizierung  des  alten  Brauches  gelten. 

')  Stübel,  Urkundenbuch  der  Universität  Leipzig  S.  342   Nr.  263. 
')  Slübel,  Urkundeobucb  der  Universität  Leipzig  S.  324  Xr.  255. 


3.    Die  erste  Rerormation  der  UniversitUt  im  Jahre  1502/3  usw.  jj 

Denn  die  ,,Anatomia,  seu  corporis  insectio"  wird  in  so  allgemeiner  Form, 
ohne  jeden  Versuch  einer  ernsthaften  behördlichen  Sicherstellung  eingeführt, 
daß  irgendwelcher  Erfolg  diesem  Punkte  des  Erlasses  gewiß  nicht  innewohnte, 
so  wenig  wie  der  Äußerung  über  die  Disputationen  —  „non  deerit"  —  irgend 
etwas  getan  war.  Dennoch  mag  das  kleine  Dokument  hier  stehen  als  zu- 
sammenfassende Übersicht  über  das  medizinische  Unterrichtswesen  in  Leipzig 
an  der  Schwelle  der  Neuzeit. 


(Das  Original  ist  leider  nicht  mehr  vorhanden;  Friedrich  Zarncke,  der  in  dea  „Statuten- 
büchern der  Universität  Leipzig"  1861,  S.  38  und  39,  nach  einer  Abschrift  Vogels  das  Folgende 
mitteilt,  nimmt  an,  dal!  das  Original  in  Druck  gelegt  worden  war.| 

Facultas  iiiedica: 

Quod  necessarius  sit  in  urbe  peritus  meditus,  ex  hoc  coniicere  licet,  quod 
Augustus  Caesar,  caeteris  artium  doctoribus  e.xpulsis,  solos  medicos  urbe  deti- 
nuit,  sine  quibus  nee  respublica  nee  ulla  hominum  aetas  salva  esse  potest. 
Scilicet  hü  civibus  sanitateni,  qua  nihil  est  praestantius  et  animi  vigorem  ad  sacra 
rei  publicae  officia  obeunda  restituunt,  sine  quibus  morbi,  trucuientissimi  cor- 
porum  bestes,  cives  prosternunt.  Quippe,  ut  bonus  Imperator  cives  ab  hostibus 
eripit  et  insidiatores  abigit,  ita  medicus  a  multo  atrocioribus  humanae  sanitatis 
hostibus  cives  liberat  eosque  iam  semianimes  ex  Plutonis  faucibus  eripit.  Adde, 
quod  et  totam  Illiriam  Hippocrates  medicus  ignibus  a  pestilitate  vindicarit. 
Ut  nostrum  quoque  gymnasium  huiusmodi  homines  proferret,  illustrissimus 
princeps  ac  dux  Georgius,  ut  tntus  medicinae  cursus  triennio  perfecte  doceretur, 
ordinavit  modo  subscripto. 

Mane  hora  septima  in  hyeme,  in  aestate  vero  sexta  legetur 
cursus  medicinae  theoricae  triennioque  finietur: 

primo    anno    primus    canon  Avicennae  cum    enarratione  Jacobi  Foro- 
liviensis. 

secundo  anno  über  microtechni  seu  ars  parva  Galeni  cum  expositione 
Trusiani. 

tertia  liber  aphorismorum  Hippocratis  cum  commento  Galeni  et  Jacobi 
dubiis  [de  Partibus  ?J. 

Hora  prima  pomeridiana  cursus  medicinae  practicae  enarrabitur, 
pariterque  triennio  finietur: 

anno    primo    liber   IX   Rasis   ad   Almansorem    de    aegritudinibus   cum 
declaratione  Arculani. 

secundo  in  prima  <fen)  quarti  (canonis  Avicennae),  quae  est  de  febri- 
bus  cum  annotamentis  generalibus. 

tertio  anno  super  quarta  primi,  quae  est  de  medicatione  in  universal! 
cum  Dini  vel  Ugonis  expositione. 

Hora  tertia  doctores,  in  facultatem  medicorum  assumpti,  legere  solent, 
quorum  unus  hoc  semestri  leget  pronosticon   Hippocratis. 

Anatomia  seu  corporis  insectio   singulis   annis,    corpore   examine  oblato 
habebitur,  sine  qua  nulla  perfecta  murborum  et  humanae  constitutionis  cognitio. 
Disputationis  exenitium  non  deerit. 


-,,  i(.    Die  cntle  Rerormation  der  UniversitJt  im  Jahre  1503 '3  usw. 

Einen  wirklichen  Fortschritt  im  medizinischen  Unterrichtswesen  üiluten 
erst  zwei  Ereignisse  herbei,  deren  erstes,  die  Errichtung  einer  dritten 
Professur,  der  der  Pliysiologie,  wie  ein  Geschenk  des  Zufalls  der  l''akultat 
im  Jahre  1531  in  den  Sclioß  fiel,  durch  das  Absterben  ihres  Mitghedes  Dr.  Koii- 
rad  Tockler  aus  Nürnberg  ^dalier  „Noricus")  ohne  Erben  (vgl.  das  Akten- 
stück in  Stübcls  Urkundenbuch  der  Universität,  Nr.  362,  S.  485)  uiul  die 
völlige  Neuordnung  der  gesamten  Besoldungsverhältnisse  der  Universität  durch 
die  große  Dotation  von  2000  Goldgulden  jährlich')  seitens  des  Kurfürsten 
Moriz  unter  dem  Beirate  Kaspar  Borners,  die  der  medizinischen  l-akultät 
zugleich  eine  vierte  Professur  schenkte  (i.  Januar   1580). 

Beide  Ereignisse  fallen  so  weit  hinter  das  Ende  des  Zeitraumes,  den  sich 
vorliegende  Untersuchung  gesteckt  hat,  daü  ich  mich  mit  diesem  I  iinwcise 
begnügen  mul3. 

•)  Vgl.  Stübcl,  Urkundenbuch  der  Univ.,  S.  845 — 549;  Friedberg,  Die  Universität 
Leipzig,  1 898,  S.  28  (T. 


4.    Aus  dem  Dekanatsbuch  der  Leipziger  medizinischen 
Fakultät  unter  fünf  Dekanen,  1440— 1.>09. 

Wir  haben  unser  Studium  der  Fakultätsakten  oben  S.  7  im  Dekanat 
Jakob  Mesebergs  abgebrochen  und  fahren  nun  in  unserer  Fakultätschronik  fort. 
Jakob  Meseberg  führte  das  Szepter  des  Dekanats  durch  mehr  als  zwei 
Jahrzehnte,  1441  — 1463,  mit  Ehren.  Er  war  im  Sommer  142 1  immatrikuliert 
worden  und  hatte  schon  im  Wintersemester  1423  das  philosophische  Magiste- 
rium  sich  erworben.  Erst  sieben  Jahre  danach  wurde  er  medizinischer  Bacca- 
larius  und  1431  (9.  Oktober)  Doktor  der  Medizin.  Er  scheint  diese  Würde  zu- 
nächst nur  als  Dekoration  betrachtet  zu  haben').  Wir  finden  ihn  nämlich  nicht 
nur  im  Sommer  143 1  in  der  Dekanatswürde  der  Artistenfakultät,  sondern  er  ist 
auch  1434  offenbar  als  Mitglied  der  philosophischen  Fakultät  in  das  große 
Kolleg  eingetreten,  was  ihm  allerdings  als  Mediziner,  wie  wir  gesehen  haben, 
damals  gar  nicht  möglich  gew-esen  wäre.  Ja,  er  ist  sogar  1438  tatsächlich 
aus  dem  großen  Kolleg  ausgetreten  („discessit")  und  erst  1440  wieder  einge- 
treten mit  dem  ausdrücklichen  Vermerk  in  den  Akten  des  großen  Kollegs 
„sed  1440  accepta  professione  medica  iterum  receptus".  Wäre  er  1438 
schon  Mediziner  gewesen,  so  hätte  er  diese  Qualität  143S  wohl  geltend  ge- 
macht und  wäre  einfach  von  nun  ab  als  einer  der  zwei  medizinischen  Kolle- 
gialen weitergeführt  worden.  Sollte  sein  Übertritt  zur  Medizin  etwa  gar  nur 
deshalb  erfolgt  sein,  daß  er  erneut  Aufnahme  in  das  große  Kolleg  fände? 
Möglich  ist  es  immerhin-.  Jedenfalls  lagen  in  der  medizinischen  Fakultät  die 
\'erhältnisse  sehr  günstig.  Der  alte  Dekan  war  hoch  betagt  —  war  er  doch 
schon  1383  in  Prag  Baccalarius  geworden  und  dort  139S  Rektor  gewesen!  — 
und  Mesenbergs  eigenes  medizinisches  Doktordiplom  schon  bald  ein  Jahrzehnt  alt. 
Er  rückte  denn  auch  schon  1441  in  die  bevorzugte  Professur  der  Therapie 
und  damit  in  das  Dekanat  ein,  nachdem  er  die  II.  Professur,  die  der  Pathologie, 

'1  Ebenso  auch  am  Ende  des  Jahrhunderts  Wilhelm  Haldenhoff  (Allenhof)  aus  Thorn, 
der  sich  seines  medizinischen  Doktors  erst  erinnerte,  als  eine  Vakanz  unter  ganz  besonderen  Um- 
standen ihm  plötzlich  Aussicht  bot,  zu  einer  „fundierten"  medizinischen  Professur  zu  gelangen 
(s.  weiter  unten,  bes.  gegen  Ende  des  6.  Abschnittes). 

')  Freilich  ist  es  auch  nicht  ausgeschlossen,  daß  sich  alles  gerade  umgekehrt  verhält,  daß 
Xfeseberg  aus  dem  großen  Kolleg  ausscheiden  mußte,  weil  er  sich  ganz  der  Medizin  widmen  wollte^ 
und  daß  nur  zufällig  im  nämlichen  Jahre  die  Neuordnung  der  Universität  verwirklicht  wurde,  die 
zur  Dotierung  der  medizinischen   Lehrstellen  führte. 


<icm  Dekmnaubuch  der  Leipiicer  mcdiiinischcn  Knkuli.K  \iiiirr  fflnr  Dekanen. 


wohl  nicht  einmal  seit  143S  (wie  im  Mitijlicdervcrzeiclinis  der  Fakultät  aus 
dem  iS.  Jahrhundert  angetuhrt  wird),  jedenlalis  nur  ganz  kurze  Zeit  als  erster 
bekleidet  hatte.  Im  Antrittsjahre  seines  Dekanats  wurde  er  auch  in  den  Rat 
der  Stadt  Leipzig  gewählt  und  war  (unfmal,  in  den  Jahren  1451,  1453>  '45^'> 
1459  und   1462  regierender  Hiirgermeister. 

Mit  den  Dekanatsgeschäften  scheint  Meseberg  zunächst  nocli  nicht  über- 
mäßig beschwert  gewesen  zu  sein;  die  ersten  Promotionen  begegnen  uns  im 
Jahre  1447.  Sie  betreffen  zwei  junge  Arzte,  die  in  Fakultät  und  Stadt  und 
weiterhin  Bedeutung  erlangt  haben,  wie  wir  später  noch  sehen  werden:  Johannes 
Schipnitz  aus  Weida  (Mittweida?)  und  Joliann  Sprottaw  al.  IMeurer  aus 
Crossen  an  der  Klbe.     Die  betreffende  Eintragung  lautet: 

Bl.  (II)' 

.\nno  domini  M"cccc"\lvij"  septima  die  Xovembris  magister  Johannes 
W'eyda  et  magister  Johannes  Meürer  de  Crossin  receperunt  insignia 
doctoralia  in  medicina  a  magistro  et  doctore  medicinae  Jacob o  Mese- 
berch  de  Stendal  in  ecclesia  sancti  Nicolai  civitatis  Lipczcnsis  et  inibi 
ad  facultatem  medicinae  studii  Lipczensis  sunt  recepti.    (Vgi.  r:,fci  1,  Sp.  2^ 

Schon  im  Juli  des  nächsten  Jahres  finden  wir  abermals  eine  Promotion 
vermerkt,  die  eines  Leipziger  Kindes,  das  als  einziger  Arzt  des  15.  Jahrhunderts 
in  Vogels  Leipziger  Chronik  mit  seinem  Namen  Aufnahme  fand,  die  des  Nico- 
laus Pistoris,  nach  Vogel  angeblich  1402  geboren  und  1462  gestorben,  was 
allerdings  beides  den  Tatsachen  nicht  entspricht.  Er  hat  seinen  ganzen 
Studiengang  in  Leipzig  erledigt'),  hat  wie  Meseberg  einmal  das  Dekanat  der 
Artistenfakultät  verwaltet  (Sommer  1446)  und  ist,  wie  wir  schon  sahen,  auch  zur 
Würde  des  Professorats  der  Pathologie  aufgerückt,  das  er  von  1464  — 1470 
versah,  und  im  Frühling  147 1  gestorben.  Wir  werden  von  seinen  Familien- 
beziehungen und  seinem  Epitaphium  in  einem  späteren  Abschnitt  noch  zu 
sprechen  haben.    Der  ihn  betreffende  Eintrag  im  Dekanatsbuche  lautet  wie  folgt: 

Hl.(ll)r. 

Anno  domini  ÄI'^cccc".\lviij"  [1448J  nona  die  mensis  Julii  mgr.  Xico- 
laus  Pistoris  de  Lipczk  recepit  insignia  doctoralia  in  medicina  a 
magistro  et  doctore  medicinae  Jacobo  Meseberch  de  Stendal  in 
ecclesia  sancti  Nicolai  civitatis  Lipczensis  et  inibi  ad  facultatem  me- 
dicinae studii  Lipczensis  est  receptus.   'Vgi.  lufci  1,  S|..  n., 

Im  Sommersemester  1450  finden  wir  in  der  Matrikel  der  Universität  eine 
Eintragung  bei  der  bayerischen  Nation,  die  einiges  Interesse  erweckt. 

'14,     Heinricus  Swingenfels  Oculista     6gr. 

Wir  hatten  hier  also  einen  Okulisten  oder  Staarstecher,  von  dem  wir  sonst 
nichts  wissen.     Die  Inskriptionsgebühr  ist  die  anfangs   übliche,    die  allerdings 

')  Immatrikuliert  im  Wintersemester  1426,  Baccalarius  itn  Sommer  1429,  Magister  im  Winter 
■  433,  Dr.  med.  1448. 


4.   Aus  dem  Dekanatsbuch  der  Leipziger  medizinischen  Fakult&t  unter  fiinf  Dekanen.       eg 

1436  auf  10  Groschen,  also  einen  halben  Gulden  erhöht  worden  war.  Wir 
müssen  somit  diesen  Staarstecher  nicht  gerade  als  arm,  aber  auch  nicht  als 
vermögend  betrachten.  Vielleicht  war  er  nur  als  irgendwie  abhängig  von  der 
Universität  in  die  Matrikel  eingeschrieben,  weil  er  durch  ein  anderes  .Amt  oder 
entlohnten  Dienst  als  Handwerker  von  der  Universität  seine  Nahrung  zog,  etwa 
wie  ein  Buchbinder  oder  Organist  oder  Professoren-Diener.  .Näheres  weiß  ich 
von  ihm  nicht  anzugeben. 

Mit  zwei  rroniotionseintragungen  vermag  das  Jahr   145 1    zu  prunken: 

Bl.  (ll)r. 

Anno  domini  M^cccc"  quinquagesimo  primo  die  Martis,  sexta  die  Julii 
mgr.  Conradus  Deynhardi  de  Wetter  recepit  insignia  doctoralia  in 
medicina  a  magistro  et  doctore  in  medicina  lacobo  Meseberge  de 
Stendal  in  ecclesia  sancti  Nicolai  civitatis  Lypczensis  et  inibi  ad  facul- 
tatem  medicinae  studii  Lipczensis  est  receptus.    iVgi.  Tifd  i,  Sp.  =. 

Bl.(ii)v. 

.•\nno  domini  M'^cce"  quinquagesimo  primo  die  -Martis,  sexta  die  Julii 
mgr.  Johannes  Stofeman  de  Luckow  recepit  insignia  doctoralia  in 
medicina  a  magistro  et  doctore  in  medicina  Jacobo  Mel'zeberck  de 
Stendal  in  ecclesia  sancti  Nicolai  civitatis  Lipczensis  et  inibi  ad  facul- 
tatem  medicinae  stijdii  Lipczensis  est  receptus. 

Konrad  Deinhardi  aus  Wetter  stammt  aus  dem  Süden  Deutschlands, 
nicht  etwa  aus  Wetter  an  der  Ruhr  Kortum-Bährensschen  Angedenken, 
denn  er  wurde  1432  bei  der  Natio  bavarica  eingeschrieben,  ist  1434  Baccalarius, 

1437  Magister  geworden.  Das  Jahr  seines  medizinischen  Baccalariates  ist  un- 
bekannt, wenn  wir  auch  die  Tatsache,  daß  er  es  hier  in  Leipzig  erwarb,  schon 
durch  ihre  Eintragung  ins  Dekanatsbuch,  oben  S.  6,  kennen  gelernt  haben. 
Er  verweilte  lange  an  unserer  Hochschule,  wurde  im  Sommer  1446  ihr  Rektor, 
im  Winter  1446  Dekan  der  Artistenfakultät  und  1448  Vizekanzelar.  Nach 
seiner  Promotion  zum  Dr.  med.  verlautet  nichts  mehr  von  ihm').  Sein  Dok- 
toratsgenosse Joh.   Stovemann  (Stauffmann)   de  Luckow  weilte    vom  Winter 

1438  an  auf  der  Leipziger  Universität,  wo  er  in  gemessenen  Staffeln,  1440  als 
Baccalarius  und  1444  als  Magister  die  akademischen  Würden  erstieg,  wobei  für 
das  medizinische  Baccalariat  gleichfalls  das  Datum  nicht  genauer  feststeht,  wenn 
er  es  auch  bestimmt  vor  1 447  erwarb  (s.  oben  S.  6).  Nach  errungener  Doktor- 
würde hat  auch  er  Leipzig  anscheinend  bald  verlassen. 

Mit  besonderer  Sorgfalt  ausgeführt,  so  daß  man  an  der  Vaterschatt 
Mesebergs  für  diese  Eintragung  im  ersten  Augenblicke  zweifeln  möchte  und 
sich  erst  nach  eingehender  vergleichender  Schriftprüfung  davon  überzeugt,  daß 
er  es  dennoch  selbst  geschrieben  hat,  finden  wir  auf  Bl.  (ii?  des  i.  Statuten- 
buches der  medizinischen  Fakultät,  dem  auch  alles  Bisherige  entnommen 
war,  folgende  Eintragung: 


')  Vgl.   aber   am  Ende  dieses  Abschnittes  io   der  Rechnungsaufstellung  des  Dekans  Johann 
Schipnitz  von  Weyda  den  „Doktor  Wetter"  1471  — 1473,  S.  83. 


\ut  dem  Dckaoatsbuch  der  Leiptiger  medifinischen  Fakultät  unter  fünf  Dekanen. 

Anno  legis  gratiae  MVccclix"  [1459],  die  vicesinia  octava  nionsis  Aprilis, 
mgr.  Johannes  Forenbergcr  deNoremberga  ad  facultatcni  medicinae 
studii  Lypczensis  est  receptus. 

Mit  dieser  Eintragung  sind  auch  zum  Teil  die  Irrtümer  der  Überlieferung 
erklart,  welche  uns  über  Johann  Kohrenberg  oder  Forberger  aus  Nürnberg 
begegnen.  Er  soll  schon  1447  „ad  fac  med.  assumptus''  sein'),  obwohl  er  doch 
im  Sommer  1445  überhaupt  erst  in  Leipzig  eingeschrieben  wurde,  im  Soinmer 
144S  dort  das  Baccalariat  und  145 1  das  Magisterium  erwarb.  Er  hat  danach 
zweifelsohne  Leipzig  verlassen,  sich  anderwärts  zum  Doktor  promovieren  lassen 
und,  erst  im  Jahre  1459  nach  Leipzig  zurückgekehrt,  dort  als  auswärtiger 
Doktor  um  Aufnahme  in  die  medizinische  Fakultät  nachgesucht,  die  ihm  unter 
den  in  Abschnitt  3  näher  dargelegten,  statutarisch  festgesetzten  Bedingungen 
gewährt  wurde.  Wie  schon  aus  dieser  Tatsache  zu  entnehmen,  hatte  Dr.  Jo- 
hann Fohrenberg  die  Stadt  Leii)zig  zu  seinem  dauernden  Wohnsitz  und  Tätig- 
keitsbezirke ausersehen  und  ist  denn  auch  hier  gestorben,  wie  ein  Grabmal 
aus  Stein  in  der  Thomaskirche  berichtet: 

ISlepner  Nr.  796.] 

Anno  1467  d.  2  5.Maij,  ohiit  egregius  artium  ^magister)' &  medicinae  ^doctor) 
Joliannes  Fohrenberg  de  Nurenberg,  hie  sepultus,  cujus  aniraa  R. L  P.A. 

Stauffmanns  Promotion  ^MSi)  war  entschieden  die  letzte  in  I\lesebergs 
Dekanat.  Wir  treffen  nun  nur  noch  Haccalariatseintragungen  im  Statutenbuche. 
Diese  Haccalariatsprüfungen  bzw.  -promotionen  erfolgten  nicht  unter  dem  \' orsitze 
des  Dekans,  sondern  eines  anderen  Doktors  der  Fakultät-).  V\'ir  sehen  hier- 
durch die  uns  schon  bekannten  Fakultätsmitglieder  der  Reihe  nach  in  Funktion 
treten:   Nicolaus   Pistoris,    Johann  Schipnitz   und   Joh.  Meurer  ;S])rottau). 

^.(12)^ 

Anno  domini  M'cccc'iij  [1452]  tercia  feria  post  festum  sancti  Martini 
[14.  Nov.]  mgr.  Vitalis  Flegk  promotus  fuit  per  venerabilem  virum  raa- 
gisirum  Nicolaum  Pistoris  dix:torem  medicinae  in  baccalarium  faccultatis 
eiusdem. 

')  Es  erklärt  sich  diese  Annahme  dadurch,  daß  —  ebenso  wie  die  Reihe  der  Baccalarii  von 
Meseberg  ohne  Datum  und  ohne  Angabe,  zu  welchem  Gelehrtcngrade  sie  promoviert  wurden,  in 
die  I.  Spalte  des  Blattes  (lO'ccio  eingetragen  waren  (vgl.  Tafel  I)  —  am  Fuße  desselben  Blattes 
durchlaufend  durch  2  Spalten  folgende  Notiz  ohne  Datum  zu  finden  ist:  „Magister  Johannes  Foren- 
berger  de  Norinberga  ad  facultatem  medicinae  assumptus  est,"  von  der  beute  kein  Mensch  von 
vornherein  sagen  kann,  ob  sie  auf  die  Baccalariatspromotion  StaufTmanns  (zirka  1447)  folgte  oder 
auf  Konrad  Nisemans  Jlezeption  im  Jahre  1502.  Beides  steht  unmittelbar  über  der  Notierung 
betr.  Forenbergcr,  wie  ein  Blick  auf  den  Fuß  unserer  Tafel  I  ergibt.  Um  allen  Zweifeln  selbst  zu 
begegnen,  hat  Meseberg  nachträglich  diese  Assumptionseintragung  auf  5.(11)'  nochmals  in  aller 
Form  und  besonders  sorgfältig  geschrieben  wiederholt. 

*)  Sie  sind  denn  auch,  um  Ordnung  zu  halten,  Mißverständnissen  (wie  die  auf  S.  7  richtig 
gestellten  und  das  eben  besprochene)  vorzubeugen  und  den  Unterschied  zwischen  Bakkalar  und 
Doktor  energisch  zu  markieren,  von  jetzt  ab  an  anderer  .Stelle  des  Buches  (vier  Seiten  weiter  hinten) 
aufgezeichnet  worden. 


4-    Atas  dem   Dekanalsbuch  der  Leipziger  medizinischen  Fakultät  unter  fünf  Dekanen.       6i 


Vitalis  Fleck  de  Bornis  (aus  Borna)  wurde  Wintersemester  1439  im- 
matrikuliert. Baccalarius  im  Winter   1441,  Magister  Artium  im  Winter   1445. 

[Bi.(i2r.i 

Anno  domini  M"cccc"liiij  [1454]  quinta  feria  post  Mauricii  [26.  Sept.]  mgr. 

Tiiomas  Hertil  de  lawer  promotus  fuit  per  venerabilem  virum  magistrum 

Johannem  Wey  da,  doctoreni  meciicinae,  in  baccalarium  faccultatis  *)  eiusdem. 

Anno  domini  1459   feria  secunda  post  octavas  Epiphaniae  domini  [15.  Jan.] 

mgr.  Johannes  Meßko  de  Sweydnitz  promotus  fuit  per  venerabilem  virum 

magistrum  Johannem  M ewerer,  doctorem  medicinae,  in  baccalarium  facul- 

tatis  eiusdem. 

Anno  domini   1459   feria  secunda  post  octavas  Epiphaniae  domini  [15.  Jan.] 

Ambrosius  Herfart   de  Lobeczicz   promotus   fuit   per  venerabilem  virum 

magistrum  Johannen!  IMewrer,  doctorem  medicinae,  in  baccalarium  facul- 

tatis  eiusdem. 

Anno  domini  !M"cccc"lxij''  [1462J  ipso,  die  Calixti  confessoris  [14.  Oktober] 

magister  Paulus  Schultet!  de  Wittenberg   promotus  fuit  per  venerabilem 

virum  magistrum  Johannem  de  Wyda,  medicinae  doctorem,  in  baccalarium 

facultatis  eiusdem. 

Anno  domini  ]\r'ccccl.\ij   [1462]  ipso   die  Calixti  confessoris  [14.  Oktober] 

mgr.  Nicolaus   Salhusen    de    Osschacz    promotus    fuit    per    venerabilem 

magistrum  Johannem    de   W3-da,   medicinae    doctorem,    in    baccalarium 

facultatis  eiusdem  etc. 

Anno  domini  1463  feria  tercia  post  Scolasticae  [15.  Februar]  mgr.  Nicolaus 

Golaw    promotus     fuit    per    venerabilem     virum     magistrum     Johannem 

Mewrer    doctorem  medicinae,  in  baccalarium  facultatis  eiusdem. 

Anno  domini  1463   feria  tercia  post  Scolasticae  [15.  Februar]  mgr.  Allexius 

Thyme    de  Freynstadt    promotus    fuit   per    vernerabilem    virum  magistrum 

Johannem  Mewrer  medicinae  doctorem,  in  baccalarium  facultatis  eiusdem. 

Von  Johann  Fleck,  Thomas  Hertel  von  Jauer,  Johann  Meßkow  von 
Schvveidnitz,  Ambrosius  Herfart  von  Lobositz  und  Paul  Schultet!  aus 
Wittenberg  ist  nicht  viel  zu  sagen.  Sie  dürften  alle,  wie  viele  nach  ihnen, 
die  Meißnische  Hochschule  nach  dem  Baccalariat  der  Medizin  direkt  oder 
nicht  lange  nachher  verlassen  haben,  um  sich  anderwärts  den  Doktorhut  zu 
erringen,  falls  sie  sich  nicht  mit  dem  niedersten  ärztlichen  Grade  aus  dem 
einen  oder  anderen  Grunde  begnügten,  oder  der  Tod  ihrem  Leben  ein  früh, 
zeitiges  Ende  bereitet,  wie  wir  es  bei  einem  der  Baccalarien  des  Jahres  1463 
zufallig  nachweisen  können,  bei  Alexius  Thieme. 

Wir  finden  nämlich  in  den  „Inscriptiones"  Salomon  Stepners  unter 
Nr.  434  ein  gegossenes  Epitaph  aus  der  Nikolaikirche  angeführt  mit  der 
Aufschrift: 

Anno  domini  1464,  die  3.  Mensis  Septembris,  obiit  venerabilis  vir  magister 
Alexius  Thyme  de  Freyenstat,  in  JNIedicina  Baccalarius.  Orate  deum 
pro  eo.      Amen, 

die  uns  vom  Irühen  Tode  des  angehenden  Arztes  berichtet,  der  schon  i*,j  Jahre 
nach  seiner  Baccalariatspromotion  ihn  ereilte. 


')  Es   steht  fakultatis  im   Dekan.itsbuch   131.(12)' 


\u»  dem   l>ek»n.»:-' Uli.   •'■■  i    l.eiptiger  luediiinischcn   l';ikuU;tt  unter  fünf  ]>ck.iiioii. 

\  Oll  Nicolaus  v.v  ,...v  criahren  wir  nichts  weiter,  Nicolaus  Salliuseii 
aus  Oschatz  ist  aber  spater  wieder  nach  Leipzig  zurückgekehrt  und  als  „Doctor 
cxtraneus"  in  die  medizinische  I-"akultat  aufgcnoninion  worden,  wie  wir  noch 
sehen  werden. 

Als  4.  Dekan  übernahm  Johannes  Schipnitz')  von  Weida  im  Jahre 
1463  die  Fakultatsleitung.  Inskribiert  im  Sommer  1430  bei  der  Meißnischen 
Nation,  hatte  er  im  Winter  1431  zum  Haccalaurcus  und  im  Winter  1434  zum 
Magister  promoviert  und  war  im  Sommersemester  1440  und  1444  mit  der 
Dekanatswürde  der  Artistenfakultät  bekleidet  worden,  im  Winter  1443  mit  dem 
Kek-torate.  Das  Jahr  seines  übrigens  zweifellosen,  medizinischen  Haccalariatcs 
steht  nicht  fest-).  Unterdessen  hatte  er  schon  1440  Aufnahme  als  Mitglied  des 
kleinen  Kollegs  gefunden  und  war,  wie  wir  gesehen  liaben,  1447  zum  Doktor 
der  Medizin  promoviert  worden.  Zu  gleicher  Zeit  ungefähr  war  die  11.  Professur 
der  Medizin  durch  den  Rücktritt  des  Dr.  Franz  Korze  vom  Lehramt  freige- 
worden und  wir  erfahren  nun,  daß  Herzog  Friedrich  (der  Sanftmütige)  für  die 
Neubesetzung  dieser  Stelle  sich  interessierte  und  die  Bestallung  Johann  von 
NVeidas  bewirkte.  Vielleicht  könnte  man  daraus  die  Bestätigung  der  Annahme 
entnehmen,  daß  als  Johann  Schipnitzens  Geburtsort  Weida,  das  Städtlein  Mitt- 
weida  im  Meißnischen  und  nicht  etwa  das  Städtchen  Weida  in  Thüringen  zu 
gelten  habe,  wo  als  X'ögte  von  Plauen  und  Weida  die  Reußen  saßen.  Mag 
sein,  daß  es  sich  so  verhält.  Jedenfalls  siegte  durch  das  Einschreiten  Fried- 
richs des  Sanftmütigen  Joh.  von  Weida  über  seinen  Konkurrenten,  den  vor 
kurzer  Zeit  am  gleichen  Tage  mit  ihm  zum  Doktor  promovierten  Joh.  Sprottow 
al.  Meurer  von  Crossen,  der  aber  später  bei  demselben  F'ürsten  in  Gunst  ge- 
langte. Wenigstens  scheint  mir  ein  von  ihm  verfaßtes  Gesundheitsregiment 
für  denselben  Herzog  F'riedrich  den  Sanftmütigen  darauf  hinzuweisen,  das 
ich  im  6.  Abschnitt  dieses  Heftes  näher  besprechen  werde  (S.  104  u.  204(11'.). 

Kurz  und  gut,  wir  sehen  zunächst,  daß  Herzog  Friedrich  Ende  November 
1447  sich  dafür  interessierte'),  wer  auf  den  so  wohldotierten  Lehrstuhl  der  theore- 
tischen Arzneikunde  in  Leipzig  zu  berufen  sei;  er  ließ  dieserhalb  an  die  Hoch- 
schule zu  Händen  des  Rektors  ein  Schreiben  ergehen,  das  recht  interessant  ist 
und  gleichzeitig  einen  kleinen  Einblick  gewährt  in  den  Hergang  bei  der  Neu- 
besetzung von  Lehrstellen  an  der  Meißnischen  Hochschule. 

Im  Ms.  176  der  Leipziger  Universitätsbibliothek  finden  wir  auf  Bl.  ^y 
eine  „Littera  domini  ducis  pro  doctore  Johanne  wyda  [.?j.  AW. /./^/J", 
welche  also  lautet: 

Frederich  von  gotisgnaden  herczog  zcu  Sachsen,  Lantgrave  in  Doringen 
unde  marggraf  zcu  Missen  '). 


')  Es  kommen  auch  die  Schreibungen  Schuptitz,  Schuptiz,  .Schüiiticz,  Schuplz  für  seinen  Namen 
vor;  meist  heißt  es  kurz  „Johannes  von  Weida". 

')  Vgl.  S.  6. 

')  ,.pro  Johanne  de  Weida  intercedit  dux  Fridcricus"  sagt  J.  J.  Vogel  im  Mitgliederverzeichnis 
der  Fakultät. 

*)  Auch  abgedruckt  bei  Br.  Stübcl,  Urkundenbuch  der  Universität  Leipzig  S.  115  Nr.  ')<). 


4.    Aus  dem   Dekaiiatsbuch  der  Leipziger  medizinischen   Fakultät  unter  fünf  Dekanen.        63 

Den  wirdighen  unde  Erbarn  Rectori  und  Meistern  der  hoenschule  zcu 
Lipczk,  unsern  lieben  andechtighen. 

Unsern  grueß  zcuvor.  Wirdigen,  üben,  andechtighen.  Wan  an  unß 
brocht  ist,  \vy  daß  der  wirdige  doctor  Franciscus  dy  lecture  in 
der  Ercztneye  by  uch  durch  yn  bißher  vor  weßit  kurczlich  begeben 
unnd  der  nicht  mer  halden  wolle,  Sin  wir  bericht,  wy  daß  auch  der 
wirdige  doctor  Johannes  wyda  der  seibin  kunst  wol  gelart  an  des 
gnanten  doctor  Franciscus  stat  zcu  komen  unnd  sollich  lecture  zcu 
vorwesin  gnugsam  tugelich  unnd  bequem  sy,  unnd  daruff  gebeten 
deshalben  eyne  scrifit  vor  yn  zcuthun.  Uff  eyn  soUichs  beghern  wyr 
an  uch  mid  gantzem  fliße  bittende,  das  ir  yn  daran  vor  eym  andern 
uns  zcuwillen  wollet  komen  unnd  unsers  vorschribens  gnissen  laßen, 
als  wyr  uns  danne  billich  zcu  uch  vorsehen  unde  in  gute  gein  uch 
nicht  vergessen  wollen.  Geben  zcu  Torgaw  am  dunerstage  Clementis 
papae  anno  domini  :c.xi,.  septimo. 

Dies  kurfürstliche  Empfehlungsschreiben  ging  nun  vom  Rektor,  damals 
Petrus  Presczhewicz  de  Budissin,  Magister  und  theologiae  baccalarius  for- 
matus,  zur  Beschlußfassung  an  die  vier  Nationen,  die  sich  folgendermaßen  dazu 
äußern. 

J'^ofa  nacionuvi  super  cadem: 

Placet   nacioni  Saxonum,    quod   collcgium    viaius    tempore    vacacionis 

collegiahirae  viedicoruvi  de  novo  doctore  provideat,  secnnduin  quod  hac- 

tenm  fieri  est  consnetum  et  quod  quantmu  ad  hoc  mann  tencatur. 

Placet  nacioni  Polonoruvi,    quod   negocium    de    littera    domini    ducis 

committatur  collegio  maiori,  eo  quod  hoc  non  respicit  universitatem  sed 

collcgium. 

Placet  nacioni  Misncnsium,  ex  quo  universitas  non  habet  eligere,  quod 

domini    collegiati    tempore    suo    velint   esse    memores   precum    domini 

principis. 

Placet  nacioni  Bai'arorum,  ex  quo  univcrsitatis  non  intcrest  eligere  col- 

legiatnm,  quod  dirigat  universitas  peticionem  ad  collegiatos  ad  acquies- 

cendum  peticioni  principis. 

Korrekt  weisen  also  die  4  Nationen,  als  nicht  vor  ihr  Forum  gehörig, 
die  ganze  Sache  vor  das  große  Kolleg,  die  Meißnische  und  Bayerische  Nation, 
indem  sie  gleichzeitig  das  Ersuchen  des  Kurfürsten  geneigter  Berücksichtigung 
empfehlen  \. 

Der  Herzog  erreichte  aber  auch  so  seine  Absicht.  Johann  von  Weida 
wurde  ernannt  und  trat  damit  in  das  „große"  Kolleg  über  und  aus  dem 
„kleinen"  aus:  „Magni  coUegii  coUegiatus  factus  discessit".  Mitglied  des  großen 
Fürstenkollegs  ist  er  denn  auch  bis  zu  seinem  Lebensende  im  Jahre  1484  ge- 
blieben.   Nach  einer  Mitteilung  Stepners  wäre  Schipnitz  Doktor  der  Theologie 

')  Waren  die  beiden  anderen,  <lie  polnische  und  sächsische  vielleicht  im  Stillen  für  den 
anderen   Kandidaten? 


(>J        4-    Au»  dem   lVk»n«l»buch  der  Lfip/icfr  mcdijinischcn   l-nkult:il  unter  filnf  UcUancn. 

gewesen.  Es  soll  sich  iLimlicli  im  ..IV'ichthaiise"  der  Nikolaikirclic  die  Inschril't 
befunden  haben: 

(510)  Anno  14S4  in  die  Lauiporii  [l  7.  September]  obiit  venerabilis  vir  Dr.  Johannes 

Schipnitz  de  Weida,  Theologiae  doctor,  cujus  anima  etc. 

wahrend  ein  in  dem  Schirt"  derselbigen  Kirche  befindliches  Holzepitaph  mit  dem 
Gemälde  einer  Kreuzigung  folgende  Inschrift  getragen  haben  soll,  ilic  mit  ilem 
übereinstimmt,  was  wir  sonst  von  Schipnitz  wissen: 

(419)  Anno  domini  1484,  feria  sexta,  ipso  die  sancti  Lamperti,  obiit  Venerandus 
vir,  magister  Johannes  de  Weida,  medicinae  doctor,  niajoris  collegii  colle- 
giatus  hie  sepultus,  cujus  anima  requiesrat  in  paoe. 

Es  ist  natürlich  nicht  ausgeschlossen,  daß  unser  4.  Dekan  wirklich  einmal 
auch  zum  Doktor  der  Theologie  honoris  causa  ernannt  worden  ist,  doch 
schweigt  darüber  soviel  ich  sehe  die  Universitätsmatrikel  und  die  Fakul- 
tätsakten '). 

Einer  seiner  ersten  feierlichen  Dekanatsakte  war  die  Rezeption  eines  Mannes, 
der  sein  Nachfolger  werden  sollte,  dessen  Name  auch  in  der  Kunstgeschichte 
Leipzigs  einen  guten  Klang  besitzt,  des  Valentinus  Becke  de  Schmedeberg 
oder  Smidberg,  der  uns  schon  in  seiner  Eintragung  als  Mitglied  der  Fakultät 
kurz  als  Valentinus  Schmidberg  begegnet,  unter  dem  er  auch  außerhalb 
der  Fakultätsakten  allein  bekannt  ist. 

Valentin  Beck  oder  Becke  de  Smedeberck  war  im  Somniersemester 
1458  bei  der  Sachsischen  Nation  inskribiert  worden.  Als  Baccalaureus  finden 
wir  ihn  schon  im  kommenden  Sommer  1459,  als  Magister  Valentinus  l^ecke 
de  Smedebergk  im  Winter  1461.  Im  Statutenbuch  treflcn  wir  über  die  Rezep- 
tion des  anderwärts  Promovierten  folgende  Eintragung,  über  welche  Johann 
von  Weyda  als  erstes  Zeichen  seiner  Betätigung  als  Dekan  im  Fakultatsbuche 
folgende  Eintragung  als  Überschrift  setzte-. 

Diirtor  Joli.  U'eiffla  nirftithtae  f'acuUfitin  decanus. 

[Bl.  A.-^.] 

Anno  legis  gratiae-)  M''cccc"lxv''  [1465]  die  sedecima  mensis  P^ebruarii 
magister  Valentinus   Schmidberg   ad    facultatem    medicinae   studii 

Lipczensis   est  receptUS.      [Mit  anderer  Tinte  später  nachgetragen:]  Insuper  anno 

M^cccc'lxviij"  [1468]  receptus  est  ad  consilium  facultatis  medicinae. 

\'alentin  Becke  fand  Aufnahme  ins  große  Kolleg  im  Jahre  1471  und 
übernahm    damit    gleichzeitig    die    Professur    der    Pathologie    des    verstorbenen 


')  Nur  in  Vogels  Mitgliedervcrzeichnis  wird  (vermutlich  nach  Stepner.')  bemerkt  „j  d. 
1 7.  SepL  5.  S.  Lamperti  D.  Joh.  Schipnitz  de  Weida  theol.  D." 

•)  Diese  Redewendung  hat  Johannes  von  Weyda  von  der  letzten  feierlichen  Eintragung 
Mesebcrgs  (über  Fohrenberger)  mit  herübergenommen. 


4.    Aus  dem  Dekanatsbuch  der  Leipziger  medizinischen  Fakultät  unter  Tünf  Dekanen.       65 

Nicolaus  Pistoris.  Becke  wurde  auch  in  den  Rat  der  Stadt  berufen  und 
war  im  Jahre  1470  Ratssyndikus.  Doch  müssen  wir  ihn  zunächst  noch 
verlassen. 

In  dem  Jahre  1465  und  1466  finden  wir  nacheinander  zwei  Magister  mit 
dem  Raccalariat  ausgestattet,  die  wir  später  gleichzeitig  mit  dem  Doktorhut 
gekrönt  wiedersehen : 

[B1.(I2)».] 

Item  anno  domini  1465.  mgr.  Vincencius  Numburg  assumptus  est  in 
baccalariuin  medicinae.  Dispensatum  fuit  secum  de  responsione  pro  bacca- 
lariatu  et  hoc  die  beati  Wenczeslai  [18.  Sept.J. 

Anno  domini  14Ö6*'  tercia  feria  post  purificacionis  Mariae  [4.  Februar]  magister 
BurkardusGuorras  de  Constancia  promotus  est  in  baccalarium  medicinae 
per  venerabilem  virum  doctorem  Johannem  Weyda. 

Der  amtseifrige  Johannes  von  Weida  hat  es  in  seinem  Dekanat  also  auch 
nicht  unter  seiner  Würde  gefunden,  selbst  den  Baccalariatsprüfungen  zu 
präsidieren;  freilich  war  er  unbeweibt,  wie  wir  noch  sehen  werden. 

Im  Jahre  1469  treffen  wir  dann  folgende  Einzeichnung  ins  Statutenbuch: 

IBl.  (11)".] 

Anno  domini  M^cccc  sexagesimo   nono  decima  quarta  die  Novembris 

mgr.  V^incentius  V'ayt    de  Nüenburg    recepit    insignia    doctoralia    in 

medicina  a  magistro  et  doctore  Johanne  deWyda  in  ecclesia  sancti 

Nicolai  civitatis  Lipczensis  et  inibi  ad  facultatem  medicinae  studii  Lip- 

czensis  est  receptüs. 

Anno  domini  M^cccc  sexagesimo  nono  decima  quarta  die  Novembris 
mgr.  Burckhardus  Guorus  de  Constancia  recepit  insignia  doctoralia 
in  medicina  a  magistro  et  doctore  Johanne  de  W'ida  in  ecclesia 
sancti  Nicolai  civitatis  Lipsensis  et  inibi  ad  facultatem  medicinae  studii 
Lipsensis  est  receptüs. 

Beide  haben  ihren  regelmäßigen  Studiengang  an  der  Leipziger  Univer- 
sität seit  1446  bzw.  1458  durchgemacht,  wie  die  Eintragungen  in  die  Matrikel 
ergeben  ^). 

Gleichzeitige  Aufnahme  in  die  Leipziger  medizinische  Fakultät  fanden 
147 1    zwei  auswärts  zum  medizinischen  Doktor  Promovierte: 

[Bl.  (ii)v  Sp.  2.; 

Anno  domini  M"cccc  septuagesimo  primo  xvij"  [decima  septimaj  die 
Junii  Dr.  Nicolaus  Salhusen  de  Oschicz  ad  facultatem  medicinae 
studii  Lipczensis  est  receptüs. 


')  Vicentius  Voigt  de  Nüenburg  iMcyenburgk)  inskribiert  Sommer  1446,  baccalarius  Sommer 
1448,  magister  Winter  1453,  med.  baccalarius  1465.     Burk(hard)  Gurr.iß,  Guorras,  Gnorus,  Guras, 
Güras  de  Constantia  insk.  Sommer  1458,  bacc.  Sommer  1459,  mag.  Winter   1462,  med.  bacc.    1466. 
Studien  zur  Geschichte  der  Medizin.     Vlir.  5 


\,;n  dem    L>ekiu»l«huch  der  Leipiiccr   ineiluiiiiMluii    t.ikuli:it   untot   lauf  Dekanen. 

Annodomini  M''cccc"lxxi'' \vij''|decinia  septimaldie  Junii  Dr.'^  Johannes 
de  Hallis  ad  facultatcm   medicinae  studii  Lipc/.ensis  est  receptus. 

die    dann    ■*  ,  Jahre    spater    sclion    in    den    Rat    der   Fakultät,    das   „consiliuni" 
hinübergenonuuen  wurden: 

|B1.  (in'.' 

Item  anno  domini  M'^cccc'lxxii' "  I1472I    quarta    feria  post  epyplianiae 

doniini    [S.  Januar]    doctor    Nicolaus    Üschicz    et    doc.   Johannes 

Hallis  recepti  sunt  ad  consiliuni  facultatis, 

wahrend  spater  satzungsgemäß  ein  längerer  Zwischenraum  erfordert  wurde. 

Den  Nicolaus  Salhausen  von  Oschatz  treffen  wir  hier  schon  zum 
dritten  Male,  er  war  1463  zum  Haccalarius  medicinae  promoviert  worden,  nacli- 
dem  er  im  Sommer  1451  immatrikuliert,  im  Sommer  1452  zum  Haccalarius 
artium  und  1457  zum  Magister  ernannt  worden  war.  Er  ist  dann  zu  weiterem 
Studium  zu  anderen  Hochschulen  gewandert,  hat  auch  auswärts  den  Doktorhut 
errungen  und  ist  später  als  Arzt  in  Leipzis^  geblieben,  auch  hier  am  2.  Aug.  1479 
gestorben  und  begraben  worden.  Sein  Grabmal  in  der  Faulinerkirche  (gegossen) 
trug  folgende  Inschrift: 

[stepner  236.] 

Anno  domini  M.CCCC.LXXIX.  in  vigilia  Sanrti  Augusti<^ni)  obiit  egregius 
vir  mgr.  Nicolaus  de  Salhusen,  doctor  medicus  hie  sepultus,  cuius  anima 
luce  fruatur  aeterna. 

Johannes  Wagh  von  Halle  werden  wir  später  als  Dekan  der  medi- 
zinischen Fakultät  wiederfinden,  worauf  ich  einstweilen  verweisen  muß. 

Eine  neue  Varietät  in  den  Rezciitionsformeln  der  Fakultät  bringt  eine 
Eintragung  vom  Februar  1476: 

[bl.(li)'  Sp.  2.] 

Item  anno  domini  M"cccc"lxxvi"'  die  quindecima  Februarii  doctor  Bern- 
hardinus,  filius  domini  Casparis,  ad  facultatcm  medicinae  studii 
Lipczensis  receptus  est. 

Wir  lesen  hier  von  einem  Sohn  eines  „Herrn  Caspar",  der  dem  ganzen 
Tenor  nach  doch  wohl  ein  Arzt  in  Leipzig  gewesen  sein  muß.  In  den  Ak-ten 
der  medizinischen  Fakultät  habe  ich  bisher  von  ihm  keine  Spur  gefunden  und 
doch  muß  er  dieser  Fakultät  angehört  haben,  wie  schon  daraus  selbstverständ- 
lich sich  ergeben  würde,  wenn  er  tatsächlich  in  Leipzig  praktiziert  hat,  woran 
doch  wohl  kaum  zu  zweifeln  ist-). 

')  Es  war  aus  Versehen  abermals  „Nicolaus"  zu  schreiben  begonnen,  was  dann  ausradiert  ist. 

»)  Weder  ein  „Dr.  Caspar"  noch  ein  „Dr.  Bernhardinus''  ist  um  diese  Zeit  in  Vogels 
Mitgliederverzeichnis  vermerkt.  ,, Dominus  Caspar"  kann  ja  freilich  auch  einer  anderen  Fakultät 
angehört  haben,  aber  ,, Bernhardinus"  müßte  unbedingt  dort  zu  finden  sein,  ein  Zeichen,  daß  wir 
tins  auf  die  Vollständigkeit  dieses  Verzeichnisses  nicht  verlassen  können.  Auch  Thomas  Kiliani, 
der  gli^ich  zu  nennen  ist,   findet   sich    dort  nicht  und  Joh.  Mormann  nur  einmal  im  J.ihre   14S5. 


4.    Aus  dem  Dekanatsbuch  der  Leipziger  medizinischen  Kakultüt  unter  rünf  Dekanen.       g? 

Ob  Söhne  von  Ärzten  irgend  wclclie  Vorteile  genossen,  Ermäßigung  der 
Gebühren  oder  Ahnhches  bei  der  Aiifnalimc,  ist  aus  den  Akten  nicht  ersichtlich, 
da  regehiiäßige  Eintragungen  der  Eakuitätseinnahmcn  bis  auf  einige  Fragmente, 
die  ich  am  Ende  dieses  Abschnittes  zusammenstelle,  leider  fehlen.  Jedenfalls 
haben  sie  den  Sohn  des  Arztes  Kaspar  nicht  davon  abgehalten,  seinen  ganzen 
medizinischen  Studiengang  auswärts  zu  absolvieren;  denn  Dr.  Bernhardinus, 
der  hier  .Aufnahme  in  die  Fakultät  findet,  ist  sicher  ein  „Doctor  extraneus", 
ebenso  die  folgend  genannten  „recepti"  des  Jahres   1477  und   1483. 

[Bl.  (11)»  Sp.  2.] 

Item  anno  domini  M"cccc"lxxvij"  die  tricesima  mensis  Julii  doctor 
Thomas  Kiliani  ad  facultatem  medicinae  studii  Lipczensis  receptus  est. 

[Ebenda.] 

Item  anno  domini  MVccc'Ixxxiij"  doctor  Johannes  Morman  de 
Ratispona  ad  facultatem  medicinae  studii  Lipczensis  receptus  est  et  hoc 
undecima  die  Februarii. 

Von  beiden,  offenbar  eine  Zeitlang  in  Leipzig  als  Arzte  ansässigen  und 
tatigen  Männern  ergeben  die  Fakultätsakten  und  Stadtakten,  soweit  ich  sehe, 
im  übrigen  keine  Auskunft. 

Zum  Schlüsse  der  Dekanatstätigkeit  Johannes  von  Weida  noch  zwei 
Baccalariatseintragungen  vom  Jahre   1479. 

[Bl.(i2)'Sp.  2.] 

Anno  domini  M"cccc"  septuagesimu  nono  magister  Symon  Pistoris  de 
Lipczk  promotus  fuit  in  baccalarium  medicinae  per  magisirum  Joliannem 
Weyda,  doctorem  medicinae,  secunda  feria  post  Elyzabeth  [25.  November] 
videlicet  vicesima  tertia  die  Nnvembris. 

Anno  domini  M^cccc"  septuagesimo  nono  vicesima  tertia  die  mensis  No- 
vembris  Stanislaus  Reichinbach  de  Schwidenicz  promotus  fuit  in  bac- 
calarium medicinae  per  magistrum  Johannem  Weyda,  doctorem  in 
medicinis. 

Nur  der  Erstere  ist  hier  von  erheblicherem  Interesse;  es  ist  der  Sohn 
des  einige  Jahre  vorher  verstorbenen  Professors  der  Pathologie')  und  Rats- 
angehörigen der  Stadt,  Nicolaus  Pistoris,  der  spätere  Dekan,  dem  der  Boden 
Leipzigs  eine  Zeitlang  zu  heiß  geworden  war,  als  er  sich  im  Leipziger  Syphilis- 
streite, der  auch  in  der  allgemeinen  Geschichte  der  Medizin  zu  trauriger  .,Be- 
rühmtheit''  gelangt  ist,  eine  so  schwere  Niederlage  geholt  hatte  (s.  Abschnitt  6 
gegen  Ende). 

Am  17.  September  14S4  hatte  Johann  Schipnitz  von  Weida  das 
Zeitliche  gesegnet.  Als  sein  Nachfolger  rückte  an  5.  Stelle  in  der  ganzen 
Reihe  Valentin  Becke  aus  Schmiedeberg  in  das  Dekanat  der  medizinischen 
Fakultät,  von  dessen  früheren  Schicksalen  wir  schon  gelegentlich  seiner  Promo- 


')  Von  einer  etwaigen  Gebührenermäßigung  aus  dieser  Ursache  verlautet  auch  hier  nichts. 


»  ..    1..,,,    lyVuutsbuch  der  Leipxi(;cr  mcJUinbclicn  F.ikuliat  unter  fünf  Dekanen. 

tioii  im  i.iiv.c  i.\"2  gesprochen  haben.  Er  verwaltete  das  Dekanat  nur  relativ 
kurze  Zeit.  Als  ordnungsliebender  Mann  und  guter  Haushalter  hat  auch  er 
nicht  ver.<aun>t,  die  Hinkünfte  des  Dekanats  zu  notieren,  worin  ihm  sein  Vor- 
gänger allerdings,  wie  ich  noch  zeigen  werde,  schon  recht  ergiebig  voraus- 
gegangen war;  so  finden  wir  denn  von  N'alentin  Hecke,  wenn  auch  ohne  Datum, 
so  doch  zweifellos  im  Jahre  14S4  eingetragen'),  die  folgende  Mitteilung: 

Ego   Valentin  US    Smidberg    rccepi    4    llor.    a    doc<tore)    Martina 

Mellerstadt, 

Vll  flor.  ex  amicabili  composicione  quam  habuit  facultas  cum  liafredibus 

d^omini)  d<(octoris>  Weyda. 

Inwiefern  die  Fakultät  mit  den  Erben  ihres  verblichenen  Dekans  „güt- 
liche .-Xuseinandersetzungen"  hatte,  bleibe  einstweilen  dahingestellt'-);  der  erst- 
genannte Posten  handelt  aber  bestimmt  von  der  Aufnahmegebühr  des  Leipziger 
Frühhumanisten  Martin  l'ollich  (Polich)  aus  Melierstadt  in  die  medizinische 
P'akultat,  über  deren  Mitglied  Simon  Pistoris  er  fast  anderthalb  Jahrzehnte 
spater  einen  so  grimmigen  Sieg  mit  den  Waffen  der  Logik  und  Dialektik 
davontragen  sollte,  dessen  er  selbst  doch  nicht  froh  wurde. 

Drei  Jahre  nach  ihm  fand  dieser,  sein  späterer  Gegner,  in  die  Fakultät 
Aufnahme. 

Bl.  (II)'  Sp.  2.] 

Item  anno  domini  M"cccclxxxvij  [14S7J  magister  Symon  Pistoris  de 
Leipczk  doctor  die  14"''  [quarta  decima|  mensis  Februarii  assumptus 
est  ad  facultatem  medicinae  [von  der  nämlichen  Hand  beigefügt:]  In- 
super  anno  cccclxxxviij  I1488J  receptus  est  ad  consilium  facultatis 
medicinae  in  vigilia  omnium  sanctorum. 

Man  sieht,  Simon  Pistoris  ist  nach  etwa  i'  .,  Jahren  in  tlcn  Rat  der 
P'akultat  aufgestiegen.  Die  Zeitspanne  zwischen  den  beiden  Rezeptionsterminen 
wachst.  Schon  im  nämlichen  Jahre,  anscheinend  wenige  Wochen  nach  seiner 
Aufnahme  in  das  „consilium  facultatis' ,  nahm  Pistoris  die  Haccalariatspromotion 
Wenzel  Fabers  von  Budweis  vor. 

[BI.  (12)'  Sp.  2]. 

Anno  domini  M'cccc  octuagesimo  octavo  magister  Wen  czeslaus  Bude - 

wiß  vel  verius  Fabri  de  Budewiß  sequenti  die  pro.xima  ante'')  festum 

Martini  [10.  November:]  sub  rectoratu  suo  promotus  fuit  in  baccalarium 

medicinae  per  magistrum  Symonem  Pistoris  de  Leipczk,  medicinae 

doctorem. 

Item    ex    singulari    favore  doctorum,  et   ut  alii  alliciantur  promovendi, 

eidem  magistro  Wenczeslao  de  Budewifß  fuit  conccssum  et  praero- 


')  Auf  der  Innenseite  des  hinteren  Einbanddeckels. 

')  Vgl.  weiter  unten  S.  83. 

•)  Es  stand  .,post"  da;  „ante"  ist  übergeschrieben. 


4.    Aus  dem  Dekanatsbuch  der  Leipziger  medizinischen  Fakultät  unter  Tünf  Dekanen.       gc) 


gativum  donatuni,  quod  de  caetero  haberet  locum  suuni  ante  alios 
doctores,  qui  postsuum  baccalariatum  recii)ientur  de  aliis  universitatibus, 
in  quantum  prosequentur  promotioneiu  suam   in  liac  universitate. 

Man  hat  den  andei^'ärts  zum  Magister  (aiiium)  promovierten,  gerade  mit  der 
Rektoratswürde  bekleideten  Mann  besonders  ehren  wollen.  Ein  ähnlicher  Vorgang 
scheint  sich,  wie  wir  noch  finden  werden,  am  13.  Juni  1497  bei  ihm  wiederholt 
zu  haben,  den  wir  als  fleißigen  Praktikenschreiber  und  berühmten  Astrologen 
kennen.  Über  die  Rangfolge  der  Rezipierten  hatte  man  ja,  wie  wir  oben 
(S.  32  fl.)  gesehen  haben,  ausführliche  Bestimmung  getroffen.  Gebühren  hatte 
Wenzel  Faber  von  Hudweis  bei  dieser  Ehrenpromotion  anscheinend  nicht  zu 
entrichten  (r. 

[Bl.  (II)'  Sp.  2  Ende..] 

Item  anno  domini  Mlx.xix  [statt  1489IJ  assumptus  est  dominus  doctor 
Johannes  de  Lantczperg  ad  facultatem  medicinae.  Item  ipse  solvit 
doctoribus  pecuniam  solvendam.  Item  [von  der  nämlichen  Hand  wie  das 
Vorhergehende')]  anno  domini  Mlx.Kxxj  [1491I]  feria  quarta  post  Pauli 
[27.  Jan.?]  receptus  est  ad  consilium  facultatis.     Item  dedit  IUI  florenos. 

Ob  das  Zeitintervall  zwischen  der  Aufnahme  in  die  Fakultät  und  in  das 
Konsilium  mit  dem  bei  Simon  Pistoris  beobachteten  übereinstimmt,  läßt  sich 
nicht  bestimmt  entscheiden,  da  das  erste  Monatsdatum  fehlt. 


')  Es  ist  vielleicht  schon  die  Hand  Johanns  von  Halle,  die  beide  Eintragungen  vor- 
nahm, deren  eine  doch  noch  in  Schmiedebergs  Dekanatszeit  fallt.  Die  Hand  Johanns  von  Halle 
scheint  sehr  zu  wechseln.  Obenstehende  Eintragung  erinnert  in  ihren  Schriflzügen  in  manchem  an 
die  Hand  Johanns  von  Weyda;  doch  ist  es  zweifellos  die  nämliche,  welche  in  der  2.  Spalte 
des  Blattes  (12)'  die  Eintragung  vom  Jahre  1497  über  Wenzel  Faber  gemacht  hat,  welche  ja  auch 
in  das  Dekanat  Johanns  von  Halle  fallt.  Vorübergehend  war  ich  versucht  anzunehmen,  daß 
die  erste  Jahreszahl  richtig  sei  und  die  zweite  verschrieben  (beide  können  nicht  richtig  scinlj, 
daß  die  Aufnahme  Johann  Wagners  von  Landsberg  in  die  Fakultät  und  den  Rat  der  Fakultät 
also  in  das  Dekanat  Johanns  von  Weida  fielen,  worin  mich  noch  die  Beobachtung  bestärkte, 
daß  Vogels  Mitgliederverzeichnis  der  Fakultät  den  Namen  „Landsbergs"  seit  1481  unter  den 
Assessoren  der  Fakultät  mit  aufführt  und  den  29.  Januar  1 48 1  als  sein  Rezeptionsdatum  angibt. 
Offenbar  hat  er  also  die  -vorliegende  Eintragung  so  aufgefaßt,  daß  1491  ein  Schreibfehler  wäre. 
Aber  ohne  Not  möchte  ich  doch  in  der  Reihenfolge  der  Eintragungen  nicht  noch  diese  neue  Un- 
ordnung annehmen,  während  sie  im  anderen  Falle  von  1451  bis  1499  in  ungestörter  Zeitfolge  auf 
Bl.  (11)'  Sp.  I  u.  2  und  Bl.  (12)'  Sp.  i  fortlaufen.  Außerdem  ist  der  Wortlaut  von  denen  der 
vielen  Rezeptionseintragungen  Johannes  von  Weida  derart  differcnt,  daß  mir  diese  Annahme  un- 
überwindlichen Schwierigkeiten  zu  begegnen  scheint.  Niemals  sagt  Joh.  v.  Weida  „assumptus  est" 
sondern  neunmal  regelmäßig  „receptus'',  nur  einmal  fehlt  bei  9  Eintragungen  die  Nennung  von 
Leipzig,  niemals  vor  allem  machte  Johann  von  Weida  bei  den  Eintragungen  der  Recepti  und 
Promoti  eine  Angabe  über  die  Bezahlung  der  Gebühren ;  er  hat  diese  Eintragungen  auf  eine  andere 
Stelle  des  Dekanatsbuches  verlegt,  wie  wir  noch  sehen  werden.  Ich  bleibe  also  dabei,  daß  Johann 
Wagner  von  Landsberg  erst  1489  in  die  Fakultät  eingetreten  ist  und  1491  in  den  Rat  derselben 
Aufnahme  fand,  zumal  die  Hand  mit  der  der  Eintragung  vom  Jahre  1497  übereinstimmt,  Johann 
von  Halle  also  doch  wohl  tatsächlich  zu  verschiedenen  Zeiten  sehr  verschieden  geschrieben  hat. 


TQ       4.    Au»  dem  l>riv»iiat>i'Hcn  lifi   i.fip/iKci  mediiinischcn  KaViiltÄt  untfr  Rlnf  Deknneii. 

Hatte  Valentin  Hocke  von  Sdunietlcberjj  so  seit  last  20  Jaliren  theo- 
retische und  spater  praktische  Medizin  gelesen,  als  er  linde  Mar^  1490  starb, 
so  ist  doch  weder  von  wissenschaftlichen  Leistungen  etwas  von  ihm  bekannt 
geworden,  noch  hat  sein  Dekanat  irL;end  bedeutende  Spuren  hinterlassen.  Aber 
an  seinen  Namen  knüpit  sich  durch  das  X'ermachtnis  eines  Sohnes,  der  die 
juristische  Laut'bahn  ergritT  und  mit  Khren  durchführte,  gewiti  auch  unter  dem 
Einfluß  der  X'erschwagerung  mit  der  Arztefamilie  l'istoris,  eine  wichtige  Neue- 
rung, die  erstmalige  Anstellung  eines  besoldeten  Spitalarztes.  Sein  Bild  ist  uns 
von  tretilicher  Künstlerhand  auf  dem  berühmten  ,,Schmiedebergschen  Altare" 
festgehalten,  vielleicht  hat  auch  das  allbekannte  Hild  des  „Sterbenden"  von 
Lukas  Cranach  bewußt  eine  Ähnlichkeit  mit  erhaltenen  Bildern  von  ihm  an- 
gestrebt. Ich  werde  über  das  ganze  Bildwerk  dieses  Altares  bei  der  Be- 
sprechung der  Schmidburgschen  Stiftung  im  nächsten  Abschnitte  eingehendere 
.Xuskuntt  sieben. 


Auf  \'alentin  Sciimicdeberg  folgte  als  6.  Dekan  Johannes  Wagh 
(Wack,  Vach)  von  Halle,  der  seine  Studien  im  Sommer  145 1  in  Leipzig 
begonnen  und  im  Winter  1452  zum  Baccalarius  promoviert  die  Universitäts- 
stadt für  fast  20  Jahre  verlassen  hatte.  Im  Jahre  1471  in  die  Fakultät,  1472 
in  der  Consilium  facultatis,  wie  wir  gesehen  haben,  rezipiert,  trat  er  1484  das 
Lehrahmt  der  theoretischen  Medizin  als  Nachfolger  Schmidebergs  an  und 
damit  gleichzeitig  ins  große  Kolleg  als  Kollegiat.  Das  Dekanat  hat  er  bis  zu 
seinem  Tode  am  3.  August')  1499  verwaltet,  von  dem  ein  gemaltes  Kpitaph 
in  der  Nikolaikirche  mit  der  Darstellung  der  \'erkündigung,  Geburt  und  Fassion 
Christi  im  Triptychon  Kunde  gab,  auf  dem  die  nicht  allzuflüssigen  Verse 
standen: 

[Stepner  415] 

Artis  quid  cyclice  quid  confert  Techna  raedendi, 

In  mediciis  possit  quo  minus  atra  dies, 
Doctor  Johannes  Wagh,   Hallensis  proba  proles 

Arguit,  hie  condiü,  quem  pie  Nicolae. 
Artibus  ut  pubes  fnrmetur,  cnntulit  aera, 

Ad  superos  tollas  hunc  precor,  alrae  Dens. 

'Am  unteren  Rand  des  linken  Altarflügels  die  Inschrift:  „Oro  pro  nobis,  Maria  mcmen  . .  "]. 

Im  Beginne  seines  Dekanats  finden  wir  folgende  etwas  ungewöhnliche 
Eintragung,  die  dem  Aufzunehmenden,  auswärts  Promovierten  eine  Art  VVohl- 
verhaltenszeugnis  ausstellt  und,  wie  es  jetzt  in  Übung  kommt,  gleich  beifügt, 
wann  die  Aufnahme  in  den  Rat  der  Fakultät  erfolgte  und  wie  es  mit  den 
Gebühren  gehalten  wurde. 

;bi.  (I2J'  Sp.  I.] 

Anno  domini  M  cccc  90  ( 1490]  feria  tertia  post  Jacobi  [27.  Juli]  respondit 
d<ominus)    doctor    Caspar    Brunsperg    et   bene   atque   discrete  erga 

'1  Nach  Vogels  Xlitgliedervcrzeichnis  der  Fakultät. 


4.    Aus  dem  Dekanatsbuch  der  Leipziger  medizioischeu  Fakultät  unter  fünf  Dekanen.        n  \ 
doctores    se    habuit.      Item    [Von   der   nämlichen    Hand,  Johanns   von   Halle,    wie 

das  Vorhergehende]  93  anno  circa  dominicam  Invocavit  [23.  FebruarJ  assumptus 
est  in  consilium  lacultatis  niedicinae  sub  dispensacione  \'I  florenorum 
r<Tienensium). 

Kaspar  Molitoris  von  Braunsberg  scheint  im  Sommer  1477  inskribiert 
«orden  zu  sein,  aber  seine  ganze  übrige  akademisclic  Laufbahn  anderwärts 
zurückgelegt  zu  haben.  Wenn  auch  wenig  auf  dem  Lehrgebiet  der  Fakultät 
hervorgetreten,  so  scheint  er  doch  in  Leipzig  eine  bedeutende  Rolle  gespielt 
zu  haben,  auch  von  Seiten  des  Hofes  und  der  Regierung  in  Dresden  und  sonst 
von  auswärts  vielfach  in  Anspruch  genommen  worden  zu  sein,  wie  wir  noch 
sehen  werden.  Es  scheint  ständiger  Brauch  geworden  zu  sein,  daß  den  neu  in 
das  Konsilium  Rezipierten  das  Präsidium  bei  den  Baccalariatspromotionen  der 
medizinischen  Fakultät  übertragen  wurde,  so  auch  dem  „Doktor  Kaspar". 

(Bl.  (12)'  Sp.  2.; 

Anno  domini  Mcccc93  [1493]  promotus  est  re(verendus)  d(omin)us  mgr. 
Pasca  de  Alvenslefen  in  baccalarium  niedicinae  sub  rectoratu  suo  per 
doctorem  Caspar  de  Brunsperg^). 

Mit  besonderer  Feierlichkeit  wird  der  vor  einigen  Jahren  (148S)  ehren- 
halber zum  Baccalarius  der  Medizin  und  dann  1489  zum  Licentiaten  promo- 
vierte Magister  der  Artistenfakultät  und  weltberühmte  Kalenderpraktikant 
Wenzel  Faber  von  Budweis^^  iin  Jahre  1497  """  auch  zum  Doktor  medicinac 
promoviert,  natürlich  vom  Herrn  Dekan  persönlich  in  der  Nikolaikirche  und 
allen  anderwärts  Doktorierten   ausdrücklich   in   der  Rangordnung  vorangestellt. 

[Bl.A,-.] 

Anno  domini  Mcccclxxxxvij  [1497]  dominus  Wenczeslaus  Fabri 
de  Pudweyß,  canonum  medicinae  licenciatus,  promotus  est  in  doc- 
torem facultatis  medicinae  a  domino  doctore  et  magistro  Johanne  de 
Hallis  in  ecclesia  s.  Nicolai  in  die  sancti  Anthonii  in  alma  nostra 
universitate  studii  Liepczensis,  sed  locum  suum  optineat,  ut  antecedendo 
omnes  alios  doctores  in  aliis  universitatibus  promotos  et  singulariter 
antecedit  dominum  Wilhelmum,  quia  dominus  doctor  Caspar  ipse 
sua  propria  voluntate  suo  loco  privilegiavit '). 

Den  zuletztgenannten  Dr.  Caspar  kennen  wir  schon,  der  dominus 
Wilhelmus  ist  bestimmt  mit  dem  gleichzunennenden  Wilhelm  Haldenhoft 
identisch.  Doch  scheint  Ilaldenhoff  vor  Wenzel  Faber  als  Doktor  rezipiert  zu 
sein,    Staetz,  ein  Assumptus  des  gleichen  Jahres   1497,   bestimmt   nach  dem 


')  Bestimmt  von  der  Hand  Johanns  von  Halle  geschrieben. 

*)  Seit  1483  im  kleinen  Kollegium,  seit  1488  ins  große  gewählt,  angeblich  bis  1508,  doch 
scheint  er   1505  oder  1506  verstorben  zu  sein. 

^)  Dieser  Abschnitt  ist  von  der  nämlichen  Hand  geschrieben,  die  14S9  und  1491  die  Ein- 
tragung über  die  Aufnahme  Johann  Wagner  vornahm,  vermutlich  gleichfalls  die  Johannes  von 
Halle.     S.  S.  69  Anm.  i. 


.  uriii  UekuMtsbuch  der  Leipziger  medixiuUckcn  l-'akultät  unter  filof  Dekanen. 

.\nloni.:-i.ii;e  [i".  Januar)  1497,  was  auch  sein  sogleich  mitzuteilender  Rezcp- 
tionsvermerk  ergibt. 

Vorher    müssen    wir    uns    eine    doppelte   Haccalariat.-^i^roniotion    .msehcn: 

[Bl.  (IS)'  Sp.  I.) 

Anno  domini  1499  die  tertia  post  Exaudi  [14.  Mai]  promoti  sunt  in  bar- 
ralarios  medicinae  magistri  Magnus  Hundt  de  Magdeburgk,  tunr  reitor 
universitatis,  et  Johannes  Swabe  de  Liptz'\ 

Magnus  Hund  aus  Magdeburg  wird  uns  im  6.  Abschnitt  naher  beschäftigen. 
Johannes  Schwab  aus  Leipzig  war  im  Sommer  1490-")  immatrikuliert  worden 
und  begegnet  uns  15 12  bei  einem  feierlichen  Rezeptionsakte  als  Mitglied  der 
medizinischen  Fakultät,  ohne  daß  wir  seine  Doktorpromotion  oder  den  Termin 
seiner  Aufnahme  in  die  Fakultät  nachweisen  könnten. 

Beachtenswert  ist  folgende  Notiz,  welche  von  der  Aufnahme  zweier  nam- 
hafter Doktoren  der  Medizin  in  den  Rat  der  Fakultät  berichtet: 

[BL(i2)'  Sp.  I.; 

Anno  domini  1499  in  die  sancti  Chiriaci  [S.  August]  assumpti  sunt  ad 
consilium  facultatis  medicine  doctores  Wilhelmus  Hai  den  ho  ff  de 
Thorn  et  Benedictus  Staetz  de  Liptz  et  dedit  quilibet  quatuor  flor. 
ad  fiscum'l 

Die  beiden  waren  wieder  einmal  auswärts  promovierte  Doktores.  was  trotz 
aller  harten  und  drückenden  Bestimmungen  der  Statuten  immer  noch  mehr  in 
Aufnahme  kommt.  Anderwärts  wehte  immer  schärfer,  auch  in  der  Medizin,  ein 
fortschrittlicher  Geist,  nur  in  Leipzig  hielt  man  noch  fest  am  Alten.  Dort 
scheinen  sich  auch  die  Neuzugekommenen  schnell  wieder  zu  konservativer 
Ansicht  gewandelt  zu  haben,  denn  die  Mehrheit  der  Fakultät  bestand  doch 
schon  aus  ander%värts  Promovierten,  auch  die  Mehrzahl  der  Dekane  im  1 5.  Jahr- 
hundert Über  Haldenhoff  werden  wir  gleich  zu  sprechen  haben;  seine 
Rezeption  als  Doktor  ist  nicht  vermerkt.  Benedikt  Staetz'  Eintragung  als 
rezipierter  Doktor  (doctor  ad  facultatem  assumptus)  ist  noch  nachzutragen: 

[Innenseite  des  hinteren  Einbanddeckels,  Sp.  i.] 

Anno  domini  M  cccc  97  [1497]  Benedictus  Staetcz  Lipsensis,  arcium 
magister  et  medicinae  doctor,  in  die  Conversionis  Pauli  [25.  Jan.] 
dedit  XMII.  flor.  Rhen.  in  assumpcionem  se  [I]  in  doctorem  medicinae 
in  nostra  universitate  scilicet  Liepczensi,  quod  ego  mgr.  Johannes 
Hall'^ensis),  medicinae  doctor  et  eiusdem  facultatis  decanus,  protestor 
manu  propria^. 

•)  Geschrieben  von  Johann  Wagners  von  Landsberg  Hand. 

*)  Vielleicht  ist  er  auch  mit  dem  Manne  gleichen  Namens  identisch,  der  schon  im  Winter 
1475  immatrikuliert,  im  Winter  1482  Baccalarius  und  im  Winter  1492  Magister  geworden  war. 
Auch  Benedikt  Staetz  aus  Leipzig  und  Wilh.  Haldenhoff  von  Thom  haben  sich  ja  zum  Studium 
so  lange  Zeit  genommen  wie  wir  gleich  sehen  werden. 

•)  Bestimmt  von  Johanns  von  Halle  steifer  Hand  geschrieben. 


4.    Aus  dem  Dekanatsbuch  der  Leipziger  medizinischen  Fakultät  unter  fünf  Dekanen.       73 


Wir  haben  ihn  schon  als  Mann  des  Foi^schrittes  und  F"reund  der  Anatomie 
in  seinem  Gutachten  bei  der  Reformation  vom  Oktober  1 502  kennen  gelernt. 
Benedict  Pistoris  al.  Staetz  war  ein  Leipziger  Kind  und  hatte  sich  zum 
Studium  offenbar  Zeit  genommen.  1472  immatrikuhert  hatte  er  1479  das  Hac- 
calariat  und  14S5  das  Magisterium  errungen  und  darauf  die  X'aterstadt  ver- 
lassen und  war  endlich    1497   als  fertiger  Doktor  wiedergekommen. 

Als  Johannes  Wagh  von  Halle  das  .Amt  des  Dekans  mit  der  Ruhe  des 
Grabes  vertauschte'),  rückte  in  seine  Ämter  Johannes  Wagner  von  Lands- 
berg ein,  den  wieder  Wilhelm  Aldenhoff  ^venn  auch  vielleicht  nicht  sofort) 
in  der  Dozentur  der  theoretischen  Medizin  ablöste,  da  der  näher  berechtigte 
Dr.  Caspar  ihm,  wie  wir  gesehen  haben,  den  Vortritt  gelassen  hatte  und  die 
dem  Patent  nach  noch  älteren  Martin  Pollich  von  Melierstadt  (rec.  1484 
oder  1485)  und  Simon  Pistoris  (rec.  1487)  in  heftiger  literarischer  Fehde  lagen, 
die  wir  weiter  unten,  zu  Ende  des  6.  Abschnittes,  besprechen  werden,  bei 
welcher  Gelegenheit  wir  uns  auch  mit  der  Frage  des  Antritts  der  Theoretischen 
Professur  durch  Haldenhoff  noch  näher  beschäftigen  müssen. 

Wilhelm  Haldenhoff  aus  Thorn  hatte  von  1477 — 14S3  in  Leipzig 
seinen  philosophischen  Studien  obgelegen  und  war  als  Leipziger  Magister  ar- 
tium  auf  Reisen  gegangen,  um  seine  medizinischen  Studien  zu  vollenden,  von 
deren  Krönung  und  seiner  Assumption  in  den  Rat  der  Fakultät  wir  schon 
vernommen  haben.  Er  war  vermögend  und  gab  schon  am  i.  Oktober  1498 
dem  Rat  der  Stadt  ein  Darlehn  von  700  Gulden  zu  35  Gulden  Jahreszins.  Später 
crriclitete  er  ein  Stipendium,  aus  dessen  Wortlaut  ich  hier  direkt  einiges  heraushebe. 

Wilhelmus  Aldinhoff  [Haltenhoff]  de  Thoronia  artium  et  medicinae  doctor, 
collegü  maioris^  universitatis  studii  Lipczensis  .  .  .  coUegiatus  [vermacht  durch  Testa- 
nientsinstrument  vom  11.  März  1506  (das  Bürgermeister  und  Ratmannen  der  Stadt 
Thorn  am  ::3.  April  1506  anerkennen  und  zu  befolgen  sicli  bereit  erklären)]  in  stuba 
coUegiati  irum  dictis  maioris  collegü  .  .  .  ego  Wilhelmus  Haldenhoff  de  Thorn,  artium 
et  medicinae  utriusque  doctor,  collegü  maioris  g3^mnasü  liptzensis  collegiatus  .... 
[1400  fl.  für  3  Stipendien  an  Thorner  arme  Studenten,  zunächst  aus  seiner  Verwandt- 
schaft, zum  Besuch  der  Universität  Leipzig  und  je  10  fl.  jährlich  für  2  unbescholtene 
Thomer  arme  Mädchen  zur  Aussteuer  in  die  Ehe,  außerdem  eine  Reihe  von  Jahres- 
legaten an  Krankenhäuser  in  und  bei  Leipzig  und  in  Thorn  für  einige  Kranke.] 
Acta  fuerunt  haec  Liptzk  in  stuba  magistrorum  et  collegiatorum  supradicti  collegü 
maioris  .  .  . 

Paulus  Suoffheym  de  Görlitz,  clericus  Misnensis  diocesis  .  .  .  notarius,  almae 
universitatis  studü  Liptzensis  scriba  unterschreibt^). 

Haldenhoff  hat  also  zu  seiner  zweiten  Heimat  eine  große  Liebe  gefaßt  und 
sucht  zwischen  seiner  Vaterstadt  und  Leipzig  ein  Band  gegenseitigen  Nutzens 
zu  weben. 

*)  Er  starb  ohne  Erben,  vgl.  Simon  Pistoris  Gutachten  von  1511  im  Anhang  am  Ende  des 
Abschnittes  2  S.  180  Zeile  58. 

-)  Nach  Zarnckes  Verzeichnis  der  Mitglieder  des  großen  Kollegs  S.  761  in  den  Jahren 
1500 — 1507  als  Gewählter  der  Polnischen  Nation,  also  nicht  als  Mediziner;  dem  kleinen  Kolleg 
soll  er  von   1490 — 1500  angehört  haben. 

')  Vgl.  Stübel,  Urkundcnbuch  der  Universität  Leipzig  S.  342 — 348  Nr.  264. 


ck.in.tiMnicn   iiri   Leipiiger  roeditinisclirn    hnkuUat  unter  lunt   Dekanen. 


Der  i.  in  der  Reihe  der  Dekane,  der  leUte  im  ersten  Jahrhundert  der 
Universität,  Johannes  Wagner  (Currificis)  von  I^imlsberg,  im  Sommer  14O4 
bei  der  bayrischen  Nation  inskribiert,  hatte  die  Leipziger  Hochscluile  als  Ma- 
gister 1469  verlassen  und  ist,  wie  wir  gesehen  haben,  14S9  in  die  Fakultät 
als  Doktor  aufgenommen  worden  und  1491  in  das  Consiliuni  facultatis,  erst 
nachdem  er,  wie  es  scheint,  schon  Aufnahme  in  das  große  Kolleg  gefunden 
h.attc,  dem  er  von  1490  bis  zu  seinem  Tode  angehört  haben  soll,  der  am 
6.  Oktober  1509  eintrat').  Sein  Grabdenkmal  war  früher  in  der  Nikolaikirche 
zu  sehen,  eine  Kreuzigung  auf  Holz  gemalt,  deren  Inschrift  Stepner  corrupt 
überliefert  hat: 

[4«]         Anno   I5gi   [statt   1500],  die  .  .  obiit  venerabilis  vir,  Magister  Johannes  de 
Lantspergk,  medicinae  Doctor,  secunda  feria  post  Francisci-),  cujus  R.  I.  P.  A. 

Die  erste  .Arbeit  Johannes  Wagners  im  Dekanat,  das  er  1499  antrat, 
war  die,  Ordnung  zu  schaffen  in  dem  Konto  der  Fakultät,  wie  wir  im  Anhang 
dieses  .Abschnittes  S.  84  näher  sehen  werden. 

Wahrend  der  ersten  neun  Jahre  seines  Dekanats  sind  gar  keine  Baccalariats- 
prufungen  und  gar  keine  Doktorpromotionen  abgehalten  worden.  Einzig  zwei 
Rezeptionen  auswärts  promovierter  .Arzte  sind  /.u  verzeichnen,  eines  Franken 
aus  der  Würzburger  Gegend  und  eines  Schlesiers,  die  beide  ihre  ganze  Studien- 
zeit auswärts  zugebracht  hatten  und  darum  vor  ihrer  Rezeption  erst  immatriku- 
liert werden  mußten.  Die  betreffenden  Eintragungen  in  das  Statutenbuch  der 
Fakultät  —  der  Raum  war  unterdessen  auf  den  hinteren  Blättern  knapp  ge- 
worden; W.  suchte  sich  zuerst  zwischen  den  älteren  Eintragungen  ein  Plätzchen 
und  begann  dann  direkt  hinter  den  Satzungen  und  ihren  Zusätzen  mit  der 
Aufzeichnung  der  Promotionen  und  Rezeptionen  —  lauten  in  chronologischer 
Ordnung: 

(Bl.  (II)'  Sp.  2.] 

Anno  domini  1 502  in  die  sanctae  Gerdrudis  [  1 7.  März]  assumptus  est  ad 
facultatem  doctor  Conradus  Nisemanus  ex  Lankeym  vgl.  TaW  1  sp.  =  umcn;. 

[B1.(8)T.] 

Anno  domini  1504,  die  vero  mensis  Junii  tercia,  receptus  est  ad  con- 
silium  facultatis  medicinae  dominus  doctor  Conradus  Nisemanus. 
Solvit  fisco  facultatis  IUI  flor. 

Anno  domini  1508  in  die  sancti  Lucae  [18.  Okt.]  receptus  est  ad  con- 
silium  facultatis  medicinae  dominus  doctor  Cristofferus  Schonfeit 
et  solvit  fisco  facultatis  IUI.  flor. 

Konrad  Niesemann  stammte  aus  Großlankheim  in  der  Würzburger  Diö- 
zese und  war  1501   im  Wintersemester  in  Leipzig  immatrikuliert  worden.     Er 


')  Er  war  unbeweibt,  wie  Simoa  Pistorü  in  seinem  Sondergutachten  vom  Jahre  1511  an- 
gibt.    Vgl.  im  Anhang  am  Ende  des  3.  Abschnittes  S.  179  Zeile   18. 

')  Der  Tag  des  Heiligen  Franciscos  ist  der  4.  Oktober,  der  zweite  Tag  danach  tatsächlich 
der  Todestag  unseres  Arztes. 


4-    Aus  dem  Dekanatsbuch  der  Leipziger  medizinischen  Fakultät  unter  fiinf  Dekanen.       -j^ 

übernahm  nach  Haldcnhoffs  Tode  die  Professur  der  Pathologie,  die  er  kaum 
zwei  Jahre  inne  hatte,  da  ihn  schon  am  28.  März  1511  der  Tod  abrief.  Sein 
Epitapli,  ein  Tafelgemälde  der  Himmelfahrt  Maria,  hatte  folgende  Inschrift: 

[Stepner  Si.) 

Conradus  Nisemanus,  Liberalibus  litcris  et  medica  arte  Doctor  insignis 
e.x  Lankheim  Orientalis  Franciac  pago  ductam  originem  virtutibus,  in- 
genio,  pietate  ad  sublimum  gloriae  decus  e.\tulit,  qui  post  multa  artis 
suae  merita  egregia  in  hanc  urbem  et  exteras  nationes  infracto  animo 
aeternorum  spe  moribundae  naturae  concessit  anno  XFi  Dni  151 1. 
Mensis  vero  Marcii  die  28.,  cui  hie  cum  piis  benigne  spectator  sus- 
citationem  laetam  precare. 

Christopf  Schönefeld  aus  Liegnit/.  wurde  im  Sommersemester  1507 
in  Leipzig  als  Dr.  med.  immatrikuliert  und  im  nächsten  Jahre  schon  ins  Konsi- 
lium der  Fakultät  aufgenommen,  mit  fast  verdächtiger  Eile  also;  die  Fakultät 
lebte  mit  ihrem  Dozentenmaterial  förmlich  aus  der  Hand  in  den  Mund;  denn 
schon  1511  trat  Schönefeld  das  Lehramt  der  Pathologie  an').  Als  Präses 
dreier  Baccalariatspromotionen  treffen  wir  ihn  Anfang  Februar  1509,  also 
im  letzten  Jahre  des  Dekanats  von  Johannes  Wagner,  seinem  Sterbejahre.  Er 
hat  aber  diesen  wichtigen  .Akt,  der  so  schweren  Kampf  in  der  Fakultät  hervor- 
gerufen hatte,  ehe  er  in  Szene  gehen  konnte,  noch  mit  den  kräftigen,  großen 
Zügen  eines  Presbyopen  in  das  F"akultätsbuch  eingetragen.  Es  ist;  die  oben 
schon  erwähnte  Baccalariatspromotion,  in  welcher  infolge  eines  Statuten- 
mangels sogar  nicht  Magistrierte  mit  dem  Baccalariat  der  Medizin  bekleidet 
wurden.     Die  Einschrift  in  das  Statutenbuch  hierüber  lautet: 

[Bl.  (8)>.] 

Anno  domini  1509  die  13  [decima  tertia]  mensis  Februarii  mgr.  Conradus 
Tockler  de  Nurenberga  promotus  est  per  venerabilem  virum  magistrum 
Cristoferum  de  Schonfeit,  medicinae  doctorem,  in  baccalarium  facul- 
tatis  eiusdem  et  dedit  duos  flor.  ad  fiscum  facultatis  eiusdem. 
Anno  domini  1509  die  13  fdecima  tertia]  mensis  Februarii  Caspar  Kegeler 
de  Thirßheim  promotus  est  per  venerabilem  magistrum  Cristofferuni 
Schoenfelt,  medicinae  doctorem,  in  baccalarium  facultatis  eiusdem  et  dedit 
n.  florenos  ad  fiscum. 

')  Vgl.  auch  Simon  Pistoris  Gutachten  von  151 1  im  Anhang  am  Ende  des  2.  Abschnittes 
Zeile  45  u.  87,  das  vor  dem  Antritt  der  2.  Professur  durch  Christoph  Schönefeld  geschrieben  zu 
sein  scheint  und  erkennen  läßt,  daß  man  ihn  schon  vor  dem  Eintritt  in  den  Genuß  der  Kollegiats- 
stelle  im  großen  Kolleg  für  eine  supplierende  Tätigkeit  mit  30  6.  im  Jahre  honorierte,  wohl  um 
ihn  in  Leipzig  zu  halten.  Daß  er  mit  seinem  Dekan  trotzdem  nicht  besonders  stand,  ersehen  wir 
ebenda,  Zeile  96.  Christoph  Schönefeld  fällt  mit  seiner  Wirksamkeit  als  Ordinarius  in  den  An- 
fang des  2.  Jahrhunderts,  also  außerhalb  der  Zeit  unserer  diesmaligen  Untersuchung.  Conrad 
AVimpina  in  seiner  „Centuria  illuslrium  scriptorum"  (ed.  Merzdorf,  Lipsiae  1839  S.  62)  gibt  ihm 
das  für  jene  Zeit  sehr  hohe  Lob:  „callet  Iriplicem  linguam,  Hebraeam,  Graecam  et  Latinam."  Unser 
„trilinguis"  hätte  also  wohl  als  der  erste  „philologische  Mediziner"  der  Universität  Leipzig  zu 
gelten,  von  irgendwelchen  Schriften  oder  Ausgaben  verlautet  bei  ihm  aber  nichts.  Trotzdem  wird 
man  ihn  wegen  dieser  seiner  d-imals  schon  so  hochgeschätzten  Dreisprachigkeit  in  Leipzig  zu  h,alten 
versucht  haben. 


rfi       4.    Auj  dem   IVk«n»l»hu<:h  der   I.cip/i(;or  nioIiiiiniMlicn   1  «ikulliu  unter  liliil'  lleknneii. 

Anno  domint   1500  die  niensis  Februarü  dccima  tertia  Batliasar  |!J  Lot- 

wiger   de   Haitis   promotus   est   per   vcncraliilem  magistruni    Cristoferum 

Schönfeit,  medicinae  doctorein,  in  baccalarium  facultatis  eiusdeni  et  dedit 
duos  flor.  ad  fiscum  facultatis. 

Eine  andere  Haccaiariatsproniotion  laiul  im  vorhergehenden  Jahre  statt, 
die  man  bisher  immer  übersehen  zu  liaben  scheint,  und  doch  steht  sie  aus- 
drücklich auf  Bl.  (12)'  des  Statutenbuchs  von  derselben  Hand  des  Dekans 
Johannes  Wagner  von  I^ndsberg  eingetragen: 

Anno  domini  1508  5  a  feria  post  octavas  pascac  promotus  est  in 
baccalarium  medicinae  magister  Heningus  Sarctoris  de  Bronswigk  tunc 
rector  universitatis  qui  dedit  pro  fisco  ij  fl.  K^henenscs). 

Allerdings  heißt  der  Kcctor  dieses  Wintersemesters  Ludwig  Sartoris  de 
Görlitz;  und  es  liegt  auch  sicher  eine  Verwechselung  hier  vor.  Heinrich 
Schrader  (auch  Sartoris)  de  Brunscwig  (inskr.  im  Winter  1480,  Baccalarius 
im  Winter  14S2,  Magister  im  Winter  14S9,  Cursor  im  Winter  1492)  ist  nie- 
mals Rektor  in  Leipzig  gewesen  und  es  .scheint  auch  auf  den  ersten  Blick  gar 
kein  Grund  vorzuliegen,  der  ihn  irgendwie  als  mit  dieser  Eintragung  in  das 
Fakultätsbuch  der  Mediziner  gemeint,  legitimieren  könnte,  und  doch  hat  ihn 
der  Herr  Dekan  mit  den  Rektor  des  Jahres  nur  um  der  Namcnsgleichheit 
willen  venvechselt.  Er  kam  wohl  wenig  mehr  unter  Menschen  und  saß  be- 
ständig über  seinem  Aristoteleskommentar  (s.  am  Ende  des  6.  Abschnittes), 
so  daß  ihm  so  etwas  bei  seinen  Eintragungen  ins  Dekanatsbuch  über  Fakultäts- 
akte, denen  er  nicht  beigewohnt  hatte,  .schon  in  die  Feder  kommen  konnte.  Denn 
Heinrich  Schrader  von  Braunschweig  war  wirklich  später  zum  Studium  der 
Medizin  übergegangen.  Wir  treffen  ihn  aktenmäßig  2^3  Jahre  nachher  als  „Der 
Artzney  doctor"  bezeichnet  in  einem  Stiftungsbriefe  vom  30.  September  151 1, 
in  welchem  ein  „Henricus  Schrader  von  Brunswigk,  der  artzney  doctor"  beim 
kleinen  Fürstenkolleg  40  fl.  jährlich  (also  fast  einen  Professorengehalt),  verordnet, 
welche  für  einen  Leipziger  Studenten  bestimmt  sein  sollen  oder,  falls  die  Uni- 
versität in  Verfall  geraten  sollte  („si  mutatio  tanta  fieret  in  universitate,  ge- 
schege  aber  in  disser  Universität  Leypzk  so  große  Wandlunge,  da  die  Studenten 
nicht  gut  tun  sollten"),  für  andere  würdige  Braunschweiger.  Er  ist  bestimmt 
der  Baccalar  vom  Jahre  1508;  vielleicht  hat  er  es  nie  weiter  als  zum  Baccalar 
der  Medizin  gebracht  und  der  höhere  Titel  der  Stiftungsurkunde  (Stübel, 
Urkundenbuch  der  Universität  Nr.  289  S.  295)  ist  nur  eine  kleine  N'erschönerung 
des  Stifters. 

In  den  Anfang  der  Dekanatstätigkeit  Johannes  Wagners  dürfte  wohl 
ein  Aktenstück  zu  setzen  sein,  welches  sich  abschriftlich  im  Entwurf  im  Kopial- 
buch  107  des  Hauptstaatsarchivs  zu  Dresden  befindet  (Bl.  242  ab),  und  dessen 
Original  bei  seiner  Absendung  an  die  Leipziger  medizinische  Fakultät  vom 
Kanzler  Erhardt  unterschrieben  war.  Es  mag  im  Jahr  1501  etwa  abgefaßt 
sein  und  belehrt  uns  darüber,  daß  auch  schon  damals  die  medizinische  Fakultät 


l-    Aus  dem  Dekanatsbuch  der  Leipziger  nieiliüinischcii   l-akulliit  unter  i  7  7 

als  ärztliche  Körperschaft  amtlich  in  Anspruch  genommen  wurde,  nicht  nur  in 
Universitäts-  und  Unterrichtssachen.  Ähnlich  wurde  sie  ja  höchstwahrscheinlich 
schon  damals  und  sicher  in  den  nächsten  Jahrzehnten  als  Begutachtungs- 
behörde an  der  Lepraschau  beteilijjt.  Haben  sich  doch  bei  den  Fakultäts- 
akten eine  ganze  Reihe  von  solchen  Lepragutachten  aus  dem  3.  Jahrzehnt  des 
16.  Jahrhunderts  erhalten. 

Im  vorliegenden  Falle  handelt  es  sich  um  ein  Schreiben  der  herzoglichen 
Regierung  in  Dresden  an  die  Fakultät  der  Arznei  in  Leipzig,  also  an  die  Körper- 
schaft der  Leipziger  Arzte,  mit  dem  Ersuchen  sich  eines  in  Leipzig  schwer 
erkrankt  darnieder  liegenden  Ritters  Otto  Pflug  anzunehmen. 

Die  Eintragung  im  Kopialbuch  hat  folgenden  Wortlaut: 

Herzog!.  Schreiben  an  die  facultät  der  Ertzney,  sich  des  Kranken 
Otto  Ptlugk  anzunehmen. 

Dechant,  doctoribus  Ist  gesriben,  noch   dem,  H.  Otto  Pflugk  Ritter,  mit  swerer 

der  facultet  der  kranckeyt  beladen,  und  in  gots  geweidung  zu  Lipzck  legt, 

Ertzney  zu  Lipzck.  mit  Beger,    das   sye   guten   vleiß   und  achtunge,   bej    Ime, 

haben  wolten,  domit  er  vormittelst  gotlicher,  vnd  Irer, 
hulffe,  wider  seiner  krankeyt  entledigt  vnd  zu  gesunt,  seins 
leibes  kommen  mocht,  dar  Inn  vleiß  nicht  sparen  wolten, 
das  sich  mein  Gn.  H.  zu  Inen  vorsehen  wolt,  also  thun 
wurden. 

Zu  gleicher  Zeit  ging  ein  besonderes  Schreiben  an  einen  bestimmten 
Leipziger  Arzt  ab,  folgenden  Inhalts: 

Doctor  Caspar  Ist  der  gleichen  geschrieben,  bej  H.  Otten  Pflugk,  treulichen 

zu  Leipzck.  vleis  furzuwenden  damit  er  durch  gottes  vnd  seiner  hulff 

wider  gesuntheit  erlangen  möcht. 

\'ermutlich  hat  sich  also  der  kranke  Ritter  in  eben  dieses  „Doctor 
Caspars'"  spezieller  Behandlung  befunden,  den  wir  oben  kennen  gelernt  haben, 
Dr.  Caspar  Brunsberg,  d.  h.  Dr.  med.  Caspar  Molitor  aus  Braunsberg,  der 
auf  seine  Anciennetät  in  der  Fakultät  verzichtet  hatte,  vermutlich  da  er 
mehr  Interesse  für  den  praktischen  Beruf  als  für  Ehrenämter  und  Lehrstel- 
lungen hatte  und  in  der  .Ausübung  der  Praxis  möglichst  wenig  durch  Vorträge, 
Sitzungen  und  feierliche  Akte  gestört  werden  wollte,  was  ja  auch  die  schmal 
besoldeten  Professoren  als  drückend  empfanden,  wie  wir  im  3.  Abschnitt  ge- 
sehen haben,  zumal  in  der  konsultativen  Praxis  über  Landes.  Ganz  hat  er 
sich  aber  der  Lehrtätigkeit  doch  nicht  entziehen  können,  wie  wir  schon  ge- 
sehen haben  und  im  Anhang  noch  weiter  sehen  werden '). 

Wie  weit  sein  Ruf  als  Praktiker  reichte  und  wie  hoch  er  am  Hofe  selbst 
in  Ansehen  und  als  Arzt  in  Schätzung  stand,  dürfte  ein  anderer  Brief  beweisen, 
der  sich  im  selben  Kopial  107  aufBl.  25  b  registriert  findet  und  vom  nämlichen 
Kanzler  Erhardt  mit  unterschrieben  ist.    Die  Notiz  lautet: 

'1  Stromer  nennt  ihn  bei  seiner  Promotion  seinen  Lehrer;  er  ist  wohl  .luch  der  „Caspar 
Begeler",  der  1508  umsonst  das  Bürgerrecht  erhielt  wegen  seiner  Verdienste  zur  Pestzeit  (Wust- 
mann, Gesch.  der  Stadt  Leipzig,  I,  S.  275),  nicht  Kaspar  Kegler,  Dr.  med.   1512. 


\  .>  tirin  Uvkan*lsbuch  der  Leipziger  niediiinischcti  Fakultül  untor  ftlnf  Dekanen. 

Dienstags  Wcnzcslai   1501. 
Ködern  die  ist  doctor  Caspar  zu  Lii)/ilv  geschrieben,  das  mein  g.  frau 
von  Hayern  meinem  g.  hern  gesclirieben  und  gebetten,  ir  doctor  Caspar 
/.uzuschicken,   darumb  begert  mein  g.  her.  das  er  sicli  turderlicli  gein 
Kochhtz  fuge   und    meyner  g.  Irawen  in   iercr  i<ranl<heit  liühVehch  sey. 

Commisso  1  lolineister 
Erhardt  subscr. 

Dr.  Caspar  Mohtoris  ist  auch  allem  .Anschein  nach,  wie  zu  erwarten, 
diesem  Wunsche  gefolgt  und  hat  sich  nach  Kochlitz  ;oder  nach  Dresden)  zur 
Beliandlung  der  hohen  Frau  begeben;  denn  ich  glaube,  daC  folgendes 
Schreiben  zur  selben  ärztlichen  Reise  hinzuzurechiu'ii  ist,  das  sich  im  iii\nilichen 
Kopial  107  auf  Blatt  62  b  angeführt  findet. 

Mitwochs  nach  Crispini    1501. 
Die  uti  supra  ist  dem  Rentmeister  geschrieben  meinem  gnedigen    hern  etzlich 
granatapfel    auÖzurichten    und    alher   zu   schicken,    auch  ein  eingelegt  recept  in  der 
apoteken  zu  Leiptzk  verferttigen  zu  lassen. 

Commisso  Doctor  Caspars  niedici. 

Weil  er  in  Dresden  oder  gar  in  Rochlitz  das  verordnete  Rezept  gar  nicht 
oder  nur  unvollkommen  hergestellt  zu  erhalten  fürchtete,  hat  der  mit  der  Kur 
beschäftigte  Arzt,  das  Rezept  für  die  „Frau  von  Hayern"  oder  einen  anderen 
hohen  Patienten  durch  den  Hofkurier  mit  nach  Leipzig  in  die  heimische  Apo- 
theke senden  lassen.  Da  der  Wenzelstag  auf  den  2S.  September  fallt  und 
Crispinus  auf  den  25.  Oktober,  im  Jahre  1501  ein  Dienstag,  so  wäre  die  Spanne 
vom  28.  September  bis  zum  26.  Oktober  für  damalige  Zeit  sicher  nicht  zu 
lang  bemessen,  um  anzunehmen,  daß  es  sich  in  beiden  Briefen  um  denselben 
Krankheitsfall  handelt. 

Daß  man  auch  noch  im  Jahre  1 509  am  herzoglichen  Hofe  in  Dresden 
die  Leipziger  Apotheke  höher  einschätzte  als  die  in  der  noch  kleineren  eigenen 
Residenzstadt,  beweist  ein  Schreiben  mit  beiliegendem  Bestellzettel  aus  diesem 
Jahre,  das  ich  dem  Kopialbuch  110  Bl.  245  des  Dresdener  Archivs  entnehme 
und  gleich  hier  mit  anfüge. 

Freytag  nach  Omnium  Sanctorum    1 509. 
An  Hanßen  Luther  Apoteker  zcu  Leyptzk. 

Lieber  getreuer.  Wir  schicken  dyr  hierbey  etzliche  recept  und  anders,  wie 
du  vomemen  wirdest,  und  ist  unßer  beger,  du  wollest  dye  dermaß  und  also  ta.\iren, 
wie  du  sye  pflegst  zcu  geben  und  zcu  nemen,  und  die  taxa  under  die  recept 
schreyben  und  uns  dye  bey  dißem  bothen  uff  forderelichste  zcu  senden,  und  des 
keyne  beswerung  haben,  in  dem  thuste  uns  guts  gefallenn. 

Datum  Dresden  uts. 

Czedell. 

Item  eyn  quentyn  von  aller  specerey,  dye  man  in  der  apoteke  haben  muß, 
sye  kommen  über  mehre  adder  nicht. 

Item  von  ingemachten  blumen  wie  man  eyne  untie  gibt  und  wie  eyn  hant- 
voller allerley  gekreutter,  sye  wachssen  im  lande  adder  ausserhalb  dem  lande. 


4.    Aus  dem  Dekanatsbuch  der  Leipziger  medlzinisclien  takultHt  unter  l'ünl  Dekanen.       7g 

Du  wollest  auch  zceychen  an  dye  andere  zieddel  hierbey,  wie  man  gibt  dye 
apiata,  laxativa,  Syrup,  und  ungenta,  Emplastra  und  die  olea,  igliihs  eyn  untien,  gibt 
auch  wie  dye  confortativa  eyn  untien  und  wie  dye  speties  eyn  quentyn  von  solchen 
confortativen  gegeben  werden. 

Doch  nun  zurück  zu  unserem  Thema,  um  es  zu  beschließen! 

Das  Dekanat  übernalim  mit  Beginn  des  neuen  Jahrhunderts  der  Univer- 
sität der  zurückgekehrte  Simon  Pistoris,  der  zur  Zeit  zweifellos  der  älteste 
lebende  Leipziger  Dr.  med.  war,  da  er  schon  1487  in  die  Fakultät  aufgenommen 
worden  war.  Er  waltete  seines  Amtes  bis  zum  Jahre  1523').  Sein  Nachfolger 
wurde  „der  Wirt  von  Auerbachskeller"',  Dr.  Lipsiensis  Heinrich  Stromer 
von  Auerbach  in  Baiern,  bis  zum  Jahre  1542.  Die  erste  Dekade  der  Leipziger 
medizinischen  Dekane  schloß  Georg  Schiltel  aus  Hambach.  Dr.  med.  von 
Bologna,  der  sein  Amt  aber  nur  2' ^  Jahre  versah,  da  er  schon  am  15.  Juni 
1545  starb. 


Doch  ehe  wir  zu  anderem  übergehen,  wollen  wir  anhangsweise  im  Zu- 
sammenhange überschauen  das 

JterhmitKjsicesen  des  Dekanats  im  ersten  Jahrhundert 
der  niedixinisrhen  Fahiiltüt. 

Zweifellos  w-ürde  manches  unvollständig  Aufgezeichnete  und  manche  wenig 
präzise  Angabe  in  den  Satzungsänderungen  und  in  den  Promotionsnotierungen 
Aufklärung,  Ergänzung  und  Bestätigung  finden,  wenn  wir  genau  geführte  Ge- 
schäftsbücher der  Fakultät  besäßen,  wenn  für  Einnahmen  und  Ausgaben  eine 
regelmäßige  Listenführung  bestände.  Wo  man  aber  so  wichtige  Fakultäts- 
angelegenheiten wie  die  \'erleihung  der  Grade  ganz  aufs  Geratewohl  auf  zu- 
fallig frei  befundenen  Stellen  des  ersten  Satzungsbuches,  kunterbunt  wie  Kraut 
und  Rüben  durcheinander  notierte-],  laßt  sich  von  vornherein  annehmen,  daß 
die  Buchführung  der  Dekane  im  ersten  Jahrhundert  an  Ordnung  und  Genauig- 
keit wohl  auch  alles  zu  wünschen  ließ.  Und  doch  sind  diese  Ausgabe-  und 
Einnahme  Notierungen  der  Beachtung  wert,  wenn  sie  auch  nur  an  verlorenen 
Ecken  stehen. 

Aus  den  ersten  drei  Dekanaten  fehlt  jede  F"orm  von  geschäftlichen 
Notierungen.     Sehen  wir,   was   die   vier    anderen   Dekane   aufgezeichnet   haben! 


')  Da  die  im  Jahre  1502  begonnene  Reformation  der  Universität  noch  keine  befriedigenden 
Resultate  erhalten  hatten,  hat  die  Herzogliche  Regierung  auch  sein  Gutachten  über  die  Schäden 
der  Me<lizinischcn  Fakultät  sich  noch  nachträglich  erbeten;  wir  teilen  es  im  Anhang  am  Ende  des 
Abschnittes  2  in  extenso  mit.  Nur  eine  kleine  Stelle  d.iraus  mag  hier  stehen,  weil  sie  zeigt  wie  ernst 
der  später  so  viel  geschmähte  Mann  seine  Lehrtätigkeit,  im  Sinne  seiner  Zeit  betrachtet,  auffaßte: 
„So  ist  CS  warlich  nicht  leicht,  sunder  schwer  in  Mcdicinis  zu  lesen,  es  bedarf  auch  wohl  zeit 
darauf,  wo  man  ihm  recht  thun  will  und  daß  es  nulzbarlich  sein  soll,  man  will  dann  lesen  wie  es 
im  buche  stehet,  also  die  nonnen  den  psalter." 

')  Zum  Beweis,  daß  ich  nicht  übertreibe,  seien  hier  die  Jahresdaten  der  Eintragungen  auf 
den  freien  Blättern  des  i.  Satzungsbuches  der  Fakultät  tabellarisch  zusammengestellt.  Es  finden 
sich  folgende  Notierungen  auf  den  einzelnen  Blättern  (s.  S.  80): 


UckankUbttch  der  Leipiigcr  mcdixinUclien  l':ikuli:it  unter  fünf  licknnen. 


Johann  Schipnitz  von  Weyda  hat  sich  zu  soim-r  geschäftlichen  Bucli- 
Tührung,  die  zu  seiner  Zeit  noch  völlig  unbeschriebene  Innenseite  des  hinteren 
Hinbanddeckels  ersehen,  welche  ich  nur  ganz  wenig  verkleinert  auf  Tafel  11 
reproduziere'".  In  einer  vorderen  breiteren  Kolumne  fiihrte  er  seine  Kinnahmen 
auf,  in  einer  schmalen  hinteren  Kolumne  die  Ausgaben. 

IV.  Dek.inat.  Dr.  Johann  von  Weyda.   1463  —  1484. 

Einnahmen. 

(1)  Recepi  3  florcnos  in  auro  a  doctore  l'alcntiuo  tempore  suae  assum- 
ptionis  ad  facultateni  66''\  U-/Ö5J 

(2)  Item  recepi  2  florcnos  rinenses  a  magistro  vincciitio  tempore  recejjtionis 
pro  baccalariatu  quos  distribucrunt  doctorcs  intcr  sc.  U-^öjJ 

(3)  Item  recepi  2  florcnos  renenses  a  magistro  burkardo  de  constivilid  post 
promotionem  suam  in  baccalariatum,  videlicet  tertia  feria  post  puri- 
ficationis-)  Mariae.  \i466\ 

(4)  Item  doctor  biirkordns  4  florcnos  in  auro  post  doctoratuni  suum. 

\I469\ 

(5)  Item  doctor  vinccntius  4  florcnos  in  auro  post  doctoratuni  dedit. 

\I469\ 

(6)  Item  doctor  Joli.  de  Hallis  4  florcnos  pro  flsco,  alios '')  qnatuor  distribuit 
doctoribus  anno  71   tertia  feria  post  Viti  [15.  Juni|  cum  esset  assunijjtus. 

\1471,    17.  Juni| 

(7)  Item  4  florcnos  doctor  oscititz.  ['47^] 

Siiiiima  21  florcnos. 

(8)  Item  20  grossos  consumpsi  in  Merseburg  cum  doctore  oscliitz  propter 
considerare  |:)  Privilegium  de  extraneis  practicantibus  in  civitate. 

{9^     Item  4  florcnos  aureos  dedit  doctor   Thomas  Kiliani         wyda. 
^^___  \J477'\ 

auf  BI.  (8)':  auf  Bl.  (I  i)'  in  zwei 


von  1504 

Spalten : 

1508 

von   14 15 

'447 

1509 

ohne  Jahres- 

1448 

1512 

angabe 

1451 

bis   1446 

1502 

»459 

auf  Bl.  (12)': 
von   1499 

1452 

'454 

'459 

1462 

'463 

1466 

'463 

1467 

')  Die  Originalmaße  der  beschriebenen  Fläche  betragen  245  x  200  mm. 

')  Man  kann  auch  „purificationem"  lesen,  es  steht  aber  purificationis  (sc.  festum)  da. 

'j  Kann  auch  „alias*'  heißen. 


auf  Bl.  (II) 

1": 

all 

if  BI.  (12)': 

'on    1451 

'47' 

von 

1490         1479 

■459 

1472 

'493         '479 

'465 

1497         1488 

1469 

1477 

'499 

1469 

'483 

'499         '493 

1518 

1487 
1488 
1489 

1508 

auf  dem  Innenblatte  des 

hinteren  Einbanddeckels: 

von  1466 
'47' 

1466 
1470 
1471 

'497 

'•17' 

1484 
'494 

1472 
1472 
'473 

.;.    Aus  dem  Dckanatsbucb  der  Leipziger  medizinischen  FakulUt  unter  fünf  Dekanen.       gi 

Aus  diesen  Aufzeichnungen  Johannes  von  Weyda  sehen  wir  zunächst,  daß 
im  Jahre  1466  für  das  Doktorat  bzw.  die  Aufnahme  in  die  Fakultät  3  Goldgulden 
zu  bezahlen  waren  untl  für  die  Verleihung  des  Baccalariates  2  rheinische  Gulden. 
Erstere  Summe  war  1469  schon  auf  4  Goldgulden  erhöht,  ja  Joh.  von  Halle, 
der  auswärts  das  Doktorat  errungen  hatte,  zahlte  außerdem  noch  4  Gulden  an  die 
Mitglieder  der  Fakultiit,  was  von  Nicolas  Salhausen  von  Oschatz  nicht  vermerkt 
ist,  der  gleichfalls  auswärts  ]iromoviert  war.  Vermutlich  hatte  er  sich  dessen  ge- 
weigert und  es  sind  darob  Weiterungen  entstanden,  weshalb  man  die  Entscheidung 
beim  Bischof  in  Merseburg  angerufen  zu  haben  scheint.  Später  wurde  ja  der  Be- 
trcig  verdoppelt,  den  auswärts  Doktorierte  zu  bezahlen  hatten,  wie  aus  Abschnitt  2 
S.  28  zu  ersehen  ist. 

Die  Einnahme-Übersicht  läßt  ferner  erkennen,  daß  manche  Promovierte  wohl 
etwas  säumig  waren  mit  der  Bezahlung  ihrer  Gebühren,  wenigstens  haben  Doktor 
Valentin  Becke  von  Schmideberg)  und  Baccalarius  Vincenz  (Voigt  von  Naumburg) 
erst  im  Jahre  nacti  ihrer  Promotion  gezahlt,  trotzdem  statutengemäß  die  Zahlung 
oinnen  Monatsfrist  zu  erfolgen  hatte.  Die  prompte  Zahlung  Johannes  von  Halle 
scheint  jedenfalls  etwas  Ungewöhnhches  gewesen  zu  sein,  sonst  hätte  man  den  Tag 
seiner  Zahlung,  der  mit  dem  seiner  Promotion  zusammenfiel,  nicht  ausdrücklich  notiert. 

Ofifenbar  hat  im  Jahre  147  i  eine  Abrechnimg  im  Gremium  der  Fakultät  statt- 
gefunden, weil  damals  Joh.  von  Weyda  seine  Dekanatseinnahmen  zusammenzählte. 
Eine  andere  Abrechnung  anderer  Hand  (wahrscheinlich  seines  Amtsnachfolgers 
Valentin  Becke  von  Schmiedeberg]  ist  innen  auf  dem  Vorderdeckel  notiert: 

„Doctor  Weyda  hat  entphangen  fffriiij  [44]  r.  fl.  [rheinische  Gulden] 
Item  er  hat  auß  gegeben  von  demselbigen  Gelde  rir  [19]  r.  fl.  und  jii  [12] 
aide  ^." 

Aus  den  vorliegenden  Notizen  von  der  Innenseite  des  Hinterdeckels  können  wir 
diese  Einnahme  allerdings  nicht  erheben.  Es  sind  aber  nach  den  oben  S.  64 — 67 
mitgeteilten  Promotionsaufzeichnungen  in  der  Einnahmeliste  nicht  verzeichnet  zwei 
Aufnahmen  auswärtiger  Doktoren  in  die  Fakultät,  die  des  Doktor  Bernhardinus, 
Filius  Domini  Casparis  und  die  des  Doktor  Johannes  Morman  von  Regens- 
burg, 1476  bzw.  1483,  und  zwei  Baccalariatspromotionen  des  Jahres  1470,  die 
des  Simon  Pistoris  und  des  Stanislaus  Reichenbach,  was  weitere  12  Gulden 
ergeben  würde,  die  aber  bei  Hinzurechnung  aller  direkt  an  die  Fakultätsmitglieder 
verteilten  Einnahmebeträge  doch  nur  die  Summe  von  43  Gulden  erreichen  ließen. 
Anscheinend  hat  daher  der  Eifer  der  Buchführung  bei  Joh.  von  Weyda  auch 
nicht  bis  zu  seinem  Lebensende  ausgehalten,  trotzdem  er  in  der  Kassenführung  (wie 
auch  in  anderen  Notierungen)  der  gewissenhafteste  aller  Dekanen  des  i.  Jahrhun- 
derts der  Fakultät  gewesen  ist.  Wir  besitzen  aber  von  ihm  auch  eine  lange  Aus- 
gabenliste in  der  zweiten  Kolumne  der  Innenseite  des  Hinterdeckels  des  Statuten- 
buches, die  gleichfalls  im  Jahre  1466  anhebt  und  bis  zum  Jahre  1474  fortgeführt 
ist.     Sie  ist  wohl  noch  interessanter  als  die  vorstehende  Einnahmeliste. 

Ausgaben: 

Exposui 

/  fl.         in  auro  judeo  baptizato 

[Eine  ganze  Zeile  über  die  Verwendung  eines  Goldguldens  ist  ausradiert.) 

Item  f '  fquinque]^.  in  auro  pictori  in  lectorio  66'°  Urbani  [1466,  am 

25.  Maij. 
Item  18 gr.  6  ^  pro  cerevisia  (:)  scriptura  (structurarj   et  substantiis  (?) 

servis  pictoris. 

Studien  zur  CeschicI.le  der  Medizin      MII.  (> 


8}       4-   Aas  dem  Dekuiatsbuch  der  Leipitger  medUinischen  Fakultät  unter  (\\n(  Dekanen. 

Item  I  fi.  in  auro  cancellario  pro  littera   conlirinationis  statuti   de  atl- 

venis  practicantibus. 
Item  /  //.  in  auro  pro  nie  cum  disputa^tum  est?:)  in  [Kiii  .  .  io?  cinc- 

ritio?]  anno  etc.  70. 
Item  /  /f.  in  auro   doctori    pistoris    disputante    scxta    feria    in    angaria 

pentliecostes  anno  etc.  ~o. 
Item  Iji.  in  auro  doctori  sniidbcrjj  de  disputatione  michaelis  in  angaria. 
Item  /  ff.  in  auro   michi  de  disputatione  in  quadragesima  quarta  k-iia 

in  angaria  7/°. 
Item  doc.  smidberg  /  ff.  penthccostes  disputatione  anno  7 1 ". 

Summa  12 Jf.  18^1:  6^. 

Item  /ff.  in   auro   doc.   wetter   micliaelis   in    angaria   disputanti  [r]   ~j". 
Item  Ijf.  in  auro  doctori  oschitz  circa  nativitatis  Cliri.  7/"  in  angaria. 
Item  i  ff.  in  auro  doct.  halle  in  angaria  quadragesimae  7.?°. 
Item  72"  penthecoste  nulla  disputatio  ego  abst.  |abstinui?J 
Item  7/"  micliaelis  angaria  nulla  disputatio  ego  asbt.  |abstiniii?| 
Item  72'  /ff.  angaria  nativitatis  christi  ego  disputavi. 
Item    'j"  /ff.  angaria     [Lücke,  doctori:]     wetter. 

Item  7j"  penthecoste^s)   angaria   nulla  disputatio  usque  cum  scribitur 
7./"  tunc  doctor  sclimidberg  /jf.  in  quadragesima. 

Summa  6  ff.  in  auro. 
Summa  summarum  /Sjf.  in  auro  /S  ^r.  6  .d^. 

Ziehen  wir  zu  dieser  Ausgabensumme  von  18  fl.  in  Gold  und  18  Grossis 
6  Heller  noch  die  20  Grossi  Kosten  der  Reise  nach  Merseburg  147 1  hinzu,  die 
in  der  Einnahmeliste  notiert  sind,  so  ist  die  Summe  der  Ausgaben  (19  fl.  12  alte  Gr.) 
auf  der  Innenseite  des  Vorderdeckels  erreicht  und  auch  die  Einnahmesumme  der 
44  rheinischen  Gulden  könnte  man  mit  einiger  Gewaltanwendung  herausbringen, 
wie  wir  oben  gesehen  haben,  so  daß  man  eine  Art  Bilanz  der  Buchführung  Johanns 
von  Weida  aufstellen  könnte.  Doch  einige  andere  Ergebnisse  aus  den  Ausgabe- 
notierungen Weydas  scheinen  mir  weit  wichtiger. 

Dieses  Ausgabenverzeichnis  lälit  zunächst  erkennen,  —  vun  dem  getauften 
Juden  sehe  ich  ab,  da  ich  die  Sache  nicht  durchschaue  —  daß  die  medizinische 
Fakultät  trotz  relativ  geringer  Benutzung  von  ihrer  Seite  doch  zu  den  Kosten  der 
Herrichtung  des  Hörsaales  im  großen  Kolleg  mit  herangezogen  wurde. 

Der  dritte  Posten  stellt  wohl  die  Gebühren  dar,  welche  in  der  Folge  der 
Satzungsänderung  des  §  39  im  Jahre  1 469  an  die  Kanzlei  der  Bischöflichen  Kurie 
in  Merseburg  zu  entrichten  waren.  Alles  Weitere  sind  Disputationsgebühren,  welche 
den  Mitgliedern  der  Fakultät  für  ihre  Mühewaltung  dabei  im  regelmäßigen  Turnus 
zu  bezahlen  waren.  Im  Jahre  1470  fanden  drei  solcher  Disputationen  statt,  im 
Jahre  1471  die  vorgeschriebenen  vier,  im  Jahre  1472  fiel  die  zweite  und  dritte  aus, 
im  Jahre  1473  wurde  nur  der  erste  Termin  eingehalten,  desgleichen  im  Jahre  1474. 
Mit  der  ersten  Frohnfeste  1474  scheint  diese  akademische  Übung  für  lange  Zeit 
völlig  eingeschlafen  zu  sein.  Als  Leiter  der  Disputationen  werden  in  diesen  Jahren 
genannt: 

Im  ersten  Turnus: 
Johann  von  Weyda,  [Nicolaus]  Pistoris  und  Valentin  Sclimidberg. 

Im  zweiten  Turnus: 

Joh.  V.  Weyda,  Valentin  Schmidberg,  Wetter,  [Nicolaus  Salhausen  von]  Oschatz, 

Joh.  Wagh  von  Halle. 

Im  dritten  Turnus: 
Joh.  V.  Weyda,  ^\■elter,  Valentin  Schmidberg. 


4.    Aus  dem  Dekanalsbuch  der  Leipziger  medizinischen  Fakultät  unter  fünf  Dekanen.       83 

« — ~— 

Schwierigkeiten  in  dieser  Akten-Fakultätsiiste  macht  nur  „Doctor  Wetter",  der 
also  von  Michaelis  147 1  bis  zum  Mürzfastentermin  1473  mindestens  der  Leipziger 
medizinischen  Fakultät  angehört  haben  müßte.  Da  wir  gar  keinen  Anhalt  dafür 
haben,  daß  Doktor  Konrad  Deynhardi  von  Wetter  seit  seiner  Doktorpromotion 
im  Jahre  145 1  (S.  59)  in  Leipzig  sich  aufgehalten  hat,  und  ein  anderer  Arzt  aus 
\\'etter  nicht  nachweisbar  ist,  bleibt  nur  die  Annahme  übrig,  daß  Vinzentius  Voigt 
von  Naumburg,  dessen  Familiennamen  sich  einige  Dutzend  Variationen  in  der 
Matrikel  gefallen  lassen  muß,  unter  Dr.  Wetter  zu  verstehen  sei. 


Gegenüber  Johannes  von  VVeydas  Einnahmen-  und  Ausgaben-Notierungen 
sind  die  seiner  drei  Nachfolger  relativ  und  absolut  äußerst  dürftic:. 


V.  Dekanat,  Valentin  Becke  von  Schmidberg  [1484—1490]. 
Er  nahm  einen  guten  Anlauf,  wie  wir  gesehen  haben,  und  notierte: 

Ego  Valentinus  Schmidberg  recepi  4  floretios  a  doctore  Martina 
Melierstadt.  {.H^s] 

7  ßoirnos  ex  amicabili  conipositione,  quam  habuit  facultas  cum  haere- 
dibus  domini  doctoris  W'eyda '). 

Bei  der  Aufnahme  des  Simon  Pistoris  ist  von  der  Zahlung  von  Gebühren 
nichts  vermerkt.  Ließ  man  den  Sohn  eines  ehemaligen  Professor  der  Medizin  ge- 
bührenfrei? Bei  der  Ausrechnung  der  Gesamtsumme  von  43/44  Gulden  bei  Johann 
von  Weyda  ist  aber  die  Baccalariatsgebühr  des  Simon  Pistoris  kaum  zu  missen; 
so  wird  auch  seine  Aufnahmegebühr  (1479)  '^^^  Doktor  in  die  Fakultät  nur  ver- 
sehentlich nicht  notiert  sein.  Ähnliches  gilt  vielleicht  für  die  [Ehren-JPromotionen 
des  Wenzel  Faber  von  Budweis.  Dagegen  ist  bei  Johann  von  Landsberg 
wieder  ordnungsgemäß  notiert  gelegentlich  seiner  Aufnahme  in  die  Fakultät: 

Item  ipse  solvit  doctoribus  pecuniam  solvendam.  \_148g] 

und  bei  der  Aufnahme  in  das  Konsilium  der  Fakultät 

Item  dedit  4  florcnos.  \i4gi\ 

Weitere  Eintragungen  finden  sich  nicht.    Ausgabeaufstellungen  fehlen  hier  völlig. 

')  Wenn  sich  die  Fakultät  .mf  den  Standpunkt  stellte,  daO  44  il.  Einnahme  und  die  19  fl. 
1 2  ald.  Ausgaben  in  Rechnung  zu  bringen  und  die  Differenz  von  den  Erben  zu  zahlen  waren ,  so 
war  eine  ,,amicabilis  compositio"  allerdings  am  Platze,  denn  dann  wären  direkt  an  die  Fakultäls- 
mitglieder  verteilte  Summen  nochm.ils  gefordert  worden.  Daß  man  nicht  so  unbillig  war,  ergibt 
die  bescheidene  Summe  von  7  Gulden,  auf  welche  man  sich  einigte.  —  übrigens  war  Johann 
von  Wejda  unbeweibt  und  wohnte  im  großen  Kolleg,  wie  aus  einem  Gutachten  des  Simon  Pistoris 
(Stübel,  Urkundenbuch  der  Universität  S.  455,  4)  hervorgeht.  Vielleicht  erklärt  sich  aus  dieser 
geringeren  Beschwerung  mit  eigenen  wirtschaftlichen  Sorgen  die  größere  Sorgfalt,  welche  er  den 
wirtschaftlichen  Angelegenheiten  der  Fakultät  widmete. 

6* 


'••m  Dckamitsbuch  der  Leipiiger  meduinUchen  FnkulUt  unter  Rkof  Dekanen. 

\..i     '.■■■.::    I    r.lviiid,  t.  Tafel   II': 

VI.  Dekanat.  Johann  von  Halle  [1490— 1499  . 

.Xnno  doniini  Mccccp./  [1494]  facta  coniputationc  per  doctores  niedi- 
cinae  tacultatis  fcria  quarta  post  undccini  milia  virginum  [21.  Okt.] 
renianserunt  x.t~y  ßomii  rliciu-nscs. 

Item  eodem  die  et  anno  conclusum  l'uit  per  doctores  niedicinae  tacul- 
tatis bis  disputatio  in  anno,  si  sint  scolares  niedicinae. 
sed   et   post   crucis   [exaltationenir    14.  Sept.]   aut    michaelis   (29.  Sept.) 
semel    per    doctores    consilij    tacultatis   quod   ordo   tetigerit   et   accipiet 
doctor  pro  suo  labore  l  flor.  rlien. 

Fernere  Einnahmeposten: 

Caspar    Hrunsbcrg  .  .  .  I4y3  .  .  assuniptus  .  .  siif>   iiis/>ittsiiciotic 

l '/.  florcnonan. 

.  .  .  149/  ■  .  Henedictus  Staetz  .  .  dedit  Xl'III  Jlor.  Rhett,  in  assump- 

cionem. 

... /./P5  ..  Wilhelm    Haldenhofl'   et   Bcnedictus   Stactz  ...  dedit 

quilibet  qiiatnor  flor.  ad  tiscuni. 

VII    Dekanat,  Johann  Wagner  von  Landsberg    1499-1509]. 
Bl.  (121'. 

Hgo  Johannes  Landisbergk  accepi  a  venerabilibus  viris  domino 
Johanne  Hennig  de  Haynis,  sacrae  theologiae  professore ' ),  nostrae 
almae  universitatis  rectore,  domino  magistro  Magno  Hundt  de  Magde- 
burg, arcium  magistro  et  niedicinae  baccalario,  et  aliis,  quibus  fuit 
commissa  cura  rerum  doctoris  Johannis  Halle,  niedicinae  doctoris 
defuncti,  111  flor.  ungaricales,  .\X11II  flor.  Rhen.  in  auro,  novem.  flor. 
in  mediis  grossis  et  17  gr.  novos  anno  1499  tercia  t'eria  post  Lucae 
Ewangelistae  (22.  Okt.] 

Item  ego  accepi  de  doctore  Wühelnio  Pruteno-)  IUI  flor.  pro  in- 
troitu  ad  consilium  facultatis  medicinae. 

Item  accepi  IUI  flor.  a  doctore  Benedicto  Staetz  de  Liptzk  pro 
introitu  ad  consilium  facultatis  medicinae. 

Item  accepi  duos  flor.  a  magistro  Hundt  de  Magdeburgk  ad  viscum. 
Item  accepi  duos  flor.  a  magistro  Swabe  de  Liptzk  ad  viscum. 

Item  ego  dedi    l    flor.  magistro  Symoni  Pistoris  pro  disputacione. 

Fernere  Einnahmeposten  gelegentlich  notiert  (S.  oben  S.  74 — 76,: 

.  .  J504  .  .  .  doctor  Nisemanus  solvit  fisco  facultatis  4  florcnos. 

.  .  IS08 doctor  .  .  Schon  feit  .  .  solvit  fisco  facultatis  4  florenos. 

.  .  IS08  .  .  .  promotus  in  baccalariuni  .  .  .  Henningus  sartoris  .  .  . 
dedit  pro  fisco  2  flor.  K. 

.  .  150g  .  .  13.  Febr.  .  .  .  Conr.  Tockler in  baccalarium.  —  dedit 

duos  florcnos  ad  fiscum  facultatis. 

Caspar  Kegeler  .  .  dedit  II  florenos  ad  fiscum. 

....  Halth.  Lotwiger  .  .  dedit  duos  flor.  ad  fiscum  facultatis. 

'  I  Verschrieben  ,,profcssorie". 

')  HaldenhofT  ans  Thom  in  Preußen. 


4-    Aus  dem  Dekanatsbucli  der  Leipziger  medizinischen  Fakultät  unter  fünf  Dekanen.       ge 

Es  lohnt  sich  wohl  kaum  bei  diesen  Aufzeichnungen  Ulnger  zu  verweilen'). 
Nur  der  eine  Schluß  ließe  sich  vielleiclit  daraus  ziehen,  daß  auch  unter  dem  Dekanat 
Johann   Watjncrs  nur  ein  einziges  Mal  eine   Disputation  stattgefunden  hat. 

Gegenüber  den  weitgelienden  statutengemäßen  Erhöhungen  der  Aufnahme- 
gebühren beim  Eintritt  in  die  medizinische  Fakultät,  welche  wir  im  zweiten 
Abschnitt  kennen  gelernt  haben,  fallt  es  auf,  daß  wir  in  allen  Einnahme- 
Notierungen  immer  nur  4  Gulden  beim  Doktorat  und  2  Gulden  beim  Bac- 
calariat  aufgeführt  finden  von  1469  — 1497.  (Der  einzige  Dr.  Johann  Wagh 
von  Hall  hat  einmal  (freiwillig)  1471  das  Doppelte  bezahlt.)  Erst  dann  wurden 
die  hohen  Beträge  bezahlt,  wahrend  sie  doch  mindestens  seit  dem  Jahre  1471 
in  so  crhcblicliero  Höhe  satzungsgemäß  normiert. 

Wichtiger  ist  folgendes  Schlußergebnis  unserer  Prüfung  der  Eintragungen 
von  Promotionen  und  Rezeptionen,  das  durch  die  Einnahmenotierungen  voll- 
inhaltlich bestätigt  wird: 

Im    ersten    Jahrhundert    der  Universität    wurde    zu   medi- 
zinischen Baccalarien  promoviert 29 

Zu  medizinischen  Doktoren 10 

Als   auswiirts   promovierte  Doktoren    in   die  Fakultät  auf- 
genommen   15 

In  den  letzten  40  Jahren  dieses  Zeitraumes  (1469 — i  509)  wurde  nur  eine 
medizinische  Doktorpromotion  abgehalten  —  und  dies  war  eine  Ehrenpromotion 
(Wenzel  Faber)-).  —  — 


')  Auch  Johann  Wagner  von  Landsberg  besaß,  wie  Johann  von  Weyda  keine  Familie 
und  wohnte  im  großen  Kolleg,  wie  Simon  Pistoris  in  seinem  späteren  Gutachten  über  die  Lage 
der  mediziniechen  Fakultät  berichtet  (Stübel,  Urkundenbuch  der  Universität  S.  455,  3;  vgl.  den 
Abdruck  im  Anhang  am  Ende  des  2.  Abschnittes  Zeile   18  19). 

-)  Im  Dekanat  des  Simon  Pistoris  (1509 — 1523)  scheint  nur  eine  Doktorpromotion  statt- 
gefunden zu  haben,  die  des  Heinrich  Stromer,  die  Pistosis  gar  nicht  aufgezeichnet  hat.  Unter 
Stromer  (1523 — 1542)  sind  8  Promotionen  eingetragen;  der  Tiefstand  der  Fakultät  war  überwunden. 


5.  Die  Stadt  und  die  Ärzte  der  Fakultät. 

Wollte  man  eine  ärztliche  X'orgeschiclite  der  medizinischen  F"akultät 
schreiben,  so  wäre  das  streng  genommen  recht  schnell  getan. 

Als  der  Strom  der  von  Prag  ausgewanderten  Lehrer  und  Scliüler  sich 
durch  die  Tore  Leipzigs  in  die  Stadt  ergoß,  war  dort  weder  Arzt  noch  Apo- 
theke vorhanden.  Beides  brachte  die  Schar  der  Eingewanderten').  Die  Be- 
durfnisse der  Stadteingesessenen  in  Krankheiten  waren  bisher  vom  niederen 
Heilpersonal  befriedigt  worden  und  von  landfahrenden  Heilkünstlern  aller  .'\rt, 
deren  Kenntnisse  dem  Lärm  der  Reklame,  die  sie  machten,  umgekehrt  pro- 
portional waren. 

Für  Venvundete  in  jener  rauf-  und  fehdelustigen  Zeit  sorgten  Scherer 
und  Balbirer.  Und  wenn  wir  nach  der  Mitte  des  15.  Jahrhunderts  erst  von 
der  .Anstellung  eines  Ratsbalbirers  lesen,  der  wohl  auch  die  zum  Kampfe  aus- 
ziehenden Bürger  auf  dem  Kriegszuge  begleitete,  so  ist  der  Bericht  doch  in 
einem  solchen  Wortlaut  gefaßt,  wie  wir  noch  sehen  werden,  daß  man  un- 
bedenklich daraus  auf  ein  längeres  Bestehen  dieses  Postens  vielleicht  noch  bis 
ins  14.  Jahrhundert  hinein  schließen  kann.  \'on  der  .Anstellung  eines  Stadt- 
arztes, wie  sie  viele  deutsche  Städte,  die  an  Einwohnerzahl  Leipzig  (zirka 
8000  Einwohner  zur  Zeit  der  Universitätsgründung)  kaum  viel  überragten,  z.  T. 
nicht  einmal  erreichten,  schon  im  14.  Jahrhundert  für  nötig  und  nützlich  be- 
funden hatten,  verlautet  in  Leipzig  vor  der  Universitätsgründung  kein  Wort 
und  nachher  hatte  man  es  nicht  mehr  nötig  wie  anderwärts,  dafür  zu  sorgen, 
daß  ein  Arzt  in  der  Stadt  seinen  Wohnsitz  nahm^! 

•)  Auf  die  Frage  der  Gründungszeit  der  Löwenapotheke  in  Leipzig  gehe  ich  hier  nicht  ein. 
E,  Denssen  hat  die  alte  Überlieferung,  daß  ihr  Hauszeichen,  der  goldene  Löwe,  im  Zuge  von  Prag 
mit  herübergekommen  sei,  von  ihrem  Inhaber  Hut  er  mit  herübergenommen,  in  einem  Vortrage 
auf  der  Dresdener  Naturforscherversammlung  1907  durch  Prager  Lokalnachrichten  neu  zu  stützen 
versucht  (s.  Verhandlungen  der  Dresdener  Naturforscheri-ersammlunf;  Bd.  II  S.  95 — 97).  Er  ist 
jetzt  nachträglich ,  wie  er  mir  mitteilte,  an  der  Authentizität  dieser  Berichte  wieder  zweifelhaft  ge- 
worden. Jedenfalls  hat  die  Universitätsgründung  mittelbar  zur  Gründung  der  ersten  Apotheke  das 
Ihre  beigetragen. 

*)  Herr  Stadtarchivar  und  Stadtbibliothekar  Prof.  D.  Gustav  Wust  mann  teilte  mir  aus  den 
Stadtakten  freundlich  mit,  daß  ab  l.  Stadtarzt  in  Leipzig,  d.  h.  als  erster  studierter  Arzt,  den  die 
Stadt  annahm,  Georg  Schiltel  zu  nennen  sei,  der  im  Jahre  seiner  feierlichen  Aufnahme  in  die 
Fakultät,  als  Dr.  med.  von  Bologna,  also  1512,  mit  14  Schock  =  40  Gulden  Jahresgehali  Anstel- 
lung fand,  aber>i5i5  wieder  seine  Kündigung  (dagegen  1523  gratis  das  Bürgerrecht)  erhielt.  Als 
zweiter  studierter  Arzt  wurde  1598  Dr.  Johann  Steinmetz  mit  300  fl.  angestellt,  damit  er  auch 
io  Slerbeniläuften   den  Ratspersonen  und  Ratsangestellten  zur  Verfügung  stehe. 


Die  Stadt  unJ  die  Aiite  der  Fakultät. 


87 


\'on  Menschen-  und  \iehscuclien,  von  Theuerung  und  Pestilenz,  von  weit 
verbreitetem  großen  Landsterben  berichten  die  Chroniken  schon  frühe.  Manche 
mögen  wirkliche  Pesten,  Beulen-  und  Lungenpesten  gewesen  sein,  aber  auch 
Fleckfieber,  Pocken,  Influenza,  Abdominaltj-phus,  Diphtherie  und  Antoniusfeuer 
(Muttcrkorn-Vergiftungsepedemien)  waren  darunter,  später  auch  der  „Schar- 
bock" und  der  englische  Schweiß.  Im  neunten  Jahrhundert  waren  807,  810, 
S20,  875  solche  Unglücksjahre,  im  zehnten  904,  956,  984,  98S,  994,  im  elften 
die  Jahre  1004,  1006,  1020  und  1092,  während  im  zwölften  und  dreizehnten 
zufällig  nur  das  Jahr  1151  als  Pestjahr  überliefert  ist.  Nach  dem  furchtbaren 
Jahre  des  Beginns  der  großen  Ausbreitung  des  schwarzen  Todes  1348,  dem 
Gründuiigsjahre  der  deutschen  MutterunivcYsitat  Prag,  werden  die  Pestepidemien 
in  Deutschland  fiir  lange  Zeit  ein  häufig  kommender,  gefürchteter  Gast.  Die 
Jahre  1350,  1358,  1362  auf  63  sind  solche  Pestjahre  in  Leipzig.  Im  Jahre 
1405  herrschte  eine  Art  Influenza,  1427  ein  Sommersterben,  1437  die  Pest, 
1438  und  1439  waren  große  Sterben,  ja  im  Jahre  1463  sollen  mehr  als  8000 
Menschen  hingeraflt  worden  sein,  was  überaus  unwahrscheinlich  ist,  da  dann 
ja  die  ganze  Stadt  ausgestorben  wäre.  Auch  1465  soll  wieder  die  Pest  ge- 
herrscht haben,  i486  Scharbock  und  englischer  Schweiß.  1505  und  1506  soll 
die  Pest  wieder  gewütet  und  1507  abermals  1800  Menschen  gewürgt  haben, 
während  die  Dresdener  Akten  von  einem  großen  Sterben  in  dem  Jahre 
1495  berichten.  Aus  diesem  Jahr  etwa  mag  denn  wohl  auch  der  Leipziger 
Brief  im  Codex  Lnneb.  2  der  Göttinger  Universitätsbibliothek  (Bl.  247^  Sp.  9) 
stammen,  in  dem  von   7000  Toten  in  der  Stadt  berichtet  wird: 

Ad  aniicuiii  .  .  .  .  Sed  etsi  manus  aliquid  torpesceret  ad  scribendum, 
funebri  tum  merore  feretralique  terrore  nuper  perculsus.  Dum  apud  nos  in 
lipczk  oppido  non  multum  amplo  morbus  epydimie  tam  atrociter  grassaretur, 
ut  in  breui  tempore  circiter  septem  milia  mortuorum  cadauera  antris  bustualibus 
inferrentur,  moestisque  percepissem  rumoribus  eandem  pestem  in  Rat(isbon)a 
pari  forte  vel  funestiori  tyrannide  saevivisse,  nesciens  tum  si  forte  idem  morbus 
pestifer  quempiani  ibidem  amicabili  mihi  federe  adglutinatum  interim  absump- 
sisset,  statui  praesentibus  literis  explorare  super  vestrae  saltem  caritatis  vale- 
tudine  veritatem.  Quod  si  e.K  praesenti  nuncio  bene  vos  valere  didicero,  novo 
solacio  vetus  temperabitur  moestitudo  et  de  vestra  superstite  sospitate  special! 
meus  tripudio  hylarescet  .... 


Von  einer  Pestepidemie  in  Leipzig  zu  Beginn  des  16.  Jahrhundert  be- 
richtet auch  eine  handschriftliche  Notiz  Konrad  Tocklers,  den  wir  öfters  er- 
wähnt haben,  aus  seiner  Dozentenzeit  bei  der  Artistenfakultät. 

Konrad  Tockler,  nach  seinem  Geburtsorte  meist  „Conradus  Noricus"  ge- 
nannt, hatte  im  Winter  1501  den  Magistergrad  erworben  und  hielt  nun  Vor- 
lesungen bei  der  Artistenfakultät.  Es  ist  uns  der  allerdings  stark  beschädigte 
Anschlags-  bzw.  Ankündigungszettel  für  eines  seiner  Kollegien  in  Wintersemester 
1506/7    erhalten.      Er    las    täglich    publice    um    11  Uhr    vormittags    über    die 


V  <  j.    Dif  SuJt  und  die  Ärzle  der  Fakultät. 

„Sphära  materialis"  im  Hörsaal  des  Kürstenkollegs  in  der  RitterstraÜe  unter 
großem  Zufluß  der  Studenten,  so  daß  er  64  Hörer  zählte,  trotzdem  damals 
die  Pest  regierte.  Ich  bringe  den  Ankündigungszettel  auf  Tafel  X\'l.  2  zur  Repro- 
duktion trotz  seines  beschädigten  Zustandes,  da  er  meines  Wissens  der  einzige 
seiner  Art  ist.  Kr  war  in  Tocklers  Exemplar  der  Sphara  mundi  des  Joh.  von 
Sacrobosco  (Venedig  1499)  eingeklebt'  und  trug  folgende  Notizen  über 
die  Pest: 

„Istam  lectionem  legi  Lyps  publice   tempore  pestilentiae  anno  domini 

1507  sub  decanatu  magistri  Conradi  Lörs-) 

Item  anno  domini   1506  vicesima  die  mensis  Julij  incepit  pestilentia  in 
Lyps,  et  ego  exivi  per  loca  et  terras  multas  etc. 

Die  Pest  hatte  also  im  Juli  1 506  begonnen  und  war  im  Januar  1 507 
noch  nicht  völlig  erloschen,  wenn  auch  zweifellos  wesentlich  milder  geworden, 
sonst  wäre  Magister  Konrad  Tockler  aus  Nürnberg,  der  im  Sommer  das  Weite 
gesucht  hatte,  wie  es  damals  üblich  war,  sicher  nicht  schon  wieder  nach  Leipzig 
zurückgekehrt  gewesen.  Er  hatte  das  Kolleg  Mitte  Januar  zu  lesen  begonnen 
(nach  den  Bestimmungen  der  Fakultät  waren  für  die  „Spera  materialis" 
5 — 6  Wochen  als  Dauer  des  Vorlesungskurses  vorgesehen),  wie  Tockler  sagt: 
„et  incepi  eam  in  octava  trium  regum,  ibi  enim  inceptae  sunt  aliae  lectiones". 
Möglich,  daß  um  der  Pest  willen  überhaupt  die  Kollegien  so  lange  ausgesetzt 
gewesen  waren;  denn  es  war  laut  Dekanatsbuch  der  philosophischen  Fakultät 
am  24.  Juli  1506  beschlossen  worden:  „De  loci  reser\'acione  in  facultate  et  de 
actu  regenciae  erat  consultum  et  conclusum,  quod  magistris  se  tempore  pestis  a 
facultate  alienantibus  locus  et  acturegencia  servari  deberet  usque  ad  nundinas 
Pascales  inclusive  et  interea  durante  peste  usque  ad  Nativitatis  domini  aut 
Jeiunii  esse  semper  magistros  actu  regentes,  nisi  ipsi  revocarentur  per  facultatem 
aut  pestis  cessaret."  An  der  Pest  waren  damals  von  der  Artistenfakultät 
8  Studenten  gestorben,  7  Leipziger  und  ein  Auswärtiger*). 

Gesundheitspolizeiliche  Verordnungen  über  den  Handel  mit  Lebensmitteln 
habe  ich  erst  im  15.  Jahrhundert  in  den  Akten  Leipzigs  gefunden,  z.  B.  eine 
Fleischerverordnung  vom  8.  Januar  1442,  deren  in  den  nächsten  Jahrzehnten 
mehrere  erlassen  werden,  die  sich  aber  vornehmlich  um  die  Frage  der  Zulas- 


')  „Astr.  15"  der  Leipziger  Universitätsbibliothek.  Solche  gedruckte  Vorlesungsankündigungen 
scheinen  kurz  nach  1502  regierungsseitig  angeordnet  zu  sein,  „was  also  in  einer  itzlichen  facultet  .  . 
öffentlich  sal  gelesenn  werdenn,  das  dasselblige  gedruckt  und  öffentlich  an  viel  orthem  in  und  ausser- 
halb der  Stadt,  ehir  man  das  Studium  anfehn,  angeschlagen  werden"  heißt  es  in  einem  Dresdener 
Konzept  (Stübel,  Urkundenbuch  der  Universität  S.  323,  29)  und  öfter;  das  vorliegend  Reproduzierte 
ist  bei  Martin  Landsberg  in  Leipzig  gedruckt  und  verlegt,  wie  der  Vermerk  am  Fuße  des  Zettels 
ergibt:   ,.Exemplaria  satis  bene  pressa  vendit  Baccalarius  Martinus  Herbipolensis''. 

')  Konrad  Jmhoff  von  FmmmerCbach  alias  de  Lor  war  Dekan  der  Artistenfakultät  im 
Wintersemester  1 506  O". 

')  „Sub  cuius  decanatu  praefati  magistri  octo  proprii  discipuli  carnis  dcbitum  solverunt,  caris- 
simi  septen  filii  civitatis  Lipzcensis,  unus  vero  tantum  extraneus  .  .  ." 


5.    Die  Stadl  und  die  Ärzte  der  Fakultät.  89 

sung  der  Landfleischcr  von  außen  her  zum  Fleischmarkt  drehen,  die  endlich 
gänzlich  verneint  wurde.  Ich  finde  aber  bei  diesem  ganzen  Handel  keine  Ver- 
anlassung, irgend  einen  sanitären  Einfluß  der  medizinischen  Fakultät,  also  des 
Leipziger  Ärztekollegiums  dahinter  zu  vermuten.  Für  so  etwas  war  die  Zeit 
noch  ferne  und  die  Universität  spielt  in  der  Fleischversorgungsangelegenheit 
keineswegs  eine  besonders  glückliche  Figur,  ja  sie  erfährt  mit  ihrer  Beschwerde 
beim  Herzog  eine  demütigende  Abweisung.  Im  Bier-  und  W'einhandel  dreht 
sich  bei  den  Ratsreglementierungen  alles  meist  um  fiskalische  Fragen,  wenn 
auch  lur  den  Historiker  der  Volksernährung  und  der  Nahrungsmittelhygiene 
manches  bei  diesem  Aktenstudium  abfallt,  auch  über  eine  weitere  Kenntnis 
der  damals  bräuchlichen  Wein-  und  Biersorten  hinaus.  Ich  kann  auf  Einzel- 
heiten nicht  eingehen:  zahlreiche  Stücke  der  Stübel-Förstemannschen  Ur- 
kundenbücher  der  Stadt  Leipzig  bringen  wichtiges  Material.  Ich  gebe  nur  zwei 
besonders  interessante  Aktenstücke,  die  auch  ins  Apothekergewerbe  hinüber- 
greifen in  der  Anmerkung").  Eine  Taxordnung  für  Totengräber  und  Abdecker 
war  schon   1453  oder  1454  erlassen  (Urkundenbuch  der  Stadt  Nr.  306). 


Weit   früher    als    alles    dieses   begegnen   uns  auch  in  Leipzig  urkundlich 
Badestuben  und  Hospitäler. 


')     (1469.     Michaelismarkt.)     Verhütung   des  Handels   mit  gefälschten  Gewürzen. 

Alle  3  Räte  sind  sich  einig  geworden,  daß  künftig  auf  den  Märkten  keinerlei  gefälschte 
Waren  sollten  verkauft  werden  dürfen,  vor  allem  „die  mit  saffran  ingeber  und  andern  wurtzen,  die 
man  betriglich  machen  kont,  umbegehen  und  zcuhandeln  pflegen".  Es  werden  danach  Aufseher 
bestimmt,  die  herumzugehen  haben,  die  Waren  und  Gewichte  zu  prüfen.  Es  sind  einige  Krämer 
aus  Neuenstadt,  Erfurt,  Magdeburg,  Buell  und  Eschwege  mit  verdächtiger  Ware  betroffen  worden 
,,etzlichen  saffran  funden  und  den  genommen  und  ufs  rathuß  getragen  haben,  deßhalben  das  sie 
meynen  nicht  kauffmans  gut  sei,  der  sie  Balgir  nennen  und  den  lewten  zcu  Zeiten  für  ort  und 
andern  saffran  vorkeuflfen  unde  gebenn  dann  er  an  sich  selbs  ist;  das  die  ret  ein  unpillichs  und  be- 
triglichs  sein  beduncket  und  dar  umbe  dieselben  alle  für  sich  gefordert  und  mit  in  nach  notturfften 
daruß  geredt,  die  dann  von  sich  sagen  und  antwert  geben,  sie  gebens  und  vorkeuffens  vor  das,  das 
es  sei,  und  solle  ane  betiig  wol  gescheen,  das  die  rete  nicht  meynen  .  .  .";  es  mußte  einer  von  seinem 
Safran  4  Lot  abwiegen,  die  der  Rat  wohlversiegelt  nach  Nürnberg  „uff  die  schaw"  schickte  „wie 
sie  damit  bestehen  mögen  und  ob  es  kauffmans  gut  sei".  Das  andere  wurde  verbitschirt  und  in 
Verwahr  genommen  bis  nach  Eintreffen  der  Entscheidung  und  die  Händler  eidlich  verpflichtet, 
vorher  nichts  davon  zu  verkaufen.  (Urkundenbuch  der  Stadt.    Nr.  437.) 

(1474.     15.  Sept.) 

Der  Kurfürst  fordert  verschärfte  Polizei  für  den  Weinhandel  und  den  Verkauf  der  Medi- 
kamente in  den  Apotheken. 

„  .  .  .  unordenunge  und  ungeborlichkeit  mit  vorfullung  und  vormischung  der  weyne  geubet, 
da  durch  sich  vil  lewt  beclagen,  das  sie  des  halb  mit  kranckheit  befallen,  das  auch  in  den  apotecken 
vil  stück  zcur  artztey  dynendt  so  langezceit  vorhalden  werden,  das  sie  solch  crafft  als  sie  haben 
sollen  nicht  behalden,  und  doch  gleichwol  vor  gut,  auch  die  und  andere  artztie  an  gcmeynen 
crut  obirsweng  tewre  gegebenn  werdenn  zcu  beswerunge  gemeyns  volks,  do  mit  auch  die  ertzt  be- 
töret   und   zcu    vilmaln   gesuntheit    zcu   irfolgen    vorhindert    werden alle    weyne,    eß   sey 

Malvasir,  Reinfall,  Walschweyn,  Elsesßer,  Rinischweyn,  Kotzberger,  Saleweyne  ....  unvormischt 
unvormenget,  auch  untemperiret  geschenckt  werden  .  .  ."  Eid  .  .  .  „so  ein  weyn  von  füren  ader 
langem   lager  die   färbe  vorließen,  das  man  yn  denne  ein  färbe  ane  zcuthuhung  schedelicher  Dinge 


Die  Stadt  und  die  Ante  der  Kakull.'it. 


^clK>^  1111  Jahre  1301  finden  wir  eine  Badestube  erwähnt,  wie  sie  dem 
Thomasklostcr  von  Johann  Fuhrmann  erblich  überwiesen  und  vom  Landgrafen 
Dietrich  abgabenfrei  gemacht  wird,  die  „Ziegelstube". 

.  .  stupam  balnearem  quae  dicitur  Cigelstube,    fundum  eius  stupac  et 
omnia  superaedificata  cum  aliis  pertinentibus  ad  eandem  .  .  . 

von  der  es  ein  andermal  heißt, 

.  .  dye    badestube    gelegen    hindir   unserm   clostir   in  unserm  hove  ulif 
der  I'lyzen,  dye  do  genant  ist  dye  zcigelstubc  .  . 

Sie  lag,  wie  auch  anderwärts  üblich,  in  der  Nähe  des  fließenden  Wassers,  der 
Pleiße,  und  begegnet  uns  immer  wieder  in  den  Urkunden,  wobei  auch  gelegent- 
lich auf  ihr  bauliches  und  technisches  Detail  ein  kurzer  Lichtblick  fallt 

Die  Leipziger  Bürger  waren  also  in  ihrem  Städtlein  frühzeitig  mit  der 
damals  erfreulicher  Weise  als  sehr  notwendig  empfundenen  Gelegenheit  zur 
Reinlichkeit  und  Hautpflege  einigermaßen  versehen.  Direkt  erfahren  wir  dagegen 
in  früher  Zeit  nichts  von  den  Üppigkeiten,  die  im  ausgehenden  Mittelalter  mit  dem 
Hadewesen  so  enge  verbunden  zu  sein  pflegten.  Das  Bordell  war  in  Leipzig  den- 
noch keine  unbekannte  Einrichtung;  es  führte  den  Ehrennamen  ,,das  fünfte 
Kolleg"  und  lag  vor  dem  Hallischen  Tore.  Allerlei  Polizeiverordnungen  regeln 
die  Hurenkleidung.  Die  Freudenmädchen  durften  z.  B.  kein  Gold  und  Silber, 
keine  Korallenschnüre  und  keine  seidengefütterten  Mäntel  tragen,  auch  keine 
langen  Kleider  bis  auf  die  Erde,  sondern  sie  mußte  durch  große  gelbe  Lappen 
kenntlich  sein.  Das  galt  für  die  ,,wilden  frauwen  utif  dem  frj-hen  Huße";  aber  auch 
die  „heimlichen  Huren"  durften  alle  jenen  schönen  Dinge  nicht  anlegen.  Nach 
zehn  Uhr  soll  kein  Weinwirt  „offenbare  Frauen"  in  seinem  Lokal  dulden,  „do 
von  denne  undir  den  Studenten  und  hantwerksknechtin  viel  zweytrechte  mit 
slahen  morderie  und  andir  unthat  mehir"  entstehe 'l 


wedder  machen  möge  ane  geverdc  .  .  .  das  man  vß  den  apotecken  kein  alt  vorlegen  materie  und 
stuck  ICH  arlztle  gehorentt,  es  sie  siecht  ader  zcusampne  gesalzt,  das  voraldert  und  vortorben  ist, 
noch  gemejTi  lantcruter,  wasßcr  und  ole,  die  ir  recht  art  und  weßen  nicht  enthaldcn  haben,  noch 
suist  keinerley,  das  sein  gcburlich  crafft  nicht  hat,  nicht  vorkouffen,  sundem  gute  nuwe  togelichc  ding 
haben  schicken  und  bestellen  solle;  das  auch  die  doctores  alle  iar  eins  zcu  einer  zceit,  als  sie  sich 
des  vorenygeo  sollen,  io  die  apotecken  gehin  und  die  materialien  eigentlich  besehen  unnd  was  sie 
erkennen  nicht  rechtfertig  und  tugenüich  sey  vor  legen  unnd  dem  apotccker  sagen,  das  beyscitt 
zcu  legen  und  eB  nicht  zcu  vorkouffen ;  das  auch  nymandes  in  dem  anslag  der  stucke  und  mate- 
rialien, die  man  uO  der  apotecken  nj-mpt,  obirsatzt,  sundem  das  die  apotecker  solch  artztie  umbe 
ein  gewontlich  gelt  anslahen  noch  gemeynem  rate  der  doctores,  nicht  noch  eins  doctors  allein  sundcr- 
licher  satzunge,  einen  zcimlichen  gewj-n  nehmen  und  die  lewte  also  nicht  obirtewren,  also  eine  zceit 
geschecn  ist,  und  das  ein  itzlicher  apoteker  alle  iar,  wennc  ein  rat  ander  ampt  und  hantwcrger  be- 
ttetiget,  sein  recht  auch  tbue  .  .  . 

Geben  zcu  DreOden  am  Domstage  nach  Exaltationis  crucis  anno  domini  2c.  Lxx  quarto. 

(Urkundenbuch  der  Stadt.    Nr.  470.) 

')  Ralsierordnungcn   vom  Jahre    1463  u.   1467.     Urkundenbuch   der   Stadt  Leipzig  Nr.  364 
u.  Kr.  414.  —  In  der  Mitte  des   16.  Jahrhunderts  gab  es  4  Badestuben. 


Die  Stadt  und  die  Arzte  der  Fakultät. 


91 


Im  Jahre  1467  wird  die  IBaderinnung  von  der  Barbierinnung  getrennt. 
Die  Bader  dürfen  fortan  Iceine  „buxße  noch  becken  ußhangcn.  noch  wunden 
bynden,  addir  loBin,  nocli  barbiren".  Nur  an  den  Tagen  so  man  badet,  darf  der 
Batler  Becken  außhängen,  wie  es  bisher  gehalden  sei.  Der  Barbier  muß  Bürger 
sein,  aber  „qweme  eyn  gut  wundeartczt  her,  der  magk  )'m  iarmarkte,  ouch  acht 
tage  vor  unde  nach  adder  auch  fordir  nach  irkentnisse  deß  rats  buxßen  ußhengen 
unde  wunden  bynden,  süst  sal  das  nymandes  thun  denne  die  barbirer,  die 
do  undir  sich  brudirschafft  unde  ynnungen  haben" '). 

Zwei  Jahre  später  ist  die  Urkunde  datiert,  auf  die  wir  oben  schon  ange- 
spielt haben,  über  Annahme  des  Meister  Hans  als  Ratsbarbier: 

„Uflgenommen  meister  Hansen  den  Barbirer  zcu  des  rats  barbirer  und  man 
hat  im  zeugesagt  sein  gewonliche  cleydung,  darzcu  sein  tranckgelt  am  abscheiden 
des  rats;  darumbe  sal  er  alle  des  rats  dyner,  wo  die  in  des  rats  geschefften  ge- 
wundet  worden,  mit  wuntertzney  ufTs  vlissigst  versorgen  unde  umbe  sust  bynden, 
und  man  sal  ym  geben  zcu  lone  II  hoe  ß."  r^rkundcnbuch  der  siadt  i.   Nr.  442.] 

Offenbar  war  dies  nur  ein  Einzelfall  aus  längerem  Brauche,  sonst  hätte  Meister 
Hans  nicht  die  „gewöhnliche"  (übliche)  Kleidung  zugesagt  erhalten*). 

Ein  für  die  Lokalgeschichte  Leipzigs  wichtiger  Foliant  (/W./j)  der  Jenenser 
Universitätsbibliothek,  angelegt  von  dem  Leipziger  Professor  der  Theologie 
Johann  Weiße,  hat  auch  ein  kulturgeschichtlich  wichtiges  Aktenstück  ab- 
schriftlich erhalten,  den  Reklamezettel  eines  „Chirurgicus  et  Occulista",  der 
im  Jahre  1477  zur  Oktobermesse  der  löblichen  Einwohnerschaft  der  rühmlichen 
Universitäts-  und  Handelsstadt  seine  Hilfe  in  vielerlei  Not  mit  vollen  Backen 
anprieß,  mit  Namen  Johann  von  Tockenburg,  den  König  Matthias  von 
Ungarn  um  seiner  großen  Kunst  willen  zum  Ritter  geschlagen  hatte.  Bruch- 
schneiden, Steinschneiden,  Kropfschneiden,  Fistel-  und  Krebsheilung,  Staar- 
stechen,  Hasenschartenoperationen  und  Krankheiten  kurieren,  die  an  heimlicher 
Stelle  sitzen,  Muttermale  beseitigen,  das  sind  alles  Künste,  die  er  kann  und 
übt,  aber  den  inneren  Ärzten  in  die  Kur  sich  mengen  mit  Harnschau  und 
Ähnlichem,  das  tut  er  nicht.  Statt  prahlerischer  „Briefe"  dienen  ihm  gutgeheilte 
Fälle  als  Empfehlung.     Das  Aktenstück  lautet: 

De  Cyrurgico  et  oculista  in  lypczk  Anno  domini   1477™° 
in  mense  octobri. 
Wyssentlich   sey   allen    meyninglychen    das    her    kommen    ist   eyn 
bewerter  meister  genant   her  Johan  von    tockenburgk   ritter   der 
keyserlichen  mayestat^)  vnd  des  heylichenn  romischen   richs        6 

')  Urkundenbuch  der  Stadt  Leipzig  Nr.  409  (26.  Februar  1467).  Diese  Verordnung  trägt  außer 
dem  Datum  die  Überschrift  „sub  doctore  Nie.  Pistoris".  Es  ist  aber  irrtümlich,  wenn  man  annehmen 
wollte,  daß  Nicolaus  Pistoris  in  seiner  Eigenschaft  als  Arzt  sich  um  diese  Batbierangelegenheiten  ge- 
kümmert hätte  oder  ob  dies  seines  ärztlichen  Amtes  gewesen  wäre;  er  leitete  damals  als  Bürger- 
meister die  Stadt. 

')  Als  weitere  Ratsb.-irbiere  wären  zu  nennen;  Adam  Balbiercr  (1479),  Hans  Aldehenne  (gegen 
1490),  später  Stephan   Rack,  Lorenz  Misch  und  andere. 

')  Am  Rande:  nominatus  zum  ritter. 


;       Pic  Sudl  un.i   .uc  Arr(c  lirr   l-aixull.ii. 

Diner,  uikI  i>t  ouih  des  durchleuchiigen  fursicn  uiul  horren  her 
mathias  koningk  de  [dan  syn  mcisterschalTt  iiusf;fs/nt/ien .']  czu 
vngeren  wunt  artcz  gewcst')  eulich  iar  an  dorn  j;enanthen  konii;k 
er  dan  scvn  meisterschatVt  hat  ncinchrhen  cyncn  phoyll  von  ym 
brocht  hot  den  her  mer  den  iiij  iar  yn  seynem  rugk  getragl»en  lo 
»•issentlich  ist  seynem  hoff  gesynd  und  anderen,  und  siili  auch  vor- 
pflichtet genn  seyner  koniciichcn  maiestat  wo  er  ain  nicht  Imlffe 
mit  gotes  hülfe  und  seyner  kunst  wolt  her  seyn  houht  vor 
lisenn  unnd  durch  sulche  konst  dy  her  an  ym  beweyßt  hat  her  yn 
czu  ritter  gemacht").  is 

Traditurl?)  sie: 
^  Czu  wyssen  sey  allermeniglich  das  ein  bewerter  meisler  her    komen  ist  in 
allerley  stucken  der  wundt  erczney  von  dem   Houbt  hiß  vff  dy  fusse. 

I "     •"  Zcum  ersten  den  bruch  czu  sneyden  vut  {er)  gots  Hultt'e. 

2"  ^  Item  er  kan  ouch  den  bruch  sneyden  das  man  dy  niren')  nicht  darfl'  auli 
nemen,  vnd  eym  an  seynem  leben  nicht  schadt. 

3"      •"   Item  ouch  etczUche  bruch  czu  wenden  vngesnyten  an  frawen  vnd  mannen. 

4"     "j   Item  den  steyn  czu  sneyden. 

5"     "i    Item  auch  etzliche  steyne  \-ngesnyten  herauß  czu  nemen. 

0°     •!    Item  kropff  czu  sneyden  vnd  etzhch  czu  vortreyben  vngesnyten. 

7'     1   Item   druBe   vnd   oberbeyn  czu  sneyden  vnd  czu  helen  vnd  den  zopher*). 

8"  %  Item  dye  fystcl  vel  krebeß  vnd  die  zricrigk*)  czu  heylen  wo  das  mog- 
Hch  czu  holen  steet. 

9°  •!  Item  ouch  den  star  czu  stechen  an  den  ogen")  vnd  etzlich  ge- 
brechen an  den  ogen  ouch  czu  vortreyben'). 

10  •"   Item  haßenscharten  czu  sneyden  vnd  czu  helen. 

11  •    Item    ouch    mancherley    heymclicher    kranckheyt   an    frawen    vnd 

mannen  czu  wenden  dy  nicht  offenbarlich  czu  screyben  sint. 

12  %   Item  er  ist  ouch  eyn  guder  wundt  artczt")  czu  alten  vnd  czu  Haulen  wunden. 
13"     %   Item  auch  frische  wunden  vnd  beinbruch  czu  heylen. 

14  •!   Item  auch  mancherley  vngestalte  mole,  von  wunden  die  nicht  recht  gehelet 

weren  wider  eyn  rechte  gestalt  czu  machen. 

15  *',    Item  etczliche  mutter  nn  ile  do  myt  eyn  mensche  geborn  wurt  czu  vortreyben. 

16  ^   Item  auch  dy  pestelencz  czu  vortreyben. 

Dieße  obgeschrieben  stucke  kan  der  maister  mit  gots  hulfle. 

17"  %  Item  alzo  bedencke  eyn  iglich  mensche  das  do  von  höret  sagen  oder  leßen 
was  krancheyt  er  an  j'me  habe  dy  man  nii  ht  alle  hie  gescreben  kan  wem 
etwas  feiet  der  magk  czu  dissem  meister  komen  vnd  seynen  rodt  haben 
So  vry\   er   von   nyemant   key-(n)   gelt   nemen    erhabe   es  dann  \-or  d}'enet. 

18*  ^  Eß  hat  auch  mancher  meyster  vil  brife  auch  gehanghen  duncket  mich 
wann  ich  eynen  krancken  gesundt  mache  das  seyn  die  besten  briefl'e  wann 
die  brieff  machen  nymant  gesunL 

19  •^  Item  dem  harn  zcu  besehen  vnd  jnwendiger  arczten  die  eynem  leypartczt 
der  doctor  czu  steet  nympt  er  sich  nicht  an. 

20"  %  Aber  was  er  sich  an  nympt  wil  er  den  armen  gern  vmb  gotes  willen 
helffen,  vnd  dem  der  eß  vormagk  vmb  eym  bescheden  gelt. 

')  Am  Rande:  „Cinirgicus".  —  *)  Am  Rande:  Elcvatus(?)  per  regem  hungariae.  —  ')  Hoden. 

•)  „Zopher"  weiß  ich  einstweilen  nicht  sicher  zu  ileuten.  An  Weichselzopf  ist  wohl  nicht 
zu  denken,  wohl  an  „Skropheln"  (Dnisenpakete)  am   Halse  oder  ähnliches. 

')  Vielleicht  steckt  in  „zricrigk"  das  nämliche  Wort  wie  in  den  „Zitrachten''  des  Paracelcus, 
der  hierunter  serpigiaös  weiterfressende  Exanthem  versteht  iz.  B.  Chir  B.  u.  Sehr.  Fol.  Ed.  Straßb. 
1605  S.  378). 

*)  Am  Rande:  hie  narratur  de  Katharakta.  —  ')  [,,oculista"  am  Rande]  —  *)  Am  Rande: 
„Cymrgicus". 


i;.    Die  Stadl  \ind  die  Ärzte  der  Fakultät. 


93 


Die    kluge  Beschränkung    auf   chirurgische  Kuren  (wenigstens  in  Leipzig) 
wird  ihm  die  Herren  von  der  Fakultät  geneigt  gemacht  haben. 


Doch  nun  zu  den  Spitalern  der  Stadt! 

Am  20.  März  1213  stiftet  Markgraf  Dietrich  das  Klosterhospital  zu  Leipzig, 
„.  .  hospitale  .  .  apud  Lipniz-',  das  Thomaskloster  mit  seinem  Spital  vor  dem 
Ranstädter  Thore,  mit  seiner  Kapelle,  die  dem  heiligen  Georg  geweiht  war, 
daher  das  Georgenspital  genannt.  Schon  1254  hören  wir  von  der  Verbes- 
serung der  Krankenpflege  im  Thomaskloster,  das  aber  doch  mehr  ein  Siechen- 
haus war,  wie  es  sich  denn  doch  auch  bei  dieser  Stiftung  mehr  um  eine  Ver- 
besserung der  wirtschaftlichen  Lage  der  „infirmi"  handelt.  Im  Jahre  1278 
erfahren  Avir  urkundlich  zum  ersten  Male  etwas  von  den  „Sondersiechen",  den 
Leprösen  im  Johannisspitale  „prope  Lipzk",  weiter  außerhalb  vor  dem  Grim- 
maischen Tore  gelegen,  von  dem  1391  zum  ersten  Male  der  ,,spitalmeyster  .  . 
mit  phlege  den  armen  siechen  ...  zu  verantworten"  urkundlich  erwähnt  wird. 
Ständig  fließen  beiden  Spitälern,  namentlich  dem  Leprösenspital  neue  Stif- 
tungen in  den  Akten  zu,  auch  noch  im  ersten  Jahrhundert  der  Universität, 
,,ad  refectionem  pauperum  et  infirmorum  hospitalis  infirmorum  et  pauperum 
et  debilium  pcrsonarum  prope  oppidum  Lipczk,  zu  St.  Georg" ')  .  .  .  „unde 
auch  den  armen  sichen,  die  vor  dem  Grymmischen  Thore  bliben  sullen  yn 
senthe  Johannes  spittal"-).  Auch  beim  Tode  des  3.  Dekanes  der  medizinischen 
Fakultät  ,,Dr.  Jakobus"  (Meseberg)  wird  der  Armen  und  Siechen  gedacht, 
aber  nur  in  wohltätigem  Zwecke;  von  ärztlicher  Wartung  hören  wir  nichts. 
Ks  handelt  sich  stets  nur  um  Versorgungszwecke ^),  wie  man  sich  denn  nicht  nur 
als  unheilbarer  Lepröser  mit  seiner  Habe  im  Sondersiechenhause  behaglicher 
einkaufte,  sondern  auch  in  andere  Spitäler,  die  dadurch  teilweise  zu  Pfründner- 
heimen wurden.     Hierfür  in  extenso  nur  ein  charakteristisches  Beispiel: 

Vertrag  des  Dr.  Johannes  Euderitzsch  („der  heil.  Schrift  doctor"  lieißt 
es  in  Nr.  277)  mit  den  Si)italmeistern  zu  S.  Georgen  wegen  Aufnahme  des 
Gerbers    Rudiger    Freitag    in    das    Georgenspital    (1479,    23.  August). 

Doctor  Johannes  Ewderitzsch  ist  mit  dem  spittelmeistern  zu  sant  Jürgen  vor 
den  rat  komen  vnd  hat  von  wegen  Rudiger  Freitages  des  gerbers  uf  der  Nauwen- 
strassen  anbracht,  wie  daz  sich  der  selbige  Rudiger  in  das  hospital  mit  seyner  habe 
und  gute  geben  wolle,  und  gebeten  yn  ufzunehmen  nach  laut  und  inhalde  eynes 
Instruments  von  eynem  offinbaren  Schreiber  derhalben  begriffen,  also  hat  ym  der 
rat  zugesagt  also  nach  inhalde  des  instniments  aufzunehmen,  also  hat  der  egnante 
doctor  von  seynetwegen  dem  rate  geantwort  des  ersten  XVIIL  Ung.  Gulden  .  .  . 
[123  Gulden  Rh.  VIII  Gr.]  .  .  .  Und  der  gnante  Riidiger  hat  darzu  dem  hospitall 
eyn  hawß  uf  der  Nauwenstraße  gelegen  gegeben  und  geeygent,  das  sollen  die  spittel- 
meister  verkeuffen  und  das  gelt,   das   dafür  gefellet,   mit  sampt  den  obengeschriben 

')  Urkundenbuch  der  Stadt  Leipzig  Nr.  233. 
■-')  Ebenda  Nr.  2 1 8. 

^J  „Zum  Essen  und  Trinken  der  armen  Leute"  oder  _  „zu  Steuer  ihrer  Kleidung",  „zur  Er- 
quickung" usw. 


PJc  ^«tadt  und  <lic  Aritr  der  KikuUat. 


pcldc  mit  \xis>en  des  rau  dem  hospital  zu  giitc  anlegen  und  /inße  dafiir  keufien. 
L'nd  sollen  yn  in  das  hospilall  nehmen  und  cyne  kanimer  eynthuen  und  versorgen 
mit  eyner  pfmnden,  und  sollen  ym  von  den  zinOen  die  weile  er  lebt  zu  bessening 
seyncr  pfmnden  alle  wochen  IH  gr.  geben  vnd  des  iars,  wanne  er  des  not  dürftig 
syn  windet,  eynen  grauwen  rog  kaufl'en,  und  wanne  er  vorstirbct,  so  sal  man  vn  in 
dem  hopitall  mit  Wgilien  und  sclmesscn  gleich  eynem  andern,  der  im  hospital  vorstirbet, 
zu  der  erden  bestatcn  ....  zinße  mit  der  haubtsummen dem  hospitall  ewig- 
lich volgen  und  des  hospitals  bleiben,  daz  danne  seyne  nehsten  frunde  also  gewilliget 
und  dar  an  gantze  vorzieht  gethan  haben  nach  laut  des  gerichtsbuche.  Gescheen 
uf  montag  in  \-igilia  Bartholomaei  anno  ;c.  LXXIX. 

(Urkundenbucli  der  Stadt  Leipzig  Nr.  504.) 

Doch  dienten  die  Spitaler  namentlich  auch  zur  Pflege  kranker  Fremd- 
hnge.  und  wo  so  viel  Auswärtige  ständig  .Aufenthalt  hatten,  wie  in  einer  Meß- 
und  gar  Universitätsstadt,  fanden  sich  auch  öfters  nicht  eingesessene  Kranke,  die 
man  in  der  Privatwohnung  nicht  länger  verpflegen  konnte  oder  wollte.  So 
trert'en  wir  am  4.  Januar  1511  auf  eine  Ratsverordnung  für  zwei  Freistellen 
ausdrücklich  für  Universitatsangehörige  im  Johannisspital,  namentlicli  für  die 
mit  ,^olcher  schwerer  Krankheit  der  Franzosen  adder  ander  Krankheit"  Ge- 
plagten vorbehalten.  Das  Leprahaus  diente  also  schon  nicht  nur  der  Syphili- 
tischen nebenher,  sondern  auch  anderweit  Erkrankten. 

Wer  diese  Studenten  und  andere  Kranke  behandeln  sollte  wird  nicht  ge- 
sagt Vermutlich  die  Mitglieder  der  Fakultät  „um  Gotteswillen".  .Angestellte 
Spitalärzte  gab  es  bestimmt  noch  nicht  in  Leipzig  und  kaum  schon  ander- 
wärts. In  Paris  z.  H.  erst  einige  Jahrzehnte  später').  Da  ging  aus  der  ver- 
einigten Ärztefamilie  der  Pistoris  und  der  Schmiedeberg  eine  äußerst  beachtens- 
werte Stiftung  her\'or,  deren  Erträgnisse  noch  heute  zur  Bezahlung  eines  Spital- 
arztes Verwendung  finden. 


Wir  haben  als  erste  dieser  verschwägerten  Arztefamilien,  die  auch  im 
Nan^n  ja  die  nächste  \'erwandtschaft  haben  —  „Pistoris"  =  Becker  oder 
Beckers  die  eine  und  Beck  oder  Becke  von  Schmiedeberg  die  andere  — 
den  Nikolaus  Pistoris  kennen  gelernt  (geb.  1401  t  1471),  weiland  Prof.  der 
Pathologie.  Sein  Sohn  Simon  Pistoris  'geb.  1453  ti523),  heiratete  die 
Tochter  Martha-)  des  X'alentin  Becke  von  Schmiedeberg.    Ein  Sohn  beider. 


')  '536;  *'g'-  E:n.  Wickersheimer,   La   medecine   et   les   mWecins   en  France   :'i  Tcprique  de 
la  rinaissance.     Paris   1906.     S.  325. 

*j  Martha   starb   in   der  6.  Schwangerschaft    1497,    der   Gatte   hat   ihr   in    der  Thomaskirchc 
folgende  poetisches  Epitaph  in  Erzguß  gestiftet: 

Martha  Simonis  Pistoris  fidissima  conjux 
Sexta  prole  gravis  proh  ncce  rapta  fui. 
Ilecebras  fugi  mundanas:  vita  pudica 
Me  multum  juvit  relligione  piam, 
Ut  mihi  Sanctorum.  contingant  ar^a  beala 
Elysii  campi,  lector  amicc  roga. 

Anno    1497.  vigilia  S.  Katharinae. 

(Slepner  Nr.  487.) 


5.    Die  Stadt  und  die  Ärzte  der  Fakult&t.  g: 

Christof,  wurde  Arzt'),  starb  aber  schon  im  Dezember  1518-).  Ein  anderer 
Sohn,  wie  der  Vater  Simon  mit  Namen,  ergriff  das  Studium  der  Rechte  und 
kam  in  ihm  zu  hohen  aucli  akademischen  Ehren,  sein  Bild  hängt  heute  noch 
im  Saale  des  Collegium  juridicum.  Pietätvoll  hat  er  den  drei  Ärzten  der 
Familie  ein  gemeinsames  Epitaph  errichtet,  das  heute  noch  an  der  Wand  der 
Thomaskirche  prangt.  Wir  teilen  es  im  Bilde  auf  Tafel  III  Nr.  i  mit.  Es  ist 
gewiß  ein  höchst  beachtenswertes  Denkmal  zur  Leipziger  Ärztegeschichte,  wenn 
auch  nicht  von  hohem  künstlerischen  Werte  wie  etwa  die  Gemälde  des 
„Schmidburgschen  Epitaphs"  weiland  in  der  Nikolaikirche,  die  wir  noch  kennen 
lernen  werden.  Dies  Denkmal  dreier  Pistoris  in  der  Thomaskirche,  in  Sandstein 
ausgeführt  (1860:1085  mm),  zeigt  im  linken  Zwickel  oben  das  alte  Bretzel-Wappen 
der  Pistoris  (Bäcker),  im  mittleren  Bogenfelde  die  3  Arzte,  links  den  Groß- 
vater Nicolaus,  ein  Harnglas  erhebend,  in  der  Mitte  stolz  aufrecht  die  Zierde 
der  Familie,  Simon  Pistoris,  mit  bedeutender  Geste  die  rechte  Hand  demon- 
strierend erhoben,  rechts  den  früh  verstorbene  Christoph  Pistoris,  die 
Aphorismen  des  Hippokrates  in  den  Unnden  und  auf  die  Stelle  weisend: 

,,Vita  brevia,  ars  longa,  occasio  praeceps  expcri'(mentum)  peric^ulosum), 
iudici(um)  dift'(icile)". 

An  Porträtähnlichkeit  ist  bei  dem  mäßigen  Kun.stwerke  kaum  zu  denken. 
Über  "der  Gruppe  der  3  Ärzte  steht  die  Jahreszahl  der  Denknialserrichtung 
1527,  und  die  Widmung: 

Simon  iure  consultus  avo,  patri  et  fratri  pientissimis  et  bene  meren- 
tibus  fabrificari  fecit  M.D.XXVII. 

Unter  der  Arztegruppe  in  einer  Renaissancekartusche  die  weitere  originelle 
Inschrift: 

„Si  inter  humanae  felicitatis  eventus  prisca  olim  secula  iure  numerarunt 
teis  [statt  tres  oder  treis]  e.K  eadem  Curionum  familia  oratores,  et  nos 
huius  seculi  rara  faniiliarum  exemiila  sumus.  Tres  niedici  Nicolaus  avus, 

')  In  dem   i.  Satzungsbuch  fanden  wir  folgende  Eintragung  Bl.  (ll)': 

„Anno   15 18  Christophorus  Pistoris  Lipsiensis    respondet    pro    loco,    promotus    in    Italia 
Bononiae." 
Leipziger  Professoren   der  Medizin    fanden   es   also   noch    für  ratsam ,    ihre  eigenen  Söhne  in  Italien 
Medizin  studieren  zu  lassen. 

-)  Siehe  das  Grabmal  in  der  Thomaskirche  bei  Stepner  Nr.  709: 

A  nato  Christo  1471  sexto  Nonas  Mali,  Nicolaus  Pistoris,  Medicinae  doctor  &  hujus 
urbis  Cons.  diem  suum  sexagena  obiit.  Ex  Uxo.  Katerina  Wolkensteins,  reliquit  suae  Profess. 
Doctorem  Simoncm  Medicor.  Decan.  &  hujus  Urb.  Senatorem ,  qui  vixit  annos  LXX.  &  mortuus 
est  1523.   Prid.  Non.  Februarii. 

Caeterum  contra  illius  votum  &  tuibato  ordine  Christophorus,  filius  ex  conjuge  Martha 
Schmidburgs,  susceptus  Parentum  vestigiis,  inherens  quadriennio  prior  Idibus  Decemb.  decessit. 
Tres  ego  ut  una  pcperit  Familia  Medicos  ito  unum  continet  sepulcrum.     R.  I.  P. 

Disce  Mori.  Rapuit  medicos.  Quis  tutus  ab  illa? 
Nemo.     Viator  eris  tu  quoque  Praeda,  Cave! 


vi.>dt   uiul  liic  Ar/tc  Act  bakuUat. 

Simon  patcr,  Christi)phorus  nepos  et  quartuni  reliquinius  iureconsultuin 
siipcrstitciu,  cacteruni  ut  una  nos  domus  pistoria  edidit  ita  et  sarco- 
phagus  hie  iinus  continet. 

Hier  wollte  also  auch  der  Jurist  mit  beigesetzt  sein,  der  sich  der  Her- 
kunft aus  dem  Backhausc  nicht  schämte,  wenn  auch  sein  Rosen-Wappen  unten 
in  der  Mitte  die  Bretzel  nicht  mehr  zeigt,  da  der  Vater  nach  der  Erhebung 
der  Familie  in  den  Reichsadelstand  1521  die  Rose  mit  der  Hretzel  auf  dem 
„Schmidburgschen"  Grabmal  führte.  „Martha  Schmidburgs"  war  des  Juristen 
Simon  und  des  Arztes  Christoph  Mutter,  die  Gattin  des  alteren  Simon  Pistoris. 
„Regina  am  Steyg"  des  Juristen  Simon  Frau. 

X'alentin  Hecke  aus  Schmiedeberg,  der  Stammvater  der  schnell 
wieder  erloschenen  Familie  „Schmidburg",  gestorben  am  29.  März  1490 
hatte  aber  neben  der  Tochter  Martha  noch  einen  Sohn  Heinrich  hinterlassen, 
der  wie  Simon  I'istoris  der  Jüngere  das  Studium  der  Rechte  ergriff  und  darin 
gleichfalls  zu  hohen  Ehren  gelangte.  Er  wurde  Kanzler  beim  Bischof  von  Naum- 
burg und  errichtete  frommen  und  kunstfreudigen  Sinnes  zur  Erinnerung  in 
erster  Linie  an  seinen  \'ater  Valentin  Hecke  von  Schmiedeberg  in  der  Nikolai- 
kirche das  berühmte  .,Denkmal  der  Familie  Schmidburg",  das  in  der 
Geschichte  der  mittelalterlichen  Tafelmalerei  Leipzigs  eine  so  hervorragende 
Stelle  einnimmt.  Dies  „Denkmal  in  GestaU  eines  Schreines" ')  zeigte  in  seinem 
Inneren  das  Bild  „Der  Sterbende"  von  Lukas  Cranach  dem  Älteren,  in 
der  Art  der  mittelalterlichen  Darstellungen  der  sogenannte  „Ars  moriendi"  (vgl. 
Heft  2/3  dieser  „Studien  zur  Geschichte  der  Medizin",  S.  209  Abb.  28  und  S.  216 
Abb.  29)  auf  Holz  in  Öl  1518  gemalt,  heute  Nr.  40  im  Städtischen  Museum  zu 
Leipzig  ^92  cm  hoch,  35  cm  breit,  vgl.  Tafel  I\^).  In  der  Mitte  der  unbekleidet 
im  Bette  liegende  Sterbende-),  der  mit  den  beiden  Händen  die  Sterbekerze 
gefaßt  hält,  den  Blick  inbrünstig  auf  das  Crucifixus  gerichtet,  das  ein  Geist- 
licher zur  Rechten  ihm  vorhält,  hinter  dem  ein  Engel  steht,  während  zur  Linken 
des  Sterbebettes  der  Höllenrachen  mit  seinen  Sündenteufeln  der  verschiedenen 
Lebensalter  klafft.  Hinter  dem  Engel  sitzt  der  Notar,  des  Sterbenden  letzten 
Willen  niederschreibend,  vor  ihm  am  Fuße  des  Lagers  kniet  die  Gattin  in 
reichem  Gewände.  Ganz  im  Vordergrunde  durchsuchen  die  Erben  die  Kisten 
des  Nachlasses;  vor  dem  Kopfe  des  höllischen  Ungeheuers  steht  der  Arzt  im 
langen  Talare,  den  blutroten  Urin  im  Harnglas  erhoben.  Nach  oben  in  der 
Mitte  über  dem  Sterbelager  entschwebt  zwischen  Engel  und  Teufeln  die  Seele 
in  Gestalt  eines  betenden  Jünglings,  über  welchem  die  Dreieinigkeit  im  Strahlen- 
nimbus (in  der  Form  der  später  das  Bild  verderbend  eingezeichneten  Mandorla) 
in   Wolken    mit    heiligen    Engelchören    thront,    denen    Himmelskönigin     und 


')  Vgl.  Beschreibende  Darstellung  der  älteren  Bau-  und  Kunstdenkmäler  des  Königreichs 
Sachsen.  Auf  Kosten  der  Kgl.  Slaatsregierung  herausgegeben  vom  Kgl.  Sächsischen  Altertumsvercin, 
7.  Heft,  Stadt  Leipzig,  bearbeitet  von  Cornelius  Gurlitt,  Dresden   1895,  S.  26  —  29. 

')  Eine  gewisse  Ähnlichkeit  der  Züge  mit  dem  Bilde  des  knienden  Valentin  Schmiedeberg 
unter  der  Kreuzigung  (s.  Tafel  V)  läßt  sich  vielleicht  behaupten. 


Die  Stadt  und  die  Arzte  der  Fakultät. 


97 


St.  Johannes  links  und  rechts  als  Chorführer  vorschweben.  Über  dem  feinen 
Bilde  eine  Kapelle  als  Lünettenabschluß,  in  der  das  Sterbeglöcklein  geläutet  wird, 
wahrend  vor  ihr  drei  Frauen  und  zwei  Manner  im  Gebet  knien,  darüber  in 
Engelskopfgloric  die  gekrönte  Madonna  mit  dem  Kinde;  in  den  beiden  Ecken 
Mcdaillonportriits,  grau  in  grau  den  Stifter  und  seine  Gattin  darstellend.  Als 
crsterer  nennt  sich  im  Bogen  über  der  Lü nette  in  der  später  angebrachten 
Inschrift. 

„Patri  Optimo.     Henricus  Schmitburg.     Lipsiensis.    lurium.    Doctor. 

Fieri.    Fecit  Anno.    Ab.  Incarnatione.    Domini.    M.D.XVIII". 

Im  Jahre  151S  hatte  also  der  juristische  Sohn  dem  Vater,  eben  unserem  Pro- 
fessor der  Therapie,  Dekan,  Senator  und  herzoglichen  Leibarzt,  Valentin 
(Becke  von)  Schmiedeberg,  dieses  feine  Kunstwerk  zum  frommen  An- 
gedenken gewidmet'). 

Auf  der  Außenseite  der  Schreintüre  sehen  wir,  von  geflügelten  Knaben 
gehalten,  fünf  v'erbundene  Familienwappen,  darunter  den  gezäumten  Pferdekopf 
der  Schmidburg,  links  in  der  Mitte  und  unten  die  Bretzel  und  Rose  der  Familie 
Pistoris,  deren  einen  ärztlichen  Vertreter  Nicolaus  wir  schon  kennen  gelernt 
haben,  während  wir  den  größten  dieses  Namens  sogleich  werden  ausfuhrlicher 
besprechen  müssen,  den  Simon  Pistoris.  Sein  Porträt  findet  sich  dem  des  Valentin 
Schmiedeberg,  gegenüber  in  der  Mitte  des  Unterteils  des  noch  zu  beschreibenden 
Kreuzigungsbildes.  Auf  der  Unterseite  der  Schreintüre  über  den  5  Wappen 
steht  eine  lange  Widmungsinschrift,  welche  besagt,  daß  das  Kunstwerk  :_Sepul- 
chrum  haut  pulchrumj  dem  gesetzt  sei,  den  seine  Väter  Valentin  genannt  hätten, 
der  Medicinae  Doctor  gewesen  sei  und  mit  Papinischer  Kunst  ^)  kranke  Körper 
geheilt  habe,  das  heilige  Land  durchwandert  habe  und  im  Jahre  1499  gestorben 
sei,  einen  verwitweten  Sohn  hinterlassend,  den  Juristen  Heinrich^,  der  bei 
Fürsten  und  \'olk  beliebt  sei  und,  mit  Glücksgütern  gesegnet,  als  besondere 
Gabe  seinem  ärztlichen  Vater  zu  ehren  dem  St.  Georgs  Hospital  (s.  o.)  ein  jähr- 
liches Legat  von  14  [Schreibfehler  für  54]  Goldgulden  zur  Beschaffung  dauernder 
ärztlicher  Hilfe  gestiftet  habe.  Eine  Tochter  Valentin  Schmiedebergs,  namens 
Martha  sei,  wie  wir  schon  wissen,  mit  dem  Doktor  der  IMedizin  Simon 
Pistoris  vermählt  gewesen  und  habe  ihm  zwei  Söhne  geboren,  deren  jüngerer, 
Christoph  Pistoris,  artis  medicinae  doctor  frühzeitig  gestorben  sei,  während 
der  ältere  Simon,  Doktor  beider  Rechte  noch  lebe  und  für  Großvater,  Groß- 
mutter mütterlicher  Seite,  Mutter,  Onkel  und  Bruder  dieses  Denkmal  stifte, 
was  aus  der  Unterschrift  des  Kreuzigungsbildes  und  des  Porträts  Kniender  in 
seinem  Unterteile  noch  klarer  hervorleuchtet*]. 

')  ^'^S'-  ^'uch  Gust.  Wustmann,  Cran.ichs  Sterbender  im  I.ripzisjcr  ^[use^lm.  .\U5  Leipzigs 
Vergangenheit,  Leipzig  1885,  S.  104  — 119. 

*)  Doktor  von  Pavia. 

')  Er  war  mit  Ursula  Proles  vermählt  gewesen,  deren  Kamilicnwappen  auch  auf  der  Tür 
sich  findet  (Schifferin  im  Kahne). 

*)  Die  Inschrifl  lautet  umgeschrieben  in  holprigen  Hexametern  und  Pentametern,  von  deren 
Trennung  ich  absehe  (s.  S.  98): 

Studien  2ur  Gcschichir  der  Medizin.     VMl.  7 


Die  Sudt  und  die  Ante  der  FakullüL 


Das  Kreurigungsbild  auf  der  Innenseite  der  Türe  des  Sclueinos  Jicutc 
Nr.  609  im  Stadtischen  Museum  zu  Leipzig)  wird  heute  mit  großer  Wahrschein- 
lichkeit dem  Maler  Georg  Lern  berger  aus  Landshut  zugewiesen,  der  sich  in 
Leipzig  niedergelassen  hatte.  Auf  das  interessante  Kreuzigungsbild  selbst 
gehe  ich  nicht  ein.  Medizinisch  -  kulturgeschichtlich  interessant  ist  kaum  der 
blinde  Longinus,  der  dem  Leichnam  Christi  die  Seite  ortnet').  Hier  ist  nur 
die  Doppelgruppe  der  knienden  Donatoren  zu  beachten,  die  im  Unterteil  des 
Hildes,  einer  mit  Säulen  geschmückten  Wand  zu  beiden  Seiten  eines  praciitigen 
Baldachins  in  Fruhrenaissance-Architektur  über  einem  .Altare,  sich  fmdet.  Links 
knien  die  Schmiedebergs,  der  Professor  der  Medizin  \'alentin  und  Heinrich, 
der  Jurist,  bischöflich  naumburgischer  Kanzler,  rechts  die  Pistoris,  Vater 
Simon  und  Sohn  Christoph,  und  die  Frauen  Martha  Pistoris,  geb.  Schmiede- 
berg und  die  Stammmutter  Ursula  Schmiedeberg,  geb.  Proles.  Die 
Familienähnlichkeit  der  Männerköple  springt  bei  den  Schmiedebergs  und  bei 
den  Pistoris  in  die  Augen,  wir  haben  wohl  Porträtähnlichkeit  bei  diesen  vier 
feingemalten  Köpfen  anzunehmen.  Ein  hübscher  Teil  des  medizinischen  „Ruhms" 
Leipzigs  in  dem  ersten  Jahrhunderte  seiner  Universität,  von  der  Hand  eines 
namhaften  Künstlers  festgehalten,  ist  hier  beisammen  auf  dieser  prächtigen 
Gruppe,  die  die  feierliche  Promotionshalle  der  Nikolaikirche  zu  Anfang  des 
zweiten  Säkulums  schmückte,  als  der  „Wirt  von  Auerbachs  Keller",  Heinrich 
Stromer  das  Fakultätsszepter  führte^.  Gesetzt  hat  dies  malerische  Denkmal 
Dr.  Simon  Pistoris  ein  Jahr  vor  seinem  Tode. 

Die  Fülle  von  Kunst  und  Schönheit,  welche  zu  uns  aus  diesen  Denk- 
mälern aus   dem  Aufang  des  16.  Jahrhunderts  spricht,    ist  aber  nicht  nur  ein 

D.O.M.  HOSPES.  QVOD  DICO-PAVLvM.EST-ASTA  AC  PELLEGEHEIC  EST- 
SEPVLCHRVM  •  HAVD  •  PVLCHRVM  ■  \7RI.INCoMPARAB  .  NO.MEISCHMID- 
BVRGPATRESNOMINAVERV'NT.VALeNTINM.D.ETPAPIN-IARTE^^GRA. 

Corpora  •  ll •  cavsas  •  cvrabam  •  i'Eragrata •  i vd-^a •  h yer  morior  a- 

AoM-CCCCXCO.  GNATIM-HEINRIVRECoNS.PRINCIPiBI'ARITER.  GRA- 
TVM.ACPOPV.NON-ITA-DIV.ET.COEUBEMQVIDEM  RELINIJVO-  ISHO- 
sPiTAL  •  S  •  GEOR  ■  XIV-  ANNVIS  •  AVREIS-  MEDICVM.IXSTITVIT  PeRPeTV-  | 
MARTHA  ■  MIHI  •  GNA  •  DVLCiSS  •  DVOS  -EXSiM.PISTORMED.D.  PEPERIT-  i 
CHRISTOPH -XATV-MINOR -AR -ET -MED- DOCT-IVVENIS-OCCIDIT- [SIMON- 
V.  I  -  DET  •  ORD  •  AVO  •  AVI.E  ■  MATeRN  •  MATrI  .  AVVXCVLo  |  FRATRIQVE 
ChARISS  •  et  •  B  •  M-  STATvIT-AC  .ETERN-PRECATVR.REf)vIEM-;DECiPiMVR- 

VOTIS-ET-TEMI-ORE  F.*XUMVRET  MORS  |  DERIDET-CVRAS-ANXIA- VITA» NIHIL 

')  Vgl.  Greef,  Die  Heilung  des  blinden  Longinus  in  Sage  und  Darstellung.  Bericht  über  die 
34.  Versammlung  der  ophthalmologischen  Gesellschaft.     Heidelberg,   1907,  S.  284 — 287. 

^  Die  Inschrift  lautet: 

Requies  in  Pace.  D.  Valentinus  Schmidburg,  principis  Saxoniae  medicus,  vixit  annos  48, 
obüt  1490,  XIU.  Kai.  Scptembrcs,  fabrificari  factum  anno  domini  1322.  voto  materno  et  avanculi 
posuit  D.  Simon  Pistoris  Ordinarius. 

D.  Heinricus  Schmidburg,  Numburgensis  episcopi  cancellarius,  vixit  annos  42.  obüt  1520, 
Nonis  Novembris,  familiae  sie  finis.  Nepos  ex  filia  Martha,  uxor  Doctoris  Simon  Pistoris  Medici 
\Tiit  annos  triginta,  obiil  I497  VIII.  Kalendas  Dccembres.  Christophorus  Pistoris  artis  et  medi- 
cinae  doctor  vixit  annos  XXVII,  obüt  1519.  Idus  Dccembres.  Ursula  Proles,  castissima,  Doc- 
toris Valentini  Schmidburg  Coniunx  obüt  M.CCCCXCV. 


;.    Die  Stadt  und  die  Ärzte  der  FakuUUt.  ng 


laut  redendes  Zeugnis  für  die  Ärztegeschichte  jener  Tage,  ein  ärztlich -kultur- 
geschichtliches  Dokument  allerersten  Ranges,  sie  birgt  auch  ein  Zeugnis  für 
den  ärztlichen  Geist,  der  in  der  Familie  lebendig  war,  in  der  Erwähnung  der 
Stiftung  von  XLIV  (so  muß  es  statt  Xl\'  heißen)  Goldgulden  jährlicli  zur 
Besoldung  eines  Spitalarztes,  eine  Stiftung,  die  geradezu  epochemachend  genannt 
werden  kann  in  der  Geschichte  des  ärztlichen  Standes  und  des  Krankenhaus- 
wesens, worauf  ich  schon  oben  andeutend  hingewiesen  habe.  Ist  sie  doch  meines 
Wissens  die  älteste,  die  sich  mit  der  Heschalüung  ärztlicher  Hilfe  für  ein  deut- 
sches städtisches  Hospital  befaßte  und  sie  ermöglichte  und  dotierte,  während 
man  sonst  stiftungsgemäß  nur  an  die  Unterkunft  und  Nahrung  für  die  Insassen 
dieser  Häuser  dachte,  die  mehr  als  Fremdenherbergen,  Pfründnerheime, 
Versorgungs-  und  Waisenhäuser  dienten  oder  als  isolierende  Aufenthaltsstelle 
für  ansteckende  Kranke.  Jedenfalls  hat  man  für  ihre  ärztliche  Versorgung  erst 
relativ  spät  Anstalten  getroffen,  wenigstens  für  ärztliche  Hilfe,  die  durch  feste 
Anstellung  gegen  Honorar  oder  Gehalt  garantiert  war.  Das  alles  leistete  die 
Stiftung  Dr.  Heinrich  Schmiedebergs,  an  der  Simon  Pistoris  zweifellos 
geistig  beteiligt  war'). 

Auch  ein  kleines  „Pestilenzhaus"  wurde  mit  Hilfe  dieser  Stiftung  beim 
Georgenhospital  vor  dem  Ranstädter  Tore,  das  zum  Thomaskloster  gehörte, 
gebaut  (eine  Art  Isolierbaracke  für  Pestkranke  nach  heutigem  Sinne  und  Sprach- 
gebrauch). Auch  in  der  Pestarztfrage  zeigt  sich  der  Sohn  und  Schwager  eines 
hervorragenden  Arztes  ziel-  und  zweckgemäß  orientiert,  indem  er  verordnet,  daß 
der  künftige  Spitalarzt  bei  Verlust  seines  Amtes  verpflichtet  werde,  bei  Pest- 
zeiten in  der  Stadt  zu  bleiben,  während  die  Flucht  der  Ärzte  vor  der  Pestilenz 
schimpflicher  Brauch  war  und  nur  die  Pestchirurgen  auf  ihrem  Posten  aus- 
zuharren pflegten.  F"ür  einen  solchen  „Pestbarbierer"  mag  im  Georgenspital 
schon  früher  Vorsorge  getroffen  worden  sein;  doch  macht  die  Anstellung  eines 
Ratsbarbiers,  wie  wir  oben  gesehen  haben,  keinerlei  dahin  gehende  Angaben 
oder  Bestimmungen. 


')  Die  Einzelheiten  dieser  Stiftung  siehe  im  Anhang,  im  3.  Abschnitte. 


6.   Literarische  Betätigung  der  Leipziger  Arzte  und  Professoren 

der  Medizin. 

Es  läßt  sich  nicht  verkennen,  daß  an  der  Universität  Prag  im  ersten 
Halbjahrhundert  nach  ihrer  Gründung  ein  reges  geistiges  Leben  herrschte, 
auch  in  der  medizinischen  Takultat.  Aber  so  wenig  dies  im  15.  Jahrhundert 
in  Prag  angehalten  hat,  so  wenig  ist  auch  in  Leipzig  davon  ein  Rühmens  zu 
machen.  Soweit  es  eine  .■\llgemeinerscheinung  der  immer  melir  stagnierenden 
medizinischen  Scholastik  war,  gehe  ich  darauf  hier  nicht  näher  ein.  Auch  die 
Parallele  zu  Prag  weiter  zu  spinnen,  scheint  mir  diesmal  nicht  meines  Amtes. 

In  Leipzig  nach  der  ganzen  bisherigen  Schilderung  des  niedrigen  Fre- 
quenz- und  Dotierungsniveaus  und  dem  ganzen  ärmlichen,  fast  armseligen  Zustand 
der  medizinischen  Fakultät,  noch  nach  den  Ursachen  einer  geringen  Höhe  lite- 
rarischen Schattens  zu  suchen,  dürfte  überflüssig  sein.  Wir  möchten  nur  aus- 
drücklich dem  etwaigen  Vorwurfe  zu  großer  gelehrter  Inzucht  begegnen.  Es 
kam  allerdings  eine  kleine  Zahl  von  geborenen  Leipzigern,  die  ihre  ganze  Aus- 
bildung an  der  Pleiße  empfangen  hatten,  auch  zu  akademischen  Lehrstellen  und 
zum  Dekanate,  doch  keineswegs  ausschließlich.  Auch  an  auswärts  Promovierten 
ist,  selbst  abgesehen  von  der  ersten  Generation,  kein  Mangel,  wie  das  Studium 
der  Dozenten-  und  Dekanatsliste  lehren  wird'). 

Doch  werfen  wir  nun  einen  näheren  Blick  auf  dies  bescheidene  „Blühen" 
der  literarischen  Produktion  an  der  Pleiße  und  im  weiteren  Meißen,  soweit  es 
sich  in  Handschriften  da  und  dort  und  in  den  Drucken  erhalten  hat.  Ich 
glaube  kaum,  daß  er  sehr  heißes  Verlangen  nach  Dem  erwecken  wird,  das 
völlig  untergegangen  ist  —  aber  beachtenswert  ist  das  Erhaltene  doch'. 

Von  einer  schriftstellerischen  Betätigung  des  Prager  Magisters  unbekannten 
Doktorates,  ersten  Dekans  der  facultas  medica  studii  universalis  Lipsiensis, 
Gerhardus  Hoghenkerke,  ist  mir  nichts  bekannt  geworden. 

Der  zweite  Dekan  und  erste  dotierte  Professor  der  Therapie  an  der  Uni- 
versität Leipzig,  Magister  Helmoldus  Gledenstede  de  Zoltwedel,  in  Prag 
schon  Rektor  und  Dekan  der  Artistenfakultät  und  als  Lehrer  und  Examinator 

')  S.  10 — 12.  Lassen  wir  von  den  12  medizinischen  Professoren  des  i.  Jahrhunderts  der 
Universillt  die  beiden  ersten  als  von  Prag  Milhergezogene  bei  Seite,  so  sind  von  den  10  Übrigen 
4  Leipziger  Baccalarien  der  Medizin  und  3  sind  in  Leipzig  zu  Doktoren  ])ronioviert  worden,  darunter 
zwei  Dekane  der  medizinischen  Fakultät. 


Schriften  Helmolts  voa  Gledenstede. 


schon  ein  Jahrzehnt  in  Frag  viel  bescliäftigt  und  erprobt '),  tritt  nicht  sofort 
1409  in  Leipzig  als  Dr.  med.  in  die  Erscheinung,  sondern  erst  im  Winter- 
semester 14 16.  Er  ist  bekanntlich  aus  Prag  mit  ausgewandert  und  hat  fast  alle 
Fakultäten  in  sich  vereinigt,  sintemal  er  auch,  das  Datum  scheint  nicht  völlig 
festzustehen,  zu  den  Theologen  in  offizielle  Beziehung  trat  „ad  gradum  bacca- 
larii  theologiae  praesentatus  et  assumptus".  Es  spricht  manches  dafür,  daß 
dieser  feierliche  Akt  im  Sommersemester  14 10  stattfand,  als  Gledenstede 
das  Rektorat  bekleidete.  Vermutlich  stammt  von  dieser  Promotion  auch  das 
einzige  literarische  Lebenszeichen  seiner  Leipziger  Zeit  her,  das  ich  aufzufinden  ver- 
mochte, oder  ist  wenigstens  bei  dieser  Veranlassung  entstanden,  eine  scholastische 
Untersuchung  über  die  Weisheit  Gottes,  welche  dem  vielbewanderten  und  be- 
währten Prager  Einpauker  der  jungen  Artisten  alle  Ehre  macht,  aber  wie  alle 
solchen,  in  allen  Fakultäten  zu  l^eginn  des  15.  Jahrhunderts  so  sehr  beliebten 
„Quaestiones"  von  extremster  Sterilität  und  Langweiligkeit  ist.  Ms.  1423  der 
Leipziger  Universitätsbibliothek  hat  uns  diesen  ,.Schatz"  auf  Blatt  384 — ^gV  Sp.  i 
erhalten  als  „Ouaestio  Magistri  Helmolt  de  Soltwedel".  Anfang  und 
Schluß  dieser  dialektischen  Gliederverrenkung  möge  trotz  ihrer  nur  persönlichen 
Beziehung  zur  facultas  medica  hier  mitgeteilt  sein.  Wesentlich  anders  werden 
Gledenstedes  medizinische  Darlegungen  auch  nicht  sich  angehört  haben: 

ütrnm   summa  dei   sapientia  omnem  veritatem   possibilem   distinctissime   unico 
actu  simplicissimo  in  propria  forma  cognoscat? 

Quaestio  Magistri  Helmolt  de  Soltwedel. 

Utrum  summa  dei  sapientia,  cuius  legem  aetemam  participant  omnia  alia  agentia 
omnem  veritatem  possibilem  distinctissime  unico  actu  simplicissimo  peren(n)is  [?] 
puram  essenciam  in  propria  forma  cognoscatr  In  ista  quaestione  tria  principaliter 
supponuntur  et  quartum  quaeritur.  Supponitur  in  quaestione  primo  summa  in  deo 
sapientia,  quia  dicitur  utrum  summa  dei  sapientia  secundo  in  quaestione  supponitur 
diumae  legis  aetemae  e.xistentia  cum  in  t}tulo  quaestionis  subiungitur  cuius  legem 
etemam.  Tertio  praesens  quaestio  supponit  legem  aetemam  participare  omnia  citra 
deum  agentia.  Et  quarto  inquisitione  quaeritur  an  summa  dei  sapientia  omnem 
veritatem  possibilem  distinctissime  unico  actu  etc. 

Quare  determinando  praesentis  quaestionis  materiam  in  quatuor  distinguo 
articulos,  quorum  primi  tres  articuli  tria  supposita  quaestionis  praemissa  declarabunt 
et  quartus  articulus  quaesitum  in  se  explicando  determinabit  etcetera.  Quantum 
igitur  ad  articulum  primum,  qui  erit  de  quaestionis  primo  supposito,  scilicet  an  in 
deo  est  summa  sapientia.  Suppono  primo  qund  idem  in  re  est  deus  prima  causa, 
purus  actus,  suinmum  bonum,  primus  motor,  ultimus  finis,  felicitas  summa,  supre- 
mum,  princeps  universi,  primarius  dator  formarum,  perfectum  simpliciter,  bonum 
aeternum,  Optimum  possibile.  Ista  suppositio  patet  quia  diversi  philosophi  in  eorum 
dictis  atque  scriptis  talibus  variis  nominibus  deum  nominare  consueverunt  ut  patet 
de  Aristotele,  Piatone,  Pytagora,  Seneca  et  Boetii 

>)  Aus  dieser  Prager  Zeit  Helmolts  von  Salz w edel  findet  sich  im  Ms.  1348  der  Leipziger 
Universitätsbibliothek  (das  auch  eine  Reihe  Leipziger  Disputationsschemata  enthält)  auf  S.  274 — 284 
eine  quaestio  Pragae  disputata  „Quaeritur  utrum  casus  inleger  communis  insolubilis  est  admit- 
tendus  .  ."  „i>er  reverendum  hclmoldura  de  soltwedel  magistrum  et  in  post  in  lipczk  in  doctorem 
medicinae  promotuni,  collegiatum  coUegii  majoris  ibidem  etc." 


»'.    Lilorarisclie   Uriatigung. 

Ms.  ms.     Bl.  300'  Sp.  2. 

Istis  sie  praemissis  sit  prima  conclusio  Imius  subarlinili  isla  :  argunientatur  iiuid 
dcus  inlellipcndo  unico  actu  siinplicissiinu  cognoscit  (probatur  i|uid(.)uicl  deus  cognoscit 
suo  intcllipere  O'gnoscit,  utrum  per  notabilc  secunduin  cum  eins  probationc  in  prae- 
senti  subarticulo  tertio)  sed  summuin  intellipere  est  deus  et  niliil  aliud  quam  deus,  ut 
expresse  |X)nit  sccundum  notabilc  praescntis  subarticuli,  igitur  conclusive  vera  quam 
tcnet  quia  deus  est  articulus  purus  primus  simplicissimus,  ut  expresse  dicit  tertium 
notabile  pniesentis  subarticuli.  Conclusio  secunda,  quidquid  deus  cognoscit  per 
puram  eius  essentiam  cognoscit,  patet  conclusio  sie  quidquid  deus  cognoscit  per  eius 
unicuin  actum  simplieissimum  cognoscit,  igitur  conclusio  vera  tenet  contra,  quia 
actus  unicus  simplicissimus  dei  non  est  aliud,  quan>  dei  pura  essentia,  ut  elare  deduci 
potest  ex  notabili  secundo  cum  eius  probatione  recitata  in  praesenti  subarticulo 
tertio,  sed  antecedens  patet  eonclusionem  in  mente  praecedente.  Conclusio  tertia 
summa  dei  sapientia  omnem  veritatem  possibilem  imico  articulo  simplicissimo  per 
puram  eius  essentiam  cognoscit,  probatur  conclusio  sie:  summa  dei  sapientia  omnem 
veritatem  possibilem  cogni  >scit,  utrum  per  subarticuluin  primum  superius  praemissum, 
sicut  summa  dei  sapientia  cum  est  deus  nichil  cogn^iscit  nisi  unicn  actu  simpli- 
cissimo per  puram  eius  essentiam,  ut  patet  per  primam  et  secundura  conclusiones 
immediate  praecedentes  igitur  conclusio  vera  consequentia  nota  est,  similiter  et 
antecedens  oinclusio  secunda  et  ultima  ad  eonclusionem  universalem  est  isa:  Summa 
dei  sapientia,  cuius  legem  etemam  (391'')  parlicipat  omnia  agentia,  umnem  veritatem 
possibilem  cognoscit,  ut  patet  ex  articulis  tribus  primis  simul  conipositis  et  summa 
dei  sapientia  omnem  veritatem  possibilem  unico  actu  simplicissimo  distinctissime  in 
propria  fnrma  per  eius  puram  cessentiani  cognoscit  ut  habetur  ex  tertio  subarticulo 
articuU  quarti  simul  compositis  igitur  o  inclusio  vera,  quam  nota  similiter  et  antecedens 
patet  intuenti  totam  quaestionem  praecedetentem,  et  ita  patet  quo  quaestio  sicut 
prc'ponitur  est  vera.  Ex  tota  positione  praecedenti  infero,  corpore  primo  scientia 
dei  est  non  entinus  nulliter.  Corporum  seeundum  scientia  est  imperfectorum  com- 
praehensibilior,  corporum  tertium  scientia  dei  est  futurorum  ad  utruinlibet  con- 
tingenter.  Ista  corpora  speeialiter  ad  praesens  non  probo  tarn  breuiter,  quia  mani- 
festa  deduci  possunt  ex  corpore  totius  quaestionis. 

Explicit  questio  determinata  a  reverendo  magistr^i  helmoldo  de 
soltwedel. 

Schon  dieser  Schlußsatz  besagt  ja,  daß  dies  Schriftstück  in  den  Anfang 
der  Leipziger  Tätigkeit  Gledenstedes  fallt:  er  ist  hier  nur  erst  Magister  ar- 
tium,  noch  nicht  baccalarius  theologiae  und  Doctor  medicinae.  Wir  haben  es 
also  wohl  bestimmt  mit  Heimelt  Gledenstedes  Promotionsrede  bei  der 
feierlichen  Bestallung  mit  der  theologischen  Baccalariatswiirde  zu  tun '). 


')  Konrad  Wimpina  berichtet  in  seiner  „Scriptorum  insignium,  qui  in  ccleberrimis  prae- 
sertim  Lipsiensi  .  .  .  Acadcmiis  a  fundatione  ipsarum  usque  ad  Annum  Christi.  MDXV  floru- 
mmt,  Centnria"  edid.  J.  Fr.  L.  Thcod.  Merzdorf.  Lipsia  1839  S.  28, 29  unter  anderem  folgendes 
von  „Helmoldus  Glodenstede"  ,,  .  .  .  ad  medicinae  capessenda  insignia  non  sine  ingenio  anhelavit, 
perfecitque  ut  Aesculapius  apud  priscos,  ita  ipse  apud  Misn.-ie  Marchiones  in  pretio  esset.  Vir 
supernnmerariae  aetatis,  ut  ex  senccta,  scholasticis  laboribus  effoeta,  ad  puerilia  rudimenta  redirct. 
Scripsit  post  Medicinae  ca'hcdrac  regimen  (quod  in  longos  annos  traduxit),  in  utraque  medicinae  et 
artium  facultate  non  aspemenda,  quac  passim  in  libraria  Lipsensi  habentur,  videlicet: 

I^ractica  medicinalis  üb.  I. 

Regiminis  sanitatis  lib.  I. 
Lecturam  super  A\'iccnnam  inmensam.     Et  alia  plcraquc.''     Von  diesen   handschriftlich  um- 
laufenden Dingen,    das   soll   doch    wohl    ,,in   libraria  habentur"  heißen,    ist  mir  noch  nichts  in  den 
Weg  gekommen. 


Peslregiiiiina.  IO3 

Ein  wesentlich  anderes  Gesicht  hat  ein  anderes  Schriftstück,  das  uns  ein 
Schlesier  hinterlassen  hat,  der  vom  Sommer  1425  bis  Herbst  143 1  in  Leipzig 
studiert  hatte  und  daselbst  seine  ganze  gelehrte  Ausbildung,  seine  medizinische 
also  unter  Hoghenkerke  und  Gledenstede  erhalten  hat,  die  er,  wie  wir 
oben  S.  6  gesehen  haben,  mit  der  Promotion  zum  Baccalarius  medicinae  nicht 
lange  nach  143 1  beschloß').  Den  praktischen  Sinn  der  sich  in  dem  ganzen 
„Regimen  Praeservativum  ab  epidemia"  des  Vinzenz  Swoffheim  von 
Liegnitz  ausspricht,  müßte  er  von  Hoghenkerke  empfangen  haben*).  Doch 
hat  es  der  Liegnitzer  Arzt  anscheinend  nicht  bei  seinem  Leipziger  Unterricht 
bewenden  lassen,  es  müßte  sich  denn  um  eine  mehr  private  Unterweisung  eines 
alteren  Kollegen  in  der  Praxis  handeln,  wenn  er  sich  auf  einen  „praeceptorem 
nieum  Magistrum  Michaelem"  mehrmals  beruft  ').  Höchst  wahrscheinlich  hat 
Vinzenz  Schwoffheim  anderwärts  den  Doktorhut  errungen  und  nennt  hier  einen 
seiner  späteren  Lehrer.  Was  weiter  aus  dem  Verfasser  geworden  ist,  vermag 
ich  nicht  zu  sagen.  Ob  er  sich  in  Liegnitz  niederließ?  Jedenfalls  sind  die 
Beziehungen  der  Familie  Schwoffheim  zur  Leipziger  Universität  sehr  rege 
geblieben.  Eine  ganze  Reihe  „Swofflieim  de  Legenis"  begegnen  uns  in  den 
.Anfangen  unserer  Universitätsmatrikel.  Und  daß  man  dies  Schriftstück  in  den 
Leipziger  Handschritten  aufbewahrte,  spricht  doch  auch  für  seine  literarische 
Zugehörigkeit.     Ich  bringe  es  daher  im  Anhang  unter  Nr.  4  zum  Abdruck. 

Immerhin  beachtenswert  an  dieser  Stelle  scheint  mir  auch  das  deutsche 
Pestregiment  für  die  Frau  von  Plauen,  das  ich  zuerst  in  einer  Bamberger 
Handschrift  aufgefunden  habe,  dann  in  einer  Breslauer  Handschrift  wiedertrat 
und  endlich  auch,  ins  Niederdeutsche  übersetzt,  aus  einer  Handschrift  des 
britischen  Museums  aushob.  Freilich  ist  es  durchaus  nicht  gesagt,  daß  diese 
Kompilation  von  einem  Leipziger  Arzt  verfaßt  ist.  Es  gehört  immerhin  in  unseren 
territorialen  Bereich,  mag  also  unter  Nr.  5  im  Anhang  mitgeteilt  sein,  wo  ich 
die  nötigen  kritischen  Ouellenanalysen  beifüge. 

.Auch  über  einen  Pesttraktat,  der  mit  dem  Namen  des  Professors  der 
Artistenfakultät  (Mitglied  des  kleinen  Kollegs,  1480 — 1490,  t  1490)  Joh.  Cleyne 
(Kleine)  von  Lobau  im  losen  Zusammenhange  steht  (Ms.  Lips.  1255  Bl.  197) 
werden  wir  uns  dort  kurz  aussprechen. 

Wir  kommen  nun  zu  einer  Arbeit  eines  Mannes,  der  in  der  Leipziger 
medizinischen  Fakultät,  in  der  Stadt  und  in  der  Stadtverwaltung  eine  be- 
deutende Rolle  gespielt  hat,  zu  einer  Schrift  des  Dr.  med.  Johann  Sprottow 

')  Daß  es  sich  um  seine  Doktorpromolion  hier  gehandelt  habe,  wie  noch  Erler  an- 
nimmt, kann  ich  leider  nicht  mehr  für  richtig  halten,  wenn  ich  auch  das  Schriftstück  ursprünglich 
um  dessentwillcn  in  meine  Arbeit  aufnahm. 

■j  Vgl.  aber  die  praktisch-medizinischen  Schriften  Gledenstedes,  die  in  einer  vorhergehenden 
Anmerkung  nach  Konrad  Wimpinas  Überlieferung  genannt  sind,  vielleicht  aber  nach  Vinzenz 
Schwoffheims  Studienzeit  verfaßt  sind,  als  Gledenstede  die  Professur  für  praktische  Medizin  innehatte. 

')  Wahrscheinlich  jedoch  Micacle  Savonarola,  damals  Professor  von  großem  Rufe  in 
Ferrara  (f  ca.   1465). 


('.    Literarische  Betätigung. 

alias  Mcurer  aus  Crossen,  Min  näheres  Eingehen  auf  ihn  und  seine  Schick- 
sale haben  wir  uns  bis  hierher  aufgespart.  Wir  müssen  also  etwas  weiter 
ausholen. 

Er  war  im  Wintersemester  1432  auf  die  Leipziger  Hochschule  ge- 
kommen, hatte  im  Sommer  1434  das  Haccalariat,  im  Winter  1436  das  Ma- 
gisterium  errungen  und  ist  nach  Absolvicrung  des  Baccalariats  der  Medizin 
in  Leipzig,  deren  Datum  nicht  feststeht,  und  mit  Erringung  des  Doktorhutes  im 
Jahre  1447  in  die  Fakultät  der  Medizin  eingetreten,  nachdem  er  der  Artisten- 
fakultät seit  1442  angehört  hatte.  Er  hat  also  seinen  ganzen  Studiengang  in 
der  Stadt  an  der  Pleiße  durchgemacht  und  ist  auch  zu  städtischen  Ehrenstellen 
gelangt;  1452  in  den  Rat  gewählt,  bekleidete  er  1465  das  Bürgermeisteramt, 
das  er  freilich  in  „schwerer  Ungnade"  beim  Kurfürsten  Ernst  und  Herzog 
Albrecht  in  ungewöhnlicher  Weise  wieder  niederlegte,  indem  er  vom  Gefängnis 
aus  darauf  verzichtete  (7.  Februar  1465]'). 

Als  Kollegiat  des  Frauenkollegs  wird  er  kurz  nachher '18.  Februar  1465) 
mit  sechs  anderen  KoUegiatsgenossen  im  Namen  des  8.  Genossen  im  Kollcgio, 
Presb\-ter  Hieronymus  Swofheim,  vor  das  Geistliche  Gericht  nach  Merseburg 
von  Rom  aus  zitiert-").  Die  zeitliche  Koinzidenz  dieses  Schriftstückes  mit  der 
Verhaftungsangelegenheit  Meurers  ist  aber  wohl  nur  eine  Zufälligkeit. 

Was  hatte  der  unglückliche  Mann  verbrochen,  d.iß  seine  Landesherren 
ihn  in  den  Kerker  hatten  werfen  lassen? 

Mit  seinem  früheren  Fürsten,  dem  Herzog  und  Kurfürsten  Friedrich,  dem 
Sanftmütigen  (1428 — 1464),  muß  er  doch  wolil  in  guten,  wenn  nicht  nahen 
Beziehungen  gestanden  haben,  trotzdem  ihm  dieser  den  am  gleichen  Tage 
mit  ihm  weiland  doktorierten  Landessohn  Johann  Schipnitz  von  Mittweida 
als  Professor  der  Pathologie  begreiflicherweise  vorgezogen  hatte  ^).  Von  Johann 
Meurer,  Doktor  der  Medizin  habe  ich  nämlich  ein  Gesundheitsregiment  für 
eben  diesen  Herzog  Friedrich  im  Ms.  Lipsions  1584  Bl.  i  aufgefunden,  das 
mir  aller  Beachtung  wert  scheint,  ob  seiner  ruhigen  Sachlichkeit  und  Phrasen- 
freiheit.    Ich  bringe  es  im  Anhang  unter  Nr.  6  zur  Publikation. 

Abgesehen  von  seiner  interessanten  Abfassungsweise  und  den  darin 
niedergelegten  gesunden  ärztlichen  Gedanken  und  Grundsätzen  dokumentiert 
nun  dies  Schriftstück,  das  jedenfalls  seitens  des  Kurfürsten  Friedrich  II.  erbeten 
worden  war,  daß  Johann  Meurer  das  Vertrauen  Friedrichs  des  Sanftmütigen 
genoß.  Sollte  gar  gerade  dieses  allerhöchste  Vertrauen  ihm  verderblich  ge- 
worden sein.     Es  scheint  wirklich  so  zu  sein. 

Friedrich  der  Sanftmütige  ist  am  7.  September  1464  gelegentlich  eines 
Aufenthaltes  in  Leipzig,  anscheinend  ziemlich  plötzlich,  erst  54  Jahre  alt,  ge- 
storben; alle  weiteren  Nachrichten  über  diesen  immerhin  etwas  frühen  Tod  fehlen 
bis  heute,  aber  höchstwahrscheinlich  ist  Kurfürst  Friedrich  IL,  wie  aus  dem 
Gesundheitsregimen  hervorgeht,  von  dem  Arzte  seines  \'ertrauens,  vom  Bürger- 

•)  Posern-Klett,  Urkundenbuch  der  Stadt  Leipzig.  I.  Band.    Leipzig  1868.    Nr.  386  S.  318. 
•)  Stübel,  Urkundenbuch  der  Stadt  Leipzig  1879  S.  147  Nr.  127. 
•)  Vgl.  oben  S.  62  und  zu  Meurer  überhaupt  S.  i"  Anm.  5. 


Dr.  Joh.  Meurers  Gesundhcitsregiment  und  Schicksale. 


meister  Dr.  med.  Johann  Meurer  in  dieser  Krankheit  behandelt  worden.  Hat 
sein  schneller  Tod  der  Witwe,  der  Schwester  des  Kaisers,  die  den  Gatten  noch 
22  Jahre  überlebte,  und  den  Söhnen  den  treuen  .Arzt  plötzlich  verdächtig  erscheinen 
lassen?  Haben  die  Söhne  ein  hochnotpeinliches  V^erfahren  gegen  ihn  eröffnet 
und  ihn  in  den  Kerker  werfen  lassen?  Ich  bringe  die  beiden  einzig  zu  diesem 
Falle  mir  bekannt  gewordenen  Aktenstücke  aus  dem  Hauptstaatsarchiv  in 
Dresden  in  der  Anmerkung  im  vollen  Wortlaut  zum  Abdruck. ')  Sie  scheinen 
mir  kaum  eine  andere  Auslegung  zuzulassen,  zumal  in  den  Akten  der  Stadt 
Leipzig  von  der  ganzen  Sache  kein  Wort  zu  finden  ist,  was  doch  recht  unwahr- 
scheinlich wäre  für  den  Fall,  daß  es  sich  um  eine  Verfehlung  Meurers  in  seinem 
Bürgermeisteramt  handeln  sollte.  Der  Schatten  der  Frankenkönigin  Austrigildis 
schwebte  eben  noch  lange  über  der  Ärzteschaft.  Bedroht  er  nicht  manchmal 
auch  heute  noch  pflichtgetreue  Männer?  —  Neben  der  etwa  5  Monate  langen 
Kerkerhaft  war  die  Geldstrafe  von  600  Gulden  jedenfalls  recht  hoch  bemessen. 
Wir  verlieren  denn  auch  mit  dem  Jahre  1465  jede  Spur  von  Dr.  Johann 
Meurer  in  Leipzig;  er  hat  die  Meißnischen  Lande  wohl  bestimmt  verlassen. 
Wenn  ihn  eine  Quelle  nicht  nur  versehentlich  mit  dem  Breslauer  Domkapitel 
in  Verbindung  bringt,  so  mag  sie  uns  seinen  späteren  Aufenthaltsort  dadurch 
überliefert  haben.     Doch  das  bedarf  noch  weiterer  Untersuchung. 


')  Kgl.  Sachs.  Ilauptstaatsarchiv.     Original-Urkunde  Nr.  7849: 

Ich  doclor  Johannes  Meurer  bekenne  vor  mich  und  myn  erben,  daz  ich  den  erluchtyn  hoch- 
gebomen  furßten  und  hern  hern  Ernßte  kurfurßte  und  hern  Albrecht,  herczogen  zu  Sachsen  Lant- 
graven  zu  Dorj'ngen  und  margraven  zu  Missen,  myn  gnedigen  libyn  hern  schuldig  byn  600  gülden 
ader  also  vil  müntcze,  dy  zu  beczalen  nemlich  off  den  necstyn  Ostermarg  300  gülden  und  off  den 
necstyn  michelsmarg  och  300.  Daz  zu  merem  bekentnuß  habe  ich  dißen  briff  mit  myner  hanth  ge- 
schrebn  und  mit  mym  sigl  vorsigelt.  Gebyn  der  mynner  czal  ym  65  jare  am  donerßtage  nach 
Dorothee.  (Z.  S.} 

König].  Sachs.  Hauptstaatsarchiv.     Orig.-Urk.  Nr.  7850: 

Ich  Johanß  Meurer  Docttor  bekenne  in  dißem  ofen  brife  vor  mich  meyne  Erbin  und  erp- 
nemen  und  thu  kunt  allermenniclich  die  yn  sehin  adir  horren  leßen,  nachdem  also  ich  in  der  er- 
leuchtten  unde  hochgebornen  fursten  unde  hern  hern  Ernsten  kurfursten  etc.  und  hern  Albrechtten 
gebrudern  herczogen  zcu  Sachssen  lantgraff  in  Doringen  und  marggraff  zcu  Meißen  meyner  gnedigen 
libin  hern  swerre  Ungnade  gefallin  und  in  irre  straffung  zcu  gefencknis  komen  was  das  sich  irre 
gnadin  gein  mir  in  dem  gncdiclichin  bewißet  und  mich  von  yn  in  gnadin  unde  gunst  habin  komen 
laßen  unde  der  gefencknis  ledig  unde  loß  gegebin  habin,  deslialbin  obergebe  unde  vorkiße  ich  hir- 
mitte  das  borger  meister  ampt  und  den  rat  stui  zcu  Lipczk  in  yrrer  gnadin  stad,  gerede  unde  globe 
dar  obir  for  mich,  meyne  erbin  unde  erpnemen  mit  fryhem  wol  bedachtten  mutte  ungenottigit  unde 
unbecwungin  ouch  anne  unrechlte  gewalt  und  anne  hinderniß,  dar  zcu  ich  gecwungen  adir  ge- 
drimgen  wer,  bey  meyner  gutten  warten  truwcn  unde  ouch  bey  meynem  eyde,  den  ich  hirzcu  sunder- 
lich  getan  hab  also  hir  nach  berurt  wirdit,  das  ich  solchs  was  gein  mir  des  gefenckniß  unde  anders 
halbin  vor  genomen  ist,  wedir  dy  genanten  meyne  gnedigen  hern,  irre  erbin  unde  erpnemen  nymer 
mehir  zcu  ewigin  gecz  tten  in  arg  nicht  gedencken  nach  gewcnnen  mich  des  ouch  widir  yrre  gnade 
irre  gnadin  rette,  manne,  ampt  lutte,  dynnere,  burgir,  gebuwir  unde  gemeynlich  an  nymandis  der 
yrn,  welchs  weßens  unde  stanczs  dy  sint  adir  zcukunfftig  werdin  mit  wortten  adir  werkin,  heimlich 
adir  offenbar  durch  mich  adir  eynen  andern  zcu  richts  adir  seit  halbin  nach  durch  keynen  er 
tichtten  adir  erdachttin  anslag  nicht  rechin  nach  ouch  in  recht  ap  das  durch  eincherley  weg  gesehen 
mochtte  von  gemeynen  rechtt  ader  durch  sunderliche  erwerbunge  gnade  halbin  von  der  romischen 
kirche  ader  von  dem  heyligen  rieh  dar  widir  nymer  thun  wil,  zcu  was  stant  ich  ymer  komen  mocht, 


j^,  fi     Litcrarisclic  Detiitipinf;. 


War  der  geistige  Zusainmonhang  der  oben  (S.  103)  erwähnten  Pest- 
schriften mit  der  Leipziger  Hochschule  jedenfalls  unbeweisbar,  vielleicht  sogar 
etwas  zweifelhaft,  so  scheint  mir  eine  andere  Leipziger  Handschrift  aus  dem 
1 5.  Jahrhundert  doch  Leipziger  gelehrte  medizinische  Arbeit  um  so  deutlicher 
uns  darzureichen. 

Ein  Quartant  von  etwa  250  Blattern,  der  im  Jahre  1543  mit  den  gesamten 
Schätzen  der  Klosterbibliothek  in  Altenzelle  (Altzelie  bei  Xossen)  zu  den  Bücher- 
beständen der  Universität  Leipzig  kam'),  heute  Nr.  1227,  zeigt  an  6.  Stelle 
eine  zusammengehörige  Eintragung  einer  sauberen  Hand  aus  der  Mitte  etwa  der 
zweiten  Hälfte  des  15.  Jahrhunderts  auf  45  (gesondert)  numerierten  Blättern. 
Auch  hier  ist  die  Vorliebe  zur  Beschäftigung  mit  der  Pest  deutlich  zu  erkennen. 
Nach  einigen  therapeutischen  Notizen  für  Kopfleiden  auf  dem  ersten  Blatte 
eröffnet  eine  kleine  Abhandlung  „De  niedicinis  praeservativis  tempore 
pestilentiae''  Bl.  2' — 6'  die  Sammlung.  Es  folgt  ein  zweites  kleines  Pest- 
regimen, Bl.  ö' — y,  anscheinend  von  Matteo  (Marco?)  Giovanni  da  Siena 
und  endlich  Bl.  43^ — 45''  ein  Schriftstück,  das  abermals  in  erster  Linie  an  einen 
Sachsenherzog  sich  wendet,  ein  „Regimen  ordinatum  pro  duce  Saxoniae" 
wie  wir  gleich  sehen  werden.    Am  Ende  des  zweiten  der  genannten  Pesttraktate 

wil  ouch  nicht  vorhengen  schicken  ader  zcu  statten  eynem  andern  dar  wider  zcu  thun  unde  was 
hir  widir  geschege  machtloß  unde  unbestendig  habin  unde  bescheidin  unde  obir  das  allis  sal  nach 
wil  ich  widir  yrrc  gnade  irre  rette,  manne,  burgir  unde  stette  in  sampt  ader  bsundern  nach  ny- 
mandis  der  ym  nymer  gethun  mit  ratte,  wortten  ader  wercken.  Ich  sal  unde  wil  mich  ouch  der 
regyrunge  der  stat  Lipczk  durch  keynen  weg  nymermer  an  czihin,  was  aldo  geschit,  rattis  halbin 
nicht  beredin  nach  darwidir  thun,  deshalbin  ouch  kein  gespreche  habin,  nach  samenunge  machin, 
nach  ouch  bsy  keyner  samenunge  sein  ap  dy  gemacht  wurde,  darzcu  nicht  ratten  nach  lielfTen  durch 
mich  adir  eyn  andern  heimlich  adir  offenbar  ouch  umme  sulchs,  was  an  mir  gesehen  ist  mit  ny- 
mandis  redin  zcu  keynner  zeit,  es  sey  korcz  adir  langk  nach  keinen  handil  habin,  welchs  weßens 
der  werre,  furste,  graffe,  hcrre,  rytter,  knecht,  burgir  ader  buwir,  frund  adir  fremde  unde  das  ny- 
mandis  sundirlich  vordencken  eynnen  vor  den  andern.  Wurde  ich  mich  abir  an  der  arttickel 
cynnem  ader  mehir  vorgeßen  unde  darwider  thun  welchn  der  werre  der  groste  ader  der  kleynste 
were  es  an  rette,  hern,  manne,  borger,  knechte  ader  dyner  ader  sunst  ymandis  der  ym,  es  geschege 
mit  wortten  vehil  ader  wenig  heymlich  ader  offenbar  ader  mit  werken  ader  mit  zceichin  öffentlich 
adir  bcdackt,  wie  das  zcu  queme,  so  sal  unde  wil  ich  meynen  cgenantten  gnedigen  hern  unde  yrrer 
gnadin  erbin  vorfallin  sein  libis  unde  guttes,  da  mitte  denne  yrre  gnade  zcu  thune  sollin  habin  nach 
yrrem  fryhin  willin  unde  wolgefallin  anne  geferde,  wil  mich  ouch  damitte  rechtloß,  erloß,  libeloß 
unde  guttcloß  wirdigk  gewirkt  habin,  wu  ich  darwidir  thun  wurde,  und  solliche  arttickel  obin 
berurt  alle  semptlich  unde  iclich  besundern  stette  zcu  haldin,  habe  ich  eynen  eyd  zcu  gotte  liplichin 
uf  den  herzligin  gesworn  mit  bedachtem  fryhem  mutte  ungenottigit  unde  ungecwungin,  das  ich 
ouch  also  zcu  haldin  gelobe  mit  nnd  in  craft  dißes  briffes  zcu  bekenttcniß  unde  mehir  Sicherheit 
habe  ich  meyn  ingesigil  williglich  hir  an  discn  briff  thun  hengen ,  der  gegebin  ist  nach  kristus 
gebort  tuDint  fir  hundert  unde  darnach  in  dem  fünf  unde  sechzcigistin  jarre  am  Dornstage  nach 
Dorethea.  (^.  S.) 

')  „Ad  Bibliothecam  publicam  [anderwärts  auch  „communis"  genannt]  Anno  salutis  l^oS" 
heißt  es  am  Fuße  des  ersten  beschriebenen  Blattes;  damals  war  die  Handschrift  also  ins  Cistercienser- 
kloster  in  Altzelle  gekommen,  aus  dem  Besitze  des  Arztes  in  Freiberg  Nicolaus  Münzemeister. 
Am  Ende  ist  ein  „Regimen  pestis  cuiusdam  doctoris  in  N-ulgari"  leider  herausgerissen,  das  1 506  noch 
vorhanden  war  als  der  Band  in  die  Klosterbibliothek  zu  Altzelle  kam ,  wie  das  gleichzeitig  an- 
gefertigte Register  auf  der  Innenseite  des  Vordcrdeckels  erkennen  läßt. 


Leipziger  Pesttraktate.  107 


finden  wir  aber  auch   die  Lösung   für  die    uns    aufsteigende  Frage   nach   dem 
Grunde  der  fleißigen  Beschäftigung  unseres  Leipziger  (ärzthchen)  Schreibers  mit 
der  Pest,  der  sich  dabei  auch  gleichzeitig  als  Leipziger  Gelehrter  dokumentiert. 
Er  schreibt  Bl.  6'": 

Et  haec  ad  laudem  dei  benedicti  sint  dicta  et  ad  utilitatem  oranium  homi- 
nuni  et  singulariter  habitantium  in  civitate  Senensi  pro  quorum  praeser- 
vatione  a  peste  Ego  Marcus  (?)  Johannes,  eiusdein  civitatis  alumpnus  Ao  1374 
in  inense  Junij  hunc  tractatum  composui  annis  viginti ')  autem  post  hoc  Anno 
1463  horrendissima  pestis  quasi  per  totum  orbem  terrarum  ita  quod  in 
multis  locis  et  terris  vix  tertia  pars  hominum  remansit,  quae  in  multis  locis 
ad  duos  quasi  stetit  menses  continuos  et  adintravit  (?)  post  hoc  anno  1474 
in  partibus  Misniae,  primo  in  Friberga  etc. 

Haec  sunt  scripta  in  lypczigk  tempore  epidemiae  Anno  1478 
Mense  Septembri,  ubi  haec  pestis  aliqualiter  incipiebat,  per 
T.  W.  d.  b. 

Wir  erfahren  hier  also  recht  viel  Interessantes  auf  einmal,  daß  1474  die 
Pest  im  Meißnischen  wütete  und  in  Freiberg,  dem  damals  recht  lebhaften  Berg- 
städtlein, anhub,  nachdem  erst  1463  eine  universelle  Pest  mehr  als  die  Hälfte 
der  Lebenden  dahingerafft  hatte.  Wir  erhalten  ferner  die  Kunde,  daß  1474 
in  Leipzig  im  September  eine  neue  Epidemie  ausbrach,  die  den  Schreiber  eben 
dazu  führte,  sich  Pestpräservativa  und  Pestkurativa  zusammenzuschreiben. 
Er  fiigt  denn  auch  zwei  Fragmente  verwandten  Inhaltes  direkt  noch  an  (Bl.  8'' 
bis  lO'):  „Capitulum  octavum  de  curatione  febrium  videlicet  de  curatione  febrium 
pestilentialium  cum  auxilio  dei  omnipotentis,  in  quorum  curationibus  primo  con- 
siderandum  est  .  .  .''  über  Aderlaß,  Behandlung  der  Pestbeulen  durch  Ruptoria 
und  gleichzeitige  Purgation  mit  Helleborus  usw.  .  .  ,.Haec  omnia  habita  sunt 
et  confirmata  a  domino  Philippe  de  Elentomo  (?;  cardinali  quae  quae  <„non"  von 
anderer  Hand  beigesetzt)  credimus  esse  fabulatoria"  heißt  es  am  Schlüsse  des 
ersten  Fragmentes.  Das  zweite  bringt  zum  Teil  parallele  Anweisungen,  die 
mit  den  W'orten  schließen:  „Bonus  est  ergo  modus  quo  quis  in  tempore  pesti- 
lentiae  se  custodire  debet  etc." 

An  anderer  Stelle  dieser  Handschrift,  kurz  bevor  seine  eigene  Zählung  der 
Blätter  beginnt,  Bl.  I52''— 163  [eig.  164]',  hat  der  nämliche  Schreiber  eine  längere 
Abhandlung  über  Regelung  der  Lebensweise  in  Pestzeiten  zusammengeschrieben, 
später  „Regimen  pestilentiae"  betitelt.  Am  Ende  derselben,  S.  192'',  heißt 
es  folgendermaßen:  .  . .  ,,Et  sie  quam  plures  astripotentis  ope  pestiferam  cladem 
subterfugere  queunt.  Haec  itaque  e  majorum  antiquorum  et  modernorum  me- 
dicorum  sententijs,  ut  memorativae  cellulae  ocius  imprimantur,  de  hac  omni 
aegritudine  perniciosiore  pestilentia  brevissime  lypczigk  sunt  cursorie  rapta 
decima  Kalendas  septembris  Anno  domini  M^ccccOlxxiiij'"  :I474]  pro  quibus 
Sit  benedictus  qui  phebo  radios  aministrabat  et  cornua  lunae." 

Eine  andere,  wenig  spätere  Hand  hat  dann  noch  beigesetzt:  „Collectum 
Anno  quo   supra  et  publicatum    est   praesens   consilium    a   Magistro  nicolao 


')  Die  Lesung  dieser  beiden  Worte  ist  sehr  unsicher. 


,    ,^  I'.    Literarische  Bettügung. 

luonctarij  c  diversorum  autorum  dictis  autenticis  curiose  elaboratum".  Nicolaus 
Miinzemeyster  (Monetarii)  aus  Dresden  war  im  Winter  1459  in  Leipzig  in- 
skribiert, im  Winter  1465  zum  Haccalar  und  im  W'inter  1469  zum  Magister 
promoviert  worden.  Er  scheint  dann  außerhalb  Medizin  studiert  und  schnell 
dies  Studium  absolviert  zu  haben.  Als  Arzt  war  er  spater  in  der  alten  Berg- 
stadt Freiberg  ansässig  und  besaß  eine  hübsche  Bibliothek,  die  nach  seinem 
Tode  dem  Kloster  Altenzelle  zufiel  und  mit  dieser  Klosterbibliothek  spater  nach 
Leipzig  kam.  Wenn  Ludwig  Schmidt  im  ersten  Hefte  seiner  „Beiträge  zur 
Geschichte  der  wissenschaftlichen  Studien  in  sächsischen  Klöstern",  Dresden 
1897  S.  32,  Anm.  102  berichtet,  daß  er  im  Dresdener  Kataloge  unter  L.  35 
als  Verfasser  eines  Regimen  pestilenciale  genannt  wird,  das  jetzt  wohl  nicht 
mehr  vorhanden  sei,  so  kann  ich  zwar  den  angegebenen  Verweis  im  gedruckten 
Katalog  der  Dresdener  Handschriften  nicht  finden,  aber  die  verloren  geglaubte 
Schrift  ist  wohl  zweifellos  die  hier  von  mir  eben  genannte.  Da  keine  nähere 
medizinische  Beziehung  des  Monetarius  zu  Leipzig  ersichtlich  ist,  er  vielmehr 
seine  Studien  in  Padua  absolviert  zu  haben  scheint  ^),  gehe  ich  diesmal  auf  das 
Pestregimen  nicht  näher  ein.  es  ist  wohl  im  wesentlichen  italischer  Trovenienz, 
auch  scheint  mir  die  Verfasserschaft  Münzemeisters  nicht  über  alle  Zweifel 
erhaben.  Nähere  Untersuchung  ein  andermall  —  Der  Schreiber  hat  aber 
oft'enbar  zu  dem  Freiberger  Arzte  Beziehungen  gehabt;  von  ihm  hat  er  wohl 
auch  die  oben  gegebene  Nachricht  über  den  Ausbruch  der  Pest  in  Freiberg 
1474  erhalten,  die  den  Freiberger  Praktiker  vielleicht  auch  dazu  geführt  haben 
könnte,  sein  Pestmanual  zusammenzuschreiben. 

Damit  ist  wohl  das  Interesse  an  der  Pestfrage  für  unseren  zweifellos  ärzt- 
lichen Schreiber  erschöpft.  Er  hat  uns  aber  ein  anderes  Schriftstück  durch 
Abschrift  aufbewahrt,  was  der  Zeitsitte  des  Gesundheitsregimens  für  einen  hohen 
Herrn  eine  neue  Nuance  zu  geben  scheint,  seine  Vorläufer  aber  schon  in  der 
Antike  besitzt.  Er  teilt  nämlich  auf  Bl.  43'' — 45^^  [207'' — 209''  des  ganzen  Hand- 
schriftenbandes] Verhaltungsmaßregeln  auf  der  Reise  mit,  welche  für  einen 
Sachsenherzog  ausgearbeitet  sein  sollen,  der  eine  Reise  nach  Ungarn  unter- 
nahm. Recht  wohl  möglich,  daß  einer  der  Leipziger  Professoren,  die  ja  viel- 
fach im  Nebenamte  Leibärzte  ihrer  Fürsten  waren  —  wir  werden  weiter  unten 
einen  Fall  dieser  Art  kennen  lernen,  der  eine  gewisse  literarische  Berühmtheit 
erlangt  hat  —  mit  der  \'erabfassung  eines  solchen  Schriftstückes  beauftragt 
worden  war.  Wir  verweisen  auf  diese  klugen  Reiseregeln  eines  Unbekannten 
in  den  Anhang  (vgl.  Nr.  7  S.  205 — 208). 

')  Dort  hat  er  die  kostbaren  Inkunabeln  erworben,  die  heute  noch  die  Leipziger  Universitäts- 
bibliotbek  von  ihm  (durch  den  Umweg  über  .iVltenzelle  vgl.  Ludwig  Schmidt  an  eben  angeführtem 
Ort,  S.  32  u  33)  besitzt,  großenteils  mit  seinem  Wappen,  einem  blauen  Halbmond  auf  weiß-rotem, 
senkrecht  geteilten  Schilde:  Die  Consilia  des  Bartolomeo  Montagnana,  die  Avicenna- 
Kommentare  des  Jakob  von  Forli,  Hugo  von  Siena,  des  Gcntile  da  I-'olignc  (Päd.  1477), 
die  „recoUecta  de  urinis'-  des  Antonio  Cerraisone,  und  den  Kommentar  des  schon  genannten 
Jakob  von  Forli  über  das  „tegni"  des  Galen,  herausgegeben  von  Petrus  Rochobonella,  Ordi- 
narius der  Theoretischen  Medizin  in  Padua,  alles  gewaltige  Folianten  in  splendiden  italienischen 
Drucken  eines  Laur.  Canozius,  Joh.  Maufer,  Joh.  Herbort  in  Padua  und  anderer. 


Dr.  Nie.  Münzemeister  in  Freiberg  und  Leipziger  Praxis-Notizen.  109 

Dieselbe  Hand  die  diese  gesundheitsgemäßen  Reiseregeln  für  den  Herzog 
von  Sachsen  abgeschrieben  hat,  fügte  auf  vielen  ungezählten  Blättern  einen 
Galenischen  Traktat  „de  mala  complexione'-,  Purgier- Vorschriften  und  ähnliches 
bei,  was  wir  hier  übergehen  können.  Weit  interessanter  scheint  mir  aber  eine 
Reihe  kleiner  Consilia  und  anderer  praktischer  Notizen  (oder  sollen  wir  sagen 
Notizen  aus  der  Pra.xis)  zu  sein,  die  unser  Schreiber  auf  IM.  lO — 41  zusammen- 
geschrieben hat. 

Er  beginnt  auf  BI.  lo'  mit  einem  ,,Consilium  in  dolore  rcnum  ex  calculo" 
das  sich  an  ein  „Dilectum  Johannem*'  wendet')  und  genaue  Anweisung  über 
Bäder,  Diät  und  reichlich  zugemessene  arzneiliche  Heilmittel  (z.  B.  ein  Pulvis 
Eugenii  und  ein  anderes  Magistri  Engelberti)  empfiehlt  bzw.  zusammenstellt. 
Ein  „Regimen  Calculosorum"-)  am  Ende  macht  sehr  detaillierte  Vorschriften.  Es 
folgt  Bl.  18*,  ein  Abschnitt  „De  dolore  intestinorum  et  renum"^),  Bl.  19^  De  <[H)y- 
dropisi  asclite.  Pro  quadam  muliere  quae  habuit  ydropisim,  ut  apparuit  asclitem 
pia.xime  e.x  retentione  menstruosorum  et  causa  frigida  esse  apparuerit.  Erat 
maxima  cum  dolore  utriusque  lateris,  pro  quo  primo  memoratum  hoc  ordi- 
navi  ....  habebat  sedes  quindecim  et  multa  copia  aquositatis  est  educta. 

Bl.  21''.    Cura  asclitis,  quando  est  sine  febre  .  .  . 

Bl.  21^".    Item  Wilhelmus  curatus  quidem  cum  ipsis  trociscis  .  .  . 

Bl.  23^.  De  humiditate  matricis  et  impedimento  conceptionis.  Pro  uxore 
Nicolai  Biborgers,  quae  non  poterat  concipere  propter  humiditatem 
matricis  et  frigiditatem  et  non  retinuit  sperma  virile  nisi  per  modicam 
moram  et  illud  apparuit  esse  propter  humiditatem  .  .  . 

Bl.  26'''.    De  retentione  menstruorum. 

Pro  quadam  domina  de  Wittenberg  habente  retentionem  menstruorum 
e.x  causa  frigida  et  ratione  sanguinis  ut  apparet  grossi  et  viscosi,  et 
causa  haec  sterilitatis  erat  ratione  levitatis  et  lubricositatis  matricis  .  .  . 

Bl.  29''.     Pro  menstruo  provocando  primo  habeantur  pilulae  .  .  . 

Pro  sorore  domini  abatis  de  Buch  in  Grimmis  habente  fluxum  men- 
struorum alborum,  et  cum  habuit  fluxum  ventris  humoralem  et  apparuit 
ibidem  quodammodo  materia  colerica.  De  flu.xu  menstruorum  al- 
borum .  .  . 

Bl.  30^'.     De  fluxu  mentruorum  albo. 

Pro  muliere  domina  gernoldyni  habente  flu.xum  menstruorum  non  ru- 
beorum  sive  alborum  .  .  . 


•)  „Dilectissime  Johannes  ut  intelligo  satis  frequenter  molestamini  dolore  renum  et  pectoris 
(pectinis?)  ex  viiio  lapidis  generali  ex  humoribus  grossis  et  viscosis  .  ,  ."     (Johannes  Grossmann?) 

')  „Honorabilis  domine  licet  ad  sanitatem  cuislibet  membri  et  totius  corporis  unum  intendatur 
rcgimen  mihi  conscribendum   .  .   ." 

■')  Pro  muliere  quadam  habente  dolorem  <[in)>intestimis  et  in  reuibus  et  in  dorso  ratione  cal- 
cuU  renum  qui  exivit  et  habuit  maliciam  appetitus  et  cordis  debilitatem. 


(>.    Literarische  BeUügung. 


lU.  31'.     De    i  cn.isiuone. 

Pro  sororc  Magistri  Johannis  Grossmaii,  morantelm]  adliuc  in  Gera  habctite 
tenasnionem  cum  fxpulsione  saniei  et  iirinae  dilticultatc  cum  duritio 
epatis  et  cum  stomachi  detectione  .  .  . 

W.  32'.  Pro  domina  in  Krybcnsteinio  habente  molam  matricis  et 
spasmum  seu  tortionem  in  coUo  cum  debilitate  stomachi. 

Bl.  35'.  Pro  uxore  Lobedans  in  Mitteweyda  habente  spasmum  humidum 
in  manibus,  sub  genu  et  in  pedibus  per  totum,  nee  potuit  ambulare 
in  quatuordecim  septimanis,  deficit  autem  appetitu  penitus  et  habuit  ex 
urina  flegmatis  multitudinem,  bibit  multum,  comedit  parum. 

Bl.  35".  Pro  quodam  pro  apostemata  flcgmatico  stomachi  et  duricie 
splenis. 

Bl.  36'.  Pro  domina  de  Gera  in  domo  Henrici  Slantitz  junioris  habente 
stomachum  debilem  cum  dolore  ventris  post  convalescentiam  et  cum 
restrictione  menstrui. 

Bl.  36^    Pro  Jacobo  de  Gubin  habente  mclancholiam  .  .  . 

Bl.  38'.     14 18  [1478?] 

Pro  domino  meo  generoso  domino  wilhelmici  [:]  pro  praesenti  iudicavi 
catarrhum  frigidum,  ratione  cuius  venit  tussis  maxime  tempore  nocturno 
et  cum  ttissi  quandocunque  venit  sputum  sanguinis  et  quandocunque 
saniei.  Nota  hie  cerebrum  frigidum  catarrhos  causat  grossos,  materia 
per  tussim  educta  causat  viscosa,  tussis  satis  longo  tempore  duraverat 

Bl.  40'.  Pro  Gunthero  piscatore  domino  qui  exsiccatus  fuit  sie,  quod 
ner\'os  non  poterat  movere  nee  sensum  nee  motum  in  partibus  ex- 
tremalibus  habuit,  licet  virtus  vitalis  et  naturalis  salvae  apparebant, 
circa  quod  morietur. 

ib.  Pro  magistro  civium  de  lütczen  habente  tussim  ex  humiditate  pulmonis 
vel  saltem  propter  humorem  grossum  frigidum  retentum  in  i)ulmone 
vel  in  canna  [r]  eius  et  habuit  dolorem  circa  dyafracma  .  .  . 

Bl.  40'^.  Pro  illo  gallico  de  ordine  sancti  anthoni  in  domo  vocatis  civitatis  [?] 
habente  maximum  dolorem  dextri  oculi  cum  rubedine,  insompneitate, 
sicut  apposui  albumen  ovi  cum  stuppa  et  est  repercussivum.  Secundum 
est  lac  mulieris  ab  ubere  sumptum  et  scias  quod  lac  abstergit  ratione 
serositatis,  immo  in  omni  tempore  competit  .  .  . 

Das  waren  die  Krankheitsfälle,  an  welche  unsere  Handschrift  ihre  vor- 
wiegend pharmakologischen,  manchmal  auch  diätetischen  Anweisungen  anknüpft. 
.■\b  und  zu  ist  wohl  auch  ein  kurzer  pathologischer  E.xkurs  eingeschoben,  z.  B. 
bei  Mole  und  Melancholia,  aber  es  ist  eigentlich  doch  alles  therapeutisch  und 
oft  sind  kurze  Heil?nzeigen  in  großer  Menge  derart  bunt  aneinandergereiht, 
daß  man  sieht,  wie  der  Einzelfall  dem  Verfasser  völlig  aus  den  Augen  schwand 
und  er  nur  die  praktischen  Heilmittel  und  Heilformeln  häuft.  Doch  sind  diese 
durchaus  nicht  immer  Pulver,  Pillen,  Tränke,  Elektuarien,  Trochisci  oder  Der- 


Aufzeiclinuagen  aus  der  Praxis  eines  Leipziger  Arzles. 


artiges,  es  werden  auch  Pflaster  und  andere  äußerlichen  Arzneiformen  verwendet 
uml  Bäder  verschiedener  Form  in  größerer  Zahl,  Klystiere,  Suppositorien, 
Schcideneinlagen  usw.,  kurz  die  ganze  Lokaltherapie  wird  mit  herangezogen. 
Seltener  sind  diätetische  Anweisungen,  aber  auch  diese  kommen  vor,  selbst  iiber 
die  Regelung  der  Kohabitation  bei  Sterilität  (Bl.  29'')  usw.  Auch  der  Autorenkrani 
ist  im  Zeitstile  natürlich  nicht  vergessen,  Avicenna,  Rhazes,  Gordonius  marschieren 
auf,  besonders  häufig  der  „Wilhelmus",  vermutlich  de  Saliceto  (in  seiner 
„Summa  conservationis").  Aber  auch  eigene  Erfahrungen  läßt  dieser  Leipziger 
Arzt  zu  Worte  kommen,  denn  um  einen  solchen  handelt  es  sich  bestimmt,  das 
ergibt  schon  die  Herkunft  seiner  Krankheitsfalle.  „Ego  expertus  sum",  „nos  experti 
sumus"  kehrt  immer  wieder.  Auch  volkstümliche  Erfahrungen  laufen  mit  unter 
und  manch  abergläubisches  Mittel,  deren  ich  nur  eines  beispielsweise  anführen 
will,  das  Krötenmittel  (Bl.  22^  bei  Wassersucht:  „Item  experientia  mirabilis, 
toUatur  bufo  silvestris  quae  in  nemoribus  invenitur  et  scindatur  totus  per 
ventrem  et  super  renes  ligetur.  Educit  enim  mirabiliter  aquositates  per  vias 
urinae  et  cum  non  vulnus  [volueris?]  aliomodo  educere  ijxsum  admonitionibus, 
et  hoc  ego  multotiens  sum  expertus. 

Solche  „experimenta"  spielten  damals  allenthalben  bei  den  Ärzten  eine 
große  Rolle.  Ob  man  daraus,  daß  der  Verfasser  Bl.  27"'  von  einem  Mittel  spricht, 
das  die  „Mulieres  Montispelienses  habeant  pro  experto",  d.  h.  bei  Stockungen 
der  Menses  gebrauchen,  schließen  darf,  daß  der  Konsilienschreiber  in  Mont- 
pellier studiert  hat,  scheint  mir  höchst  zweifelhaft;  vielleicht  handelt  es  sich 
dabei  nur  um  eine  Lesefrucht. 

Stehen  diese  Aufzeichnungen  aus  der  Praxis  und  für  die  Praxis  auch 
nicht  gerade  unbedingt  auf  der  Höhe  der  ersten  Konsilienschreiber  des 
15.  Jahrhunderts,  so  sind  sie  doch  auch  bestimmt  nicht  erheblich  unter  dem 
mittleren  Niveau  ihrer  Zeit.  Der  Verfasser  derselben  läßt  sich  vielleicht  noch  mit 
Hilfe  der  Anfangsbuchstaben  T.  W.  d.  B.  feststellen;  er  hatte  zweifellos  in  den 
siebziger  Jahren  des  15.  Jahrhunderts  eine  ausgedehnte  Praxis  in  Leipzig  und 
Umgegend.  An  „Wenzel  von  Budweis"  zu  denken,  der  ja  auch  direkt  ärzt- 
liche Funktionen  ausübte,  ist  nicht  angängig;  dessen  ärztliche  Tätigkeit  fallt 
jedenfalls  später  und  nicht  eigentlich  ins  Weichbild  von  Leipzig.  Auch  hätte 
sie  wohl  dem  „iatromathematischen"  Standpunkt  des  Astrologen  mehr  Rech- 
nung getragen.  Auch  „Caspar  Molitoris  de  Brunsberg"  fällt  bestimmt  in 
spätere  Zeit.  Einem  Manne  seines  Schlages  möchte  ich  am  liebsten  die  Auf- 
zeichnungen zuschreiben,  einem  weitgekannten  Praktiker,  der  zu  der  Univer- 
sität nur  in  loserem  Zusammenhang  stand.  Kaspar  v.  Braunsberg  hat  ja  auch 
Lehrfunktionen  im  Nebenamte  ausgeübt.  In  der  Fakultät,  d.  h.  dem  Leipziger 
Arztekollegium  weiß  ich  einstweilen  keinen  mit  solchen  Anfangsbuchstaben 
nachzuweisen,  und  es  ist  ja  auch  durchaus  nicht  ausgemacht,  daß  der  Schreiber 
dieser  Notizen  T.  W.  d.  B.  mit  dem  Manne  identisch  ist,  der  ursprünglich  zu- 
sammengeschrieben hat.  Nikolaus  Münzmeister  aus  Dresden,  der  in  Freiberg 
praktizierte,  hat  mit  der  Abfassung  dieser  kasuistisch  konsultativen  Bemerkungen 
direkt  nichts  zu  tun,  wenn  sein  Name  auch  genannt  wird  und  Beziehungen 
zwischen  ihm  und  dem  Schreiber  oder  dem  Abschreiber  bestanden. 


6.    Litrruische  Uelütigun);. 

V.l.  >..i,..,-.>cn  hier  vorerst  die  Mitteilungen  über  unsere  Findlinge  zur 
meiOnisclien  Medizingeschichte  aus  Leipziger  Handschriften.  Zum  Schhisse 
dieses  Abschnittes  werden  wir  noch  einmal  darauf  zurückkommen,  ohne  uns 
der  Vorstellung  hinzugeben,  daß  auf  diesem  Quellengebiete  nun  schon  alles 
ausgeschöpft  wäre.  Im  Gegenteil,  bei  fortgesetztem  systematischen  Durcharbeiten 
unserer  Leipziger  Handschriftenbestande  hotl'en  wir  noch  manchen  l^eitrag  zur 
medizinischen  Gelehrtengeschichte  in  dem  Lande  der  Wettiner  erheben  zu 
können.  Für  diesmal  macht  das  bedenklich  in  die  Nahe  gerückte  Universitäts- 
jubilaum  diesen  Studien  ein  Ende.  Überschauen  wir  das  vorläufige  Ergebnis 
unserer  Ährenlese,  so  scheint  mir  das  Medizinische,  was  bis  heute  vorliegt, 
einen  gesunden  praktischen  Sinn  tur  die  Bedürfnisse  des  wirklichen  Lebens  als 
Kennzeichen  dieser  frühesten  Leipziger  Arzte  hervortreten  zu  lassen. 

Doch  auch  im  Drucke  ist  manches  autbewahrt  aus  der  literarischen  Be- 
tätigung von  l,eipziger  Ärzten  und  Dozenten,  das  wir  nun  im  Zusammenhang 
einer  kurzen  prüfenden  Beleuchtung  unterziehen  wollen. 


L)ie  späten  bescheidenen  Anfänge  einer  ernsthaften  Beschäftigung  mit 
menschHcher  Anatomie  wurden  von  berufenster  Hand  gleichzeitig  in  diesen 
Studien  dargelegt').  Aber  auch  im  vorliegenden  Zusammenhange  müssen  wir 
auf  eine  Reihe  von  Publikationen  eingehen,  die  sich  literarisch  mit  Anatomie 
befassen,  ohne  ein  Studium  an  der  Leiche  damit  zu  verbinden.  Es  sind  Mit- 
glieder anderer  Fakultäten,  die  dem  Mediziner  dieses  Thema  abnehmen. 

Im  Jahre  1499  gab  Johann  Pej-ligk,  der  Sohn  des  Bürgermeisters  von 
Zeitz-")  Bartholomäus  Peyligk,  geb.  1474  daselbst  und  zu  Leipzig  im  Jahre 
1522  gestorben,  seit  1506  Professor  der  Rechte  an  der  Universität,  bei  Melchior 
Lotter  in  Leipzig  einen  stattlichen  Folianten  heraus''),  ein  rein  scholastisches 
„piiilofopljio  ilaturatif  Conipcnöiuni",  dessen  Titelblatt  wir  auf  Tafel  \  I  (obere 
Hälfte)  reproduzieren  lassen.  Für  vorliegende  Zwecke  ist  einzig  der  letzte 
Bogen  dieses  Werkes  von  Wichtigkeit;  das  ganze  Übrige  ist  pure  Thomistik, 
wie  denn  der  Verfasser  im  Vorwort  an  die  „Studiosi  philosophiae  scholares" 
ausdrücklich  den  „beatus  Thomas,  doctor  angelicus"  und  den  „Egidius  Rho- 
manus",  also  Thomas  von  Aquino  (1225 — 1274)  und  seinen  namhaften 
Schüler,    des    „doctor    fundatissimus"    Aegydius    von    Colonna    aus    Rom 


')  Heft  7  dieser  Studien:  Rabl,  Gesch.  der  Anatomie  a.  d.  Univ.  Leipzig.  —  Vielleicht  haben 
wir  in  einer  Äußerung  Pollichs  von  Meilerstadt  in  seiner  letzten  Streitschrift  gegen  Simon 
Pistoris,  der  „Responsio"  von  1501  (Fuchs  S.  264),  einen  Hinweis,  daß  gewissenhafte  Dozenten 
im  Anschluß  an  die  theoretischen  Vorlesungen  doch  klarere  anatomische  Vorstellungen  durch  Leichen- 
deraonstrationen  besonderer  Art  ersatzweise  zu  geben  versuchten,  ilurch  Situsdemonstrationen  an 
Tierleichcn  —  zweifellos  besser  als  das  bloße  Wort.  Pollich  schreibt:  ,,Ouinimo  pars  medicinae 
haud  minima,  ut  anatomia,  agit  plerumque  circa  bruta;  Galenus  namque  et  gallum  et  murionem 
suos  incidit,  et  quidam  celebres  in  medicina  porcorum  incisionem  descripserunt". 

Er  weist  damit  deutlich  auf  die  Salcrnitanische  Schweineanatomie  als  anfänglichen  Ersatz  der 
Menschenleichenzergliederung  hin,  die  in  der  Anatomia  Cophonis,  die  auch  „Anatomie  porci"  ge- 
nannt wird,  ihre  literarische  Verewigung  fand.  Malitiös  fahrt  Pollich  dann  fort:  ,,Accepi  a  fide 
dignis,  te,  quo  a  scholaribus  lardi  portionem  pinguiorem  obtineres,  scropham  aliquando  incidisse." 
Liegt  auch  schmähende  Herabsetzung,  die  in  den  Worten  liegen  soll,  offen  zu  Tage,  so  scheint 
mir  nicht  minder  klar  daraus  hervorzugehen,  daß  Simon  Pistoris,  den  Pollich  hier  anredet,  zu 
Zeiten  an  einem  Mutterschwein  seinen  Schülern  Anatomie  demonstrierte,  was  wir  dem  wackeren 
Manne  in  den    traurigen  Universitätsverhältnissen  seiner  Zeit  in  Leipzig  zum  Lobe  anrechen  wollen. 

-)  Daher  auch  Cizensis  oder  in  lateinischer  Übersetzung  „Mammillinus"  genannt. 

')  16  Bogen  in  Ternionen,  nur  der  letzte  ein  Quarternio,  also  ()8  Bll.,  deren  letztes  un- 
bedruckt. An  den  Texlschluß  anschließend  auf  der  vorletzten  Seite,  (S;',  die  Drucknotiz: 
„  .  .  3i"Pffu5  <^l>  opus  iftub  in  iui'ijini  oppii>o  £ipQrnft  opc*  ||  ra  2  foU'rtia  IlTcldiiar  £otter  ^(itno 
falutifcri-  iiicariiatöis  ZTiil'  1|  lefimo  i|uab:iii3ciitcfimonoiio3criinoiioilo  p;ii>ic  ibus  ffpicbiis." 

Studien  zur  Geschichte  der  Medizin.     VIU.  S 


1  .  0.    Lilcrarisclie  Bctitigung. 

(I2^7_t3i6i,  als  seine  Lehrer  und  Leitsterne  in  der  Philosophie  hervor- 
hebt, als  „in  hoc  opere  sintjulariter  inutandos  obser\'andosque".  OlTenbar 
fühlte  der  Ncuaufgenonimene  des  Consilii  tacultatis  artium '  das  Bedürfnis,  auch 
neben  seinen  seit  1490  obligaten  Lehr\'ort ragen  vor  den  Studenten  seine  ge- 
lehrte Erudition  durch  ein  umfängliches  Werk  darzutun. 

Die  letzten  12  bedruckten  Seiten  enthalten  eine  „Anathoniia  totiiis 
corporis  humani  luorumque  artium  principalium",  wie  das  SchluLiwort 
besagt,  was  in  der  Überschrift,  die  wir  gleichfalls  auf  Tafel  VI  (untere  Hälfte) 
reproduzieren,  als  „Compendiosa  capitis  i)hysici  declaratio"  oder  als 
kurze  Erklärung  der  Lehre  vom  natürlichen  Bau  des  Menschenkörpers  be- 
zeichnet wird. 

Der  Text  dieses  Abrisses  von  Bau  und  Funktion  der  Organe  in  den 
drei  Körperhöhlen,  der  membra  naturalia  im  Bauche,  der  membra  spiritualia 
in  der  Brusthöhle  und  der  membra  animalia  des  Hauptes  unter  vollständiger 
Umgehung  der  ICxtremitäten  berührt  sich  in  Vielem  mit  der  Anatomie  des 
Mundinus,  ist  aber  wesentlich  kürzer  gehalten.  Als  Autoritäten  sind  Aristo- 
teles. Avicenna  und  Constantinus  Africanus  genannt. 

Trotz  seiner  großen  Dürftigkeit  hat  dieser  anatomisch-physiologische 
Anhang  Peyligks  zu  seinem  „Compendium  philosophiae  naturalis-j"  ofienbar 
viel  Anklang  gefunden.  Das  dokumentiert  sich  in  der  raschen  Nachfolge,  die 
er  fand,  und  auch  darin,  daß  er  gesondert  wiederholt  aufgelegt,  wurde. 
Choulant  und  Haller  sprechen  wenigsten?  von  mehreren  Neudrucken');  ich 
selbst  habe  nur  einen  zu  Gesicht  bekommen,  den  vom  Jahre  1516.  Es  sind 
dies  8  Folioblätter,  signiert  2lij  bis  2Iiiij,  ohne  den  Namen  des  N'erfassers  aus- 
gegangen unter  folgendem  Titel  [*Hnin    1201]: 

(Tomvcnöiofa  Capitis  vl?i)i'-'i  öcclavatio: 

v:in:ipalifi  Innnani  f02po2t5  mcmho 

rü  ficjuras  liquiöo  oftcnöcns :  phi 

lofopbic  ahnnnis  a6nio6um 

p.'ofuturd. 

(Epigrainnia  ab  fpc:tatorö 

Qui  fint  Ininunii  ufm. 


')  Immatrikuliert  war  er  im  Winter  1484,  Baccalar  der  Artes  im  Sommer  i486,  Magister 
im  W^nter  1490,  in  das  Konsilium  der  Artistenfakullät  aufgenommen  1497  und  Rektor  im  selben 
Jahre.  Im  Sommer  1500  wurde  er  dann  auch  mit  der  Ehre  des  Dekanates  der  facultas  artium 
bekleidet. 

')  Offenbar  sind  unter  diesem  „Philosophiae  naturalis  Compendium"  auch  die  „Institutiones 
in  Philosophiam  naturalem  frugiferae"  zu  verstehen,  die  Konrad  Wimpina  in  seiner  ,,Centuria" 
(j.Scriptorum  Insignium,  qui  in  celeberrimis  pracscrtim  Lipsicnsi,  Wittenbergensi,  Francofurdiana  ad 
Viadnim  academiis  a  fundatione  ipsarum  usquc  ad  annum  Christi  MDXV  floruerunt,  centuria")  S.  61 
der  Theodor  Mcrzdorfschen  Ausgabe,  Leipzig,   1839,  8°. 

•)  Lips.  1510,  IS'5,  1516  und  1518.  Stockton  Hough  in  seiner  Bibliographia  Medica 
TreotoD,  New  Jersey  1890  schreibt  auch  noch  von  Ausgaben  der  Jahre  1503  und  1509,  scheint 
aber  spitcre  Ausgaben  nicht  gesehen  zu  haben,  denn  er  hält  die  Abbildungen  aller  Ausgaben  für 
identisch,  was  nicht  stimmt. 


Joh.  Pcyligks  anatomisches  Compendium.  1 1  c 

Aul"  151.  21,'  die  Schlußnotiz: 

•    'iü^'^lK'  iiiHwffit  riiolrVsaii^sii?  moiKU"cu)ii.    lölo. 

Fast  mehr  noch  als  dieser  Neudruck  des  Anhanges,  über  dessen  Illustra- 
tionen ich  weiter  unten  noch  handeln  werde',;,  spricht  das  Erscheinen  eines 
zweiten  anatomischen  illustrierten  Werkes  kurz  nach  dem  ersten  Hinausgehen 
des  Kompendium  Peyligks  für  das  Aufsehen,  das  dies  Werk  gemacht  hat. 
Die  Lorbeeren  Melchior  Lotters  ließen  einen  anderen  Leipziger  Verleger 
offenbar  nicht  schlafen,  den  Baccalarius  artium  Wolfgang  Stöckel  aus 
München,  der  ja  auch  1516  noch  den  Neudruck  des  kleinen  Schriftchens 
Peyligks  ohne  dessen  Namen  ins  Werk  gesetzt  hatte,  wie  wir  eben  sahen. 
Er  begegnete  sich  dabei,  wie  es  scheint,  mit  den  Wünschen  eines  anderen 
jungen  Leipziger  Dozenten,  des  Magisters  Magnus  Hundt,  der  im  Mai  1499 
zum  Baccalar  der  Heilkunde  promoviert  worden  war  und  daraus  so  etwas  wie 
eine  Verpflichtung  empfinden  mochte,  sich  nicht  durch  ein  anderes  Mitglied 
der  Artistenfakultät  in  Mcdicis  in  den  Schatten  stellen  zu  lassen.  Er  schrieb 
also  für  den  Verleger  Wolfgang  Stöckel  ein  gelehrtes  „anthropologisches" 
Werk,  das  in  handlichem  Quart  im  Jahre  1501  herauskam-).  Sein  Titel  ist 
auf  Tafel  IX  Nr.  i  in  Nachbildung  gegeben.  Man  sieht  schon  beim  überlesen  dieses 
Titels,  Magnus  Hundt  aus  Magdeburg^)  prätendiert  auch  ausgesprochen  medi- 
zinische Gelehrsamkeit.  Er  will  nicht  nur  im  allgemeinen  von  Würde,  Natur 
und  Eigenschaften  der  Menschen  handeln,  sondern  auch  von  den  ihn  zu- 
sammensetzenden Elementen,  von  seinen  Teilen  und  Gliedern,  von  dem,  was 
ihm    nützlich  und  abträglich  ist,    was  ihm  zustoßen  kann,    von  seinen  P'ehlern 

')  Peyligk  selbst  scheint  sich  als  Jurist  nicht  weiter  um  dies  Kind  seiner  wissenschaft- 
lichen Muße  in  seiner  artistischen  Zeit  gekümmert  zu  haben.  Er  wurde  1506  zum  Doktor  der  Rechte 
promoviert  und  beschloß  sein  Leben  als  Professor  der  Rechtswissenschaft  in  Leipzig  und  Mitglied 
des  großen  Kollegs.  Hermann  vom  Busche,  der  beredte  AV'estfale,  hat  ihn  auch  im  Liede  verherr- 
licht, sogar  zweimal.     Ich  setze  nur  das  kürzere  Gedicht  von  beiden  hierher: 

Johanni  Peylick  Mamillino  :  alias  Czeytz  artium  doctori  et  misnensis 
iuventutis  Moderatori. 
Est  mammilla  tibi  patrium  cognomcu  ab  urbe 

Ut  quidam  cupido  iam  retulere  mihi. 
Ipsc  aliam  facio  causam  :  cognominis  huius 
Et  quam  non  iactet  quilibet  esse  suam: 
ü,  le  virgineo  natum  vix  malris  ab  alvo, 

Mox  aluit  Pallas  ubere  diva  suo. 
Xominis  haec  ratio  soli  tibi  congruit  illa 
Dicta  prius  :  tecum  pluribus  esse  potest. 
(Hermanni  Buschij  .  .  Epigrammatum  über  tercius  .  .  .  Impressum  Lips   1 504  Bl.  ^/.) 

*)  120  BU.  4».  Auf  Bl.  116'  [Ub'J:  „3mi.'jcffu  et  ftnitnm  cft  boc  ||  0pns  fiptÜ*  fcr 
Baccalauriü  Ifolf^aiigum  UTo  |[  nacciifcm  JIiiiio  iioftrc  falutis  !n.i£il€(l€.i.  [W-H.immer- 
S-Signet  ]     Es  folgen  noch  4  Blätter  Index  (Bogen  il — U  und  H). 

■')  Inskribiert  in  Leipzig  1482,  Baccalar  1483,  Magister  i486,  in  die  Reihen  der  Artisten- 
fakultät aufgenommen  im  Winter  1492,  Baccalar  der  Medizin  1499,  Lizenziat  der  Theologie  1504, 
gest.    1519.      >499 — '5>9  Mitglied  des  kleinen  (Fürs(en-)Kollegs. 


(<.    Utctarische  BeUti|^ng, 


und  deren  Heilmitteln,  von  seiner  äußeren  Erscheinung  und  seinen  Ausschei- 
dungen, so  auch  von  Natur,  \ermogen  und  Tätigkeit,  von  des  Menschen  Geist 
und  Seele  will  er  verläßliche  Auskunft  geben  in  seinem  „Antropologium 
de  hominis  dignitate,  natura  et  proprietatibus".  Es  spielt  jedoch  in 
klarer  Erkenntnis  der  Zeitströmungen,  der  die  Verleger  di  Gregorii  in 
Venedig.  Griininger  in  Straßburg  und  Melchior  Lotter  schon  zu  Danke 
gearbeitet  hatten,  das  Anatomische  bei  weitem  die  Hauptrolle,  und  ein  gut 
Teil  des  eben  angeführten  Programmes  ist  überhaupt  nicht  zur  Ausführung 
gekommen. 

Der  dem  Humanismus  nicht  völlig  abgeneigte  Scholastiker,  iler  schon 
14S9  und  öfter  die  grammatische  Schrift  des  Donat  und  kurzlich  noch  den 
Seneca  edierte,  hatte  unter  seinem  Dekanate  im  Sommer  1497  ein  berühmtes 
Leipziger  Kedeturnier  in  die  Wege  geleitet,  wie  man  denn  durch  Heschluß 
des  Jahres  1496  von  jetzt  ab  alle  5  Jahre  solche  große  quodlibetische  Dispu- 
tionen ^de  quodlibet  vel  quodlibetariae)  abhalten  wollte.  Hundt  von  Magde- 
burg war  also  schon  eine  Nummer  in  Leipzig''.  Er  war  ja  zugleich  Medi- 
ziner, wenn  auch  nicht  Mitglied  der  Fakultät,  sondern  nur  Ehrenbaccalar  und 
Theologe,  also  für  die  Aufgabe,  den  ganzen  Menschen  in  seiner  Doppelnatur 
zu  schildern,  wie  prädestiniert.  Daß  er  sich  auch  dichterisch  betätigte,  ist  von 
andersher  bekannt,  wird  aber  auch  von  dem  Distichon  unseres  Titelblattes 
bestätigt. 

Aus  dem  „Collegium  Principis  studii  Liptzensis"  vom  23.  Februar  1501 
datiert  die  Widmung  an  Graf  Wolfgang  von  Anhalt,  voller  Weisheit  und  Autoren 
zum  Lobe  der  Philosophe.  Über  das  Büchlein  heißt  es  hier:  „Opusculum  de 
homine  quod  antropologium  appello  non  meo  marte  excogitatum.  Sed  crassa 
Minerva  e.K  Hippocratis  coi,  Arestotelis,  Piinij,  Galieni,  Avicennae,  Averrois,  Alberti 
i(Magni)>  aliorumque  hac  in  re  peritissimorum  scriptis  congestum  maiorum 
vestigia  imitans"  und  schließt  mit  einem  frommen  metrischen  Stoßseufzer  (die 
Magnus  von  Magdeburg  zu  lieben  scheint : 

Ü  pater  omnipotens,  qui  verbo  cuncta  creasti, 
Trananti  fer  opem,  portum  pertingat  honestum. 

Die  Vorrede  handelt  dann  von  der  Wichtigkeit  der  philosophischen  und 
physischen  Selbsterkenntnis  des  Menschen.  Im  Texte  selbst  hält  sich  Hundt 
mit  den  allgemeinen  Fragen  nicht  lange  auf.  Schon  im  4.  Kapitel  ist  er  bei 
der  Embrjologie  des  Menschen,  gibt  dann  eine  allgemeine  Physiologie  von 
Speise  und  Trank,  von  den  Kardinalsäften  und  anderen  Flüssigkeiten  des  Körpers, 
vom  „humidum  radicale"  im  besonderen  und  der  natürlichen  Warme  des 
Menschen.^  Er  geht  dann  mit  Kapitel  14  zur  allgemeinen  Anatomie  der 
Knochen,    Gelenke,    Knorpel,    Ligamente,    Nerven,    Stränge,    Haute,    Gefäße, 


*)  Konrad  Wimpina  führt  in  seiner  „Centuria  Scriptorum  insignium"  (edidit  Merzdorf, 
Lipsie  1839  S.  57 — 50)  eine  große  Reihe  von  Schriften  und  Disputationen  Hundts  mit  ihrem 
locipit  an.  Als  Theologe  wurde  er  1512  Kanonikus  in  Meißen  und  starb  daselbst  15 19,  als  die 
Universität  vor  der  Pest  dorthin  geflüchtet  war. 


Joh,  Peyligks  anatomisches  Compendium.  j  j  -j 

Muskeln,  Drüsen,  Haare,  Nägel  über,  der  sich  die  spezielle  Anatomie  des 
Kopfes  mit  den  Sinnesorganen,  der  äußeren  Glieder  des  Menschen  einschließ- 
lich der  männlichen  Genitalien  anschließt,  während  Kapitel  44 — 57,  die  aber 
die  Hälfte  des  ganzen  Buches  bilden,  die  Anatomie  und  Physiologie  der  Organe 
der  drei  Körperhöhlen  abhandeln.  Ein  Kapitel  über  die  Spiritus  und  die  Animae 
macht  den  Schluß.  Alles  ist  überaus  gelehrt  aus  der  großen  Zahl  der 
Autoren')  zusammengestellt  und  belegt.  Auch  modernere  Schriftsteller  sind 
dabei  nicht  ganz  übersehen,  wenn  auch  Mondino  doch  nur  ausnahmsweise 
genannt  wird. 

\'on  größtem  Interesse,  wichtiger  als  der  jeder  Originalität  entbehrende 
Text  dieser  beiden  Schriften  von  Peyligk  und  Hundt  sind  die  beiden  Werken 
beigegebenen  Illustrationen.  Man  hat  vielfach  angenommen,  daß  bald  Peyligk, 
bald -Hundt  der  Erfinder  der  anatomischen  Abbildungen  überhaupt  sei-). 
Daran  ist  nur  so  viel  wahr,  daß  separate  Abbildungen  einzelner  Organe  des 
Menschen  vor  1499  nicht  im  Druck  erschienen  waren,  auch  nicht  in  der  Vene- 
tianer  Ausgabe  der  Anatomie  des  Mundinus  von  1498  oder  gar  1488,  von 
welcher  noch  Choulant  und  Stocton-Hough  sprechen^.  Die  ältesten  ge- 
druckten anatomischen  Figuren  sind  die  Ganzfiguren  im  „^afciculus  mcöicinc 
jol^aiiuis  bo  fctbaj.  Koutfus  per  ||  ^coigiü  6c  montcfcvrato  .  .  .  jntpicffum  rcnotiis 
per  j*^'?*^""^  2  (5:ey02iü  fratres  öe  ||  fo;Iiuio.  2tnno  6ni  .  .  [H91]  •  •  mcnfis  iulij 
6ie  prpj"  (16  Bll.  in  Großfolio  425x285,  das  letzte  unbedruckt). 

Bl.  a..^'.  Der  stehende  .Aderlaßmann  die  Zunge  zeigend  [nur  äußere 
Anatomie]. 

Bl.  a.''.     Die  hockende  Gravida  mit  geöftheter  Leibeshöhle. 

Bl.  l•',^     Der  stehende  Wundenmann  mit  geöffneter  Leibeshöhle. 

Bl.  ^^^  Der  stehende  Krankheitsmann  mit  Angabe  der  Gehirnzellen  [sonst 
nur  äußere  Anatomie]. 

Auch  die  späteren  Drucke  dieses  Fasciculus  von  1493  'J"'^  '495  enthalten 
nicht  mehr,  wenn  auch  neugezeichnete  Ganzfiguren. 

Ein  neues  anatomisches  Detail  bringen  die  beiden  Bauchmuskelmänner 
des  „Conciliator  von  I496(:)"  die  ich  im  Archiv  für  Geschichte  der  Medizin  Bd.  III 
besprochen  habe. 

Als  dritte  Situs-Zeichnung  ist  der  Wundenmann  im  Brunschuig  von 
1497  ^"  nennen. 


')  Auch  hier  trifft  K.irl  Prantls  Kritik  über  Hundts  „Compendium  totius  logices"  im 
Philosophischen  zu :  „Thomistische  und  Albertistische  Anschauungen  sind  in  ungestörtem  Frieden  ver- 
einigt''.    Geschichte  der  Logik  im  Abendlandc,  IV.  Bd.,  Leipzig  1870  S.  277. 

')  Vgl.  S.  121   Anm.  i. 

')  Hier  unter  „emendata  a  Petro  Andrea  Morsiano  de  Imola,  impr.  p.  Joannem  et  Gre- 
gorium  de  Gregoriis"  ist  nohl  sicher  eine  der  Mondino- Ausgaben  zu  verstehen,  die  den  späteren 
Drucken  des  „Fasciculus  medicine"  angeblich  Johanns  von  Ketham  seit  1493  beigefügt  sind. 
Bei  diesen,  wenn  auch  nicht  in  diesen  finden  sich  denn  auch  tatsächlich  anatomische  Zeichnungen, 
die  bekannten  ganzen  Figuren  eben  des  ,, Ketham". 


2. 

Bl. 

Q. 

3- 

Bl 

Q!. 

4- 

Bl. 

^, 

5- 

Bl. 

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6. 

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Bl. 

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8. 

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Q. 

9- 

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Qo 

o. 

Bl 

Q. 

Ilg  (>.     literarische  BetiitiRunp. 

Das  vierte  Werk  mit  an.itoniischen  Situs-  b/.w.  Organ-Zeiciinungeii  — 
ich  lasse  die  Skelcttzcichnungen  nach  Richard  Helain,  Nürnberg  1493  und 
Hrunschwig-Gniningers  Skelett  samt  Titelsitus  von  1497-1498  für  diesmal  außer 
Acht,  weil  nicht  notwendig  damit  in  Zusammenhang  —  ist  erst  unscrs  l'eyligk 
..CompendiunV  von   1499.     Wir  linden  tiarin  folgende  Figuren: 

I.      Bl.  t?,':   Ucn    Torso    mit  den    4  Gehirnzellen,    der  vorgestreckten  Zunge   und 

dem  Brust-  und  Bauchsitus.     Tafel  VII. 

Speiseröhre,   vertikalstehcnder   Magen    und  Darm.     Tafel  VIII  Nr.  9. 

Die  schuhsolenförmige  Milz.     Tafel  VIII  Nr.  7. 
oben:    Leber    mit  Vena    Chilis    (nach    oben)    und  Vena    portae    (nach 

untenV     Tafel  VIII  Nr.  8. 
unten:  Hamorgane   (Nierengefäße.    Niere,    Harnleiter   und    Harnblase. 

Tafel  VIII  Nr.  10. 

oben:  Herz  im  geöfl'neten  Herzbeutel  mit  den  4   Ilauptgefäßstämmen 

(Vena    adorla,    Vena    arterialis,     Arteria    venalis    und    Vena    Chilis). 

Tafel  VIII  Nr.  5. 
unten:   Luftröhre  und  kollabierte  Lungen.     Tafel  VIII  Nr.  6. 

Schadelkapsel  mit  Pfeil-  und  Lamdanath.     Tafel  VIII  Nr.  i. 
oben:  Die  4   Hirnventrikel.     Tafel  VIII   Nr.  2. 
unten:    Hirnventrikel    mit    Infundibulum    und    Hypophysis   [,,Lacuna", 

der  Schleimabführung  zum   Rachen].     Tafel  VIII   Nr.  ,v 

11.  Bl.  Ql.':  Das  Auge  mit  doppelter  Pupille  (Star?).     Tafel  VIII   Nr.  4. 

Als  fünftes  Werk  schließt  sich   Magnus  Hundts  „Antropologium"  von 
1501   an  mit  folgenden  Bildschmuck: 

I  a.  Bl.  C,,'.     Die  Figura  de  situ  viscerum  (selbständic).     Tafel  X  Nr.  i. 

2a.  Bl.  i^V  =  -•  Tafel  XI  Nr.  I.    | 

3  a.  Bl.  Q/  =  3.  Tafel  X  Nr.  7. 

4  a.  Bl.  Q/  =  4.  Tafel  X  Nr.  9. 

5  a.  Bl.  f  j^    =  5.  Tafel  XI  Nr.  2. 

6  a.  Bl.  11/  =  6.  Tafel  X  Nr.  8. 

7  a.  Bk2n/=  7-  Tafel  X  Nr.  6. 

8  a.  Bl.  ^/  =  8.  Tafel  X  Nr.  2. 
9a.  Bl.  £3'   =  9.  Tafel  X  Nr.  5. 

loa.     Bl.  £3"  =  10.     Tafel  X  Nr.  4. 
1 1  a.     Bl.  £)/  =  II.     Tafel  X  Nr.  5. 

12.  Bl.  2^^^  u.  Bl.  ©„':   Kopf  mit  Angabe  der  geistigen  und  Sinnesqualitäten  und 

ihren  Leitungsbahnen.     Tafel  IX  Nr.  2. 

13.  Bl.  (Sj'':    Nacktes  Männlein  mit  Nomenklatur  der  äußeren  Teile  und  Regionen. 

Tafel  XI  Nr.  6. 

14.  Bl.  ~S^':    Hand  mit  anatomischer  und  chiromantischer  Nomenklatur.     Tafel  XI 

Nr.  8. 

15.  Bl.  2>a-    Schlüsselbeine  und  Brustbein  mit  Knorpelansätzen.    Tafel  XI  Nr.  4. 

16.  BL  K^':    Schema  der  Bauchmuskeln.     Tafel  XI  Nr.  3. 

17.  Bl.  1{5'':    Wirbelsäule  und  Nervenpaare.     Tafel  XI  Tafel  5. 

18.  Bl.  Sj':     Weiblicher  Genitalapparat.     Tafel  XI  Nr.  7. 

Als  sechstes  Buch  mit  anatomischen  Illustrationen  würde  nun  Gregor 
Reischs  „Margaritha  Philosophica"   1502)  zu  nennen  sein,  doch  ich  breche  hier 


Alles  Nachschnitte  der  Illustrationen  in 
Peyligks  Compendium. 


Magnus  Hundts  „AntropoloEium".  I  jg 

in  der  chronologischen  Aufführung  ab  und  gebe  nur  noch  die  Übersicht  der 
Abbildungen  der  namenlosen  „Compendiosa  .  .  declaratio"  von    1516. 

ib.  Bl.  2t,'  Situsfigur,  (neu)  Tafel  XII. 
2b.  Bl.  213^  =  2  3.  7b.  BI.  2V=7a. 

3b.  Bl.  2V=3a.  Sb.  Bl.  2I/  =  8a. 

4b.  Bl.  2V  =  4a.  9b.  Bl.  21, '•=93. 

5b.  Bl.  215^  =  53.  lob.  Bl.  2i/=ioa. 

6b.  Bl.  2I/  =  6a.  1 1  b.  Bl.  2Ü=  1 1. 

d.  h.  der  Verleger  Wolfgang  Stöckel  hat  zu  seinem  Nschdruck  der  Feyligk- 
schen  „Compendiosa  declaratio"  die  Holzstöcke  seiner  Nachschnitte  genommen, 
die  er  für  Hundts  „.Antropologium"  hatte  anfertigen  lassen.  Nur  den  Einge- 
weidesitus  hat  er  neu  schneiden  lassen. 

Doch  wo  stammen  nun  diese  anatomischen  Figuren  der  Peyligkschen 
„Declaratio"  und  des  Hundtschen  „.Antropologiums"  her?  Die  Autoren  der 
Anatomiegeschichte  stimmen  darin  überein:  es  sind  rohe  Phantasiegebilde  ohne 
Leichenschau  nach  den  Texten  der  arabischen  Anatomie  hergestellt,  erfunden 
oder  willkürlich  ersonnen.  „Roh"  und  „ohne  Leichenschau"  konzediere  ich 
unbedingt,  aber  Phantasiegebilde  sind  es  nicht  oder  sicher  nur  zum  kleinsten 
Teile.  Man  verwandte  traditionelle  Zeichnungen,  die  aus  der  Antike  stammten,  im 
Laufe  der  Jahrhunderte  durch  beständiges  Umzeichnen  zum  Schem3  erstarrt 
waren  und  höchstens  vielleicht  durch  Henri  de  Mondeville  vorübergehend 
einen  Schimmer  neuen  Lebens  eingehaucht  erhalten  hatten. 

Für  Nr.  2,  2a,  2b  bis  11,  na,  iib  sind  eine  Reihe  von  Vorbildern  in 
fernerer  oder  näherer  Verwandtschaft  zu  den  Bildern  von  Einzelorganen  der 
Mondeville  -  Handschriften  zu  finden,  deren  wir  einige  auf  Tafel  XXIV  des 
4.  Heftes  dieser  Studien  mitgeteilt  haben;  daß  8a  und  8b  gegen  8  (Tafel  X,  2 
und  \'1II,  i)  insofern  einen  kleinen  Fortschritt  aufweisen,  als  sie  das  Schädel- 
dach mehr  gerade  von  oben  zeigen,  so  daß  auch  die  Frontalnaht  sichtbar  wird, 
wie  es  mißverstanden  auch  Heft  4,  Tafel  XXIV  Fig.  8  und  9  zeigen,  sieht  wie 
Korrektur  nach  Autopsie  aus,  wodurch  Hundt  allerdings  in  unserer  Achtung 
wesentlich  steigen  würde.  Eine  kleine  Portion  eigenen  Urteils  kommt  ja  darin 
auch  zum  .Ausdruck;  er  hat  aber  doch  wohl  nur  eine  andere  Zeichnung,  die 
ihm  irgendwie  zukam,  als  bessere  erkannt  und  zur  Anwendung  gezogen.  Daß  er 
aber  das  entsetzliche  Augenbild  mit  der  doppelten  Pupille  nachschneiden  ließ, 
zeigt  doch  direkt  wieder,  wie  abhängig  und  gedankenlos  er  war.  Hatte  doch 
sogar  Gregor  Reisch,  der  Karthäuserpater,  hier  gebessert,  weil  ihn  der  eigene 
-Augenschein  belehrte.  Hundt  hat  wohl  dahinter  eine  geheime  Wei-sheit  ver- 
mutet, was  doch  nur  Zeichnungsversehen  eines  Früheren  war.  Der  Versuch, 
ein  Star-.Auge  hier  wiedergeben  zu  wollen,  scheint  mir  völlig  unglaublich,  auch 
würde  er  uns  ja  der  Wirklichkeit  nicht  näher  bringen. 

Die  O.Kforder  Ashmole  -  Handschrift  399  aus  dem  Jahre  1 290  enthält 
eine  ganze  Reihe  von  Zeichnungen  einzelner  Organe,  zweifellos  antiker  Her- 
kunft,   die  J.  F.  Payne  demnächst  veröffentlichen    wird.     Sie    enthält    auch   als 


I  ^Q  6.    I.Ucrarischc  IV-läticuHC- 

Absdiluß  einer  illustrierten  Krankengcscliiclitc  ciiu-r  IioIkmi  l->au,  die  Sektion  der 
X'crstorbenen ,  bei  welcher  Organe  ähnlicher  Zeichnung  um  den  exenterierten 
Leichnam  gruppiert  sind.  Es  unterliegt  für  mich  gar  keinem  Zweifel  mehr, 
daß  Peyligk  ,,h ochst  gewissenhaft"  zu  Werke  gegangen  ist  bei  seinem 
illustrativen  Tun,  höchst  gewissenhaft  sub  specie  temporis,  indem  er  handschrift- 
liche anatomische  Zeichnungen  sorgfältig  tiir  den  Druck  kopieren  ließ.  Ja,  ich 
mochte  die  Vemiutung  aussprechen,  daß  gerade  solche  anatomische  Zeichnungen 
einer  Handschrift,  ihm  oder  seinem  \'erlegcr  den  Gedanken  eingegeben  haben, 
einen  „Ciput  physicum"  seinem  scholastischen  Compendium  anzufügen.  Inso- 
fern ist  sein  illustriertes  Huch  immerhin  eine  literarische  Tat,  wie  sehr  auch 
derartiges  in  der  Luft  gelegen  haben  mag.  Lotter  und  Peyligk  sind  die 
ersten,  die  an  die  alte  graphische  Tradition  in  anatomischen  Organbildern  wieder 
angeknüpft  und  es  ihrer  wissenshungerigen  Zeit  erschlossen  haben.  Direkt  daran 
schließen  sich  Stöcke!  -  Hundts  weitere  Bilder,  die  zunächst  die  dünnen 
Linienschemata  von  Schlüsselbein-Stcrnum-(7)Rii)penknorpel,  Bauchmuskeln  und 
Wirbelsäule  mit  (lo)  Nervenaustritten,  Nr.  15,  16  und  17  (Tafel  XI  Nr.  3,  4  und  5) 
und  das  Schema  des  weiblichen  Genitalapparates  (Tafel  XI  Nr.  7)  bringen,  für 
den  ich  einen  Vorläufer  in  einem  provenzalischen  Anatomiebild  auf  Tafel  III 
Heft  4  dieser  Studien  vorgelegt  habe.  Was  alles  und  wie  man  derartiges  alles 
in  Schemata  brachte,  das  wird  das  große  Schema  des  männlichen  Genital- 
apparates und  desgleichen  des  weiblichen  Genitalapparates  im  Ashmolean  399 
noch  schlagend  zeigen.  Auch  ein  Schema  des  Gehirnbaues  findet  sich  dort 
mit  Zentren  und  Smnesapparaten,  das  den  Hundt-Stöckelschen  Kopf  mit 
Himkammern  und  Leitungsbahnen  noch  in  den  Schatten  stellt.  Ich  habe  flir 
dies  Bild  12  (Tafel  IX  Nr.  2)  schon  handschriftliche  N'orbilder  in  Heft  I  der 
Studien  S.  29  und  30  gegeben  und  werde  demnächst  eine  ganze  Serie  solcher 
Bilder  mit  mittelalterlichem  Texte  vorlegen,  die  zuguterletzt  wohl  auf  Posei- 
donios  oder  verwandte  antike  Autoren  zurückführen  mögen.  Die  Hand  mit 
chiromantischer  Schematik  hat  im  Druck  schon  ihren  Vorläufer  in  den  Abbil- 
dungen zu  Johann  Hartliebs  „buch  von  bcv  l^annb"  für  die  Bayernherzogin 
Anna,  das  ich  im  2*3  Heft  der  „Studien"  bei  den  „Deutschen  medizinischen 
Inkunabeln"  schon  besprochen  habe.  In  Handschriften  ist  mir  Solches  bis  ins 
II.  oder  gar  10.  Jahrhundert  zurück  begegnet;  auch  dies  zweifellos  altüberkom- 
mene „Weisheit"  der  sinkenden  Antike. 

Die  Figur  13,  das  nackte  Männlein  mit  der  Nomenklatur  der  äußeren 
Anatomie  (Tafel  XI  Nr.  6)  ist  zweifellos  nach  dem  Krankheitsmännlein  Kethams 
gezeichnet:  die  Haltung  ist  vollkommen  identisch.  In  der  Nomenklatur  der 
äußeren  Anatomie  mag  einstweilen  der  Hinweis  auf  Figur  2  und  3  im  Parisinus 
suppl.  graecus  636  auf  Blatt  117'  und  117'  genügen,  die  Rob.  Fuchs  vor 
Jahren  in  der  Deutschen  Mediz.  Wochenschrift  1898  Nr.  i  veröffentlicht  hat. 
Dieser  Bilder  werden  noch  mehrere  zutage  kommen. 

Es  blieben  nur  über  die  drei  Situsbilder  i,  la  und  ib  einige  Worte  zu 
sagen.  Ihr  entfernter  Zusammenhang  mit  dem  Situs  der  Laßmänner  (vgl.  z.  B. 
den  des  Bartholomäus  Anglicus  1485,  Heft  I  der  Studien,  Seite  42)  und 
des  Wundenmannes    im  Ketham   von    1491    bzw.    1393  95    und    im    Brunschwig 


Peyligks  und  Hundts  anatomische  Illustrationen. 


von  1497  ist  in  die  Augen  springend  (Archiv  für  Geschichte  der  Medizin  I, 
Tafel  Via  und  Heft  I  der  Studien,  S.  83).  Aber  es  hat  bestimmt  sowohl 
Peyligk-Lotter  wie  Ilundt-Stöckel  aus  weit  direkteren  anatomischen  Quellen 
geschöpft,  wenn  auch  der  Inhalt  des  Torso  des  Compendium  (Tafel  VII)  genau 
so  aussieht,  als  habe  man  ihn  aus  einzelnen  simplen  Organzeichnungen  zu- 
sammengesetzt, was  beim  Situs  des  Antropologium  Tafel  X  Nr.  i)  weniger  in 
die  Augen  springt.  Etwas  hergerichtet  mögen  beide  sein,  aber  beide  beruhen 
auf  verschiedenen  handschriftlichen  Vorlagen,  das  scheint  mir  schon  die  heraus- 
gestreckto  Zunge  des  Compendiums  zu  beweisen,  die  handschriftlich  da  und  dort 
Vorkommen  (auch  beim  X'enenstellmann  des  Ketham),  desgleichen  die  volle  An- 
fullung  des  Brustraumes  mit  Lunge  im  Antropologium  wie  in  den  anatomischen 
Bildern  der  persischen  Serie  (Studienheft  4,  Tafel  XI\'  und  XV)  vor  allem  auch 
das  Blutzentrum  in  der  Leber,  wie  ich  es  der  Einfachheit  halber  genannt  habe, 
das  viele  Bilder  der  persischen  Serie  zeigen,  die  ich  aber  auch  in  abendländi- 
scher Tradition  schon  gefunden  habe,  besonders  charakteristisch  in  einem  Ader- 
laßmännlein des  14.  Jahrhunders  mit  Situs,  das  ich  noch  nicht  publiziert  habe. 
Besonders  beachtenswert  ist  auch  der  Harnapparat  des  Antropologium,  auf  den 
ich  schon  im  Heft  I  S.  83  — 85  und  Tafel  XXII  hingewiesen  habe. 

Der  neugezeichnete  Situs  des  .,Compendiosa  dcclaratio"  von  i  5 16  (Tafel  XII) 
ist  eine  Kombination  aus  i  und  i  a.  Von  erstcrem  ist  die  Nomenklatur,  die 
Hirnzellen  und  die  herausgestreckte  Zunge  entnommen,  also  der  Kopf,  von  i  a 
die  ganze  Brust  -  Bauchinhalt  —  warum  Stöckel  für  diesen  Nachdruck  das  Folio- 
format wählte,  statt  des  Quart  des  Antropologium,  was  ihn  zwang  einen  großen 
Situs  sich  zeichnen  und  schneiden  zu  lassen,  ist  nicht  ganz  klar.  Er  wollte 
wohl  die  ursprüngliche  Vorlage  um  so  vollkommener  nachahmen  und  im  Situs- 
bild  übertrumpfen  in  Größe  und  anatomischer  „Exaktheit"  i).  —  — 


Weit  weniger  epochemachend  als  die  bisher  besprochenen  beiden  illu- 
strierten Publikationen  der  beiden  Leipziger  medizinischen  Dilettanten  ist  ein 
im  Sinne  seiner  Zeit  streng  wissenschaftliches  Werk,  das  den  anatomischen 
Akkord  der  Leipziger  Frühzeit  an  der  Schwelle  des  16.  Jahrhunderts  zum 
Dreiklang  ergänzte,  dabei  aber  eigentlich  den  Grundton  abgibt  oder  die  Domi- 
nante, eine  regelrechte  Neu-Edition  des  grundlegenden  Leitfadens  damaliger 
Hochschulanatomie,    des    aus    der    Beschäftigung    mit    der   Leiche    geborenen 

'1  Daß  sich  dies  Titelbild  der  Declaratio  von  15 16  wesentlich  an  Größe  usw.  von  dem  Situs- 
bilde  Hundts  unterscheidet,  hat  schon  der  Leipziger  Anatom  und  Chirurg  lo.  Zacharias  Platner, 
1734  in  seinem  Programm  „De  Magno  Hundt  Tabularum  Anatomicarum,  ut  videtur,  autore''  Bl.  a, 
(6  BU.,  4",  Leipzig  bei  Joh.  Christian  Lengenheim)  nachgewiesen.  Freilich  war  ihm  Verfasser  und 
Herkunft  dieser  „Compendiosa  ..  declaratio"  von  15 16  völlig  unbekannt.  Er  vermutet,  daß  es 
„unus  ex  Magni  Hundt  discipulis"  gewesen  sei  ,,qui  superstite  magistro  iisdem  figuris  et  eodem 
t)-pographo  usus  est".  Wie  sehr  das  alles  danebengeschossen  ist,  sieht  jeder,  ebensosehr  wie  die 
ganze  übrige  Schrift,  die  in  lauten  Tönen  den  biederen  Magdeburger  Scholastiker  als  den  Erfinder 
der  anatomischen  Abbildungen  preist. 


0.    Lilcratische  Betäticiiin;. 


Schulbuches  von  Mondino  dci  Luzzi.  Mit  dieser  trat  schon  einige  Zeit'l 
vor  Peyhgks  „Compendiosa  declaratio"  ein  Mann  ans  Licht,  der  zwar  niemals 
tur  engsten  Facultas  medica  in  Leipzig  gchurte,  aber  doch  eine  hervorragende 
Stellung  in  medizinischen  Dingen  an  der  Hochschule  Leipzigs  zweifellos  inne 
hatte  und  auch  bis  zur  höchsten  Stelle  des  Landes  ärztliches  X'ertraucn  genoß, 
Martin  Pollich  von  Melierstadt,  bei  dem  wir  etwas  langer  verweilen 
müssen. 

Doch  erledigen  wir  zuerst,  um  mit  der  Anatomie  in  Leipzig  im  Zu- 
sammenhang zu  Lnde  zu  kommen,  seine  Mundinus- Ausgabe.  Das  Titelblatt 
ist  auf  Tafel  XIII  Nr.  i  wiedergegeben.  Wir  sehen  dort  den  vereinfachten 
Holzschnitt-')  einer  ,,.-\natomie",  wie  man  sie  sich  in  den  Kreisen  vorstellte, 
wo  man  nach  \'ornahme  solcher  „.Anatomiae  publicae"  auch  in  Leipzig  eifriges 
Verlangen  trug.  Auch  auf  diesem  ältesten  Leipziger  Bild  einer  „Anatomia 
publica"  sitzt  der  Lector  mit  dem  Huche  auf  dem  Thronsessel,  der  Dissector 
hat  das  Messer  weggelegt  und  wirkt,  in  den  Eingeweiden  wühlend,  als  Demon- 
strator,  das  Publikum  fehlt  völlig;  man  mußte  es  sich  ebenso  dazudenken,  wie 
die  .,.'\natomia  publica"  selbst,  die  in  Leipzig,  soviel  wir  wissen,  nur  ,,in  effigie" 
bestand,  eben  in  unserem  Bilde. 

Die  Charakterisierung  seiner  Ausgabe  als  einer  „Anathomia  emendata" 
ist  ganz  gewiß  nicht  so  zu  verstehen,  daß  Mellerstadt  irgend  eine  Ausgabe  des 
Mondino  durch  Untersuchungen  an  der  Leiche  rektifiziert  oder  auch  nur  veri- 
fiziert hätte;  er  will  damit  nur  sagen,  daß  er  sich  um  die  Tcxtgestalt  ge- 
kümmert und  Lese-  oder  Druckfehler  gebessert  habe ';.  Ich  habe  keine  durch- 
gehende Te.xtvergleichung  vorgenommen,  doch  hat  mir  ein  allgemeiner  Stich- 
probenvergleich mit  der  .Ausgabe  des  V'inccntius  Georgius  Licius  in  Padua,  ge- 
druckt 1494  zu  Venedig  bei  Bernhardinus  Venetus')  ergeben,  daß  gelegentlich 
sogar  die  Auflösung  der  Abbreviaturen  nicht  glücklich  ist^;.  Er  hat  damit 
begonnen,  daß  er  die  Kapitel  zählt  („Capitulum  primum"),  hat  aber  dann  doch 
die  alten  Überschriften  der  ebengenannten  Venediger  .Ausgabe  beibehalten, 
ohne  zu  bemerken,  daß  bei  Licius  in  dem  Abschnitt  „De  .Anathomia  ossis 
basilaris"  der  Abschnitt  „De  anathomia  oculi"  nur  durch  ein  |  im  Te.Kte  an- 
gedeutet war.  Bei  Meilerstadt  läuft  der  Text  selbst  ohne  eine  solche  Tren- 
nung weiter;    die  .Augenanatomie  S.  3^'  ist  also  gar  nicht  zu  finden  in  seiner 

')  Das  Bnch  scheint  noch  vor  1496  bei  Martin  Landsberg  in  Leipzig  gedruckt  worden 
zu  sein. 

'J  Die  .\nregung  zu  dem  Bilde  ist  wohl  in  der  schönen  Zeichnung  des  Petrus  de  Mon- 
tagnana  in  der  Ketham-Ausgabe  von  1493  bzw.  1495  zu  suchen,  wo  sie  sich  vor  Beginn  der 
Anatomie  des  Mondino  findet,  welche  1493  und  1405  (S.  n),')  zum  erstenmal  dem  Fasciculus  mit 
beigeßgt  wurde.  Auch  sie  hatte  ihre  Vorläufer  in  Handschriften  und  hat  wieder  allen  weiteren 
Mondinoausgaben  in  dieser  Hinsicht  als  Vorlage  gedient.  —  Das  Büchlein  selbst  ist  auf  40  Quart- 
blätter (5  Bogen  21 — €  in  Quatemionen)  bei  Martin  Landsberg  ohne  Angabc  des  Jahres,  Druckers 
und  Verlegers  hergestellt;  die  Rückseite  des  letzten  Blattes  ist  unbedruckt. 

•)  Er  sagt  ja  auch  in  seinem  Widmungsgedicht  (s.  folg.  Seite!)  nichts  weiter  als:  „Scriptorum 
ritüs  eiimere  institui". 

')  Z.  B.  wenn  er  S.  B,'  schreibt:  „spien  habet  substantiam  raram  in  qua  humorem  grossum 
et  multum  reciperc  debet"',  während  er  das  ml'fü  „melancolicum"  hätte  auflösen  müssen. 

')  Ich  habe  auch  den  Foliodruck  von   1482  benutzt. 


Mellerstadts  „verbesserter"  Mundinus. 


123 


Ausgabe,  während  die  viel  weniger  wichtige  und  nicht  den  5.  Teil  des  Raumes 
einnehmende  Anatomie  des  Ohres  ihre  fette  Überschrift  als  besonderer  Ab- 
schnitt hat:  „De  Anathomia  Auris",  genau  wie  in  der  Ausgabe  des  Licius. 
Mit  der  Emendatio  sieht  es  also  etwas  windig  aus.  Daß  in  Mellerstadts  Aus- 
gabe die  Abbildungen  von  manchem  Hesitzer  oder  Benutzer  vermißt  wurden, 
namentlich  nachdem  die  beiden  Leipziger  vorher  besprochenen  illustrierten 
Kompendien  erschienen  waren,  beweist  das  Exemplar  der  Leipziger  Universi- 
tätsbibliothek, das  eine  ganze  Reihe  kleiner  Federzeichnungen  am  Rande  trägt, 
rein  schematischer  Natur,  aber  teilweise  richtiger  als  die  altüberkommenen 
Hilder  Peyligks  und  Hundts,  z.  B.  Bl.  (£^'  ein  Herz  mit  den  Gefäßeinmün- 
dungen an  der  Basis,  Andeutung  des  Klappenapparates  an  den  großen  Herz- 
ostien,  S.  D/,  Zeichnungen  des  Harnapparates  Bl.  S-'  und  C/  usw.')  Offenbar 
sind  diese  Randbemerkungen  und  Zeichnungen  um  1500  geschrieben  und  an- 
gefertigt und  beweisen  aufs  neue,  daß  in  Leipzig,  das  gegen  Wien  z.  B.  so 
traurig  in  der  Anatomie  zurücksteht-),  wenigstens  das  Interesse  für  diese  grund- 
legende Wissenschaft  erwacht  war,  wie  auch  andere  Spuren  uns  haben  er- 
kennen lassen.  Was  Melierstadt  selbst  über  Wert  und  Nutzen  der  Anatomie 
dachte,  das  hat  er  uns  in  einem  Gedichte  hinterlassen,  das  auf  der  Rückseite 
des  Titelblattes  seines  Mundinus  steht,  in  dessen  Unterschrift  er  gleichzeitig 
seinen  ärztlichen  Charakter  betont. 

Est  opere  pretium,  cognoscere,  lector  amice, 
Noscere  oportunum,  Iiic  anathomia  quid  sit 
Humanae  mentis  et  corporis  anathomia 

Succuba,  dans  membris  noticiam  organicis. 
Formatis  ratio  vcl  demonstratio  certa 

Mixtorum  aut  medium  est,  quac  medicina  tenet, 

')  Solche  Abbildungen  finden  sich  auch  anderwärts  in  Frühdrucken  am  Rande  eingetragen. 
Z.  B.  hat  ein  Leipziger,  der  1499  in  Bologna  studierte,  in  sein  Exemplar  der  Ausgabe  des  „Ketham" 
von  1495  auf  Bl.  Cj*  sich  die  Anordnung  der  Bauchmuskeln  nach  Mondino  und  Avicenna  übersicht- 
lich schematisch  nebeneinander  eingezeichnet,  vermutlich  nach  der  Skizze  die  ihm  in  einem  Bologneser 
anatomischen  Vortrage  vorgezeichnet  worden  war.  Der  nämliche  Schreiber  und  Zeichner  hat  diese 
Mundinusausgabe  im  Ketham  in  Bologna  eingehend  durchgearbeitet,  wie  seine  vielen  Beischriften 
beweisen,  am  Ende  die  Notiz  ,,Bononiae  Anno  Christi  1499"  und  an  gleicher  Stelle:  „Vidi  primam 
Anathomiam  Bononiae :  ostensore  Magistro  Petro  Morsiano  de  Imola.  Iste  huic  labori  multum 
temporis  accomodavit  die  noctuque :  eum  quoque  Iriduo  exquisite  et  cum  sua  Laude  absolvit  Anno 
Christi  1499"°  die  vero  octobris  trigesima"  (cf.  Mitteilungen  zur  Geschichte  der  Medizin  und  der 
Naturwissenschaften  1906  S.  421).  v.  Töpli  hat  ja  nach  einer  solchen  Federzeichnung  aus  seinem 
Exemplar  der  QAnün  des  Ihn  Sinä,  gedruckt  in  Padua  1479  '™  Anhang  zu  seiner  schönen  Aus- 
gabe der  „Anatomia  Ricardi  Anglici"  Vindobonae  1902,  4",  S.  39  einen  Augendurchschnitt  publi- 
ziert, den  ich  leider  erst  jetzt  zufällig  wieder  finde  (Mai  190Q),  während  ich  ihn  schon  in  meinem 
ersten  Studienheft  hätte  anführen  sollen. 

-)  In  AVien  wurde  schon  am  12.  Februar  1404  die  erste  Anatomie  feierlich  abgehalten  und 
aus  den  nächsten  100  Jahren  sind  eine  ganze  Reihe  von  Sektionen  zu  anatomischen  Lehrzwecken 
dokumentarisch  nachweisbar.  Vgl.  v.  Töply  im  IL  Bande  des  Pagel-Neuburgerschen  Handbuches 
S.  211 — 212.  In  Leipzig  ist  im  ersten  Jahrhundert  der  Universität  eine  „Anatomia  pubHca"  be- 
stimmt nicht  aufzufinden,  über  das  Weitere  verweise  ich  nochmals  auf  Karl  Rabls  Arbeit  im 
7.  Hefte  dieser  Studien. 


(>.    Literarisclie  Betätigung, 


Iminixto  quippc  perpenditur  an.ithomia. 

riüsiciis  hanc  e  qua  conditione  notat, 
Naturam  vcluti  docet  astrologi.i  planctae'), 

Membrorum  doctrix  anathomia  tbret. 
Ouur  cgo  Mundini  (^deus  adiuvet)  anathoniiani 

Scriptorum  vitiis  exiniere  institui. 
Taliter  exempta  communeiii  vergat  in  \sum 

Occultis  morbis  seniita,  certa  salus. 
Ingenue  licet  hanc  elimaverimus  ac  si 

Mundini  ex  ore,  non  tarnen  oninis  erat 
Edepol:  Et  quamquam  prothodux  fuit  anathomiae, 

Hac  imperfectuni  sc  Galienus  habet, 
Gentilis  doinini  de  Eulgineo  additionc 

Conchidenda  venit  anathoniia  modo. 
Fulgineus  nanque  inuenit  (si  dicere  (as  est) 

Ouae  non  Mundinus  viderat  eximius. 
Gratum  opus  ergo  habeas  lectorquc  scholastica  turba, 

Grates  dando  deo  qui  bona  cuncta  serit. 

Martinus  Mellerstat  medicus. 


Erwähnt  muß  noch  werden,  daß  er  am  Schlüsse  seiner  Mundin usausgabe, 
worauf  er  ja  auch  in  diesen  X'ersen  noch  ganz  besonders  hinweist,  einige  Aus- 
sprüche Gentiles  da  Foligno  zusammenstellt,  in  welchen  dieser  anatomische 
Aufstellungen  bekämpft,  und  zwar  ist  dies  besonders  darum  beachtenswert, 
weil  auch  Gentile  (t  1348),  der  allerdings  tatsächlich  1341  in  Padua  bei 
einer  Sektion  (der  ersten  dort!)  Vortrag  hielt  (als  „Lector"),  bei  der  ein  Gallen- 
blasenstein gefunden  wurde,  hier  den  Mondino  nicht  nach  Leichenunter- 
suchungsergebnissen korrigierte,  sondern  weil  seine  Angaben  mit  denen  des 
Ibn  Sina,  Galenos  und  ar-RäzI  nicht  übereinstimmen.  Die  hier  gelehrte 
Anatomie  vermag  jedenfalls  den  hübschen  Spruch  nicht  zu  bewahrheiten,  mit 
dem  Melierstadt  sein  Büchlein  beschließt: 

Hie  labor  ex(s>pirat  nee  fructus  amice  libelli 

Emoritur  lector  commoditate  breui. 
Occultos  morbos,  morborum  denique  curas 

Perdocet:  atque  basym  prestat  in  arte.    Vale. 

Die  Basis  war  doch  zu  morsch  und  zu  sehr  von  Würmern  durchfressenl  — 
Von  dieser  Anatomia  Mundini  Pollichs  soll  eine  Ausgabe  Lipsiae 
1505.  4"  erschienen  sein  nach  Grüner  (Aphrodisiacus  1789,  S.  76  Anm.),  die 
ich  nicht  gesehen  habe  und  einstweilen  bezweifle.  Ich  vermute,  daß  diese 
Edition  des  damaligen  wissenschaftlichen  Leitfadens  für  das  anatomische 
Studium    und    die    akademische    Demonstration    ums   Jahr    1495    oder   wenig 


')  Dieser  astrologisch  schmeckende  Vergleich  darf  uns  nicht  wundern;  Melierstadt  war  wohl 
kaum  schon  durch  Pico  (1495I)  von  der  Hinfälligkeit  der  Astrologie  überzeugt,  als  er  diese 
Korrektorarbeit  übernahm.  Die  bequemen  „poetischen"  Vergleiche  aus  der  Astrologie,  waren  bei  den 
Dichtern  des  Humanismus  allerorten  sehr  beliebt,  wie  diese  Pseudowissenschaft  selbst. 


Leipzig  als  Astrologenstadt.  125 


früher  erschienen  ist.  Polich  stand  also  schon  eine  ganze  Reihe  von  Jahren 
im  medizinisch -wissenschaftlichen  Betrieb,  hatte  aber  noch  nicht  seine  große 
Häutung  durchgemacht. 

Um  1450  in  Meilerstadt  (Mellrichstadt)  in  Unterfranken  geboren,  war 
Martin  Pollich^)  im  Sommer  1470  nach  Leipzig  gekommen  und  dort  1472 
zum  Baccalar,  1475  zum  Magister  der  Artes  promoviert  worden  ^J.  Seine  erste 
Publikation,  welche  das  medizinische  Gebiet  berührte,  erschien  im  Jahre  1482 
—  bezeichnenderweise  war  es  eine  astrologische,  die  überdies  zeigte,  daß 
Pollich  von  der  Sache  nicht  gründlich  Bescheid  wußte. 

Und  doch  war  Leipzig  damals  schon  für  die  iatromathematischen  Be- 
strebungen und  Doktrinen,  wie  für  die  ganze  astrologische  „Wissenschaft"  eine 
Art  Mittelpunkt  des  Studiums  und  der  Betätigung.  Ob  das  Fürstenwort  vom 
Jahre  147 1  (vgl.  oben  S.  39)  wirklich  hierin  wesentlich  anregend  und  weg- 
weisend gewirkt  hat,  mag  hier  dahingestellt  bleiben:  jedenfalls  nimmt  der 
Laßzettel  und  das  Praktikenvvesen,  also  die  Zukunftsverkündigung  in  Witterung, 
wirtschaftlichem  Gedeihen  und  Politicis  in  Leipzig  immer  mehr  überhand.  Von 
Hans  Tolhopf  haben  wir  oben  S.  40  f  schon  gesprochen.  Zu  Ende  des  15. 
und  zu  Anfang  des  16.  Jahrhunderts  knüpft  sich  der  Ruhm  Leipzigs  in  diesen 
Dingen  hauptsächlich  an  die  Namen  eines  Paulus  Eck  von  Sulzbach  und 
eines  Wenzel  Faber  von  Budweis. 

Paulus  Eck  von  Sulzbach  war  1479  im  Winter  bei  der  Natio  Bava- 
rica  in  Leipzig  immatrikuliert  worden;  einen  gelehrten  Grad  hat  er  hier  nicht 
errungen.  Er  fügt  aber  1489  einmal  seinem  Namen  ein  D.  bei,  als  wenn  er 
Doktor  wäre.  Er  ist  mir  als  Kalenderpraktikant  mit  Aderlaßrubrik  zum  ersten 
Male  auf  einem  großen  Einblattkalender  für  14S7  begegnet,  den  Kunz  Kachel- 
ofen gedruckt  hat.  Im  Jahre  1489  ließ  er  seine  Kalender  bei  Friedrich 
Creußner  in  Nürnberg  erscheinen',  ich  sage  seine  Kalender,  weil  es  damals 
schon  Mode  wurde,  daß  der  gelehrte  Kalendermacher  seine  abgrundtiefe,  nütz- 
liche Weisheit  in  zweifacher  Gestalt  aufs  Jahr  erscheinen  ließ,  damit  dies  wert- 
volle Wissen  möglichst  allgemeine  Verbreitung  fände,  in  deutscher  und  in 
lateinischer  Sprache,  die  letztere  Form  naturgemäß  die  gelehrtere.  Paul  Ecks 
deutscher  Kalender  für  das  Jahr  1489  ist  bei  Georg  Stuchs  in  Nürnberg  ge- 
druckt   und    führt    den  Vermerk   „I)i§  2thnanad}  ift  gcmadjt  5U  leyP'^äi^'f  öurch 


'}  Zu  Martin  Pollich  von  Mellerstad  vgl.  Melchior  Adam,  Vitae  Germanorum  Medicorum 
Haidelbergae  1620  S.  6 — 8;  Fridericus  Bcernerus  Lipsiensis,  De  Vita  et  raeritis  Martini  PoUichii 
Mellerstadii .  .  .  Commentatio.  Wolfenbutteli  litteris  Bartschianis  A.  MDCCvi.  6-1-24  S.,  4  °.  Konrad 
Wimpina  in  seiner  öfter  genannten  Centuria  Scriptorum  insignium  (,, Maders  Anonymus"). 

-)  Wie  lange  er  dann  von  Leipzig  weg  war  um  (angeblich  in  Mainz)  Medizin  zu  studieren, 
steht  nicht  fest;  in  Italien  scheint  er  nicht  gewesen  zu  sein.  Doch  wurde  Pollich  schon  1485 
unentgeltlich  als  Bürger  aufgenommen ,  mußte  also  doch  wohl  schon  damals  der  Stadt  ärztliche 
Dienste  geleistet  haben  (^Wust mann,  Geschichte  der  Stadt  Leipzig,  Bd.  I,  S.  275).  Freilich  scheint 
er  es  immer  gut  verstanden  zu  haben,  sich  bemerklich  zu  machen. 

^)  Vgl.  Häbler,  Hundert  Inkunabelkalender  Xr.  55,  58  und  59.  Ich  habe  auch  die 
Originale  alle  drei  gesehen. 


r<.    Liteiarische  Betätigung. 

paul>  ocf  ron  Snlcjbady'.  Wie  aiisschlieülich  iatrDniatliciiiatisch,  also  tiicdi- 
ziniscli  er  seine  Kalender  meintCj  brachte  er  am  Kopfe  seines  lateinisclien 
riakatalmanaclis  zum  Ausdruck  mit  der  Überschritt;  JalniUi  niinutioiuun  far= 
ma:oruni  n«.vnon  ivntosutiomini  pauU  lEcfon  öo  Sultipadj",  das  ist  der  Lali- 
zettel  in  ausgesprochenster  Form,  wie  er  hier  bei  Friedrich  Creußner  in 
Nürnberg  an  den  Tag  kommt.  Und  Paul  Eck  hat  mit  der  Medizin  sonst 
nichts  zu  tun,  soviel  ich  sehe.  Freilich  pfuschte  damals  alles  in  diese  so  in- 
teressante und  praktische  Wissenschaft  hinein,  nicht  nur  die  Sternkundigen. 
Trotzdem  war  Paulus  Eck  zu  seiner  Zeit  ein  namhafter  Mann.  Als  Beweis 
dessen  möge  dienen,  daß  sogar  noch  in  dem  Jahre  1501,  als  Pollich  von 
Mellerstadt  der  .Astrologie  den  Rücken  gekehrt  hatte  und  sie  literarisch  be- 
kämpfte, er  den  Astronomen  Eck  mit  .Auszeichnung  nennt  und  ihn  zu  den 
Erfahrenen  dieser  Kunst  rechnet,  den  „artis  pcritis,  in  quorum  numero  Pauluiu 
Eck.  n  OS  tri  aevi  dignum  virum'. 

Zweifellos  ein  weit  gelehrterer  Mann  ist  Wenzel  Faber  von  Hudweis, 
von  dessen  wissenschaftlichem  Lebensgange  wir  schon  gesprochen  haben;  er 
muß  in  Leipzig  hoch  in  Ehren  gestanden  haben,  da  bei  ihm  jedenfalls  von  der 
Befolgung  des  reglementarischen  Grundsatzes  Abstand  genommen  wurde,  daß 
längere  Abwesenheit  von  Leipzig  von  dem  Genuß  der  KoUegiatur  ausschlösse, 
auch  als  er  lange  schon  Stadiarzt  in  Brunn  war. 

Er  war  eine  „Zierde  der  Universität"  um  seiner  Prognostiken  willen,  denn 
was  er  an  astronomisch-wissenschaftlicher  Arbeit  geleistet  hat,  ist  nicht  sehr 
erheblich;  es  beschränkt  sich  auf  die  Herausgabe  eines  kleinen  Tabellenwerkes 
von  S  Bll.  4".  im  Jahre    1492  bei  Martin  Landsberg  in  Leipzig  gedruckt: 

C viifcuhij  tabularum  rtilc  rc 
rarum  Solis  :  lunc  :ouiuncli 
onü  ycr  iluiaiftrum  H5on:cf 
laum  fab:i  öo  buöuHnfi  bacca 
lariuiu  ilici>i:inc  :öpoütum, 

dem  er  zwei  Seiten  Gebrauchsanweisung  beifügt.  Doch  scheint  dies  Büchlein 
über  die  Konjunktionen  von  Sonne  und  Mond,  dessen  Verwendbarkeit  bis  zum 
Jahre  1545  lief,  brauchbar  gefunden  worden  zu  sein;  denn  es  erlebte  der 
Autor  die  Freude  einer  neuen  Auflage  im  Jahre  1499,  bei  dem  nämlichen 
Verleger  erschienen    8  Bll.  4°): 

rpufruhij  tabularum  rlilo  ro 
rarum  roli?  :  lunc  :oniun:ti 
onum  por  ilTaäiftrum  ircnccf 
laum  Jabii  öo  huöcipcii)  iUc 
bidnc  boctotc  quonöä  cöilum 
2Inno  quoq5  £I}rifti.  U9y.  ab  cobcm  rcnouatuni 

')  Respoosio  i^'  (Fuchs  S.  283).  In  einem  Widmungsbriefe  Mellerstadts  von  Herzog  Georg 
von  Sachsen  (Xs.  Lips.  I.j72  Bl.  i')  vom  Jahre  1489  heißt  es  von  Eck:  „cum  apud  te  sit  qui 
harum  rerum  doctissimus  existit  Magister  Paulus". 


Der  Astrolog  Wenzel  Faber,  Leipzigs  Stolz  und  Zier.  127 

Die  neue  Auflage  ist  in  ihren  Tabellen  durch  Rot-  und  Schwarzdruck 
übersichtlicher  gestaltet,  in  der  Gebrauchsanweisung  etwas  ausführlicher  gehalten 
und  mit  der  Kundgabe  der  akademischen  Rangerhöhung  ihres  Verfassers  auf 
dem  Titel  geziert.  Der  Verleger  hat  überdies  sein  Doppelschild:  Signet  am 
Aste  in  Rotdruck  ans  Ende  gesetzt. 

Alle  ferneren  Publikationen  Fabers  sind  Praktiken  und  Aderlaßkalender. 
Um  der  letzteren  und  ihrer  unbezweifelten  Unentbehrlichkeit  willen  hat  ihn  ja 
die  „Facultas  medicinae"  mit  allen  Ehren  überschüttet,  über  die  sie  verfügte, 
trotzdem  er  sein  Leben  lang  Mitglied  der  philosophischen  Fakultät  geblieben 
zu  sein  scheint.  Im  Jahre  14S2  trat  er  mit  einer  „IDeiffacjuna  von  bct  Whdunj, 
bct  Planeten"  auf  den  Plan;  eine  gleiche  ließ  er  aufs  Jahr  1485  ausgehen. 
Im  Jahre  1487  kam  sein  erstes  „juöicium  lipfonfo  iltd^iftri  IPcnccslay  De 
iiuöctpayp"  heraus,  dessen  Namensvettern  für  die  Jahre  1488,  1489,  1490, 
1492,  1494,  1495,  14965  1497»  1498  erhalten  sind,  aber  wohl  sicher  lückenlos 
bis  1500  erschienen.  Auch  deutsche  Büchlein  ähnlichen  Inhalts  sind  wohl 
jedes  Jahr  herausgekommen;  erhalten  sind  sie  nur  in  beschränkter  Zahl,  z.  B. 
fürs  Jahr  1492,  1494,  1496  und  1497  ^^^  „Practica  £^cutc5  [auch  „peutfdj"] 
ZTTayiftri  \\  wcnccslax  von  Suöircip"  usw.').  Aderlaßkalender,  die  schon  um  ihres 
F'ormates  willen  dem  Untergang  noch  mehr  ausgesetzt  sind,  kenne  ich  lateinische 
für  1488  und  1489,  sowie  einige  deutsche  aufs  Jahr  1489,  1493,  1494,  1497 
und  1 500.  Wir  sehen,  wie  die  Tätigkeit  eines  Mannes  beschaffen  war,  auf  die 
Leipzigs  medizinische  F"akultät  ihr  zustimmendes  Siegel  gedrückt  hatte. 

Das  ist  auch  im  16.  Jahrhundert  noch  so  geblieben,  trotzdem,  wie  wir 
gleich  sehen  werden,  Martin  Pollich  an  der  Jahrhundertwende  gerade  in 
Leipzig  gegen  den  astrologischen  Unfug  Sturm  lief  1501  gab„DoctorIUcncc5lau5 
öc  Suöipcis"  sein  „juöicimu  £tpfcnfc"  mit  Mars  und  Jupiter  in  Holzschnitt  auf 
dem  Titel  heraus,  desgleichen  fürs  Jahr  1505  das  „Judicium  Lipsense  Docto  ||  ris 
wenceslai  de  Budweis",  diesmal  dem  Sternlauf  entsprechend  mit  dem  Saturnus 
als  „anni  dominus"  geschmückt.  Aufs  Jahr  1506  singt  er  sein  Schwanenlied 
mit  der 

„practica  Ilcufefdi  Xloctoris  iren=  ||  coflai  von  Buömeig. 
l\s.\d)  (E[)rifti  i|  (Sclnirt  (Eaufontfunfljunöcvt  nn6  fcii?  Jaljr. 

Auf  dem  Titelblatt  des  hübsch  gedruckten  Quartanten  prangt  Mars  als 
Ritter  und  Frau  Venus  splitternackt,  während  sie  im  Jahre  1502  noch  völlig 
bekleidet  angeführt  worden  war-). 

Mit  solchen  Ouisquilien  beschäftigte  sich  der  gelehrte  Kollegiat  des 
großen  Kollegs  in  der  Ritterstraße  zu  Leipzig  mit  fast  allseitiger  Zustimmung 
seiner  Hochschulgenossen.  Ja  er  stand  durchaus  nicht  allein  in  dieser  Tätig- 
keit.    Leipzig    besaß    noch   weitere   solcher  „Zierden"    und  andere  benachbarte 


')  Die  von  mir  geselienen  (1492,  1494  und  149")  sind  alle  mit  großen  TitelliolzschniUen  von 
Martin  Landsberg  in  Leipzig  auf  je  zwei  Bogen  quarto  in  sauberem  Drucl<e  hergestellt. 

*)  Doch  wußte  sich  diese  lockende  Neuerung  vorerst  noch  nicht  durchzusetzen;  was  ich  von 
Praktiken  aus  dieser  Zeit  gesehen  habe,  zeigt  .ils  Venus  sonst  bekleidete  Frauenbilder  bis  zum 
Jahre   15 14,  von   wo  an  das  n.ickte  Venusbild  auf  den  Kalendern  die  Regel  bildet. 


b.    Literarische  Bctitiüun);. 

Hochscilulcn  wetteiferten  mit  ihr  darin.  Ich  führe  nur  einiges  an,  das  mir  zu- 
faUig  durch  die  Hände  gegangen  ist.  Konrad  Tocckler  von  Nürnberg  (Con- 
radus  Noricus\  Mitglied  der  medizinischen  Fakultät  in  Leipzig,  ließ  1504 
schon  ein  „~^u^idum  tipKMiK"'  erscheinen,  1505  eine  „iT'rav-tica  i>outjfdj",  1507 
ein  „~^ll^iv"ium  tipfonfo",  1509  ein  „Ju^ic■iunI  t"i^^^MIfo"  und  eine  „priicti:a 
firkrun*  ^cu6fiv',  151 1  eine  „practica  t'iv'Knfi?  ^ouljfd1",  1512  eine  „practica 
tipfcnfis",  15 14  eine  „practica  fipfcnfu  6ouljfcij" ').  Sicher  ist  in  all  diesen 
Jahren  eine  solche  deutsche  Prophezeihung  neben  einer  deutschen  Konrad 
Toecklers  ausgegangen.  Das  Judicium  und  die  Practica  „Lipsensis"  war  eine 
feste  Institution  geworden,  an  der  sich  neben  Toeckler-)  undKaber  noch  andere 
bald  beteiligten  wie  Georg  Leymbach,  Simon  Eyüenmann  von  Villingen '), 
Magister  Johann  Volmar  und  andere  im  i.  und  2.  Jahrzehnt  des  16.  Jahr- 
hunderte. Dies  Judicium  Lipsense  ist  ein  besonderes  Charakteristikum  der 
Musenstadt  an  der  Pleiße  für  einen  langen  Zeitraum,  aber  auch  Krakau  und 
Wien  traten  in  eifrigen  Wettstreit.  Das  ..Judicium  Cracoviense"  ließ  Magister 
Johannes  Scultetus  de  Glogowia  maiori  seit  1502  jährlich  erscheinen 
imeist  in  Leipzigl;.  Der  Wiener  Professor  „ma\ster  Jörg  Tanstetter"  prak- 
tizierte nicht  minder  emsig.  Auch  in  Ingolstadt  ließ  der  Philosophus  und 
Mathematicus  Johann  Stabius  manch  „Judicium  Ingelstadiense"  drucken; 
gesehen  habe  ich  z.  B.  das  fürs  Jahr  1499. 

Zu  Beginn  des  16.  Jahrhunderts,  aber  auch  im  vorletzten  und  letzten 
Jahrzehnt  des  15.  Jahrhunderts  wehte  ein  stark  astrologisch  geschwängertes 
Lüttlein  in  Leipzig  unter  Wenzel  Faber,  wie  wir  gesehen  haben,  und  in 
diese  Atmosphäre  trat  Pollich  aus  Melierstadt  und  in  ihr  machte  er  sich 
schnell  heimisch  und  ließ,  gleichsam  um  sich  zu  legitimieren,  sein  „Componöiunt 
quin6cctm  propofitionum  introöucto:iarü  in  !|  aftrologiä  cfi  totiöcni  rcoiuli»  er 
aftronomia  compoitatis  lipjf.  2Inn5  [I"  ||  ^^i  iniIIcfinioquaörinäcntcfimooctogeftmo= 
fc6"o  qrto  fl'»  6ccöb:io  1'.]"  also  am  28.  November  14S2  in  Druck  gehen  und 
mit  samt  einer  Praktik  aufs  kommende  Jahr.  d\g  ich  allerdings  niclit  wieder 
aufzufinden  vermochte,  erschienen.  Doch  ist  uns  dieser  erste  Druck  nicht  er- 
halten; was  wir  besitzen  und  was  auch  in  der  vorstehenden  Titelangabe  (vom 
Ende  des  Buches)  von  mir  benutzt  wurde,  ist  ein  Neudruck,  der  etwa  1492 
oder  1493  bei  Moriz  Brandis  in  Magdeburg  hergestellt  worden  ist  (6  Bll.,  4", 
die  letzte  Seite  leer).     Das  Buch  stand  also  lange  in  Wertschätzung! 


')  Die  „p:jctica  £ipfeiifis.  1,  dciilf*  Docloris  «löra&i  Ilo  ||  rici,  ZJiifT  bas  jar  CCeufent  [!] 
^ünfhunbfrt  rnb  .fünfftjelifi  ü  Pabcij  am  ciibt  bifcr  p:actica  aiii  fdjAn  regime  aii§  bcm  1|  tiodj- 
berümbln  ITtenftfr  ^luicriia  acjogn,  nütjli*,  rü  trift  ;,  li*  alle  meiden,  mit  Icicbter  pcrncmücj  meiner 
Illmanaiti"  Mercur  und  Jupiter  mit  dem  Bilde  einer  Mondfinsternis  als  fast  blatigroßer  Titel- 
holzschnitt; 8  BIL,  am  Schluß  das  bekannte  Bild  eines  Kranken  im  Bett,  dem  der  Arzt  einen  Ab- 
führtnink  kredenzt]  habe  ich  auf  der  Erlanger  Univ.-Bibl.  gesehen.  Sie  enthält  Bl.  bj" — b,'  diäte- 
tische Sprüche,  Bl.  b,' — b,'  eine  Auslegung  der  Kraft  und   Wirkung  der  Tierkrciszeichen. 

*)  Daß  Toekler  (R.  Tockler)  unterdessen  zum  Baccalar  der  Medizin  aufgestiegen  war, 
haben  -wir  oben  gesehen;  auch  Doktor  der  Medizin  und  Universitätsprofessor  in  Leipzig  ist  er 
später  geworden. 

^)  ,,§u  ryncm  funberlicbcn  lob  ber  cniuetfitet  £e>-pfigf"  sagte  er  noch  1519! 


Marlin  PoUich  als  Astrologe.  129 


Dies„Compendiuni  quindecimpropositionuni  introductoriarum  in 
astrologiam  vom  28.  November  1482  ist  den  „lUaciiinficis  öfiis  [dominis]  öoc« 
toiibj  et  niaijflri«  ftu6ii  lyyn^  cctorifjq  aftrolooiii."  gewidmet;  Pol  lieh  hat  sich 
also  mit  der  gesamten  damaligen  Gelehrten-Körperschaft  der  Universität  in  der 
Verehrung  der  Astrologie  eins  gefühlt;  Er  betont  einleitungswcisc  im  Vor- 
wort, daß  ihn  eine  nur  mäßige  Erfahrung  in  der  astrologischen  Prognostik  zwar 
nur  mit  Zagen  an  die  Ausübung  dieser  Kunst  gehen  lasse,  daß  er  es  aber 
doch  seiner  wissenschaftlichen  Reputation  schuldig  zu  sein  glaube,  auch  in  diesen 
Dingen  sich  zu  betätigen;  er  lege  seiner  vorliegenden  einführenden  Untersuchung 
vernunftgemäße  Erwägungen  naturwissenschaftlicher  und  philosophischer  Art 
zugrunde.  Freilich  versagen  alle  solche  bei  den  Grundfragen  der  Astrologie, 
die  rein  empirisch  durch  Beobachtungen  gewonnen  seien,  ohne  daß  man  für 
die  einfachsten  Beobachtungstatsachen  in  der  Bewegung  der  Himmelskörper 
eine  Erklärung  zu  geben  vermöge.  Man  muß  sich  an  der  Konstatierung  der 
Vorgänge  genügen  lassen.  Das  gelte  schon  für  die  einfachen  meteorologischen 
Erscheinungen  der  VVolkenbildung  usw.,  vielmehr  noch  bei  der  Prognose  über 
günstige  und  ungünstige  Einflüsse  auf  das  Menschengeschick,  wobei  vorsich- 
tigste Beschränkung  geboten  sei,  wolle  man  nicht  aufs  Raten  sicli  verlegen,  als 
wenn  man  die  Träume  eines  Schlafenden  zu  erkennen  suchte.  Alle  Erkenntnis 
des  Materiellen  sei  ja  unsicher  im  Vergleich  mit  der  des  Abstrakten  auf  mathe- 
matischem und  logischem  Gebiete.  Schon  bei  der  Bestimmung  des  „Dominus 
anni"  ergeben  sich  Schwierigkeiten,  da  z.  B.  schon  über  den  Eintritt  der 
Sonne  in  das  Zeichen  des  Widders  zur  Bestimmung  des  Aszendenz  keineswegs 
Einmütigkeit  unter  den  Autoren  herrsche  und  selbst  die  Zuverlässigkeit  (bzw. 
Richtigkeit)  der  Alphonsinischen  Tafeln  usw.  hierin  bezweifelt  werde,  trotzdem 
hier  die  kleinste  Ungenauigkeit  die  verhängnisvollsten  Folgen  bei  der  VVeiter- 
berechnung  ergäbe  usw.  Vermutlich,  weil  ihn  hier  seine  mathematischen  und 
astronomischen  Kenntnisse  im  Stich  lassen,  will  er  von  genauer  Bestimmung  der 
Planetenstellungen  ;in  Konjunktion  und  Opposition)  nichts  Rechtes  wissen  und 
neigt  statt  dessen  zu  dem  ihm  besser  liegenden  „naturaliter  ratiocinari  secundum 
philosophicas  rationes",  was  ihn  zu  allerhand  spitzfindigen  Deduktionen  über 
„Dominium  elementorum"  und  „Dominium  elementatorum"  in  der  Jahrespro- 
gnostik und  Ähnlichem  führt.  Eingehend  beschäftigt  er  sich  in  der  13.  Propo- 
sitio  mit  der  sideralen  Aderlaßregelung,  wobei  er  seine  Belesenheit  in  den  da- 
mals führenden  Meistern  der  Medizin  und  Astrologie  zur  Genüge  kundtut;  zum 
Schluß  dokumentiert  er  seine  Bekanntschaft  mit  den  üblichen  Regeln  der  Be- 
urteilung der  speziellen  Einwirkung  der  einzelnen  Himmelskörper  auf  das  Irdische 
und  stellt  seine  eigenen  Grundsätze  für  die  astrologische  Verwertung  der 
Stellung  der  einzelnen  Planeten  zueinander  in  Konjunktion,  Opposition,  Qua- 
dratur, Trigonal-  und  Sextilschein  übersichtlich  zusammen  —  das  Ganze  eine 
durchaus  zustimmende  Stellungnahme  zur  damals  herrschenden  astrologischen 
Lehre  ohne  nennenswerte  Dokumentierung  eines  selbständigen  Urteils. 

Auf  dieses  selbstbewußte  Debüt  des  jungen  Magisters  und  Dozenten 
in  der  sublimen  Wissenschaft  der  Astrologie,  folgte  scheinbar  erst  nach 
5  Jahren  ein  weiteres  Werkchen  in  dieser  Richtung,  die 

Studien  .-ur  Geschichte  der  Medizin.     VMI.  () 


6.    Literarische  Betlligung. 


practica  Civconfis ')  aufs  Jahr  14SS, 

deren  Vorwort  vom  Jahre  1487  datiert  ist.  Wenn  von  anderer  Seite-)  in  den 
beiden  IVaktiken  Mellerstadts  auf  die  Jahre  1488  und  1489  eine  immeriiin 
besonnene  und  ziemlich  „vorurteilsfreie"  Stellung  zur  Sterndeutung  gefunden 
wird,  so  kann  ich  mich  davon  nicht  überzeugen;  daß  z.  K.  betont  wird,  die 
Sternenwirkung  hebe  den  freien  Willen  nicht  völlig  auf,  ist  doch  nur  eine  der 
üblichen  N'ariationen  des  „Sapiens  dominabitur  astris"  und  der  Anschauungen 
der  Kirchenväter. 

Übrigens  spricht  alle  Walirscheinlichkeit  dafür,  daß  Meilerstadt  z.  H. 
auch  für  die  Jahre  14S4 — 1487  je  seine  Jahrespraktik  losgelassen  hat,  wie  die 
aufs  Jahr  1483,  die  doch  gut  beglaubigt  zu  sein  scheint  und  gleichwohl  un- 
findbar  ist  bis  heute.  Nennt  sich  doch  das  mir  als  das  erste  bisher  bekannt 
gewordene  Jahresprognostikon  „practica  lipconsis"  (bei  Friedrich  Creußner 
in  Nürnberg  gedruckt,  und  scheint  sich  damit  selbst  in  eine  größere  Reihe  zu 
stellen,  die  jahrlich  herauszukommen  pflegte.  Die  „p:actica  Docto.'is  211.  211.  211." 
auf  1489  beim  selben  \"erleger  in  Nürnberg  gedruckt,  läßt  allerdings  diese  Be- 
tonung der  Zugehörigkeit  zur  berühmten  Praktiken-Stadt  Leipzig  beiseite,  ist 
aber  auch  wie  die  vorhergehende  dem  Kurfürsten  Friedrich  III.,  dem  Weisen 
gewidmet,  und  in  ihrer  ganzen  Disposition  und  Darstellungsweise  dem  Zeitstil 
völlig  konform.  Eis  scheint  mir  müßig,  darin  schon  Vorklänge  für  seine  spätere 
Bekehrung  durch  Pico  von  Mirandola  zu  suchen  oder  eine  Konnivenz  der 
vorurteilsfreien  Gelehrten  gegen  die  Wünsche  seines  Fürsten.  Die  Herren  Stern- 
gelehrten ließen  sich  zum  Schein  gern  von  ihren  hohen  Gebietern  zu  ihrem 
spielerisch-gelehrten  Tun  nötigen,  das  in  so  großem  allgemeinen  Ansehen  stand. 
Wie  lange  Pollich  bei  seinem  astrologischen  Praktikantentum  blieb,  läßt  sich 
schwer  sagen.  Hat  er  doch  noch  1502  trotz  seiner  zeitweise  scharf  pointierten 
Abkehr  vom  Praktikenwesen  ein  astrologisches  Prognostikon  auf  die  neubegrün- 
dete Universität  Wittenberg  geschrieben,  das  handschriftlich  erhalten  ist.  Zur 
weiteren  Illustrierung  seiner  Neigung  für  das  ganze  Prophezeiungswesen  jener 
Tage  und  seiner  Bereitwilligkeit,  den  fürstlichen  Liebhabereien  gefallig  zu  sein, 
mag  der  Hinweis  dienen,  daß  Mscr.  l'üi  der  Leipziger  Universitätsbibliothek 


')  Also  hier  wie  S.  iz^f.  die  ominöse  Betonung  (und  ebenso  1485  aufs  Jahr  i486,  s.  Anm.  3) 
L.eipzigs  als  Prophetenstadt  im  astrologischen  Sinne!  Das  angebUche  Prognostikum  aufs  Jahr  1483 
ist  mir  noch  nicht  begegnet.  Freilich  solche  Litcraturprodukte  gingen  leicht  zugrunde,  weil  sie 
direkt  viel  gelesen  wurden,  aber  nach  Jahresfrist  kein  Interesse  mehr  hatten,  und  Pollich  redet  doch 
später  zu  deutlich  von  dieser  Praktik  aufs  Jahr  1483  mit  dem  von  ihm  falsch  bestimmten  „Domi- 
nus Anni"!  —  Während  dieser  Aberglaube  zum  ,, Ruhme"  Leipzigs  blühte  und  allseitige  Pflege 
genoß,  fand  der  alchemistische  Aberglaube,  der  doch  wenigstens  einen  kleinen  zukunftsreichen 
Kern  von  praktischer  Vahrheit  enthielt,  in  Leipzig  keine  Gnade.  Der  Rat  der  Stadt  beschloß 
1493,  daß  Ch\Tnistcn  und  Goldmacher  bestraft  werden  sollten. 

'J  Gustav  Bauch,  Geschichte  des  Leipziger  Frühfaumanismus,  Leipzig  1899  (XXIL  Beiheft 
zum  Zentralblatt  für  Bibliothekswesen)  S.  8 — 10. 

•)  Ob  die  deutsche  „practica  lipccnfis"  des  nämlichen  Verlags  auf  das  Jahr  i486,  die 
ohne  Antomamen  mit  dem  Doppelschilde  (Kanne  und  Vöglein)  Creußoers  am  Aste  gleichfalls  von 
Pollich  herstammt  (München,  Hf.  u.  Sts.-B.  Inc.  s.  a.  1403'^  ist  nicht  völlig  sicher,  aber  sehr  wahr- 
scheinlich. 


Martin  Pollich  als  Mediziner. 


»31 


ein  „Praegnosticon  astrolot^icon  super  revelationes  antichristi  iam  iam  proximo 
aldituri"  des  Karthäuser  Faters  Bartholomäus  l'"ryso  sich  findet,  das  Meiler- 
stadt („niedicorum  minimus"  nennt  er  sich  hier  in  zeitiiblichcr  Ziererei)  von 
Herzberg  ;bei  Torgau  mit  einem  längeren  Widmungsschreiben  an  Herzog 
Georg  von  Sachsen  am  30.  Dez.   1489  sandte. 

Mit  der  Medizin  hatte  sich  Pol  lieh  schon  einigermaßen  vertraut  gemacht, 
ehe  er  mit  den  astrologischen  Publikationen  herauskam.  Es  wird  berichtet,  daß 
er  um  1480  in  Mainz  förmlich  Medizin  studiert  habe,  doch  sind  mir  nähere 
Daten  darüber  nicht  bekannt.  Im  Jahre  1482')  berief  ihn  Herzog  (später  Kur- 
fürst) Friedrich  III.,  der  Weise,  zu  seinem  Leibarzte.  Vielfach  nur  eine  persön- 
liche Auszeichnung,  hat  im  vorliegenden  Falle  diese  Ernennung  bald  auch 
einen  tatsächlichen  Inhalt  bekommen,  besonders  seit  Po  11  ich  den  Kurfürsten 
auf  einer  Reise  ins  heilige  Land  vom  März  bis  September  1493  begleitet  hatte 
und  ihn  dort  durch  rasches  Eingreifen  bei  unvorsichtigem  warmen  Bade  nach 
starkem  Weingenusse  auf  der  Insel  Rhodus  aus  vermeintlicher  oder  wirklicher 
Lebensgefahr  gerettet  hatte.  Jedenfalls  hielt  der  Kurfürst  nun  erst  recht  große 
Stücke  auf  seinen  Arzt  und  „Lebensretter"  und  setzte  es  auch  durch,  daß  ihm 
1494  trotz  Widerstrebens  der  Universität  eine  Kollegiatur  im  großen  Kolleg 
verliehen  wurde-);  er  soll  sie  aber  schon  im  Jahre  1495  wieder  aufgegeben 
haben  ■'). 

Über  Martin  PoUichs  Verhältnis  zur  med.  Fakultät  sind  wir  nicht  völlig 
klar  unterrichtet.  Zwar  besagt  oben  S.  68  mitgeteilte  Eintragung  Valentin 
Beckes  aus  Schmiedeberg  ohne  Datum  (vgl.  Tafel  II,  Sp.  i),  vermutlich  aus 
dem  Jahre  1484  oder  1485  stammend,  daß  „Doctor"  Melierstadt  ihm,  dem  Dekan, 
4  Gulden,  also  das  damals  trotz  aller  statutarischen  Erhöhungen  übliche  Ein- 
trittsgeld des  auswärts  Promovierten,  bezahlt  habe,  man  muß  also  annehmen, 
daß  er  damals  schon  den  medizinischen  Doktortitel  irgend  sonstwo  erworben 
hatte.  \'on  dieser  Tatsache  verlautet  aber  weiter  nichts,  ebensowenig  von  seiner 
Aufnahme  in  das  Consilium  facultatis  der  Universität  Leipzig.  Vogel  hat  in 
seinem  Verzeichnis  der  Mitglieder  der  medizinischen  Fakultät  nachträglich 
PoUichs  Namen  1495  eingetragen,  aber  gleichzeitig  bei  Pistoris  bemerkt,  abijt 
ad  Elect.  Brandeb.  ob  rixas  cum  Pollichio.  Diese  „ri.Kae'"  fanden  aber  erst 
'499)  1500  und  1501  statt.  Es  ist  also  wohl  ebensowenig  zuverlässig,  wenn 
Vogel  Pollich  1496,  1497,  149S  zu  den  Fakultätsmitgliedern  schreibt  und 
diese  Mitgliedschaft  1498  damit  ein  Ende  erreichen  läßt,  daß  er  anmerkt: 
„D.  Martin  Pollichius  vocatur  Dresdam  Archiater  Friderici." 

Es  ist  uns  aber  eine  Schrift  im  Druck  erhalten,  die  ganz  so  aussieht,  als 


')  Vor  18  Jahren  sagt  Pollich  1500:  ,,quam  experienliam  ceperim  duobus  annis  de  viginti: 
quibus  imperatorio  elcctori  lUiustrissimae  domus  saxonie,  Sercnissimo  Duci  Friderico  .  .  serviyerara". 
Castjgaliones  in  alabandicas,   Ijoo,  Bl.  b,'. 

')  Stübel,  Urkundenbuch  der  Universität  Leipzig  S.  242  Nr.  205.  Anerkenntnis  des  Herzogs 
Georg  im  Namen  seines  Vaters,  des  Kurlursten  Friedrich  (datiert  von  Leipzig  den  25.  Juni  1494), 
daß  Polich  an  dieselben  Bedingungen  gebunden  sein  solle  wie  die  anderen  KoUcgiaten  des  großen 
Kollegs. 

^)   1495  discessit,  schrieb  Zamcke  in  dem  Milgliederverzeichnis  des  großen  Kollegs. 

9' 


.111  --IC  .*uinT'-;.uu  in  1  .sciiitr  in-MtiiiunL;  iini  i inii  medizinischen  Würde  als  feier- 
liche Disputationsre<.le  ver\vendet  hatte  oder  als  I'inluhrungsrcdc  beim  Eintritt  in 
die  l'akultat,  die  Schrift  „De  complexione,  quid  est  et  quotsunt:  quacstio 
nuper  in  lipzensi  universitate  per  Martinum  mellerstat.  artiuni  et  medicinae 
doCtorcm  disputata,  ad  unguemque  cnicndata" '),  eine  im  wesentlichen  dialek- 
tisch-oratorische  Leistung,  die  in  ein  Lob  der  Medizin  ausklingt.  Es  ist  genau 
die  .Anordnung,  wie  wir  sie  bei  solchen  Disputationsscliriftcn  der  Leipziger 
medizinischen  Fakultät  auch  sonst  linden,  z.  B.  bei  der  gleich  zu  besprechenden 
..Positio"  des  Simon  Pistoris  vom  Jahre  149S,  von  welcher  allerdings  nur  das 
Gerippe  erhalten  ist,  die  Disposition,  welche  er  als  Einladung  zur  Disputation  in 
Druck  legen  ließ.    Das  Gerüste  von  Mellerstadts  Disputation  wäre  das  folgende: 

Quacslio. 
Utnim  Complexio    qualitas    tangibilis,    intcnsibilis  et   reinissibilis   sit   ad   pondus   cum  calore 
simplid  vel  frigore  in  eodem  subiecto  aequalis. 

A.    Prima  conclusio. 
Complexio    una   qualitas    actu    simplcx,    media   intcr  calorem    et  frigorem  aut  humorem  aut 
sicdtatem. 

a)   Corrclarium  primum. 
Complexio  non  est  qualitas  secunda,  sed  pertinet  ad  gcnus  primarum. 

b)  Corrclarium  secundum. 
Non  potest  dari  chlolericissimus,  nee  homo  temperatissimus. 

B.    Conclusio  secunda. 
Complexio   componitur   ex    duabus   qualitatibus  simplicibus  solum  in  specie  detcrminantibus, 
quarum  alteram  habet  ut  materiam,  alteram  tanquam  formam  quae  materiae  dominatur  et  agit. 

a)    Correlarium  primum. 
Sicut  impossibile  est  dari  ad  pondus  cquale  ita  et  compositam  complexionem. 

b)    Correlarium  secundum. 
Non  omne  mixtum  est  calidum  quoad  equale  pondus,  ncc  omne  humidum. 

C.    Conclusio  tertia. 
Non  est  possibile,  complexionem  et  qualitatem  primam  simplicem  ciusdem  generis  in  eodem 
subiecto  esse,  quemadmodum  nee  duas  extremas  qualitates. 

a)    Correlarium  primum. 
Imposibile  est,  in  eodcm  membro  multas  esse  eiusdem  generis  complexioncs. 

h)    Correlarium  ultimum. 
Complexio  qualitas  intensibilis  et  remissibilis  ad  pondus  cum  caliditate  simplici  vel  frigiditate 
in  eodem  subiecto  non  est  aequalis. 

D.    Conclusio  impertinens. 
Medicina  est  scientia  speculativa  et  practica. 

Coirelarium. 
Medicina  est  dignior  aliis  scientiis  philosopbicis, 

';  Ich  habe  das  Exemplar  der  Senckenbcrgschen  Bibliothek  durch  liebenswürdiges  Entgegen- 
kommen des  Stiftsdirektoriums  hier  benutzen  können.  Es  sind  6  Quartblätter  mit  den  Signaturen 
„aij"  und  „aiij",  die  Rückseite  des  ersten  und  letzten  Blattes  unbedruckt,  hergestellt  offenbar  in 
der  Offizin  des  Jakob  Thanner.  Vgl.  das  Faksimile  Tafel  XV  Nr.  i.  —  Nachträglich  erfahre 
ich,  daü  auch  die  Bibliothek  der  Leipziger  Thomaskirche  ein  Exemplar  besitzt. 


Martin    l'i>lliL-li  als   Mediziner. 


133 


Danach  scheint  PoUich  also  wirklich  nicht  nur  Doktor  der  Medizin  gewesen 
zu  sein,  sondern  auch  in  Leipzig  einen  feierlichen  Akt  zur  Aufnahme  in  die 
Fakultät  abgehalten  zu  haben  (eine  „responsio  pro  loco"  etc.),  trotzdem  sich 
die  Fakultät  dauernd  fast  ostentativ  von  ihm  zurückgehalten  hat. 

Von  medizinischen  Schriften  Martin  Pollichs  von  Mellerstadt  ist  jetzt  zu 
nennen  das  Speculum  iMedicinae,  das  wohl  ins  letzte  Jahrzehnt  des  15.  Jahr- 
hundert zu  setzen  ist,  das  5pc:uluin  Illoöicinc,  gedruckt  vor  1495')  bei  Martin 
Landsberg  in  Leipzig.  Das  Titelblatt  bringt  in  nicht  übler  Zeichnung  einen 
großen  Holzschnitt,  den  wir  auf  Tafel  XIII  Nr.  2  in  Originalgröße  wiedergeben-). 
Der  bärtige  Lehrer  thront  auf  dem  Katheder,  hält  das  Harnglas  in  der  rechten 
Hand  und  hat  die  Linke  eindringlich  erhoben,  indem  er  fünf  Schülern  Vortrag 
hält.  Es  ist  die  bekannte  Schrift  Arnolds  von  Villanova  (1238— 131 1), 
welche  die  Gesamtausgabe  seiner  Werke  eröffnet  und  in  der  Lyoner  Ausgabe  von 
15 14  z.B.  Bl.  I — 45'  einnimmt  „medicinalium  introductionum  speculum"  oder 
„introductorium,  speculum  medicinae"  genannt.  Ob  Mellerstadt  einen  früheren 
Druck  seiner  Ausgabe  zugrunde  gelegt  hat,  was  mir  durchaus  am  wahr- 
scheinlichsten vorkommt,  oder  nach  einer  Handschrift  das  Buch  herausgibt,  habe 
ich  noch  nicht  untersuchen  können.  Das  Interessanteste  an  der  Ausgabe  ist 
das  als  Einleitung  vorausgeschickte  lange  Gedicht  an  die  Leipziger  Studenten 
mit  seiner  energischen  Stellung  gegen  alle  Quacksalber  und  der  etwas  hoch- 
trabenden Ankündigung  des  feierlichen  Einzuges  aller  guten  Geister  der  Medizin 
;mit  Mellerstadt  rrj  in  Leipzig  samt  einem  etwas  verspäteten  Seitenhieb  nach  Prag. 

iluutiuus.  illcUorftat  ab  fdiolaro?  8iypc5cnfcs. 

Vi  noua  2lrnolöus  rilla  /  parifiiis  alta 

q?ucm  colit :  et  «oniiuo  cinrit  hono:c  caput 
Cuiq5  poteftdtcs  Ijcrharuni  rfunui5  mcöciiöi 

Scirc  fuas  artes  letus  apollo  bcbit 
Hof:ijt  illc  nil^il  bocuit  quob  pbilojopljia 

particulari^  et  hcc  quo  mc6t:itia  rocat 
plurinia  quo  civauis  yallotuis  2lrab)'qj  Jluiconna 

»roii6ita  fcvuabaut!  tvaiiftulit  illo  fuis 
ilrtibus  inq5  alijs  rclut  aldjiniica  tnao;icauc 

Practica  quo  Mcta  c|t  philojopljia  niilji 


'j  Trotzdem  es  Pollich  in  dem  Federkrieg  mit  Pistoris,  in  dem  er  sich  so  gern  spreizt 
und  seine  eigene  Leistungen  ins  Licht  stellte,  nicht  erwähnt  (ebensowenig  wie  seinen  „Mundinus 
cmendatus"),  muß  dies  Buch  aus  Rücksichten  seiner  Typenanwendung  in  die  Zeit  von  I494 — 1495 
gesetzt  werden.  —  Es  umfaßt  144  Bll.  (21, — P,);  das  letzte  Blatt  und  die  Rückseite  des  ersten  sind 
unbedruckt-,  auf  Bl.  Dj'   den  Doppelschild  Landsbergs  am  Aste. 

*)  In  Ansehung  dieser  Titelholzschnitte  zum  „Speculum  medicinae''  des  Arnold  von 
Villanova  und  zum  Mundinus  (S.  122),  die  wir  auf  Tafel  XIII  nebeneinander  haben,  möchte 
ich  darauf  hinweisen,  daß  solche  Titelholzschnitte  für  den  Verleger  Martin  Landsberg  etwas  Ge- 
wöhnliches waren;  hat  er  doch  jedes  Jahr  seine  Praktiken  mit  gleich  großen  Titelholzschnitten,  aller- 
dings großenteils  geringeren  Wertes ,  ausgestattet.  Interessant  ist  darin  für  die  Medizinhistoriker 
vor  allem  die  Gruppe  der  Pesttoten  und  -Sterbenden  (wenn  Saturn  der  Dominus  anni  ist)  ähnlich 
der  auf  manchen  Darstellungen  des  Heil.  Rochus  als  Pestpatron.  Über  diese  Zeichner  oder  Form- 
schneider Martin  Landshergs  steht  eine  Untersuchung  meines  Wissens  noch  aus. 


b,    Litcraritche  BcUiligung. 


[Bl.  V,\\ 


~svmV  alio5  iiilcvfiiit  crpiTtifrniui«  oiuncs 

,fo;it  ot  l}im:    quouivini  iuffit  ilpollol  libnmi 

iZm  iionuMi  üwiili  vn'>''KiirK"»>^i'  ''<  nu-Mciiui 
("Juo    rolnti  fvwiilo    fi:  luoMauto  lib:o 

^X-iffi?  o:culfai'  lllo^k■ilK•  infpiccvc'  cau|\i5 

rintü;.  funiforos  wroli  nof;ovo  mo:bos 
ilonüno  ivl  ^vo^MO  ^luomqj  ivwuv  fuo 

rclK'utuni  \'iiti"?  :  ot  tijriiuifcniin 
iuv  iioii  infolitam  y\\u\  o»iül.i  ^mpcvi.u^  a\Um 

Sacra  \\üt  fll^ans■.  lUiibit  ot  onuio  fonim 
2lb  riiM:o  noiui^  )Violo:imi  flm^itll^  cnor 

v£rtivpotur:ont  quiüij  2hii:cinia  ^'tu^on^ 
>£rao  poiio  rubMiii  foruotiti  murioc  miti\ini 

ilani  tiM  roi.  iitbil  oft  »Tiolico  millus.  criS' 
lliin:  *EnHvn:o  rimmi  |'o:biiv  ;,\irato 

jactato  KiohiiH  i\iiio  k\iiuu\i,i  rinmi 
fcfbia  iaiii  tibi  iiil  ^\'o\'nuit  moi^ci^'S  borbo 

ricmoiK'  kiuo  iii:liifo  i^o;i^\TO  ni.iiÄa 
iTu  iUio.i5  pooniä  fi'uflra  ^\'ofitobv.ni^  avtcm 

Oviitif.  bob.vv  for.nil  tibi  mcffis.  crit 
roiiit  ciü  in  iioftra^  tj^cm  ipfc  i£piöaunu>  o.ms 

»Tui  toiiot  obfoffai.  caiiöi6a  barba  cjciias 
Tcnit  et  ipfc  patcr  mc6ico:imi  iinbcvbis  apollo 

~Ui  nuinibii?  Knirum  Unirca  forta  «jorons 
Q\wm  :oiiiitabatiir  {q^  riöiimii.)  \\^U  nuidwon 

iTui  nibouni  fiip:a  tcmpova  tOvjnu'ii  oi\U 
Cr6ino  .iuo~  lonao  foquitui-  pbcboia  yubci- 

(^comiim  in  moioni  niuriiro  yxcta  capnt 
Cninofi  palla5iani  p:ov\Tabant  riforc  lipjl'im 

^C:.}!^  ^o  core  parant  ÖOvjnia  dicvu)'tc  (uunt 
>£iKi6ctii5  rno  ia  qiiiui»  öocfior  anno 

Qm  p:iu5  in  niultis  o6it>tciffo  potcft 
jain  ycns  niiffono  pbcbcia  furzet  [jcliftro 

janiqj  yomon^  inoöiaun  fcnciet  cycr  oycm 

(5auöe  icsituv  :c:c  fIo:i6a  nala  pwijc. 
^finis. 


I   »Tonclufio. 

fioc  fpocuhnn  crcgi  trinc  aurilio  öcitatis 

Q\K  fpcculuni  otcnic  cooinitionis  crit 
Quob  üick  aö  facicni  nobis  :oncc6c  riöoro 

(Tu  ;.Mtcr  et  fili  tu  quoqj  pneutna  facrum 
Üerne  v>-'rfone  natura  feö  rna  Öeufq5 

f  n  öeus  oft  6eu5  oft  öeus  illo  mitji. 

Etwas  von  eigener  Leistung  findet  sich  niciit  in  diesem  poetisch  ein- 
geleiteten und  geschlossenen  Abdruck  einer  beliebten  praktischen  Schrift  des 
Mittelalters,  auch  keine  Zusätze  etwa  aus  eigener  Erfahrung  heraus,  die  ihm 
doch  gewiß  auch  damals  schon,  wenn  auch  vielleicht  in  beschränktem  Maße,  zu 


PoUichs  Abkehr  von  der  Astrologie.  I^: 

Gebote  stand.  Schon  seine  zweifellose  Leibarzttätigkeit  am  Hofe  Kurfürst 
Friedrich  III.  läßt  über  seine  Ausübung  der  ärztlichen  Pra.xis  keinen  Zweifel. 
.Auch  bin  ich  in  Rezeptsanimlungen  aus  dem  ersten  Viertel  des  i6.  Jahrhunderts 
zusammengelesenen  Kezeptformeln  begegnet,  welche  seinen  Namen  tragen.  So 
bringt  eine  wichtige  Kollektanceniiandschrift  der  Lübecker  Stadtbibliothek 
(Ms.  Lub.  uu'd.  8"  Nr.  11)  auf  Bl.  456'  eine  ganze  Reihe  von  X'erordnungen 
gegen  die  Wassersucht,  deren  erste  den  Schlußsatz  trägt  „praedicavit  de  ista 
cura  et  habuit  pro  magno  secreto  doctor  iMartinus  Meilerstat",  während  sich 
noch  vier  andere  auf  ihn  berufen  —  wenn  auch  ohne  wissenschaftliche  Be- 
deutung zeigen  sie  uns  den  Mann  doch  in  seiner  ärztlichen  Tätigkeit'). 

Damit  hätten  wir  Martin  PoUichs  medizinische  und  astrologische 
Schriften  kennen  gelernt,  soweit  sie  heute  erreichbar  vorliegen,  es  bliebe  uns 
noch  der  große  Schriftenkampf  mit  Simon  Pistoris  zu  betrachten,  der  von  der 
historischen  Legende  als  die  Ursache  zweier  Universitätsgründungen  aufgefaßt 
wird,  der  von  Wittenberg  und  von  Prankfurt  an  der  Oder,  jedenfalls  damit 
endete,   daß  sich  zwei  steifnackige  Gelehrte  ein  anderes  Tätigkeitsfeld  suchten. 

Ob  die  Reise  ins  heilige  Land  den  Horizont  derart  erweiterte,  daß  er 
über  die  Fesseln  des  astrologischen  Wahnes  klarer  zu  sehen  begann,  ob  er 
durch  die  spiegelblanke  Dialektik  Picos  della  Mirandola  allein  gewonnen 
und  umgestimmt  wurde,  die  1495  ^^^  Astrologie  den  Garaus  machen  wollte, 
aber  ihr  lustiges  Weiterblühen  auf  die  Dauer  doch  nicht  zu  verhindern  ver- 
mochte, wird  nicht  bestimmt  entschieden  werden  können,  doch  scheint  tatsäch- 
lich die  Sinneswandlung  des  Martin  Pollich  eine  der  vielen  vorübergehenden 
Einwirkungen  des  epochemachenden  Buches  „Sisputationcs  aörcrsus  2t)'lroloy05" 
zu  sein,  das  1495  bei  Benedikt  Hectoris  in  Bologna  erschienen  war-).  Urkund- 
lich sicher  belegbar  ist  diese  Sinnesänderung  erst  in  der  zweiten  Hälfte  des 
Jahres  1499;  sie  bestand  aber  schon  im  Jahre  1498. 


')  Die  Eintragung  im  Ms.  Lub,  med.  8"  Nr.  II   BI.  456'  lautet: 

«[  Quidam  vir  nobilissimus  maximarum  e.\perienciarum  ydropicorum  aquam  sie  extraxit. 
i^  Succi  radicis  ebuli  et  parum  coxit  lentissimo  igne  et  colavit  et  commiscuit  aliquas 
species  aromaticas  et  parum  zuccari  propter  eius  nauseam ,  qui  sapor  per  se  est  quam 
abhominabilis  et  dedit  ei  .S  iij  vel  paulo  plus  secundum  constanciam  virtutis  pacientis  et 
valde  confidenter  pracdicarit  de  ista  cura  et  habuit  pro  magno  secreto  doctor  Martinus 
Meilerstat. 

•j  Item  magnum  secretura  et  verissinium  radix  herbae  hircinae  quae  esto  candelaria  cocta 
in  vino  et  id  unum  datum  potui  et  substancia  radicis  temperata  et  pistata  curat  omnem 
ydropisim  curabilem,  ab  eodem. 

C  Item  miranda  fecit  quidam  dedit  ydropico  duas  pilulas  confectione  de  farinn  purissima 
fnimenti  et  cucumeris  asinini  succo  ad  qualitatem  cicerum  et  laxavit  totam  aquam  praeter 
gambarem  ibi  fecit  locionem  de  superis  tranendo  infra  continuis  vicibus  cum  succo  caulium 
et  dictavit  iuxta  convenienciam,  ab  eodem. 

•i  Item  vel  vidi  coquere  folia  cucumeris  asinini  et  coctionem  inicere  per  clystere  et  folia 
calidc  mitti  super  ventrem  et  valde  egregiam  operam  fecit  et  ego  nun  expertas,  ab  eodem. 

*i  Item  9  cocooidii  -  jn  diagridij,  Masticis,  pilonim  spicae  nardi  ana  ^  j  conficiantur  pilulae 
ab  eodem. 

*)  Vgl.  meine  „latromathematiker,  vornehmlich  im  15.  und  16.  Jahrhundert''.  Abbandlungen 
zur  Gesch.  der  Medizin  Heft  II,  Breslau   1902,  S.  32 — 34. 


l.ilcrarischc  liclätigung. 


1  i;ic  .iiuuu  1  i.iLjc,  uic  natürlich,  wie  fast  alles  Medizinische,  auch  wieder 
mit  der  latromathemathik  in  engste  N'erbindung  gebracht  wurde,  bescliat'tigte 
damals  äußerst  lebhaft  in  theoretischer  wie  in  pr.iktisclier  Hezichimg  die  Ar/.te- 
welt,  die  Frage  der  Svphilis. 

Getreu  seinem  schon  14SJ  dokumentierten  Ik'streben,  sicli  nicht  durch 
Zögern  in  der  akademischen  Beschäftigung  mit  neuen  Fra;j;en  in  den  lUnter- 
grund  drangen  zu  lassen '),  hatte  Meilerstadt,  wie  er  selbst  berichtet,  in  gezierter 
scheinbarer  Selbstverkleinerung:  „morbum  gallicum  epideiniam  esse  .  .  .  asse- 
veravi  pro  ingenii  imbecillitate  et  auctoritatibus  et  rationibus  sub  duabus  disjiu- 
tationibus  anno  XC\"I.  habitis"*)  schon  im  Jahre  1496  schulgerecht  über  die 
„neue  Krankheit"  zweimal  disputiert.  Unterdessen  begann  die  Flut  der  Syphilis- 
literatur zu  steigen.  Im  Juni  1497  erschien  zu  Venedig  in  feiner  Aldine  der 
„Libellus  de  Epidemia,  quam  |1  uulgo  morbum  Galli  |]  cum  uocant"')  von  Nicolo 
Leoniceno,  der,  damals  schon  fast  70jährig  (*  142S).  einer  der  ersten  war, 
der  von  dem  Tranke  an  den  getrübten  Fluten  arabischer  Entlehnungen  zurück- 
gerufen hatten  zu  der  ursprünglichen  Klarheit  kristallheller  Ouellenfrische,  die 
bei  den  Griechen,  vor  allem  bei  Hippokrates,  sprudele.  Dessen  kleine  Schrift 
über  die  Syphilis  atmet  denselben  Geist,  wie  ihn  schon  desselben  Autors  1492 
in  Ferrara  herausgegebene  revolutionäre  Schrift  „De  medicorum  erroribus" 
manifestiert  hatte ';,  wenn  auch  ihr  wirkliches  \'erdienst  für  eine  tiefere  Erfassung 
des  Wesens  dieser  Krankheit  oder  ihre  Behandlung  überaus  gering  ist.  Sie 
war  unserem  Meilerstadt  in  die  Hand  gefallen  und  von  ihm  freudig  begrüßt 
worden'),  der  ja  auch  vom  Wehen  des  ,,Frühhumanisnius"  einen  Hauch  verspürt 
hatte.  Er  machte  dies  Büchlein  sofort  zum  Gegenstand  einer  akademischen 
Handlung:  „Ea  novitate  captus,  volens  professioni  meae  satisfacere,  utque  tra- 
dita  doctrina  cunctis  redderetur  notissima,  ausus  sum  .  .  .  gymastico  certa- 
mine  eius  rei  utilitatem  publice  in  lucem  ducere  tradereque  praecepta, 
quibus   singuli    etiam    minus    docti    non    fugere    tantum,    sed    quoque  habitum 


')  „IIa  apud  me  decidi  ut  nescio  quo  metu  perculsus  libenter  hoc  onus  alteri  reliquissem, 
si  Ulla  absque  aemulorum  obtreclatione  id  posse  fieri  putassem  .  .  ."  AVidniun|,'svorrcde  zu  dem 
j.Compendium  quindecim  propositionum". 

•)  Defensio  Leoniceniana  Bl.  a,';  ist  dieser  Termin  nicht  absichtlich  zu  früh  angesetzt.' 

')  28  BU.  (a, — d,)  4»  +  I  Bl.  „Correctiones",  Rucks,  des  Titels  und  des  Blattes  d,  unbe- 
druckt. Bl.  d,'  Zeile  30:  „Venetiis,  In  domo  Aldi  Manutii.  Men-  ||  se  lunis  .M.iii.D."  Der  Nach- 
druck bemächtigte  sich  schleunig  dieses  Buches;  schon  am  4.  Juli  erschien  es  zu  Mailand  bei 
Joannes  de  Legnano,  gedruckt  von  Magister  Guil.  Siguerre  aus  Rouen  aufs  neue  mit  dem  Titel- 
zusatz „nuUo  Sroffulae".  Auch  in  Leipzig  wurde  schon  1498  oder  1499  von  Wolfgang  Stucke), 
ein  Kachdruck  hergestellt:  „ITicolai  £coniceni  oiiiceii  ||  tini  in  libzum  be  (Epi&iinia  quam  ^^aU 
inoibum  galli- 1,  cü  Dofaiit  ai  iUuftrem  cirum  3<'iJ»iic'i  j^raticifcü  ili  ||  ranbulenfem  [!]  concoibie 
comitcm."     24  Bll.,  4"  (21, — D,,  Titelrückseitc  unbedruckt)  ohne  Ort-,  Jahres    und  Verlagsangabe. 

*)  „Zticolai  leoiiiceiii  ie  p.inij  2  pluriü  alio2U3  in  mebicina  rrrozibus  li:  ||  bcr  ab  boctiffimu 
rirum  21tigelum  pofitianuj."  18  BU.,  4"  (ai— 8,  bi-i,  ci— e),  die  letzte  Seite  unbedruckt,  Bl.  <•„' 
„3"iptcffi  j^crranc  per  ma^ifttü  Caurriitium  be  ralciitia  2  |i  }Itibrcam  ie  cdftroiiouo  focios  .  ble 
.rpiij.  DfCfmbris.  II  anno  bomini.   1492." 

'■)  Doch  wohl  nicht  nur  um  ihres  eleganten  Stiles  willen,  wie  Simon  Pistoris  seinen  Gegner 
spltcT  vorhielt,  wenn  auch  viel  Wahres  an  diesem  Vorhalt  ist. 


l'oUicIis  Hiiitretcii  lUr  Loonicenn  und  Disputation  mit  Pistoris.  1^7 

morbuin  et  pellere  et  curare  ipsum  possent  .  .  ." ').  Können  wir  auch  nach 
Durclisicht  der  Schrift  des  Leoniceno  den  praktischen  Efl'ekt  für  die  Heilung 
des  Lues  venerea  nur  sehr  gering  anschlagen-),  so  war  der  frische  kritische 
Geist,  der  die  Modernen  und  die  Araber  stets  scharf  am  Maße  der  Antike  mißt, 
für  jene  Zeit  um  so  eindrucksvoller  und  zur  eigenen  Stellungnahme  zwingend, 
mochte  sie  nun  zustimmend  sein  wie  bei  Pollich,  oder  scharf  ablehnend  wie 
wohl  bei  der  Mehrzahl  der  Dozenten,  die  dem  radikalen  Umstürzler  nur  un- 
willig horchten,  so  auch  unsere  Leipziger  „Facultas  Medicinae",  die  Mellerstadt, 
dem  unruhigen  Neuerer,  sowieso  nicht  recht  gewogen  war.  Sie  schickte  also 
einen  bewährten  Kämpen  aus  ihrer  Mitte  ins  Feld,  den  Sohn  weiland  des 
Professors  der  Pathologie  Xicolaus  Pistoris,  der  auch  selbst  die  nächste 
Anwartschaft  auf  eine  nahe  \'akanz  in  den  beiden  ordentlichen  Professuren 
hatte  ■■';,  da  er  ihr  seit  Beginn  des  Jahres  1487  als  Mitglied  angehörte,  und  1488 
in  ihr  Consilium  aufgenommen  war,  Simon  Pistoris^).  Im  Auftrage  des  Dekans 
kündigte  er  eine  feierliche  Disputation  an,  „et  iussu  et  ordinatione  decani 
medicae  facultatis",  sagt  er  selbst,  „quaestionem  quandam^)  coUectam  et  exa- 
minatam  disputavi.  conclusiones  et  correlaria  ex  ritu  scolastici  certaminis  in 
auditorio  publico  florentis  studii  liptzensis  disputative  sustinui".  Ja,  um  dieser 
offiziellen  akademischen  Handlung  erhöhte  F'eierlichkeit,  Publizität  und  Nach- 
druck zu  verleihen,  ließ  er  seine  Thesen  drucken  als: 

„Pofitio    bi   lUorbo   ^ranco    ^w  Poctorcni   Synioncni  piftoris   in 
alnio  yyninafio  lypcenft  öifputanöa". 

Leider  ist  das  Exemplar,  das  Astruc  in  der  Mazarinschen  Bibliothek  zu 
Paris  benutzte,  dort  nicht  mehr  vorhanden,  ebensowenig  ein  anderes  Exemplar 
in  Frankreich  und  in  Deutschland,  wie  mir  die  Herren  Pollain,  Haebler 
und  Voullieme  versichern.  Der  Druck  selbst  ist  völlig  zweifellos,  wie  un- 
widerleglich auch  die  zweimalige  Betonung  Mellerstadts  dartut,  wenn  er  die 
„quaestiunculam  nudam  litterariis  formis  pressam"*)  erwähnt  und  ausdrücklich 
erklärt,  er  hätte  die  literarische  Fehde  im  Sande  verlaufen  lassen,  wenn  die 
„Positio"  nicht  im  Druck  erschienen  gewesen  wäre:  ,.si  saltem  formis  non  im- 
pressisset" ").  Auch  die  Drucknotiz  am  Fuße:  „Jinpri^lfin"  ^YP^^  P"-'*^  21Tdr:unx 
i^ranöt  a.   H98"   '^^t  Astruc  sicher  nicht  erfunden,  wenn   sie  auch  das  Kopf- 

')  Dcfensio  Leoniceniana  Bl.  a^'. 

■}  Er  schreibt  nur  ganz  kurz  darüber  und  fühlt  das  auch  selbst:  „Haec  sunt,  quae  de  raorbi 
gallici  curatione  summatim,   brcviterque  pertranseo,  forte   altero  volumine  latius  executurus"  Bl.  d,'. 

')  Wenn  nicht  Mellerstadt  vor  ihm  „rangierte",  dessen  Verhältnis  zur  Leipziger  medi- 
zinischen Fakultät  nicht  klar  ist,  wie  wir  oben  gezeigt  haben.  Jeder  mag  im  anderen  seinen  Kon- 
kurrenten gesehen  haben;  das  besagt  wohl  auch  die  sonst  dunkele  Wendung  Mellerstadts  „In- 
vidia,   quam    adversum    me  a  cunabulis  et  natalilio   sydere  hausit"  (Denfensio  Leoniceniana  Bl.  a,'). 

*)  ,.Unus  et  ipse  ex  summis  ejus  aetatis  medicis"  sagt  Melchior  Adam,  Vitae  Germanorum 
mcdicorum,  Haidelbergae   1620  S.  7. 

")  quondam  heißt  es  im  Originaldrucke  der  „Declaratio  defensiva"  S.  31./. 

")  Defensio  Leoniceniana  S.  a,'. 

')  Ebenda  S.  a/.     Seine  Gründe  lagen  aber  ganz  wo  anders! 


(>.    Literarische  BctäliRunf;. 


schütteln  der  Inkunabclkiiiuliijcn  erregt  hat,  weil  Marcus  Brandis'  Verlag  1498 
nicht  mehr  existierte.  Main  fuhrt  diesen  Druck  unter  Nr.  13020  an,  hat  ihn 
aber  nicht  selbst  gesehen.  Wenn  R.  Froctor  in  seinem  ., index  o(  the  early 
printed  books  in  the  British  Museum"  ilas  Druckwerk  S.  S35  in  Klammern  hier 
setzt,  so  will  er  damit  sagen,  daß  diese  1  lainnummer  nicht  existiere  und  mit 
dem  Abdruck  in  Grünbecks:  de  pestilentiali  scorra.  Magdeburg,  Moritz  Brandiß 
(Proctor  Nr.  2763  identisch  sei').  Darin  ist  der  so  überaus  peinlich  exakte 
Mann  aber  zweifellos  im  Irrtum  gewesen.  Für  mich  besteht  kaum  ein  Zweifel, 
daß  es  sich  um  einen  Einblattdruck  hier  gehandelt  hat,  um  ein  (liegendes 
Blatt,  wie  sie  damals  Brauch,  aber  schnell  dem  Untergang  geweiht  waren. 
Das  älteste  derartige  medizinische  Druckstück  aus  Leipzig,  das  mir  im  Original 
bekannt  geworden  ist,  lasse  ich  als  Spezinien  seiner  Art  auf  Tafel  Xl\'  leicht 
verkleinert  reproduzieren,  wenn  es  auch  jedenfalls  nicht  vor  das  Jahr  1512  fällt; 
doch  hat  sein  V'erlasser  noch  im  letzten  Jahre  des  ersten  Jahrhunderts  den 
untersten  medizinischen  Grad  in  Leipzig,  anscheinend  als  schon  älterer  Mann, 
errungen-.  .Ähnlich  wird  auch  das  werbende  Flugblatt  des  Pistoris  ausgesehen 
haben. 

Betrachten  wir  uns  die  Aufstellungen  der  „l'ositio"  des  Simon  Pistoris 
etwas  genauer'),  so  enthalten  sie  genau  besehen  weder  etwas  Aggressives  gegen 
Meilerstadt,  noch  etwas  Abträgliches  für  Leoniccno.  Der  Streitj^unkt  wird 
dahin  präzisiert,  daß  zu  untersuchen  sei,  ob  die  herrschende  Krankheit,  die 
man  die  gallische  nenne,  aus  gewöhnlichen,  allbekannten  Wittcrungseinflüssen, 
wie  größere  Wärme  und  Feuchtigkeit  der  Lult  erklärt  werden  könne,  oder  ob 
irgendeine  verborgene  Qualität  außerdem  im  Luftmeer  vorhanden  sein  müsse, 
die  zu  deren  epidemischem  Auftreten  Veranlassung  gebe.  Leoniceno  hatte 
an  der  Hand  des  21.  Satzes  im  3.  Abschnitte  der  Aphorismen  des  Hippo- 
krates,  der  unter  den  Sommerkrankheiten  Mundgeschwüre  und  Verschwärung 
der  Genitalien  aufführt  (fTTO^rhotv  i).x(ü(Ttsg  xai  (jtjmdövsg  uiSoimt'),  ersteres  be- 
hauptet; Pistoris  lehnt  dies  ab,  ohne  ihn  zu  nennen.  Wolle  man  die  Lues  mit 
dem  geläufigen  Namen  einer  Hautaflfektion  (pustula,  anthimata,  alhumera,  ele- 
phantiasis  oder  saphati';  benennen,  so  müsse  man    ihr   mindestens  das  Beiwort 


')  Daß  diese  Annahme  über  die  Proctornotiz  richtig  ist,  wurde  mir  in  der  Inkun.-ibelabteilung 
des  britischen  Museums  ausdrücklich  bestätigt;  Herrn  Dr.  Schulderer  sage  ich  Tür  seine  Mühewaltung 
noch  besonderen  Dank.  Die  „Posilio"  von  1498  (Hain  Nr.  13020)  befindet  sich  als  gesonderter 
Druck  nicht  im  Britischen  Museum. 

*)  Kaspar  Kegler  (der  ältere),  bekannt  als  Verfasser  eines  Pesttraktates  (1521)  und  einer 
Schrift  über  den  „Sudor  anglicus"  (1529),  stammt  aus  Tiersheim  und  war  schon  1485  in  Leipzig 
inskribiert,  hat  aber  erst  1509  das  Baccalariat  errungen  und  ist  151 2  als  Doctor  med.  rezipiert 
■worden.  Vielleicht  war  Kaspar  Kegler  der  jüngere  (aus  Leipzig)  sein  Sohn,  der  im  Sommer 
1519  inskribiert  wurde,  lange  der  Artistenfakultät  angehörte  (Baccalar  1525,  Magister  1529,  im 
Konsilium  der  Artistenfakultät  seit  1532)  und  erst  1542  zur  medizinischen  übertrat.  —  Die  be- 
druckte Fläche  (der  Spiegel)  dieses  Einblattdruckes  hat  im  Exemplar  der  Münchener  Hof-  und 
Staatsbibliothek  („Einbl.  VIII,  13")  die  Maße  von  310x203  mm;  die  Maße  des  Blattes  sind 
430  X  325  mm. 

^)  Vgl.  den  Abdruck  bei  C.  H.  Fuchs,  Die  ältesten  Schriftsteller  über  die  Lustseuche  in 
Deutschland,  Göttingen   1843,  S.  127^ — 130. 


I.eoniceno,  PoUich  und  Pistoris  über  die  Sj-philis.  I  jg 

„epidemisch"  geben.  Sie  gleiche  in  Krankheitsdisposition  und  Materie  der 
Lepra  jedenfalls  weit  mehr,  als  den  Sommergeschwiiren  des  Hippokrates.  Sie 
„wenig  willfährig"  zu  nennen  (male  morigeratus),  gleich  schwer  zu  beeinflussenden 
Krankheitssäften  und  Fieberzuständen  (wie  Mellerstadt,  der  aber  nicht  genannt 
isti,  gehe  doch  wohl  nicht  an.  Die  verborgene  krankmachende  Potenz  im 
Firmament  oder  im  Luftmeer  erkenne  man  durch  die  Astrologie,  die  zwar  kein 
Teil  der  Medizin,  doch  aber  sehr  nützlich  für  sie  sei.  Wie  der  Arzt  aus  der 
Beobachtung  des  Krankheitsvcrlaufes  seine  prognostischen  Schlüsse  ziehe,  so 
der  Astrolog  aus  der  Beobachtung  der  Gestirne. 

Das  sind  im  wesentlichen  die  Leitsatze  des  Simon  Pistoris.  Im 
springenden  Punkte,  in  der  Erklärung,  daß  ein  ungewöhnlicli  warmer  und 
feuchter  Sommer  nicht  genüge,  um  das  Auftreten  der  Syphilisepidemie  zu 
erklären,  sondern  daß  noch  ein  weiterer  geheimnisvoller  Faktor  hinzukommen 
müsse,  ist  Pistoris  jedenfalls  der  Wahrheit  näher  als  Melierstadt  und  Leoni- 
ceno.  Der  für  diesen  Fall  allzueinfache  Erklärungsversuch  mittelst  der  Saison- 
krankheiten des  Hippokrates,  war  zweifellos  ein  starker  Mißgriff,  trotzdem  ihn 
viele  gedankenlos  damals  akzeptierten.  Wenn  Pistoris  diesem  mysteriösen 
F'aktor  der  spezifischen  Infektion  mit  einem  zweiten  Unbekannten  dem  geheim- 
nisvollen Sterneneinfluß  erklärend  beizukommen  suchte,  so  ist  das  natürlich 
blauer  Dunst,  aber  weitverbreitete  Zeitmeinung,  die  jedoch  der  am  wenigsten 
verspotten  darf,  der  das  geheimnisvolle  Agens  einfach  ignoriert  und  platte 
Banalitäten  wohlgefällig  an  seine  Stelle  setzt,  zufrieden,  daß  ihm  ein  großer 
alter  Autorname  dazu  scheinbar  das  Recht  gibt. 

Wie  wenig  die  sogenannte  „Renaissance  der  Heilkunst"  im  Zurückgehen 
auf  altgriechische  Weisheit  einen  wissenschaftlichen  F"ortschritt  bedeutet,  dafür 
bieten  Leoniceno  und  sein  eifernder  Parteigänger  an  der  Pleiße  ein  lehr- 
reiches Beispiel.  Dadurch,  daß  man  die  Griechen  im  Original  oder  in  wort- 
und  sinngetreuen  neuen  Übersetzungen  in  naturwissenschaftlichen  und  medizi- 
nischen Dingen  so  wesentlich  höher  einschätzte  als  ihre  geistvollen  arabischen 
Interpreten,  die  vieles  noch  im  Original  besaßen,  was  uns  lange  verloren  ist, 
verrammelte  man  sich  für  eine  ganze  Reihe  von  Jahrzehnten  die  Zugänge  zur 
eigenen  Xaturbeobachtung,  tauschte  kaum  verstandene  neue  Autoritäten  gegen 
falschverstandene  alte  ein'.  —  — 

Im  Wesentlichen  ist  alles  Weitere,  was  in  Leipzig  nun  folgt,  ein  Streit 
um  Worte  und  deren  „Auslegung";  sehen  wir,  ob  sich  dabei  einer  der  Kämpen 
noch  ein  Spürchen  von  eigener  Beobachtung  bewahrt,  wer  dialektisch  der  Ge- 
wandtere ist,  worauf  im  Grunde  alles  hinausgeht,  und  wer  sich  im  Streite  einen 
Rest  von  Würde  zu  retten  weiß. 

Leider  muß  es  gesagt  werden,  daß  schon  das  erste  Pamphlet  Mellerstadts 
an  hämischer  Verkleinerungssucht  und  brutaler  Kampfesweise  das  Denkbare 
leistet,  ohne  dazu  in  den  ruhigen  Aufstellungen  Pistoris  auch  nur  den  leisesten 
Vorwand  zu  haben.  Mögen  im  Rede  kämpf  zu  Ende  des  Jahres  1498  im 
großen  Kolleg  auch  scharfe  Worte  gefallen  sein,  so  erweckt  die  Plumpheit  des 
Angriffes    doch    unwillkürlich    den  Verdacht  des   Gefühles   der   Schwäche   der 


j  1^-,  "-     i.U'TAnsclic   Hctati(junK, 


eigenen  l'osition  oder  —  einer  vorhandenen  starken  latenten  Gecrnerscliaft,  die 
nur  auf  die  Gelegenheit  wartet,  sich  zu  entladen,  zumal  der  Verfasser  aus- 
drucklich zweimal  betont,  daß  er  nur  um  der  gedruckten  Th<!sen  willen,  die 
doch  von  Invektiven  völlig  frei  sind,  öflentlich  im  Druck  erwidere,  und  min- 
destens S  Monate,  wahrscheinlich  noch  längere  Zeit,  seit  der  Disputation 
des  Jahres  1498  vergangen  waren,  die  llitze  des  Gefechtes  also  hätte  verraucht 
sein  sollen. 

.\m  17.  September  1499  erschien  bei  Moritz  Brandis  in  Magdeburg  die 
„Defensio  Leoniceniana"  (vgl.  Tafel  X\',  Nr.  2)  Mellerstadts,  allen  ,,Lipczensis 
medicis"  gewidmet*';.  Der  Gegner  wird  nicht  genannt,  sondern  als  ein  „zophistes" 
bezeichnet,  den  er  wegen  seiner  „futilia  aniliaque  deliramenta"  zunächst  für 
einen  „empiricus"  gehalten,  der  allenthalben  in  Apotheken  und  Spezereiläden 
über  gesucht  benambste  Krankheitserscheinungen  rede-).  Und  dann  zieht  er  am 
Gängelbande  seiner  .-\utoren  gegen  Pistoris  ins  Feld,  wobei  er  den  Plinius 
als  ,,gravissimus  ille  auctor"  bezeichnet,  anscheinend  ohne  eine  Ahnung  davon 
zu  haben,  wie  dessen  Stern  vor  der  Kritik  der  Humanisten  durch  Leonicenos 
„De  erroribus"  im  Erbleichen  war.  Auf  die  Sache  geht  er  kaum  ein,  sondern 
hilft  sich  mit  Invektiven  und  Unterstellungen.  So  ist  es  natürlich  ein  ver- 
leumderischer Angrifl'  auf  Hipp(ikrates,  wenn  man  nicht  sofort  zustimmt,  daß 
an  der  oben  angedeuteten  .Xphorismenstelle  die  Lues  gemeint  sei  „o  inexcusa- 
bilem  caluniniam"!  Auf  demselben  Niveau  der  Schlechtigkeit  („pravitatis")  steht 
der  Vergleich  der  Syphilis  mit  der  Lepra  ,,  .  .  .  nuUa  ergo  morborum  illorum 
similitudo.  nuUa  cognatio  minorque  proportio  quam  huius:  homo  est  asinus", 
wobei  wir  die  „exakte"  statistische  Notiz  erhalten:  „a  lue  gallica  saltem  cura 
regulari  adhibita  multa  hominum  milia  curata  sunt".  Eine  wunderbare  Ety- 
mologie des  Wortes  „epidemu.s",  im  Gegensatz  zu  „demosios",  macht  er  sich 
zurecht*)  von  der  Göttin  .,Demia"  des  Festus  Pompeius,  „aegritudines  quasi 
non  publicae,  sed  divinae  vel  occultae".  Die  Hälfte  der  ganzen  Streitschrift 
nimmt  die  Bekämpfung  der  Astrologie  ein,  an  sich  ja  gewiß  verdienstvoll  und 
am  Platze,  aber  doch  im  wesentUchen  dialektischer  Natur  in  enger  .Anlehnung 
und  vielfacher  Berufung  auf  Pico  von  Mirandula*)  und  die  hier  nicht  her- 
gehörige „Gottlosigkeit"  der  Astrologie;  mutig  sagt  er  aber  der  ganzen  Uni- 
versität Leipzig  es  ins  Gesicht,  daß  sie  sich  zur  Mitschuldigen  solches  Miß- 
brauches mache,  indem  sie  nicht  verhindere,  daß  Praktiken  unter  ihren  Namen 


'>  16  Bll.  4",  Rückseite  des  letzten  unbednickt,  auf  der  Vorderseile  desselben  Zeile  29: 
>/  ■  .  ^"'P-'iiain  irta^deburgf  2Inno  itomini  mit-  |{  Ifltnioquabiin^enlcfimotToiiageroiionono  Die 
p«ro  [1  txrimafrptima  mfiijis  repteinb:is".  Vgl.  den  Abdruck  bei  C.  H.  Fuchs,  Die  ältesten 
Schriftsteller  über  die  Lustseuche  in  Deutschland,  Göttingen   1843  S.  131  — 154. 

')  „At  nuUae  oflicinae  sint  nuUaeque  aromatariae,  in  quibus  zophista  iste  non  malefrancum 
anthj-mata,  alhuroeraque  epidemialia  exultando  disserueril,  ita  enim  remotioribus  vocamentis  delec- 
tatur  .  .  .  vel  solus  ea  no>-isse  videri  .  .   ."     (Defens.  Leonic.  Bl.  a.'. 

>)  Bl.  0,'  ebenda. 

♦)  Bl.  b,'  ebenda. 

')  Wenn  Pollich  auch  seine  ,,eigcnen  Beobachtungen  und  Erfahrungen"  betont. 


Der  Leipziger  >yiiiiili!-5ireil    1499 — 1501.  I4I 

ausgingen',  wenn  er  auch  die  Kalender  und  Almanachs  (vermutlich  samt  dem 
„Laßzettel";  jährlich  ruhig  weiter  gestatten  will.  Zum  Schlüsse  verweist  er  auf 
eine  Schrift  des  Juristen  Pandulphus  Collenutius,  die  gleichzeitig  im  selben 
Verlage  auf  einem  Ouaternio  in  wohlgepflegter  Latinität  erscheine.  Sie  geht  im 
Leipziger  E.^cemplar  als  „Jllitlna  (Tolle  ||  nutij"  auf  vier  unbezeichneten  Blättern 
voraus,  die  nichts  weiter  enthalten,  als  eine  allgemeine  .Lobrede  auf  die 
Wahrheitj  die  von  Tadel  und  \'erleumdung  verfolgt  wird.  Collenutius  ver- 
teidigte später  den  Plinius  gegen  Leoniceno  (1502);  damit  dürfte  wohl 
Mellerstadts  Neigung  für  ihn  erloschen  sein. 

Nach  3^2  Monaten,  am  3.  Januar  1500  ließ  Pistoris  seine  Entgegnung 
erscheinen,  die  „Declaratio  defensiva"  (Tafel  XV.  Nr.  3',  welche  auf  10  Blätter 
(das  10.  und  die  Rückseite  des  ersten  unbedruckt)  von  Kunz  Kachelofen  in  Leipzig 
sauber  gedruckt  war  mit  dem  Schlußvermerk  Bl.  S,'^  Zeile   1 3 : 

„I)atunx  Cyptjf  anno  IVl.  quingcntcfmio  ||  bxc  mcnfis  jauuarij  tcrcio"-). 
Mit  Recht  erklärt  Pistoris  in  der  Widmung  „Pniuerfts  mcöicis  Symon  Piftoris 
Siilulcni  bicit"  in  aller  Ruhe,  die  das  ganze  Schriftchen  auszeichnet,  daß  es 
seinem  Gegner  schon  im  ersten  Redeturnier  mehr  auf  Angriffe  und  Lärm 
angekommen  sei  als  auf  die  Sache,  daß  er  auch  nur  um  Worte  und  Bezeich- 
nungen streite  nach  Art  der  Grammatiker  (mit  dem  spöttischen  Nebensinn  des 
gelehrten  Anfängertums\  während  Vertretern  einer  höheren  Fakultät,  wie  sie 
es  doch  beide  seien,  Ernsteres  zieme.  Daß  er  die  Autorität  dieser  medizinischen 
Fakultät  zur  Zensur  ausruft  (Bl.  21,'^),  wirkt  etwas  schwächlich,  ist  aber  für  die 
ganze  Sachlage  bezeichnend.  Mit  Recht  weist  er  aber  ein  solches  verlästerndes 
Vorgehen,   wie  es  Mellerstadt  beliebe,  als  nur  bei  wissenschaftlichen  Abc- 


')  El.  15'  ebenda:  ,,Laudareni  itaque  si  nostri  temporis  astrologi  quotannis  supputarent 
Almanach  coniuncüonum  et  oppositionum  lunarium  atque  eonim  eclipses,  obmittendo  sceleratas 
divinatorias  atque  diabolicas  practicas,  quas  nonnunquam  sab  litulo  almae  uni- 
ver.sitatis  nostrae  emittunt,  quasi  ipsa  conscia  sit  huiusce  damnatae  falsitatis, 
quam  nmliis  annis  docente  experientia  comperit  falsam,  vanam  et  superstitiosam."  Es  steckt  doch 
ein  guter  Posten  pharisäischer  Heuchelei  dahinter,  wenn  man  weiß,  wie  wenig  Jahre  her  sind, 
dal!  Meilerstadt  selbst  noch  seine  „Practica  Lipsensis"  Jahr  für  Jahr  herausgegeben  hat!  —  Als  richtiger 
zopfiger  Gelehrter,  dem  der  Sinn  für  Humor  abgeht,  dokumentiert  er  sich  in  der  sittlichen  Ent- 
rüstung über  den  übermütigen  Scherz  eines  Praktikenschreibers  aufs  Jahr  1499,  der  seinen  Lesern 
den  feisten  Bären  aufband,  daß  in  diesem  Jahre  die  Augustinerpatres  Frauen  nehmen  und  Hoch- 
zeit halten  würden.  In  einer  späteren  Schrift,  der  „Responsio"  von  1501,  findet  sich  (Bl.  i)^')  das 
pikante  Detail'  „Quia  Lipczk  quam  Nurenbergae,  carius  venduntur  iudicia  astrologica,  ibi  quam  hie 
in  maiori  pretio  habentur  astrologi.  Videas  ne  astu  quam  doctrina  plures  medicinam  tractent" 
und  folgende  verdächtige  Flunkerei:  ,,In  locis  insignibus  (ut  Nurenbergae),  circa  aegrotos  talia 
exacte  observare,  poena  exilii  est;  nonnumquam  enim  aegroti  spe  diuturnioris  vitae  nuper  praesagitae 
eis  ab  astrologo  absque  ecclesiae  sacramentis  decessere,  plus  nestoream  senectam  quam  illud  salva- 
toris  :  quia  nescitis  diem  neque  horam,  credentes",  die  stellenweise  fast  denunziatorisch  wirkt  und 
endlich  (Bl.  &,')  die  richtige  Selbsterkenntnis  „Sed  quis  infelicius,  quam  lucri  vcl  quaestus  gratia 
quotannis  astrologica  vendere  iudicia?  [wie  er  selbst  es  so  manches  Jahr  getan!]  provocare  adversus 
sc  et  suopte  iudicio  (propter  mendacia)  calumnias  hominum,  iram  et  dei  indignationem,  uode 
insipientissimi  putantur?" 

')  Vgl.  den  Abdruck  bei  Fuchs  a.  a.  O.  S.  15; — 168. 


(>.    Literarische  UeUligunc. 


Schuticil  utilioh  /.iinick:  ..Seiiiper  namque  contunicliisdisputantcs.tiuoniain  ciirso- 
nim  est,  dctcstatus  sum"  (Bl.  21  ,'l  In  der  ersti-n  I  lalfto  seiner  Arbeit  widerlegt 
Pistoris  in  sciilichtcr  Sacliliclikeit  die  Spit/.lindigkeiteii  um!  Seitensprünge  des 
Gegners,  ihm  gelegentlich  recht  unverblümt  die  Wahrheit  sagenil:  .»l'utas  cunctis 
placere  niagis,  si  verbis  comiJtis  altricetur  revera,  tibi  zophistae  nomen  aperte, 
vindicas"  .  .  .  „mcdicos,  non  modo  philosophos  tantum,  legito  et  capies"  (Seite 
21,'  und  2l^'\  Auch  die  törichte  Heinuiptung,  als  habe  er  den  I  lippokrates 
verkleinert,  wird  scharf  abgewiesen  und  die  Redereien  gegen  eine  gewisse  Ähn- 
lichkeit zwischen  den  Erscheinungen  der  Lepra  und  der  Syphilis  mit  dem  ein- 
drucksvollem Hinweis  aus  der  täglichen  Erfahrung  abgetan,  daß  man  nicht 
selten  Syphilitische  für  Lepröse  ausgegeben  finde:  „Quot  inter  leprosos  positi 
isto  ex  morbo  repcriunturi"  [Bl.  21^').  Was  die  Astrologie  anlange,  so  sei  Pico 
della  Mirandola  zunächst  kein  Ar/.t.  der  doch  in  Fragen  der  Seuchenlehre  die 
Entscheidung  haben  müsse,  wie  beispielsweise  Ibn-Slnä.  Auch  Galenos  sei 
iiber  den  Einfluß  der  Mondphasen  auf  die  Krisen  und  kritischen  Tage  nicht  im 
Zweifel,  wie  denn  auch  andere  Arzte,  selbst  Hippokratcs,  über  den  Nutzen  der 
Astronomie  und  Astrologie  für  die  großen  epidemischen  Fragen  und  die  kleinen 
Bedurfnisse  der  täglichen  Praxis  günstig  sich  aussprächen.  Es  wird  dem  guten 
Manne  ganz  warm  dabei,  um  seiner  lieben  nützlichen  Sternenweisheit  willen: 
,.Ü  quanta  viri  audacia,  qui  non  modo  haec  dicere,  verum  pressa  in  manus 
omnium  tradere  praesumebat"']'.  Mit  Recht  weist  er  zwar  die  theologischen 
.Argumente  als  hier  nicht  von  Bedeutung  zurück,  macht  sich  aber  eines  gleichen 
Fechterkunststückes  wie  sein  Gegner  schuldig,  wenn  er  ihm  astronomische 
Vorausberechnung  von  Finsternissen  und  Ahnliches  als  beweisend  entgegen 
hält  Dagegen  hat  er  wieder  leichtes  und  einwandfreies  Spiel,  wenn  er  auf 
den  unbekannten  (infektiösen)  Faktor  in  der  Pathogenese  der  Lues  hinweist 
„cum  ostenderem,  malum  francum  habere  causam  quandam  malivolam  et 
incognitam  etiam  medico  .  .  .  Quem  latere  potest  medicum,  praeter  qualitates 
manifestas  aliquam  occultam  causam  in  isto  morbo  reperiri"  und  dem  verleum- 
derischen \'erdrehungskünstler  „Apertam  veritatem  illaniatam  ferre  haud  potuisti"" 
zuruft.  Leider  begibt  er  sich  gelegentlich  auch  auf  das  rein  dialektische 
Gebiet,  ohne  zu  bedenken,  wie  bequeme  Handhabe  er  damit  seinem  hierin  ihm 
weit  überlegenen  Gegner  bot,  und  hält  ihm  vor,  daß  es  ihm  in  praktischer 
Medizin  an  der  unentbehrlichen  praktischen  Anleitung,  wie  er  selbst  am  besten 
wisse,  nur  allzusehr  mangele.  ..Nullus,  quantumque  Studiosus,  in  actum  cura- 
tionis  exire  praesumat,  nisi  prius  curare  viderit.  Tu  autem,  cum  medicinam 
profitearis,  quantum  haec  feceris,  tuo  relinquo  iudicio"  (Bl.  Sj').  Auf  die  frühere 
astrologische  Praktikantentätigkeit  Mellerstadts  weist  er  nur  im  Vorübergehen 
hin';.  Zum  Schlüsse  schlüpft  er  offensichtig  unter  die  Flügel  der  Fakultät  an  deren 
Spitze  nach  dem   Tode   Johanns  von  Halle  am  3.  August   1499  Johannes 


I)  Dedaratio  Defensiva  Bl.  S,'. 

»)  Ebenda  Bl.  ö,'. 

•)  Ebenda  Bl.  2I5'  „Astronomorum  etiam  Doctrinam,  ut  eins  artis  apostata,  stomachando 
refutas  ipse  .  .  und  Bl.  8,'  „Tu  autem,  si  imperitia  tua  seductus  gravius  in  ea  forte  aliquot  annis 
cum  praccipuus  esse  in  ca  arte  volebas,  erravisti,  non  debuisti  ob  id  artem  sie  dctestari". 


Der  Leipziger  Syphilisslreit  1499 — 1501.  143 


Wagner  von  Lanilsberg  getreten  war,  während  dessen  Nachfolge  in  der  theo- 
retischen Professur  (der  Pathologie)  wohl  im  Januar  1 500  noch  offen  stand  und 
auch  wohl  noch  einige  Zeit  ofl'en  bheb,  ehe  statt  Melierstadt  oder  Simon 
Pistoris,  die  vielleicht  sogar  um  diese  Praxis  ihren  erbitterten  Kampf  führten, 
Wilhelm  Ilaldenhof  aus  Thorn  einrückte,  der  eben  erst  in  die  medizinische 
Fakultät  aus  der  Artistenfakultät  übergetreten  war^).  Er  war  aber  schon  ein  Jahr- 
zehnt Kollegial  des  kleinen  Kollegs  gewesen  und  hatte  ofifenbar  vor  vielen  Jahren 
auswärts  den  medizinischen  Doktorhut  errungen,  der  nun  plötzlich  durch  den 
für  beide  bloßstellenden  Zwist  Mellerstadts  und  Simons  Pistoris  eine  un- 
erwartete Aussicht  bot. 

Wenn  wir  die  Tatsachen  einfach  nebeneinander  stellen,  uns  also  erinnern, 
daß  Mellerstadts  Pamphlet  am  17.  September  1499  erschien,  nachdem  mindestens 
8  Monate,  vielleicht  noch  einige  mehr  seit  dem  Erscheinen  der  „Positio"  ver- 
gangen waren,  so  steigt  uns  wie  von  selbst  die  Vermutung  auf,  daß  Pollich 
erst  nach  dem  Tode  Johanns  von  Halle  sich  dieser  literarischen  Fehde 
erinnerte,  die  ihm  nun  nachträglich  willkommenste  Gelegenheit  bot,  den  Kon- 
kurrenten unschädlich  zu  machen.  Das  Streitobjekt,  die  theoretische  Professur 
in  der  medizinischen  Fakultät,  macht  diesen  „wissenschaftlichen"  Streit  gewiß 
nicht  erquicklicher.  Doch  wir  täuschen  uns  leider  kaum  mit  dieser  Annahme, 
wie  wir  noch  sehen  werden^]. 

Zunächst  insinuiert  sich  also  Simon  Pistoris  sehr  vernehmlich  bei 
seiner  Spektabilität  dem  Herrn  Dekan  mit  folgenden  feierlichen  Schlußworten^): 
„His  ego  magister  Symon  Pistoris  medicinae  doctor .  .  censorem  quemvis 
peritum  affectu  amplo  exposco,  imprimis  denique  Vos,  dominum  magistrum 
Johannen!  Lantzspergk  Medicinae  doctorem  et  eiusdem  facultatis  decanum 
benignum,  ceteris  cum  collegis  oro,  si  quid  emandandum  aut  viri  cuiusquam 
boni  diffamativum  verbum  reperiatur,  abradatis.  Pariter  per  vos  in  opusculo 
contra  me  per  doctorem  Martinum  Melierstadt  edito  equidem  fieri  posco 
iustissime.  probabile  autem  quidquam  in  convitium  aut  diffamationem  non  ten- 
dens  posuerit,  animo  modesto  ferre  nusquam  recusavi''.  —  — 

Nun  hatte  also  wieder  Melierstadt  das  Wort;  er  brauchte  es  gehörig  und 
ließ  nicht  auf  sich  warten.  War  doch  keine  Zeit  zu  verlieren,  und  für  einen 
gewandten  Federhelden  wie  ihn,  waren  der  Blößen  bei  dem  Gegner  so  vielel 
Schon  der  Titel  „Castigationes   in   alabandicas  declarationes"  *;  ist  ein   frecher 


')  Am  S.August  1499,  also  5  Tage  nach  dem  Tode  Johann  Waghs  von  Halle. 

-)  Wenn  wir  in  der  Illustrierten  Geschichte  des  sächsischen  Landes  von  Konrad  Sturm  hoc  fei 
Bd.  I  S.  1006  lesen,  daß  Pistoris  der  Kandidat  des  einen  Sachsenherzogs  gewesen  sei  und  Lands- 
berg der  des  Andern  für  das  Dekanat  und  die  erste  Professur,  so  will  uns  das  mit  nichten  wahrscheinlich 
dünken.  Daß  der  2.  Professor  in  die  i.  Professur  und  damit  ins  Dekanat  einrückte,  war  nun  doch 
schon  seit  gar  vielen  Jahrzehnten  fester  Usus,  aber  es  liegt  dieser  Cberlieferung  wohl  noch  ein 
Nachklang  des  Streites  Mellersladt-Pistoris  um  die  zweite  Professur  zugrunde. 

^1  Declaratio  Defensiva  Bl.  1?,'. 

*l  „Alabandicus"  aus  der  Stadt  Alabanda  am  Mäander  in  Karien,  mit  dem  Nebensinn  von 
üppiger  Frechheit.  32  BU.,  4°;  die  Rückseite  des  ersten  und  des  vorletzten  und  das  ganze  letzte 
Blatt  unbedruckt.     Das  Büchlein  ist  bei  Jakob  Thanner  gedruckt.     Vgl.  Tafel  XV  Nr.  4. 


Lileratische  Betäligimg. 


An^nii    und    scnon    li.is    ii.-ic-    Wort    des   Textes   „Quibus   insolentiis"!    eine 
bewußte    Unwahrheit,    wenn    er    nicht    die   eigenen    Unverschämtheiten    d.imit 
treffen  wollte;  denn  Pistoris  hatte  im  ganzen  würdevoll  an  sich  gehalten,  daß  er 
auch    „anders    konnte",    wird    seine    Duplik    dartun;    Meilerstadt,    das    sanfte 
Lammlein,  ruft  aber  heuchlerisch  alle  zu  Zeugen  auf  ob  der  schnöden  Unbill, 
die    ihm    zu   Unrecht  widerfahren  sei,    und  streut  den  Universitätslehrern  ver- 
logenes Lob,  daß  sie  in  ihrer  Milde  an  sich  gehalten  hätten,  um  Pistoris  nicht 
ob  seiner  Erbärmlichkeit  sofort  von  der  Hochschule  zu  jagen,  die  er  schmach- 
voll verunziere  „  .  .  .  ut  ineptias  suas  infantiles  ac  errores  pene  inauditos,  nisi  con- 
silio  vestro  singulari  ac  Providentia  cohibueritis,  brevi  de  universo  vestro  g>'m- 
nasio  actum,  vestro  nomini  dedecori  ac  immortali  maculae  futuros  plane  pros- 
picio"  [Bl.  a/].     So  enthüllt  er  offen  sein  Ziel,  Pistoris   in  Leipzig   unmöglich 
zu  machen.     Darum  häuft  er  Schmähung  auf  Schmähung,  macht  sein  Gegner 
in  jeder  Weise  lächerlich   und  bläht  sich  stolz  im  geliehenen  Schmuck  seiner 
Worte    und   ..Leistungen':    ,.Et  quantum   ille  fructus  gloriaeve  ex  studiis  suis 
gymnasio  vestro  adiecerit,  non  tardum  dictu  est,  quandoquidem  a  tempore  doc- 
toratus  sui  non  apicem   unum  edidit,   nisi  quaestiones  tres'),  alio  tarnen  (quod 
turpius  estj  coUectas  disputaverit  [während  doch  bei  Meilerstadt  selbst  außer 
Wortschwall  und  Spitzfindigkeiten  alles  entlehnt  und  Autoritätenkram  ist].     At 
ego  ['.]  studio  vestro  quanto  ornamento  fuerim,  lucubratiunculae  meae,  quas  in 
liberalibus  artibus  philosophatus,  Parisiensium  more  edidi,  (venia  sit  dicto)  locu- 
pletissimo  testimonio  esse  possunt"  (Bl.  a^'').      .\ls  echtem   Humanisten  duftet 
Eigenlob    ihm    berauschend*),    und    heuchlerisch    setzt    er  hinzu   „In  suscepta 
autem   disceptatione   aequitati  merita  praeferri  minus  posco",  —   und  verlangt 
noch    lauter    nach  Zensur  von  berufener  Stelle  als  sein  Gegner  der  „semilite- 
ratus",  den  eine  solche  Behörde  sicher  gleich  auf  lo  Jahre  im  Verruf  erklären 
würde,  trotzdem  seine  Eehlgeburt  (abortivum  suum)  erkennen  lasse,  wie  Pistoris 
selbst  im  Streite  mit  ihm  (Meilerstadt)  an  Gewandtheit  des  Ausdruckes  gegen 
seine  noch  kläglicheren  früheren  Stilübungen  gewonnen  habe^),  falls  ihm  nicht 
gar  die  Krücke  eines  „spiritus  vulpinus"  [Bl.  a/]  geliehen  sei.    Mit  grimmigem 
Behagen  stellt  er  dann  eine  Liste  von  135  Irrtümern  seines  Gegners  zusammen, 
die   freilich  an  Wiederholungen  und   Unterschiebungen    nicht  arm   ist.     Glück- 
licherweise macht  er   sich    nicht  an  die  Widerlegung  aller,    sondern  trifft  zu- 
nächst  nur  eine  Auslese  und  gibt  zum  Schlüsse  eine  Widerlegung  der  letzten 
13.     Da  sich   der  Streit  vom  Gegenstand  immer  mehr  entfernt  und  zu  einem 
immer  leereren  Wortgezänke  ausartet,  gehe  ich  auf  den  Rest  nur  kurz  noch  ein. 
Charakteristisch  für  den  ganzen  Meilerstadt  ist  die  glatte  \'erdrehung,  mit  der 
er   sich    von    seiner  eigenen  läppischen  Erklärung  von  „epidemia"  (s.  S.  140) 
frei  macht,  um  desto  tapferer  über  Pistoris  herzufallen.     Viele  Dutzende  von 


')  Diese  3  Quaesüones  neben  der  „Positio"  (s.  oben  S.  136  f.)  habe  ich  bisher  nicht  aufzufinden 
vermocht. 

*)  Dafür  hat  er  ein  andermal  die  Stirn  auszurufen :  „Ego  me  laudibus  non  eveho,  hoc  quidem 
a  me  alienins  nihiL"     Castigaiiones  Bl.  bj'. 

')  Was  übrigens  bei  Mcllerstadt  bestimmt  im  selben  Maße  gilt:  man  vergleiche  nur  seine 
„15  Propositionen"  von   1482,  die  wir  obendrein  nur  in  einem  späteren  Drucke  kennen! 


Der  Leipziger  Syphilisstreit  149«/ — 1501.  I^r 

Kennern  der  griechischen  Sprache  werden  als  Zeugen  dafiir  angeführt,  daß 
„epideniiae"  =  vulgarii  ['.]  morbi  sei,  während  er  „o  frivola,  o  ridicula  nee  num- 
quam  satis  irrisa  doctrina"  (Bl.  h,')  darüber  zetert,  daß  man  nach  Pistoris  ein 
,,epidemialis"  hinzusetzen  müsse,  wenn  man  der  Lues  nach  der  Form  ihres 
Exanthems  verschiedene  Namen  gebe,  also  pustuIae  epidemiales  oder  exan- 
thcma  epidemiale  sage.  Ebenso  lächerlich  macht  er  als  ,  hirnverbrannt  die 
Ansicht  des  Pistoris,  dali  neben  den  gewöhnlichen  meteorologischen  Einflüssen 
noch  eine  verborgene  Krankheitsursache  bei  der  Lues  vorhanden  sein  müsse, 
„incognita  medico".  Mit  Nachdruck  weist  er  die  unbestimmten  Andeutungen 
seines  Gegners  zurück,  daß  es  ihm  an  der  fachmäßigen  medizinischen  Aus- 
bildung fehle'),  ohne  sie  allerdings  anders  als  durch  seine  „Erfahrungen",  „Er- 
folge" und  „Stellungen"  zu  entkräften:  „Laedit  eos,  qui  doctorum  numero  me 
adscripserunt;  quos  viderim,  quos  legerim,  an  exercitatus  sim  necne,  his  expe- 
rietur,  si  antea  non  est  expertus:  quam  etiam  experientiam  ceperim  duobus 
annis  de  viginti,  quibus  imperatorio  electori  illustrissimae  domus  Saxoniae,  sere- 
nissimo  duci  Friderico,  divi  Maximiliani  praefecto  praetorio,  serviveram,  eo 
misso  facto  dicere  noverunt,  qui  me  in  curiis  principum  atque  regum  viderunt" 
(Bl.  b./ .  Der  weltläufige  Mann  mag  ja  hier  keine  schlechte  Plgur  gemacht 
haben;  wo  aber  meinte  er  wohl  mit  der  impertinenten  Überheblichkeit  Ein- 
druck zu  machen,  die  er  sich  dem  schlichten  Leipziger  P"akultätsmitglied  gegen- 
über gestattet:  „Ipse  inter  humiles  ac  obscurae  sortis  homines  ver- 
satus  plerumque  Aescuclopaedian,  quod  aiunt,  exercuit,  et  quam 
gloriam,  quam  famam  apud  doctos  sibi  pepererat,  novistis"?  [Bl.  63^  u.  63^] 
Elegantere  Latinität  hat  er  in  18  Jahren  gelernt  (aber  auch  die  gewiß  nicht 
am  Hofe),  doch  die  Hofluft  hatte  ihn  verdorben.  Die  Schmidburg  und  die 
Pistoris,  die  einen  Cranach  den  Älteren  mit  Aufträgen  bedachten,  brauchten, 
nebenbei  bemerkt,  vor  einem  Pollich  nicht  zu  erröten.  Die  „Aescuclopaedia" 
ist  ja  gewiß  ein  amüsant-bissiger  satirischer  Terminus'),  für  dessen  Aufbewahrung 
der  Historiker  der  medizinischen  Standesgeschichte  ihn  dankbar  sein  kann  — 
entstanden  ist  er  sicher  in  mockanten  Humanistenzirkeln,  begegnet  ist  er  mir 
sonst  noch  nicht  —  aber  für  Melierstadt  ist  seine  Verwendung  in  diesem  Be- 
werbungsstreit um  die  Leipziger  Professur  kein  Ruhmestitel.  Übrigens  sah  er 
wohl  ein,  daü  diese  Trauben  für  ihn  zu  hoch  hingen,  sonst  hätte  er  vielleicht 
seiner  malitiösen  Zunge  nicht  derart  die  Zügel  schließen  lassen. 

Das  beste  an  dem  Pamphlet  ist  die  flotte  Abfuhr,  die  er  dem  „Declarator"  ^) 
ob  seiner  \'erteidigung  der  Astrologie  zuteil  werden  läßt;  zwar  hat  er  sich  hier 
die  besten  Waffen,  wie  er  selbst  sagt,  aus  der  blitzenden  Waffenhalle  des  Gio- 
vanno  Pico  della  Mirandola  geholt,  weiß  sie  aber  virtuos  zu  handhaben, 
virtuos  und  ergötzlich  zugleich,  auch  wo  er  freimütig  eingesteht,  daß  er  selbst 
einst  in  diesem  monströsen  Kindbette  schwanger  gelegen  „Videor  mihi  utiliter 


')  Es  scheint  aber  hier  gehapert  zu  haben;  die  Tatsache  der  Erlegung  des  Eintrittsgeldes 
ist  bei  ihm  allein  registriert.  Man  machte  seinem  fürstlichen  Gönner  diese  Konzession,  lehnte  es 
aber  ab,  weiter  zu  gehen.     In  das  „Consüium  facultatis"  hat  man  ihn  niemals  aufgenommen. 

-)  Erzieher  zum  Dienste  des  Äskulap,  etwa  „medizinischer  Einpauker". 

^)  So  nennt  er  seinen  Gegner  immer  ironisch  nach  dem  Titel  seiner  Streitschrift. 
Studien  zur  Geschichte  der  Medizin.     VUI.  lO 


6,    Literarische  Beiaiigung. 


\:-uu\  .iNii.Mogia  fuisse,  quando  cognitis  eius  dogmati(bu)s  tanquam  falsis  nunuic 
ut  dcbui,  ne  residuuni  virilis  meae  in  illis  incassum  perderem,  ea  prorsiis 
abcgi.  Verum  cnimvero  astrologiam,  quam  eins  professionis  (scientia  enim  dici 
nullo  iure  potcst  medullam  contingerem,  per  aliquod  annos  sectatus  sum:  scd 
cognito  ^ut  ante  diximus^  quantum  iiigL-nia  decipiat  ac  vanitatis  habeat,  omnes 
omnium  auctorum  Codices,  quot  in  bibliotlieca  reposuenim  in  extrenias  teiiebras, 
tanquam  nunquam  visurus ,  coniiccre  minus  cunctabar  etc."  (Hl.  ii^'.)  Er 
schließt  mit  einem  bissigen  Hinweis  auf  die  entlelinte  Latinitat  seines  Gegners 
und  seine  eigene  —  schmucklose  Sachlichkeit  {\ ')  und  Wahrheitsliebe,  mit  der 
er  mehr  die  Sache  der  Universität  als  seine  eigene  Sache  geführt  habel 

Scheinbar  unerwartet,  aber  wohl  sicher  auf  Bestellung  und  jedenfalls 
überaus  willkommen  bekam  Pollich  aus  Italien  selbst  Sukkurs.  Giovanni 
Manardi  *  1462),  Leibarzt  der  Fürsten  von  Mirandola,  spater  der  Nachfolger 
Leonicenos  in  Ferrara  seiner  Geburtsstadt,  hatte  sich  auch  zu  dem  Leipziger 
Streitpunkte  geäußert,  und  wenn  Meilerstadt  auch  das  kleine  Schriftchen  in 
Briefform  zunächst  etwas  enttäuscht  aus  der  Hand  gelegt  haben  mag,  ließ  er 
es  doch  als  „Opus  [1]  Johannis  Meinardi"  alsbald  in  Druck  gehen').  Der 
Mitarbeiter  des  großen  Bekämpfers  der  Astrologie  Giovanni  Pico  della 
Mirandola  läßt  sich  kaum  in  den  Abschnitten  seines  Schriftchens,  die  von 
der  ,,pestis  astrologica"  handeln,  aus  seiner  vornehmen  ruhigen  Sachlichkeit 
herausbringen,  die  gegen  das  Gekläffe  und  Gekeife  eines  Melierstadt  so  wohl- 
tuend absticht,  trotzdem  Manardi  konsequenterweise  viel  weiter  geht  als  der 
\'erdrehungskünstler  an  der  Pleiße,  und  ruhig  erklärt,  allerdings  habe  auch 
Galenos  sich  astrologischen  Lehrmeinungen  irrigerweise  angeschlossen.  Da- 
gegen spricht  er  den  Ibn-Sinä  frei  von  astrologischen  Velleitäten  und  unter- 
scheidet fein  zwischen  dem.  was  dem  Arzte  zunächst  wirklich  nötig  sei  und 
dem,  das  er  um  augenblicklicher  Tagesmeinungen  willen  nicht  entbehren  könne. 
Selbst  dem  genialen  Peter  von  Abano,  den  alle  ,. Modernen"  auf  den  Hoden 
der  Hölle  verdammten,  sucht  er  gerecht  zu  werden-)  und  bringt  zum  Schlüsse 
interessante  eigene  Beobachtungen  ;„si  unusquisque  suas  referre  habet  visiones" 
Bl.  g')  und  solche  aus  der  Praxis  seiner  Lehrer  für  die  These  als  Beleg,  daß 
man  die  Sternenschau  bei  der  Behandlung  von  Krankheiten  ruhig  beiseite 
lassen  könne:  „quotiens  vacuandum  est,  lotium  magis  quam  astrum  inspicient 
et  venarum  pulsationem  potius  quam  stellarum  observabunt  configurationem . . 
Vale  ex  Mirandula.  M.  D."'*) 

Mit  vollem  Recht  erklärt  denn  auch  Pistoris  in  der  Notiz  auf  der  Titel- 
rückseite seiner  scharfen  Erwiderung,  zu  der  er  sich  hat  hinreißen  lassen,  der 

')  Es  erschien  ohne  Ort  und  Jahr,  vermutlich  noch  1 500,  und  zwar  aller  Wahrscheinlichkeit 
nach  bei  Hans  Stuchs  in  Nürnberg  auf*  Quartblätter  (signiert  ij,  iij,  iiij);  die  Rückseile  des  ersten 
Blattes  unbedruckt.     Vgl.  das  Faksimile  des  Titels  Tafel  XV  Nr.  5. 

')  Dai5  er  als  echter  Humanist  eine  wörtliche  Übersetzung  einer  mißverstandenen  Stelle  aus 
dem  griechischen  Original  (des  Augustinus!!)  gibt  (.,si  verbum  verbo  reddalur,  sie  sonat"),  durfte 
dem  Bilde  nicht  fehlen. 

")  Aufgenommen  in  die  berühmte  Briefsammlung  des  Manardi  als  erster  Brief  des  2.  Buches, 


Der  Leipziger  Syphilisstreit  1499 — 1501.  ^Ay 


„Confiitatio  coiiflatorum" '),  die  zu  Anfang  desjalires  1501  erschien:  mit  Manardi 
wolle  er  in  ruhigen  Zeiten  schon  ins  klare  kommen,  der  sei  kein  schmähsüclitiger 
Beleidiger,  sondern  treibe  in  urbaner  Form  Polemik,  wie  erselbst  sie  auch  in  seiner 
Heimat  früher  i.iblich  geglaubt  habe:  „et  herum  modo  et  modestia  apud  nostros 
disputanduni  antea  credebam".  Daß  er  selbst  diesmal  von  einer  solchen  ge- 
sitteten Kanipfesweise  gegen  I'olich  keinen  Gebrauch  mache,  werde  ihm  hoffent- 
lich niemand  verdenken.  Verbessert  hat  er  seine  Position  nicht  durch  die  scharfen, 
zum  Teil  persönlichen  Ausfälle I  Leider  war  er  nicht  so  klug,  sich  selbst  zu 
sagen,  daß  um  so  weniger  Ehre  für  ihn  zu  holen  sei,  je  mehr  der  Kampf  in 
ein  pures  Redegefecht  ausarte;  denn  auf  jede  Autorität,  die  der  eine  ins  Feld 
schickte,  konnte  der  andere  mit  zehnen  dienen,  und  stilistisch  und  dialektisch 
war  Ivlellerstadt  ihm  bedeutend  über.  Sachlich  wäre  höchstens  das  eine 
hervorzuheben,  daß  die  V'ielgestaltigkeit  der  Lustseuche  Pistoris  dazu  verführt, 
die  Einheitlichkeit  der  Kranklieit  in  Frage  zu  stellen.  Von  scharfen  Rede- 
wendungen, die  Pistoris  dem  Pol  Heil  ins  Stammbuch  schreibt,  nur  einige  Beispiele: 
„Fucum  amas  verborum,  quo  aequo  plus  garris  (Bl.  21^'').  Anus  delira  si  tibi 
quandoque  assentiat,  non  miror:  blandus  es  et  ore  dicax  (ib.).  O  ingenium 
muliebre,  cui  praeter  nova  et  vana  nihil  gratum,  ah  divina  numina  :'B1. 2I5'). 
Tu  vero  album  per  nigrum  circumloqueris,  laudare  non  debebam  (Bl.  21,;"",.  Tu 
praeclare  et  unice  commentator  medicinae"  (Bl.  i^^").  Das  sind  gewiß  alles,  trotz 
ihrer  teilweise  bitteren  Wahrheit  unter  Universitätsgenossen  unwürdige  Invek- 
tiven,  aber  Pistoris  flicht  mit  Recht  dabei  ein:  „Tu  qui  nee  innumeris  con- 
viciis  unquam  efferbuisti,  naturae  tandem  tuae  cedam  efficis"  (Bl.  21/)  und 
hält  ihm  grimmig  den  Spiegel  vor:  „Principi  servire,  quod  tibi  quam  gloriosum 
visum  est,  si  doctum  quem  faceret,  revera  longe  te  peritiores  non  pauci  stabu- 
larii  evasissent.  Rasis  ego  sententiam  secutus,  qui  docuit,  is  urbibus  famosis 
medicum  debere  morari,  ubi  et  aegrorum  copia  peritiam  faceret  ampliorem,  nus- 
quam  et  principum  (si  libuisset)  negata  mihi  sunt  stipendia.  Velim,  opere 
quam  verbis  tuam  monstrares  peritiam,  et  certe  fama,  quam  summam  et  solam 
et  unicam  optas,  longe  maior  tibi  crevisset!'"  [Bl.  S^^  S/]  %  Ja  er  läßt  ihn  die 
ganze  Wandelbarkeit,  Unruhe  und  Zwiespältigkeit  seines  Lebens  in  nicht 
allzusehr   verzerrtem  Bild    überschauen,    wenn   er   ihn  folgendermaßen  apostro- 

')  Vgl.  das  Faksimile  des  Titels  Tafel  XV  Nr.  6.  10  BU.,  4»  (Wi-ü,  J3l-l).  Die  von 
Melierstadt  immer  wieder  aufgetischte  Behauptung,  Pistoris  habe  den  ersten  Druck  dieser  Schrift 
nach  Erscheinen  zurückgezogen,  um  sie,  von  stilistischen  Fehlern  gereinigt,  abermals  erscheinen  zu 
lassen,  beruht  vielleicht  insofern  auf  Wahrheit,  als  Pistoris  etwa  sein  Büchlein  schon  ausgegeben, 
jedenfalls  schon  geschrieben  und  in  Druck  gegeben  hatte,  als  die  Broschüre  des  Jlanardi  erschien, 
auf  die  er  dann  mit  wenigen  Worten  auf  der  Titelrückseite  hinwies,  die  nicht  alle  erhaltenen  Exem- 
plare zu  enthalten  scheinen.  Sie  fehlt  deshalb  wohl  auch  bei  Grüner  „Aphrodisiacus"'  1780  S.  80. 
Einige  Korrekturen  mögen  dabei  nachträglich  vorgenommen  worden  sein ,  wie  denn  von  den  Uni- 
versilätsgenossen  dem  so  heftig  und  unwürdig  Bedrängten  gewiß  auch  ungebeten  mancher  gern  bei- 
gesprungen  sein  wird;  von  Konrad  Wimpina  ist  es  ja  später  bekannt  geworden.  Das  Büchlein 
ist  Iwi  Melchior  Lottcr  in  Leipzig  gedruckt. 

-)  An  anderer  Stelle  ähnlich,  aber  bissiger  (Bl.  BjO:  „Si  tibi  pariter  aliquid  laudis  evenisse 
cum  inter  satellites  hominesque  literarum  expertes  non  pauca  admiratio  sit  novae  anteaque  non  visae 
iloctrinae  tuae,  teque  vehementer  laudalum,  ut  pueri  lunonis  avem;  anogasti  animum." 

10' 


us 


6.    l-ilcransch« 


|>lucrt:  „Qua  protcrvia  dum  subito  astronomiam  te  hausissc  arbitrabaris  et  huius 
.irtis  peritos  in  publicum  ctiam  certamcn  citaveris,  quam  iniuriosc  valvas  niacu- 
lasti,  qua  dcniquc  verecundia  ut  reprobus,  ab  arbitris  remissus,  omniuiii  dcnique 
nunc  imniemor  et  rectissime  tuo  ore  transfuga,  et  tandem  omniuni  exul? 
Prinium  namque  iuris  peritiam,  deinde  astronomiam.  post  medicam  ita  subito  didi- 
cisti,  ut  vcrius  te  ;u>pexisse  quam  didicisse  quisquam  ratus  sit:  nunc  et  oratoriae 
tantisper  insudans  ad  nomenclaturas  et  graminaticcn  tandem  redis.  Quae  et 
cuncta,  si  praeter  aliorum  molestiam  (in  tuam  rem  puta)  ageres,  ferrem  et  ego 
modestissime;  pari  autem  passu,  quo  non  paucos  ante  me  inquictavisti,  nunc 
et  in  medica  oberrando  (rabidi  niore  canis)  meam  laniare  faniam  nunquam  cessas. 
Si  quae  contra  errata  tua  dixerim,  alieno  nie  ductum  spiritu  confingis."  Wir- 
kungsvoll halt  er  ihm  die  eigene  Ausdauer  und  Selbstbeschränkung  entgegen: 
„Putasne  tanto  aevo  studiosissime  uni  artium  non  sine  labore  insudaverim  tibi 
cunctas  transcurrenti  facultates  nullanique  ex  integro  amplectenti,  ut  potius 
libasse  quam  attigisse  videaris,  in  medica  aequari  et  possim  et  debcam;  ignoras 
etiam,  quaeque  facultas  virum  integrum  sibi  velit?  Tu  dicacitate,  quam  prac- 
fers  nee  opera  tua,  sed  natura  magis,  quosque  molestare  audes  eademque  con- 
ditione  ut  omnifariam  conflatis  nunc  theologorum  nunc  oratorum  sententiis 
inversis  verbis  et  sermonibus  famam  tibi  amplissimani  accessisse  opinaris;  ncc 
hac  insolentia  contentus,  in  cunctos  dcnique  obiurgari  et  conviciari  seniper  veiis" 
(Bl.  21;'  u.  2I5').  Das  war  deutlich  gesprochen  und  trotz  aller  Heftigkeit  mit 
dem  harten  Klange  der  Wahrheit,  der  den  Gegner  zu  noch  größerer  Wut  auf- 
peitschte. Naturlich  mußte  Meilerstadt  das  letzte  Wort  haben,  wofür  hatte  er 
denn  die  große  Gewandheit  in  Geistesgj-mnastik  und  Federführung  seit  seinem 
noch  unbeholfenen  Kompendium  der  15.  astrologischen  Thesen  sich  errungen! 
Ein  allerletztes  Mal  stieg  er  in  die  tintenbespritzte  Arena  nieder,  den  Federkiel 
in  eitel  Gift  und  Galle  tauchend,  und  die  unleugbare  Überlegenheit  der  Waffen- 
führung skrupellos  ausnützend. 

„Responsio"  nannte  er  sein  letztes  Wort'),  wann  wäre  ein  Melierstadt 
jemals  um  eine  .Antwort  verlegen;  gegen  ihn  war  Pistoris  wirklich  ein  Bäcker- 
knecht, der  mit  frischgebackenem  Brote  gegen  scharfe  Klingen  kämpft,  wie  er 
in  dem  Titelgedicht  sagt  (Talel  XVI,  Nr.  i).  Tolles  Wagnis  war  es  freilich 
von  ihm,  gegen  einen  Meilerstadt  anreiten  zu  wollen:  so  charakterisiert  es 
dieser  auch  überaus  zutreffend  in  den  paar  Schlußworten  an  den  Leser,  die 
er  einer  einleitenden  Zusammenstellung  der  von  Pistoris  falsch  gelesenen  oder 
falsch  verstandenen  Autoren,  der  auf  219  angeschwollenen  Irrlehren  (vgl.  S.  144) 
und  der  ursprünglichen  Thesen  von   1498,  die  zu  dem  ganzen  Streite  die  Ver- 


•)  40  Bll.,  4°,  21l— 8,  ai— 8  .  .  i>l— 8;  die  Rückseite  des  ersten  und  letzten  Blattes  und  das 
ganze  8.  Blatt  unbednickt,  am  Ende  die  Jahreszahl  „Illl>3",  1501.  Bei  dem  nämlichen  Verleger 
gednickl  wie  das  „Opus"  des  Manardi,  also  in  Nürnberf;  (worauf  auch  die  Bevorzugung  der 
Nürnberger  Kalenderdrucker  den  Leipziger  Verlegern  gegenüber,  vgl.  S.  141  Anm.  I  hinweist)  bei 
Johann  Stuchs.  —  Ich  verdanke  die  Kennlni-)  dieses  Druckes  der  Liebenswürdigkeit  der  Leitung 
der  Hamburger  Stadtbibliothek.  Die  Leipziger  Universität  hat  dies  Pamphlet  nicht  zu  ihren 
Bücherschätzen  genommen,  wie  «onst  die  vorhergehenden  alle. 


Der  Leipziger  Syphilisstreit  I499 — 1501.  iaq 

anlassunij  gegeben  liatten,  anhängt:  .,extremae  temeritatis  homuncio  ille  sub 
suo  nomine  ^conducta  tarnen  opera)  adversum  me  nuper  edidit  .  .  ."  (Bl.  2i.^')) 
\'oll  grimmiger  Wut  stürzte  er  sich  auf  alle  Schwächen  und  Blößen  seines 
Gegners,  und  kein  Mittel  der  Schmähung  und  Verdrehung  ist  ihm  nunmehr 
zu  schlecht;  ja  man  fragt  sich  immer  wieder  erstaunt,  ist  es  möglich,  daß  er 
seinem  Leipziger  Leserpublikum  so  etwas  bieten  durfte.  Zuerst  wird  der  ganze 
„Fall"  vollkommen  neu  auffrisiert,  von  Anfang  an.  Er  selbst  habe  stets  nur 
selbstlos  und  harmlos  der  Wissenschaft  gelebt,  „vitatis  cuiusque  semper  con- 
tumeliis  et  odio".  Aber  „es  kann  der  Beste  nicht  in  Frieden  bleiben"  usw. 
„Xonnuli",  der  schlimmste  natürlich  Pistoris,  „laudatissinium  et  saluberrimum 
meum  consilium  .  .  quovis  conatu  deturbare  cepere,  invidia  impulsi  .  .  ."  Wie 
ein  „Draco  ignivorus"  sei  Pistoris  über  das  Lämmlein  Mellerstadt  hergefallen, 
es  zu  zerfleischen,  da  er  die  Ansichten  des  großen  Leoniceno  auf  den  Schild 
gehoben!  So  schaft't  er  sich  eine  neue  Plattform  zum  Schimpfen,  Lästern  und  Be- 
leidigen, und  er  stellt  tatsächlich  alle  seine  früheren  Leistungen  damit  in  den 
Schatten;  man  höre  ihn:  „O  tumultuanteni  invidiam,  o  excoecatam  rationem, 
qua  ista  blacteramenta  in  rationales  medicos  sperguntur  (Bl.  a,./).  O  tristem 
ignorantiam  .  .  .  penitus  obtusus  aut  mentis  pessimae  et  diabolicae  obstinationis  tu 
solus  adversaris,  qui  haud  sine  almi  Lipczensis  gymnasii  ignominia,  damno  et 
iactura  (quia  tibi  impune  conceditur)  absque  omni  molestia  in  viros  quosque  in- 
nocentes,  insontes,  doctos  conducta  opera  invehere  non  erubuisti  (Bl.  a^"').  Ar- 
bitror  et  ipse  omnibus  in  hanc  tuam  sententiam  manibus  et  pedibus  eundum, 
scurram  lenonemque  quempiam  nuncupare  non  esse  magni  ingenii,  sed  iniqui, 
lividuli.  detractorii.  O  venerandani  pudicitiam,  quam  non  evangelium  peperit 
et  amor  dei,  sed  scorti,  quod  te  decoxerit  et  fecit  natura  impotentem  (Bl.  a^'). 
Tua  perversitas,  impoenitentiae  scelus  agnitae  falsitati  plena  cera  subscribere  .  . 
errorum  interpres!  O  nugator  maligne  o  medicomastix  impudens,  nihil  est 
te  in  medicina  indoctius,  nihil  imperitius.  Dolcndum  est,  nullam  legem  tarn 
exitialem  inscitiam  punitum  ire.  Studium  medicinae,  quod  false  de  te  prae- 
dicas,  exitialis  ignorationis  vitio,  quo  pluribus  noces,  tuo  ore  confundis"  (Bl.  b^^). 
„Te  nemo  inscitia  aequabit  i^Bl.  b,/).  Nemo  inquam  castigabit  satis  catholicones, 
calumnias,  blasphemias,  quibus  non  valvas  modo  et  perituram  chartam  sed  et 
famam  et  posteritatem,  quae  post  dira  fata  Simonimasticones  inveniet,  maculasti 
(Bl.  b^').  Omnes  scorpiones  tibi  fratres,  teque  scorpionem  esses  infertur:  male 
ergo  terras  Alemannorum  nuper  accusasti  tanquam  privatas  scorpionum  semente, 
nisi  id  obstet,  quod  aiunt,  aliubi  ortos  scorpiones  in  cauda,  te  vero  in  lingua 
habere  venenum  (Bl.  6^7'-  Das  „Calumniare  audacter"  handhabt  Po  lieh  meister- 
haft, wie  man  sieht,  aber  auch  im  gehässigen  Verkleinern  und  versteckten  Ver- 
dächtigen ist  er  Meister.  Pistoris  muß  so  schlecht  gemacht  werden,  daß  in 
Leipzig  kein  anständiger  Hund  mehr  ein  Stück  Brot  von  ihm  nimmt.  Allent- 
halben stäubt  es  von  der  „Backstube"  (pistrina) ');  hämisch  trägt  er  den  Klatsch 
weiter:  „Accepi  a  fide  dignis,  te,  quo  a  scholaribus  lardi  portionem  pinguiorem 
obtineres,    scropham    aliquando    incidisse"   (Bl.  b,/).     Ungescheut    geht    er   jetzt 


')  Frech  schreibt  er  gleichzeitif;:   „Desine  de  peiiitura  mea  vaneloqui"!     Bl.  D, 


I  -Q  ('.    Litcraiischc  t<ctiiuc«ng. 

ganz  orten  aul  sein  Ziel  los,  ilim  die  Professorenkarriere  in  Leipzig  un- 
möglich zu  machen:  „Mihi  crede,  quem  venaris  leporein  his  canibus  nun  ap- 
prehendesl  (Bl. ö^').  Non  satis  est  Lipcensem  [in  Leipzig  geboren]  sed  opportet 
Lipcicum  esse  (Bl.c^')!  Tot  volumina  et  quidem  geniinis  exeniplis  errorum 
literariis  forniis  implevisti,  ut  his  paene  tota  Europa  non  absque  Lipcensis  studii 
iactura  effluitet  (Hl.  b/).  Quodsi  discurrere  ostiatim  et  melancholico  more  abs- 
que 1  lipporate,  Galeno,  Dioscoride,  Avicenna,  ceteris  visere  aegrotos  quempiam 
doctum  eflecerit,  te  comitans  aequat  in  arte  canis,  natura  vero  jiraestabit 
(Bl.Cg'').  Dum  plures  in  medicorum  almi  studii  Lipcensis  collegio  philosophi  et 
medici  insignes  sane  et  excellentes,  inveniantur,  quo  te  solum  tarnen  medicum 
aestimari  facias,  hunc  parum  solertem,  illum  indoctum  apud  plebeos  praedicas 
oninesque  lacessis,  confundis  et  tanquam  venenum  ac  pestis  saevissima  quod  non 
negabunt.  requisiti,  molestas.  Qua  et  in  me  pariter  grassari  coepisti;  sed  quantum 
tulere  vires,  divino  praesidio  tibi  constantissime  restiti,  nee  unquam  patiar  a  te 
supprimi"  (Bl.  c^').  Wahrlich  gründlich  ist  die  Gosse  aufgerührt  und  in  infamer 
Weise  reichlich  Mißtrauen  hineingesät.  Wer  will  mit  „so  Einem"  zu  tun  haben: 
„Ouaeque  facultas  vult  sibi  virum  integrum,  catholicon  pistrinus  est:  non  enim 
homo  semissis  sum,  quaelibet  ergo  me  potest  admittere,  quando  praesertim 
omnes  communi  quodam  vinculo  et  seminaria  ratione  iunctus  nemo  addubitabit" 
(Bl.bj). 

Ja,  man  muli  es  ihm  wirklich  lassen,  das  Metier  verstand  Meilerstadt: 
er  hat  den  armen  Simon  Pistoris  in  seiner  Vaterstadt  gründlich  unmög- 
lich gemacht.  Und  er  ist  denn  auch  gegangen  —  an  den  Hof  des  Kur- 
fürsten Joachim  III.  von  Brandenburg  berufen! 

Beachtenswert,  also  erwähnenswert  scheint  mir,  was  Pollich  in  seiner 
letzten  Streitschrift  über  sein  persönliches  \'erhältnis  zu  W^enzel  Faber  sagt 
(Bl.  b^'f.)  wie  sehr  es  auch  ins  Schöne  gefärbt  sein  mag:  „Falsum  est,  quod 
ab  arbitris  unquam  cum  verecundia  sim  remissus.  W'enceslaus  Budweis,  insignis 
mathematicus,  et  suae  opiniones  complures,  per  me  in  materia  de  verbo  intelli- 
gibili')  (ipsismet  ingenue  confitentibus)  antea  convicti,  scholasticam  vindictam 
machinantes  iudicium  astrologicum  quod  super  eventis  anno  octogesimosecundo 
coelestium  interpretatione  simul  illis  initiatus  edidi,  praecique  opinionem  de 
gubernatore  et  domino  armi  eligendo  per  ascensiones  rectas,  non  (ut  ipsi)  obliquas, 
convellendam  ducebant.  Quod  profecto  veluti  ex  ignorationis  poculo,  quod  singuli 
bibimus,  vel  opinionum  dissensionibus  ortum  sine  verecundia  et  absque  pudore 
aequo  animo  tuli  sponteque  cessi:  ea  enim  benevolentia  mutua,  qua  inter 
earundem  artium  studiosos  semper  fuimus,  ut  alter  alteri  et  maiores  honores 
et  votiva  placita  e.xoptaremus.  Ego  revera  ut  nemini  (te  venenosam  tigridim 
praeter)  unquam  sum  adversatus  .  .  ."  Es  steckt  ein  gut  Stück  Heuchelei  in 
diesen  noch  weiter  von  ihm  ausgesponnenen  Schlußworten! 

Und  unser  Gesamturteilr  Gewiß  ist  Pistoris  in  diesem  Streite  der  Leid- 
tragende, weil  Unterlegene.     Aber  irgendwelches  eigene  Urteil  im  Sachlichen 


')  Scheint  nicht  erhalten  zu  sein. 


Dei  Leipziger  Syphilisstreit   1499 — 1501.  jci 

der  Medizin  ist  Melierstadt  nicht  zuzugestehen  und  mit  der  „Vertretung  des 
neuen  Geistes"  ist  es  eine  recht  ungewisse  Sache.  In  der  Bekämpfung  des 
astrologischen  Irrwahnes  steckt  zweifellos  ein  Verdienst  Picos,  wie  sehr  auch 
er  noch  mit  mittelalterlichem  Rüstzeug  kämpft,  und  sich  ihm  angeschlossen  zu 
haben,  ist  ein  Lobestitel  für  Follich,  der  eine  ganze  Reihe  von  Jahren  sich 
tiefer  in  dieses  Wahngespinnst  eingelassen  hatte  als  Pistoris,  der  wieder  eben 
um  seines  Festhaltcns  an  der  Astrologie  willen  im  Kreise  des  Kurfürsten 
Joachim  und  seines  großen  Hofpraktikenschreibers  und  Mathematikers  Johann 
Carion  um  so  lieber  gesehen  war.  .«^ber  daß  etwa  in  der  Auffassung  von  der 
Syphilis  bei  Nicolo  Leoniceno,  die  Mcllerstadt  als  so  unübertrefflich  preist') 
und  so  rein  dialektisch-scholastisch  verteidigt,  auch  nur  ein  Fünkchen  des  Fort- 
schrittes glimmt,  muß  ich  auf  das  allerentschiedenste  bestreiten,  trotz  der  auch 
hier  vorhandenen  Ablehnung  der  Astrologie.  Gerade  diese  Syphilisauffassung 
zeigt  uns  recht  deutlich,  wie  schwach  es  im  positiven  Sinne  mit  dieser  ganzen 
„medizinischen  Renaissance"'  bestellt  war. 

Gewiß,  die  Araber  haben  ihre  ganze  medizinische  Wissenschaft  von  den 
Griechen  herübergenommen  und  sie  hatten  dessen  weit  mehr  und  Besseres 
herüberzunehmen  als  etwa  die  abendlandischen  Arzte  des  angehenden  16.  Jahr- 
hunderts, aber  sie  haben  es  sich  mit  Genialität  angeeignet  und  daraus  ein 
Gebäude  des  Wissens  in  neugeborener  Schöne  aufgebaut  und  weiter  ausgebaut, 
gegen  das  ein  Leoniceno  und. alle  philologischen  Mediziner  der  Renaissance 
in  ihren  Leistungen  völlig  verschwinden.  Sie  haben  dem  überkommenen 
Schatze  manch  neues  Edelgestein  hinzugefügt  und  die  alten  Brillanten  in  zum 
Teil  berückende  Fassungen  gelegt,  die  ihren  Wert  erst  recht  zur  Geltung  kommen 
lassen.  Der  Qänün  des  Ibn-Sinä,  von  dem  Leoniceno,  Manardi  und 
Pollich  keck  behaupten,  er  sei  nichts  weiter  als  schlecht  übersetzter  Paulos 

')  Nebenbei  bemerkt  scheint  Meilerstadt  mit  seinem  Eintreten  für  die  wirklichkeitsferne 
Syphilistheorie  des  Leoniceno  in  Leipzig  selbst  keine  Proseliten  gemacht  zu  haben.  Jedenfalls  sind 
die  Äußerungen,  die  Magnus  Hundt  in  seinem  Antropologium ,  das  1501  in  Leipzig  heraus  kam 
(5.  oben  S.  115  ff.),  über  die  Syphilis  macht,  nicht  im  Geringsten  durch  Leoniceno,  Manardi  oder 
Pollich  beeinflußt.  (Fuchs  hat  sie  in  den  „Ältesten  Schrifistellern  über  die  Lustseuche  in  Deutsch- 
land, 1843"  auf  S.  322  übersichtlich  zusammengestellt.)  —  Interessant  wäre  es,  festzustellen,  in 
welcher  Periode  das  zeitweise  zwischen  Wittenberg  und  Leipzig  hin  und  her  pendelnden  Lebens 
des  westlälischen  Poeten  Hermann  von  dem  Busche  sein  Lobgesang  auf  Simon  Pistoris 
stammt.  Irgend  ein  Zusammenhang  mit  dem  Streite  Polich -Pistoris  oder  Wimpina- Meilerstadt 
muß  nicht  notwendig  angenommen  werden,  zumal  der  Dichter  und  Humanist  mit  Heinrich  Schmied- 
berg,  dem  Schwager  des  Pistoris  befreundet  war.  An  poetischem  Überschwang  ist  jedenfalls  in 
den  Versen  kein  Mangel: 

Ad  Simonem  Pistoris  Medicinae  Doctorem  peritissimum. 
Te  reliqui  vates  numeroso  carmine  laudent 

Attolantque  artes,  alta  sub  astra  tuas! 
Me  cebrasse  Simon,  sat  sit  te  hie  optime  paucis 

Conveniens  studijs,  est  breve  lemma,  meis. 
Vota  ferant  alij  Phebo  medicoque  deorum 
Xu  me  Paeoniani  iudice  vincis  opem. 
(Hermannj    Buschij    Pasiphili.      Epigramniatum    Liber    Tertius.      Lips   1504.)      Bl.  C/.  —    Trocken 
berichtet  Wimpina  in  seiner  „Centuria":  „Simon  Pistoris,  nalione  Misncnsis,  satus  oppido  Lipsica, 
artium  et  utriusque  Medicinae  Archiatrus,  Doctorque  ac  Senator  Lipsensis  famatissimus!'' 


(>.    Ijtf rai  ische  Bellltiguni; 


\i>n  Aitjina  und  Galcnos  quam  l'auluni  et  Galenum  male  tran.slatum\  er 
wird,  solange  die  Erde  steht,  eine  der  klarsten  und  wohlgeordnetsten  Dar- 
stellungen des  medizinischen  Wissens  einer  bestimmten  Zeitperiode  bleiben, 
die  je  geschrieben  wurde! 

Und  wer  als  ruhig  urteilender  Historiker  die  grenzenlos  oberllachliche 
Manier  betrachtet,  mit  welcher  der  grolie  Leoniceno  aus  der  Lues,  deren 
Ätiologie  und  Pathogenie  zweifellos  eines  der  drängendsten  Probleme  der 
medizinischen  Wissenschaft  am  Ende  des  15.  und  in  dem  ersten  Drittel  des 
16.  Jahrhunderts  war,  eine  Sommerkrankheit  (morbus  aestivus)  machte,  weil 
Ulterationen  der  Mundschleimhaut  und  der  Genitalgegend  in  einem  Aphoris. 
nius  des  Hippokrates  als  im  Sommer  öfters  vorkonmiend  genannt  werden 
(davon  daß  sie  zusammen  vorkamen  sagt  der  große  Koer  kein  WortI),  eine 
Sommerkrankheit,  die  aus  zu  großer  Wärme  und  Feuchtigkeit  der  Luft  entstehe, 
der  muß  sagen,  daß  eine  solche  Renaissance,  eine  solche  Xeuerweckung  des 
Altertums,  aufgebaut  auf  kleinen  glücklichen  Stellenfunden  dieser  und  ähnlicher 
Art.  die  man  dann  beliebig  ausdeutete,  nichts  weiter  war,  als  ein  schweres 
Hindernis  für  den  wirklichen  Fortschritt  der  Wissenschaft,  der  nur  durch 
erneute  eigene  Naturbeobachtung  im  Sinne  und  Geiste  der  alexandrinischen 
Wissenschaft  zur  Zeit  ihrer  höchsten  IMüte  möglich  war.  Seichtes  Auf- 
kläricht  hat  noch  immer  zur  Dünkelhaftigkeit  gefuhrt,  auch  damalsl  Als  viel 
mehr  hat  sich  auch  die  antiastrologische  Polemik  nicht  erwiesen.  \'om 
treibenden  Prinzip,  das  in  der  Erneuerung  des  Piatonismus  und  des  Neu- 
platonismus  steckt,  im  Gegensatz  zu  dem  der  eigentlichen  Naturwissenschaft 
direkt  weit  näher  stehenden  Aristotelismus.  kann  heute  und  hier  nicht  die 
Rede  sein. 


Gewiß  war  sie  nicht  erfreulich  für  die  Leipziger  „Facultas  Medicinae", 
diese  Kampfesepisode  an  der  Schwelle  des  16.  Jahrhunderts,  welche  beim 
Freiwerden  einer  der  beiden  Lehrstellen  durch  den  Tod  des  Dekans  Johannes 
von  Halle  im  August  1499  entfesselt  wurde  und  mit  dem  Weggange  beider 
Streitenden  endigte!  Ein  Beschluß,  daß  sowohl  Melierstadt,  der  bestimmt 
niemals  in  ihren  engen  Kreis  (das  „Consilium")  Aufnahme  gefunden  hatte,  als 
Pistoris,  dessen  „Personalien"  jedenfalls  in  bester  Ordnung  waren,  für  die 
Nachfolge  in  der  Professura  pathologiae  nicht  in  Frage  kommen  solle,  ebenso 
wenig  der  nur  ehrenhalber  aufgenommene  Wenzel  P'aber  und  der  ihm  zu 
Ehren  weiland  in  der  Anciennität  mit  seiner  Zustimmung  zurückgestellte  Kaspar 
von  Braunsberg,  liegt  schriftlich  fixiert  nicht  vor;  doch  wird  etwas  Ähnliches 
stattgefunden  haben').   Der  Eintritt  Wilhelm  Haldenhoffs  ins  Lehramt,  nachdem 

')  Wir  besitzen  ein  Gutachten,  das  Simon  Pistoris,  der  im  Oktober  1502  Leipzig  schon 
für  ca.  6  Jahre  verlassen  hatte,  kurz  nach  1509  gesondert  über  die  Reformbedürftigkeit  der  medi- 
zinischen Fakultät  mit  seiaen  Abänderungsvorschlägen  auszuarbeiten  den  Auftrag  erliielt,  noch  im 
Konzept;  es  befindet  sich  im  Hauptstaatsarchiv  zu  Dresden  uud  ist  bei  Stübel,  Urkundenbuch  der 
Univ.  S.  454 — 457,  von  mir  in  den  Anhang  am  Schluß  der  Gutachten  von  1502  (Abschnitt  2) 
erneut  zum  Abdruck  gebracht.  Darin  wird  Zeile  23 — 27  von  der  theoretischen  Professur  in 
einem   solchen    Zusammenhang  gesprochen,   daß   man   fast   annehmen   möchte,   Mcllerstadt  habe  es 


Des  Kampfes  Ende,  Pistoris  Abzug  von  Leipzig  1501.  ICß 

er  gerade  sein  medizinisches  Doktordiploni  zur  Geltung  gebracht  hatte,  war 
wohl  nur  ein  vorlaufiger,  wie  die  Satzung  das  wenigstens  für  das  Dekanatsamt 
(vgl.  S.  31,  §  31)  vorsah;  das  scheint  sich  sogar  auch  aus  den  Eintragungen 
des  X'ogelschen  Xaniensregisters  zu  ergeben,  nach  welchem  Haldenhoft'  1499 
und  1500  erst  nachträglich  beigeschrieben  ist  und  wo  schon  1501  vermerkt  ist 
„petit  absentiam";  er  ging  also  den  peinlichen  Verhältnissen  aus  dem  Wege; 
auch  1505  ist  „Wilhelm  Haldenhoft'  abscns"  eingetragen.  Sind  das  auch  späte 
Nachrichten,  so  spiegeln  sie  doch  den  schwülen  Übergangszustand  wieder,  der 
auf  der  Leipziger  medizinischen  Fakultät  jahrelang  lastete. 

Als  guter  Leipziger  hat  Simon  Pistoris  bei  seinem  Weggange  dem  Rate 
der  Stadt,  dem  er  ja  selbst  in  Ehren  angehört  hatte,  als  Abschiedsgabc  einen 
„guten  Ratschlag  zur  Regelung  des  Lebens  in  Pestzeiten"  nach  Zeitsitte  über- 
reicht, der  später  auch  gedruckt  wurde').  Von  weiterer  Schriftstellertätigkeit 
des  Mannes  ist  mir  nichts  bekannt  geworden,  weder  an  der  Spree,  noch  an 
der  Oder,  wo  er  ja  für  die  Universitätsgründung  fleißig  wirkte,  noch  nach 
seiner  glücklichen  Heimkehr  zu  den  heimatlichen  Gefilden,  die  vielleicht  schon 

wenigstens  vorübergehend  erreicht,  mit  der  Verwaltung  der  zweiten  Professur  betraut  zu  werden, 
weil  er  gerade  von  seinem  Gegner  in  einem  Atem  mit  .,Doctor  Landsberg"  und  „Doctor  Caspar" 
als  einer  genannt  wird,  der  bei  häufigen  Unterbrechungen  seiner  Lehrtätigkeit  wegen  Besuchen  bei 
Kranken  und  besonders  durch  Inanspruchnahme  seitens  fürstlicher  Personen,  speziell  des  Landesfursten, 
weitgehende  Berücksichtigung  erfuhr:  „da  man  solche  lectur  nicht  vorsorget  und  ist  gemeynicklich  ohne 
geleß  verblibenn";  daß  es  sich  gerade  um  die  theoretische  Professur  hier  handelte,  geht  besonders 
aber  dadurch  hervor,  daß  Pistoris  direkt  fortfährt:  „syder  ich  dy  ander  lectur  habe";  denn  dies 
war  eben  die  I.  Professur  der  Praktischen  Medizin,  die  er  seit  1 509  bekleidete.  Doch  ist  hier  noch 
manches  dunkel.     Daß  der  Kurfürst  für  Pollich  eingetreten  war,  ist  anzunehmen. 

')  Die  Ausgabe  „(Scbrucft  piib  oolcnbt  jic  ficyP'jf  ^U''''?  baccalarium  ITiattiiium  lanbcspcrct 
bctbipolls  .  .  .,  perlegt  von  ^obaiiii  ipilbeiifels.  (506."  4°,  12  Ell.,  die  Fuchs  a.  a.  O.  S.  400  f. 
zitiert,  kenne  ich  nicht,  sondern  nur  den  Druck  von  1517:  „(Ein  fuit5  fd^on  cnb  ||  aar  tro|tIidj 
rcaimnit  tpibcr  '1  bic  fdioiercu  mib  cc)d';f(fli*cii  francbeyt  bcr  pfftilentj.  |j  Dura;  ben  adjtbareii 
bodijclartt-  bcrrc  Simone  pifto:is  |  Docto:cin  in  bct  artjucy  fylenbt  bcariffcn  nnb  cju  bem  an  ||  berii 
mal  POS  anbcrt  bem  lErbarc  Hate  tju  SfypGcf  in  Icy  \\  «Cj  »eg  jveben  gugefdjricbeu  rn  gdaffen." 
[Titelholzschnitt  identisch  mit  Fig.  23  meiner  „Deutschen  medizinischen  Inkunabeln"  zu  Nr.  201, 
die  gleichfalls  bei  Martin  Landsberg  gedruckt  ist.]  8  Bll.,  4"  (^1-4,  Sl— t),  die  letzte  Seite  un- 
bedruckt. Auf  der  Vorderseite  von  J?^:  „(Scbrurft  qu  fevp^d,  burd;  baccalaurcö  JtTartinü 
tan-  \\  befpcroi  Berbipolc,  2Inno  bni  .ItLidiCt.  vn  rpij."  Daß  die  Betonung  der  Überreichung 
der  Schrift  als  Abschiedsgabe,  etwa  im  Jahre  1502,  vielleicht  schon  1501,  von  der  ersten  Auflage 
auf  den  Titel  dieser  zweiten  mit  herübergenommen  ist,  zeigt  wohl,  daß  der  Verleger  an  dem  Neu- 
drucke mehr  Interesse  nahm  als  der  Autor,  der  nun  doch  schon  bald  ein  Jahrzehnt  in  Leipzig 
wieder  ansässig,  und  im  höchsten  medizinischen  Ehrenamte  war.  Das  populäre  Büchlein  gibt  die 
in  Ärztekreisen  jener  Tage  herrschenden  .Vnsichten  über  Infektionsvermeidung  und  Lebensführung 
in  Pestzeiten  übersichtlich  wieder,  geht  dabei  namentlich  ausführlicher  auf  die  damals  strittige  Frage 
ein,  ob  man  in  oberen  oder  unteren  Stockwerken  gesünder  wohne.  Weitläufig  werden  die  medi- 
kamentösen Praeser\ativa  behandelt.  Kurz  nur  die  eigentliche  Behandlung  mit  Aderlaß  und  Arznei- 
mitteln, wobei  P.  seine  Bedenken  ob  der  Popularisierung  solcher  Dinge  nicht  unterdrückt  „nidit 
bas  man  bie  Ictute  wol  Urnen  fönbe  unb  idoUic  bas  nidit  tbun,  funber  ferlidi  ifi  es,  tt'eil  \o 
einer  mil  au^  ben  bn*ern  ergneyen  unb  bat  ni*t  bie  fünft,  ber  feiet  oft,  er  brenget  aud)  inan*en 
umbs  leben,  ber  fiiji  nidit  fliirbc  aber  yo  nid?t  fo  balbe."  Er  hält  aber  mit  dem  beschämenden 
Geständnis  nicht  zurück,  „das  im  Sterben  [bei  Pestzeiten]  nicht  viel  Arzte  vorhanden  sind",  weil 
sie  fliehen,  und  cibt  eben  darum  wenigstens  ein  paar  kurze  therapeutische  Anweisungen. 


)  ;  I  6.    Liltnirische  Betätigung. 


1507,  sicher  nicht  später  als  150S  statt  hatte.  Ob  aber  l'istoris  etwa  kurze 
Zeit  nach  Haldenhorts  Ende  im  Jahre  150S  die  Professur  für  theoretische 
Medizin  versah?  t!s  scheint  den  vorhandenen  .-Kkten  nach  nicht  der  Fall  ge- 
wesen zu  sein,  doch  möchte  ich  darauf  nicht  allzuviel  Wert  legen.  ]?estininit 
hat  er  die  Professur  für  praktische  ^Medizin  und  damit  das  Dekanat  im  Oktober 
1509  übernommen,  direkt  nach  Wagner  von  Landsbergs  Tode,  über  dessen 
wissenschaftliche  Bedeutung  noch  ein  paar  Worte  zu  sagen  sind. 


.Auch  der  letzte  Dekan  im  ersten  Jahrhundert  der  Universität,  Johannes 
Wagner  von  Landsberg,  Professor  der  Pathologie  1490 — 1499  und  der  Therapie 
'499 — '509  hat  handschriftliche  Spuren  seiner  gelehrten  Arbeit  uns  hinter- 
lassen. Ein  mächtiger  Foliant  ist  von  ihm  testamentarisch  der  Bibliothek  des 
Großen  Kollegs  vermacht  worden,  wenigstens  haben  seine  Erben  es  dorthin 
gegeben.  ,,Liber  per  Testamentarios  d.  doctoris  Joannis  Lantzberg  datus" 
steht  noch  heute  von  einer  Hand  aus  dem  Anfange  des  16.  Jahrhunderts  ver- 
merkt im  Ms.  1:JJ)0  der  Leipziger  Universitätsbibliothek;  dieselbe  Hand  hat 
auch  auf  dem  Einband  „Manuscriptum  D.  Joh.  Lantzberch"  notiert.  Ein  alter 
handschriftlicher  Katalog  hat  den  Inhalt  des  gewaltigen  Bandes  für  Lands- 
bergs geistiges  Eigentum  gehalten,  veranlaßt  durch  eine  Bemerkung  auf  dem 
ersten  beschriebenen  Blatte  als  Überschrift  des  Ganzen: 

„Metaphysica  Doctoris  Wageners   de  Lantzbergk  artium   et  vtriusque 
medicine  professoris  Qui  obijt  Liptzk  anno  15 10." 

Über  die  Exaktheit  der  chronologischen  Angabe  mag  man  sich  weiter 
oben  S.  74  unterrichten.  Das  Übrige  ist,  an  dem  Inhalt  des  Buches  gemessen, 
immerhin  beachtenswert.  Der  Text  steht  auf  der  ersten  Seite  nur  in  schmaler 
halber  Mittelspalte  in  großer  Schrift  und  beginnt. 

Omnes   homines    natura    scire    desiderant.     Signum    autem    huius    est 
sensuum  dilectio  .... 

Das  ist  der  Anfang  der  „Metaphysik"  des  Aristoteles  in  der  bekannten 
mittelalterlichen  lateinischen  Version,  die  auch  dem  bekannten  Leipziger  Druck 
der  „Duoötvim  libri  inetfjapljificc  ab  2t:if=  ||  totclc  fumnio  pijiIo5opE?o:uni." 
.  .  .  „jmprcffuin  |  CyptjiJ  per  baccalarium  IHartinuni  Canöfpcrgf  öe  i}c)cbu  ||  poH 
2Inno  falutis  .  .  [1499]  •  •"  zugrunde  gelegt  ist.  Der  Band  enthält  die  ersten 
8  Bücher  der  Aristotelischen  Metaphysik  und  4  Kapitel  vom  9.  Buche,  be- 
gleitet von  reichlichen  Marginalien  und  interlinearem  Kommentar  zum  Teil 
dem  Boethius,  zum  Teil  dem  Arabischen  entlehnt.  Wie  denn  der  Kommentar 
des  „Averroes"  ibn-Roschd;  schon  1473  im  Drucke  ausgegangen  war  und  auch 
später  noch  des  öfteren ')  publiziert  wurde.  Daß  unser  Dozent  der  praktischen 
Medizin  selbst  dieses  immense  Opus  zusammengeschrieben  haben  sollte,  ist  auf 


')  Z.B.  in  hübscher  handlicher  Junline  von   1562. 


Johann  Wagner  von  Landsberg  als  Schriftsteller.  j  -  r 


deii  ersten  Blick  nicht  übermäüig  wahrscheinlich  und  doch  buchstabHch  walir. 
Die  steifen  aufrechten  Schriftziige  dieses  unheinihchen  Folianten  sind  voll- 
kommen identisch  mit  denen  der  Eintragung  von  Landbergs  Hand  im  i.  Satzungs- 
buche der  medizinischen  Fakultät  auf  der  Rückseite  des  letzten  Blattes  (s.  oben 
S.  84).  Johann  Wagner  hat  sich  also  so  lebhaft  für  dieses  etwas  abseits  von 
seinem  Berufe  und  seiner  medizinischen  Lehrtätigkeit  gelegene  philosophische 
Gebiet  interessiert,  daß  er  es  sich  in  der  Fassung  des  groben  Stagiriten  und 
seiner  Nachtreter  zusammenschrieb,  wobei  die  scholastische  „arabica  commen- 
tatio"  eine  große  Rolle  spielte')  —  also  bei  ihrem  letzten  Dekan  am  Ende 
des  ersten  Jahrhunderts  der  Universität  in  der  „facultas  medicinae"  noch  ein 
recht  charakteristisches  Symptom  für  deren  ausgesprochene  Hinwendung  zu 
abgestandener  Mittelalterlichkeit,  die  noch  kein  Wirbelsturm  des  neuen  Geistes 
aufzurütteln  begonnen  hatte. 


')  Auch  Konrad  AVimpina  wußte  von  dieser  gelehrten  Arbeit  Johann  Wagners,  er  s.igt  in 
seiner  „Centuria  scriptonim  insignium"  (ed.  Merzdorf,  Lipsiae  1839  S.  62)  davon:  ,. Johannes  Curri- 
ficis  .  . .  conscripsit  commentarios  praeclaros  in  Metaphysicen  Aristotelis  et  quaedam  alia".  Von 
diesen  „quaedam  alia"  habe  ich  bisher  keine  Kunde  erhalten. 

Der  mehrgenannte  elegante  westfälische  Poet  Hermann  von  dem  Busche  hat  auch  unsern 
arabistischen  Aristoteliker  besungen  im  Epigrammatum  Liber  Tercius,   1504  Bl.  S^': 

„Excellentissimo  medicinae  Doctori 

Johanni  Lantsberck. 

Forma  fuit  quondam  medicorum  niaxima  prisci 

Anguis  sub  specia  quam  coluere  patres. 
Posthunc  si  memini  Podalyrius  atque  Machaon 

Florebant  aevo,  nomina  prima,  suo. 
Hippocrates  medica  peperit  sibi  Cous  in  arte 

Eternum  post  hos  obtinuitque  decus. 
Tu  quoque  nunc  inter  medicos  clarissime  Lantsberck 

Es  secli  princeps  atque  Avicenna  tui." 

Wenige  Jahrzehnte  später  war  die  „Renaissance  der  Medizin  soweit  fortgeschritten",  daß  es 
nicht  mehr  für  einen  Ruhmestitel  galt,  mit  Avicenna  verglichen  zu  werden!  —  — 


Anhang. 


Die  Statuten  vom  Jahre  1503,  mit  Zusatzbeschlüssen  bis  ums 
Jahr  1520'. 

[Bl.    l']    LIBER    STATUTORUM    FACULTATIS    MEDICAE. 

[Bl.  2'J  Statuta  facultatis  medicinae  huius  studii  Lipzensis, 

prius  ante  multa  tempora  satis  confuse  et  inordinate  -)  posita,  saepius  imper- 
5  tinenter  repetita^',  in  volumine  statutorum  descripta,  anno  1503,  die  vero  decima 
mensis  Maii  fi/?«  lo.  J/a/]  ad  debitum  ordinem  redacta  sunt  et  renovata, 
demunique  per  coUegium  doctorum  eiusdem  facultatis  cum  nonnullis  aliis  super- 
additis  conclusis  et  statutis  racionabiliter,  contradicente  nemine,  approbata. 

Statuta  concernencia  decanum  doctoresque  facultatis  medicinae 
10  et  eorum  officia'*). 

I. 
Facultas  medicinae  habere  debet  decanum,  qui  sit  senior,  in  ista  uni- 
versitate  promotus  aut  assumptus  ad  facultatem  eiusdem  universitatis.  Qui  si 
in  possesione  sex  mensium  fuerit  et  perraanserit,  et  alter  medicinae  doctor 
15  eciam  eo  senior  infra  hoc  tempus  non  advenerit,  quousque  voluerit  (caeteris 
paribus)  permanebit  in  sua  possessione,  nisi  domicilium  ab  hac  universitate  ad 
alium  locum  transtulerit. 

2.    DE    LOGO    DECANI    IXTER    DOCTORES    SUAE    FACULTATIS. 

Decanus  medicinae  facultatis,  qui  habet  aliis  doctoribus  praecipere  et  man- 
20     dare  in  licitis  et  honestis,  ob  id  racionabiliter  primum  locum  inter  eosdem  ob- 
tinere  debet  in  sessionibus  universitatis  et  convocacionibus  suae  facultatis. 

3.    QUIBUS    DECANUS    MAXDARE    POTERIT    ET    SUB    QUA    PO  ENA. 

[Bl.  2''J  Decanus  habet  mandare  Omnibus  et  singulis  doctoribus  suae  facul- 
tatis, cum  intersunt  suis  convocationibus  pro  bono  facultatis  faciendis,  sub  poena 
S5     certorum   grossorum   irremissibiliter   facultati   persolvendorum.     In   certis   eciam 


')  Zarncke,  vgl.  Urkundl.  Quellen  S.  880.  Der  vorliegende  Abdruck  ist  unter  erneutem 
genauem  Vergleich  mit  dem  Original  hergestellt,  das  sich  im  Besitze  der  medizinischen  Fakultät 
befindet  (vgl.  die  Beschreibung  dieses  zweiten  Statutenbandes  vorn  S.  37  Anm.  i).  Die  Numerierung 
der  Abschnitte  und  ein  großer  Teil  der  Anmerkungen  stammt  von  Zarncke  her. 

')  Man  vergleiche  die  Aufeinanderfolge  der  Paragraphen  in  den  alten  Statuten. 

')  Ungehörige  Wiederholungen  finden  sich  wirklich,  vgl.  z.  B.  in  den  alten  Statuten  zu  §  43, 
femer  die  Beschlüsse  von  §  32  an,  u.  v.  a. 

')  Geschrieben  steht  facttlt.  med.  erst  hinter  officia. 


-  .  ..-  ..  <  !.i  ;.i;  .s ' ,  b.m-.il.iureos  et  scohires  eiusdem  f.icullatis  [si  ei  et  collegio 
.!  :  :,;iu  \l>uiii  tuerit)  ad  hutusmodi  convocaciones  seu  verius  ad  praescnciatn 
iK-^U'iuiii  XLKT.itc  potent,  sub  poena  praeraissa. 

4.    DE    lURAMEMO    CORPORAUTER    PRAESTASDO    ASSfMMKNDI    AD    FACULTATEM 
MEDICINAE    SEU    AD    CONSILIUM    FACL'LTATIS. 

Quilibet  assutnendus  ad  facultatem  medicinae  vel  ad  consilium  eiusdem 
iurabit  corporalitcr  decano  facultatis  medicinae  sub  hac  forma:  „Ego  .N.  iuro 
vobis  decano  veslrisi]ue  successoribus  reverenciam  et  obedienciam  in  licitis  et 
honesiis,  et')  reservare  statuta  et  statuenda,  quae  sunt  et  eerunt  per  facultatem 
seu  maiorem  partem  approbata,  et  procurare  bonum  facultatis,  ad  iiuemcunijue 
statum  devenero.     Sic  me  deus  adiuvet  et  s:uicta  dei  ewangelia." 

5.    DE    MODO    CONCLUDENDI    PER    DECAXUM    IN    CONVOCACIOSIBUS    DOCTORUM 
ET    EXAMINIBUS    PROMOVEXDORUM. 

Decanus  in  convocacionibus  doctorum  pro  ali(|uo  negocio  facultatis  tractando 
et  expediendo  habet  inducere  et  secundum  maiorem  partem  suffragiorum  vo- 
cumque  *)  concordancium  concludere,  praeterquani  in  graciosis  et  praeiudicialibus 
imus  solus  poterit  contradicere  et  rechunare  (et  eius  contradictio  et  reclamatio 
valet  verum)')  in  examinibus  promovendorum  vox  vel  votum  unius  tantum 
doctoris  tamquam  vox  nullius  reputabitur,  nam  hoc  casu,  quod  maior  pars 
fecerit,  (Bl.  3'']  iuris  disposicione  fecisse  dicuntur.  Ideo  tunc  cum  maiori  parte 
decanus  suam  tantum  vocem  connumerando   concludere   debet  esse  astrictus '). 

6.    DE    VOTIS    PUXGITIVIS    ET    CONTtMELIOSIS    IS    COXVOCACIONIBLS 
DOCTORUM    ET    IN    EXAMINIBUS. 

In  convocacionibus  ductorum,  examinibus  promo\endorum  nullus  doctorum 
dicat  alten  verba  contumeliosa,  maledictoria,  opprobriosa  aut  pungitiva  sub 
p)oena  unius  floreni  renensis  facultati  persolvendi;  nichilominus  pars  offendens 
parti  laesae  ultra  dictam  poenam  tenetur  salisfacere  iuxta  dictamen  tocius 
facultatis  vel  maioris  partis,  si  alias  inter  eos  amicabiliter  non  poterit  inter- 
venire  composicio. 

7.    NEMO    DOCTORUM    SECRETA    CONSILII    DEBET    AD    EXTRA    REVELARE. 

Quilibet  doct'irum  de  consilio  facultatis  nostrae  existens  tenebitur  secreta 
consilii  apud  se  serv-are  et  ad  extra  non  re\elare,  praecipue  quando  hoc  sibi 
per  decanum  sub  certa  poena  fuit  iniunctum. 

8.    DE    VICECAXCELL.*R1.\TU    INTER    DOCTORES    VICISSIM    OBTINENDO. 

Pro  concordia  maiori  facultatis  medicinae  obser%anda  placet,  quod  de  caetero 
vicecancellarium  in  medicinis  habeant  doctores  vicissim  de  consilio  facultatis 
iuxta  ordinem  senii  eorum.  Et  hoc  ipsum  facultas  suo  tempore,  quo  aliquis 
promovendus  ad  licenciam  admissus  fuerit,  domino  episcopo  Merssburgensi  suis 
litteris  patentibus  insinuare  debet,  doctorem  nominando,  cui  sua  gracia  ad 
petidonem  et  desiderium  facultatis  dignetur  hac  vi[3']ce  in  medicinis  coraniittere 


')  Am  Rande  später  beigesetzt. 

*)  Für  suffragiorum  vocumgiu  war  anfangs  geschrieben  •ueterum,  sicher  nur  ein  Fehler  des 
Abschreibers. 

*)  Die  eingeklammerten  AVorte  sind  von  derselben  Hand  am  Rande  beigefügt,  die  die  vorauf- 
gehende Korrektur  eintrug. 

')  Am  Fuße  des  Blattes  2'  ist  auf  die  vorletzten  Zusatzbeschlüsse  (s.  u.)  verwiesen  mit  den 
Worten :  Dt  abihtate  promtnentium  guaere  in  fine. 


I.    Die  Statuten  vom  Jahre  1503.  igt 

vicecancellariatuin.  Et  si  plures  aliquo  tempore  licenciandi  fucrint,  tunc  vice- 
canccllarius  sie  datus  rccipiet  pro  suis  laboribus  dumtaxat  duos  llorenos  in 
auro.  Alios  llorenos  distribuat  inter  doctores  inmediate  sequentes,  ita  quod 
quilibet  duos  florenos  habeat.  Pari  modo  alio  tempore  fiel.  Sic  aequalitas 
I  laborum  et  emoiumentorum  servabitur  inter  doctores,  quae  amorem  nutrit  atque 
concordiam. 

9.    FORMA    EPISTOLAE    MITTENDAE    AD    EPISCOPUM    MERSSnURGENSEM    PRO 
VICECANCELLARIATU    IMPETRANDO. 

Cum  reverenciali  proniptitudine  in  singulis  complacendi.  Reverende  in 
Cristo  pater,  domine  graciose!  Vestrae  paternitati  afTectuose  conimendamus 
venerabilem  virum  (aut  venerabiles  \iros)  .N.,  in  artibus  liberalibus  magistrum 
(aut  magistros)  et  in  medicina  licenciandum  (aut  licenciandos),  humiliter  suppli- 
cantes,  quatenus  vestra  reverenda  paternitas  medicae  facultatis  intuitu  com- 
mendabili  atque  egregio  viro  .N.,  arcium  magistro  et  in  medicina  doctori, 
i  autoritatem  concedere  dignetur,  praefato  magistro  (vel  praefatis  magistris)  ad  prae- 
sens licenciando  (vel  licenciandis) ')  in  medicinis  licenciam  conferendi,  quod 
votis  Omnibus  apud  eandem  vestram  paternitatem,  quoad  possumus,  promereri 
studebimus.     Datum  Leyptzck  ipsa  die  .N.  facultatis  nostro  sub  sigillo. 

Vestrae  pateniitatis 

humiles  oratores,  decanus  ceterique  facultatis 

medicae  doctores  studii  insignis  Lipzensis. 

[Bl.  4'']   Suprascripcio. 

Reverendo    in    Cristo    patri    ac    domino,    domino    Tiloni,     episcopo    Merssbur- 
gensi,  domino  nostro  graciosissimo  (aut  multum-)  gracioso). 

10.     QUANDO    ET    QUALITER    DECANUS    CONVOCACIONES    DOCTORUM    SUPER 
I  •  INTERLOCUCIONE    PROMOVENDORUM    FACERE    TENEATUK. 

Pro  concordia  doctorum  facultatis  medicae  servanda  placet,  quod  doctores 
ciusdem  facultatis  et  de  consilio  existentes  in  locoque  universitatis  praesentes 
et  residentes  de  examinibus  et  promocionibus  promevendorum  habeant  dum- 
taxat emolumentum  iuxta  statuta  desuper  edita.  Decanus  tamen  pro  tempore 
I  existens,  quantum  fieri  possibile  est,  in  suis  convocacionibus  faciendis  hanc 
debet  habere  discrecionem,  ne  nimis  celeriter  convocando  doctores  procedat, 
praecipue  in  quorundam  doctorum  actu  regencium  et  residencium  absencia, 
dummodo  speratur  brevi  reditus  eorum  et  mora  pauci  temporis  promovendis 
minime  esset  nociva.  Reputat  autem  praefata  facultas  nedum^)  hunc  doctorcm 
actu  regentem,  qui  publice  in  scolis  legendo  vel  eciam  practicando  laborat, 
sed  eciam  illum,  qui  a  talibus  cessavit  et  propter  aetatem,  quae  acervum  peri- 
culonim  adducit,  vacat  et  quiescit. 

Statuta    concernencia    baccalauriandos    in    medicinis,    quae   eis   legi 
debent,  dum  instant  pro  baccalauriatu. 

II.     BACCALAURIANDOS    DEBET    ESSE    IMMATRICULATUS. 

Nullus   promoveatur   ad   aliquem   gradum  facultatis  [ßl.  4']  medicae,    nisi 
prius  matriculae  nostrae  universitatis   sit  inscriptus  et  integram  peccuniam  solvi 

')  Im   Original  steht  umgelichrt:   liirncwiiilis  ti-/  licenciando. 
-)  Gescliriclien  steht  miitto. 
')  nciium  =  non  soliiin. 
Studien  itir  Geschichte  der  Medizin.    VIII.  1 1 


I.    I>ir  ^^tntutcn  vom  J.ilite   1503. 

consuctain  ui>ivcrsit;ili  dcderil,  hoc  est  dcccm  grossos.  Quoil  ccinin  intrllij;itiir 
de  cxtr.incis  assumcndis  et  promovendis  per  facultatcin.  Et  in  l>oc  paupcrl;is 
ncnnnem  cxcusnbit. 


1  2.     IIACCAIAURIANDUS    lURAUlT    SERVARE    STATUTA    FACULTATIS. 

Niillus  promoveatur  in  baccalaiirium  in  nicdicinis,  nisi  priiis  coram  decano 
et  tota  farultate  iuraverit  volle  liriniter  servare  statuta  facullatis,  ijuac  sunt  et 
erunt  pro  bono  facultatis  et  per  candem  conclusa  et  approbata. 


13.     IIACCALAURIAN'DUS    ANTE    SUI    I'ROMOCIONEM    TENETUR    DOCTORUM 
I.ECTIONES    DILIGENTER  ')    AUOIVISSE    ET    l'KACTICAM    FKEyUENTASSE. 

Quilibct  volcns  promoveri  in  baccalaurium  in  niedicina,  tenebitur  prius, 
si  magister  est"),  ante  baccalauriatum  adniinus  jier  bienniuni,  si  non  magister, 
per  triennium')  doclores  eiusdem  facultatis  diligentcr  audivissc.  Et  per  luiius- 
niodi  tcmpus  biennii ')  debet  eciam  cum  aliquo  eorum  vel  alioruin  doctorum 
practicam  in  medicinis  diligenter  adiisse.  Quod  poslrcmuin  si  non  adiniplcverit 
(quia  comode  facere  nequit),  facultas  secum  dispenset. 


14.     BaCCALAURIANDUS    TEMPORE    EXAMINIS    SOI.VERE    TENETI'R    SEX    FLORENOS 

RENENSES. 

[Bl.  s']  Quilibet  baccalauriandus  nostrae  facullatis,  per  do(  torcs  in  me- 
dicinis ad  rigorosum  exanien  admissus  et  examinatus,  anteciuam  sibi  per  eos- 
dem  doctores  examinatores  finale  responsum  de  eius  admissione  dicatur,  sol- 
vere  tenetur  realiter  et  cum  elVectu  sex  (lorenos  renenses  pro  labore  et  honore 
eorundem.  Et  debet  sub  eodem  examine  pro  solacio  disponere  unum  can- 
tharum  vini  dulcis  et  duos  cantharos  cerevisiae  secundum  optionem  doctorum 
cum  uno  talento  confecti. 


15.    nACCALAURIANDUS    TEMPORE    SUAE  PROMOCIONIS  DAHIT  PROMOTORI  QUATUOR 

l-LORENOS. 

Quilibet  baccalauriandus  tempore  suae  promocionis  tenetur  solvere  suo 
promotori  quatuor  llorenos  eodem  vel  sei|uente  die  post  luiiu.imodi'')  promo- 
cionem  habitam,  nisi  eos  in  toto  vel  in  [larte  ipse  promotor  remiltere  velit; 
quod  stabil  in   voluntate  seu  arbitrio  eiusdem. 

Quilibet  baccalauriandus  in  medicinis  in  actu  suae  promocionis  tenetur 
solvere  famulis  universitatis  unum  florenum  renenscm"). 


')  liiligenler  ist  am   Kanile  nacligetraKcn. 

')  Die  Worte  si  magister  est  sind  später  getilgt. 

')  Die  Worte  biennium,  si  non  magister,  fcr  triennium  sind  später  getilgt  und  dafür  ist 
geschrieben  triennium. 

*)  biennii  ist  später  getilgt.  Offenbar  hängen  diese  Korrekturen  mit  dem  1509  gcfafllcn  Be- 
schlösse zusammen,  daß  forlan  alle  Promovenden  der  medizinischen  Kakulläl  Magistri  artium  sein 
sollten;  zugleich  ward  das  biennium  zu  einem   triennium  erweitert. 

'')  Die  Worte  eodem  bis  liuiusmoili  sind  später  getilgt  und  dafür  ist  an  ilcn  Rand  ge- 
schrieben ante. 

")  Für  ßor.   ren.  ist  später  geschrieben  aunum   numum   renensem   vel  valorcm. 


I.    Die  Statuten  vom  Jahre  1503.  163 

Ikd  16.     I'ECCUNIA    FISCI    PICR    BACCALAURIANDUM    SOLVENDA. 

Quililjet  baccalauriandus,  post  examen  in  baccalaurium  medicinae  pro- 
motus'),  tenetur  infra  quindenam")  solvere  duos  florenos*)  renenses  in  auro 
pro  lisco  facultatis. 

17.  yUAE    TENETUR    lURARE    BACCALAURIANDUS    MEDICINAE    IN    APPARATU    SUAE 
1  IS  PROMOCIONIS. 

Quilibet  baccalauriandus  in  medicinis  in  ;Ipparatu  [Bl.  5^]  suae  promocionis 
tenebitur  iurare,  quod  velit  procurare,  quantuni  in  eo  fuerit,  bonum  istius  facul- 
tatis,  ad    quemcunque   statum   devenerit,    et  quod  dictum  gtadum  in  nuUa  alia 
universitate     resumat.      Et    huiusmodi    iuranientum    in    actu    suae    promocionis 
150     siilemniter  per  unum  ex  famulis  universitatis  publicabitur. 

18.  BaCCALARIANDUS     ANTE     SUI     PROMOCIONEM     TENEBITUR     UNAM    QUAESTIO- 

NEM    MEDICINALEM')    IN    SCOLIS    DETERMINASSE. 

Quilibet  volens  promoveri  in  baccalaurium  medicinae  tenetur  ante  suum 
privatum  examen  et  ante  dispensacionem,  quae  fiunt  per  doctores  de  consilio 
15S  facultatis  eiusdem,  publice  in  scolis  sub  aliquo  medicinae  doctore  quaestio- 
nem  medicinalem^)  determinasse  et  eidem  doctori  et  aliis  magistris  ac  sco- 
laribus  nostrae  facultatis,  arguere  volentibus  contra  suam  posicionem,  pro  posse 
respi  mdisse  "J. 

19.     SCOLARES    ET    BACCALAURII    IN    MEDICINIS    TENENTUR    DECANO    ET    ALIIS 
leo  DOCTORIBUS    REVERENCIAM    EXHIBERE. 

Quilibet  baccalaurius  seu  Scolaris  facultatis  medicae  tenetur  pro  loco  et 
tempore  congruente  decano  et  doctoribus  eiusdem  facultatis  debitum  hono- 
rem et  reverenciam  impendere,  sub  poena  non  adniissionis  ad  aliquem  gra- 
dum.  Item,  si  quis  eorum  aliquem  ex  doctoribus  (quod  absit)  iniuriose  mo- 
ifls  lestaverit,  talis  non  admittatur  ad  aliquam  promocionem,  nisi  prius  sibi  recon- 
ciliatus  fuerit;  nani  non  est  dignus  aliqua  promocione,  qui  suis  praeceptoribus, 
a  quibus  eam  afifectaverit,  indiscrete  insurgit'). 

20.     |B1.  6""]    ORDO    PROMOVENDI    BACCALAURIOS    MEDICINAE    PER    DOCTORES, 

et  legitur  doctoribus  tantum. 

17«  Placet,   quod   deinceps   iuxta    senium   doctorum    de   consilio    facultatis   ex- 

istencium  baccalauriandi  promoveantur,  ita  quod  doctores  vicissim  promoveant 
et  emolumentum  baccalauriandorum  inde  recipiant,  videlicet  quod,  si  unus 
tantum  pro  aliquo  tempore  baccalauriandus  foret,  tunc  eins  promotor,  si  prius 
nullo   emolumento   participavit,   in   suo   ordine    habeat   totam    peccuniam,    iuxta 

irr.     statutum  desuper  confectum  solvi  consuetam;  si  plures,  tunc  cum  aliis  doctoribus 

')  Die  Worte  fosi  examen  bis  promolns  sind  später  getilgt. 

*)  Dafiir  ist  später  gesetzt  ante  promotiotiem. 

^)  Kür  florenos  ist  später  gesetzt  aureos  und  dann  natürlich  in  auro  getilgt. 

*)  Korrigiert  in  dtias  quaesliones  medicinales. 

")  Korrigiert  in  duas  quaesliones  medicinales. 

*)  Am  Rande  Nota:  Novo  statu to  caulum  est,  ut  bis  responJeal  qtiiris.  Da  mit  diesem 
novum  statutum  ein  Zusat/artikel  nicht  gemeint  ist,  so  bleibt  nur  die  höchstwahrscheinliche  Ver- 
mutung, daß  darunter  der  ordo  fromovenJi  von  1523  verstanden  sei.  S.  u.  Die  Statuten  von 
1543  sind  schwerlich  gemeint. 

')  Am   Rande  „/><■  iniuriosis  laesionibus" . 

II  ' 


l(,i  I.    Die  Slalulro  vom  Jahre   1503. 

inuncdiate  scquentil>us  cniolumentuni  ex  liuiusniodi  promocionc  provcniens  pro- 
jwrcionabilitcr  dividat  et  distribu;it  et  unicui(.juc  ilocloriiiii  cciaiu  iiitcgram  i)or- 
cioncni  alicuius  promoli  ollerendo,  pro  se  parlcm  unius  baccalaurii  ]iroinoti 
dumtaxat    rctincndo;     doctorque,    in    ordine    sequciis    istuin    promotorem ,    alio 

IM»  tempore  liabcat  promovcndi  barcalaurcos  facullatein,  et  nirhiloiuinus  in  emohi- 
mcnto,  prius,  dum  non  promovil,  perceplo,  dcbct  esse  contcnlus  et  scqueiiti 
doctori  vel  do^toribus.  qui  non  ]iarticipavit  seu  partiriparunt.  obvenriones  inile 
perccptas,  modo  quo  supra  annotatuin  est,  dare  tcncbitur.  Kl  ut  praedictiis 
ordo  doctorum   promovencium  et  aliorum,  qui  cniolumentuni  ex  tali  pninnKione 

iss  perccperunt.  in  recenti  habeatur  memoria,  decanus  eosdcm  ail  aliqucm  sex- 
temum  specialem  consignare  debet  esse  aslrictus'). 


Statuta  concernencia  licenciandos  in  medicinis,  quae  eis  legi  debent 
tempore  petendi  favoreni  super  admissione  ad  licenciatum. 

21.     [Bl.  6'^]    LICEXCIANDUS    TENETUK    rROMn-TERE    VEI.LE    SERVARE    STATUTA 

FACULTATIS. 

Nullus  baccalaureus  aut  licenciandus  in  medicinis  ad  liren<  iani  in  eadem 
admittatur'-'),  nisi  prius  coram  decano  et  convocacione  tocius  facultatis  iuraverit 
vellc  ser\'are  statuta  facultatis,  quae  sunt  et  erunt  pro  bono  facultatis  et  per 
eandem  approbata. 

22.  LICENCIANDUS     POST    BACCALAUREATÜM    TENETUR    ADMINUS     PER     INTEGRUM 
BIENNIUM')    DOCTORES    DILIGENTER    AUDIVISSE    ET    PRACTICAM    VISITASSE*). 

Quilibet  baccalaureus  in  medicinis  et  licenciandus,  volens  admitti  ad  licen- 
ciam  in  eadem,  tenetur  adminus  post  suum  baccalaureatum  doclores  legentes 
ordinarie  per  integrum  biennium^)  diligenter  audisse  et  cum  aliquo  doclore  seu 
doctoribus  eciani  per  tantuni  temporis  spacium  practicam  adiisse^),  nisi  prius 
ante  baccalariatum  pluribus  annis  quam  duobus  doctores  diligenter  audivisset 
et  practicam  cum  aliquo  aut  aliquibus  doctoribus  visitasset  et  de  hoc  per  doc- 
tores constaret.  Tunc  cum  tali  baccalaureo,  petenti  favorcm  admittcndi  ad 
licenciam,    facultas    poterit  graciose  dispensare,  inspecta  priori   liabita  diligencia. 

23.  LICENCIANDUS     TENETUR    ANTE    ADMISSIONEM     AD    LICENCIAM    SUB    ALIQUO 

nocTORE  unam')  quaestionem  medicinalem  determinasse. 

Baccalaureus  in  medicinis  et  licenciandus  ante  admissionem  ad  licenciam 
tenetur  ante  examen  privatum  [Bl.  7  ■■]  pro  licencia  adipiscenda  publice  in  alic|uo 
lectoriorum  sub  aliquo  dijctore  adminus  semel*)  quaestionem  niedi«  inalem 
determinasse  et  suo  doctori  ac  aliis  scolaribus  in  medicinis,  arguere  volentibus 
contra  suam  posicionem,  respondisse. 


';  Hierzu   steht    am  Rande:    Hoc   immutatum   est    tempore   d.  Roth,    ut  alibi;    darunter  von 
anderer  Haod:  in  novo  libro  stalutorum.     Sebastian  Roth  war  Dekan  von   1545 — '555- 

*|  Korrigiert  aus  fromittatur. 

')  Für  bifnnium  ist  später  geschrieben  triennium. 

*(  Hiemach  ist  später  hinzugefugt  cum  guotiam  dortore. 

'"")  Später  dafür  trUnnium. 

'')  Anfangs  war  geschrieben  aiidh'isse. 

")  Vor  unam  ist  später  eingeschoben  ad  minus  bis. 

")  Am  Rande:  Nm'o  stittuto  cautum  est  bis  etc.  modo  praescripto. 


I.    Die  Statuten  vom  Jahre  1503.  165 


24.     DACCALAUREUS     IN    MKDICINIS    TER    ALigUAM    LECTIONEM    TENLTUR    SE 
ABILITARE    AU    LICENCIAM. 

Quilibet  baccalaureiis  medicinae,  volens  suo  tempore  in  eadem  petcre 
licenciani,  debet  prius  a  doctoribus  de  consilio  facultatis  optincrc  favorem 
legendi  aiiquam  lectionem  in  facuitate  medica  pro  iicencia  suo  tempore  adi- 
piscenda;  et  antequain   iioc  fecerit,  ad  licenciam  minimc  admittatur. 

25.     LICENCIANDUS     LITTERAS    VICECANCELLARIATUS    SUIS    EXPENSIS    IMI'ETRAItIT. 

Licenciandus,  postquam  per  doctores  ad  licenciam  in  medicinis  admissus 
est,  suis  expensis  vicecancellariuni,  iuxta  ordinacionem  facultatis  desuper  factam 
sibi  dandum  per  dominum  episcopum  Merssburgensem,  verum  cancellarium, 
cum  litteris  tamen  facultatis,  eideni  episcopo  praesentandis,  impetrabit.  Cui 
iuxta  veterem  niorem,  si  solus  unus  fuerit  licenciandus,  talentum  unum  de 
confecto;  si  plures,  quilibet  eorum  unum  talentum  pro  dono  ulTcrre  tenebitur. 
Et  ultra  hoc  habeat  voluntatem  secretarii,  pro  huiusmodi  litteris  vicecancellari- 
atus  scriptis  eideni  satisfaciendo;  est  autem  pecunia  unius  floreni  in  auro  cum 
quatuor  grossis. 

26.     LICENCIANDUS   TEMPORE    EXAMINIS    TENEBITtm    SOLVERE    DUODECIM 
FLORENOS    RENEKSES. 

Licenciandus  in  medicinis,  ad  exaraen  per  doctores  [ßl.  7']  admissus  et 
examinatus,  antequam  sibi  per  doctores  examinatores  responsura  de  eius  ad- 
missione  dicatur,  solvet  pro  labore  et  solacio  doctorum  duodecim  florenos,  qui 
proporcionabiliter ')  inter  eos  distribuantur.  Tenebitur  eciam  dominos  doctores 
et  baccalaureos  suae  facultatis  in  prandio  honorifice  quo  ad  poculenta  et  es- 
culenta  reficere. 


27.     LICENCIANDUS    TENETUR    SATISFACERE    VICECANCELLARIO. 

Licenciandus   vicecancellario  suo,   antequam  aperiat  examen,  tenetur  satis- 
facere,  eidem  quinque'-)  florenos  pro  suis  laboribus  ofTeiendo'). 


LICENCIATUS    IN    APPARATU    SUAE    LICENCIATURAE    DABIT    FAMULIS 
UNIVERSITATIS    II    FL*). 


29.     lURAMEKTUM    LICENCIATI    NOVELLI,    QUOD    PRAESTARE    TENETUR    IN' 

APPARATU    SUAE    LICENCIATURAE,    ET    PER    UNUM    EX    FAMULIS 

UNIVERSITATIS    PUBLICAKITUR. 

„Domine  licenciande,  vos  iurabitis,  quod  velitis  procurare  bonum  facultatis 
medicinae,  ad  quemcunque  statum  deveneritis;  item  quod  non  velitis  resumere 
licenciam  in  alia  universitate;  et  quod  velitis  in  ista  universitate  et  non  alibi 
recipere  insignia  docturalia,  nee  super  hys  ab  aliquo  superiori  petere  dispen- 
sacionem  seu  a  iuramento  absolucionem.      Et  dicatis:   Ego  iuro." 


')  Dafür  am  Rande:  aequalitcr. 

')  Die  Zahl  steht  auf  Rasur. 

'l  Am   Rande:    Quaiulo^   vi'de  in  nllero. 

•)  Später  ist  hinzugefügt  in  auro. 


I.     nif  Statuten    \oiii  Jnliti-    I  >iiv 

30.     I'KOMISSUM    SUPER    INSIC.NIIS    [Bl.  8"^]    DOCIOKAI.IUUS    RIXiniCNDlS    KT 
SOLEMPNITATIIIUS    SEKVANDIS. 

Quilibet    liccncialus   mcdicinac,    petens    insigiiia    doctonilia ,    licbet    decano 

et    docloribus   de   consiliu    facultatis    ])roiiiittcre,    quod    tempore    recipiendi    byr- 

rctimi    et    alia    insigiiia    doctoralia    velil    solcmpnitates    aulae    nee    non    alidnim 

actuum  circa  easdcm,  sicuti  vidcbitur  doctoribus  de  consilio  facultatis  mcdicinac 

;m     et  non  alilcr,  cxpedirc. 

31.      (.IUI      ET     gUOT    DEBEANT     I-SSl-      rROMOTOKl  S     POC  niRANDORlM     IN     MKUKTNIS 
ET   TRADERE    EIS    INSIGNIA    DOCTORALIA. 

Dccanus  facultatis  omni  temjiore  et  principalis  promotor  cuiuscunquc 
doctorandi   in    medicina,  compromotor  vero  aliquis  doctorum  de  consilio  facui- 

:»n  tatis  iuxta  ordinem  senii,  imipiendo  a  primo  seniore  post  dccanum  et  sie 
deinieps  ad  iuniorcm  dcvcniendo,  postea  de  novo  vicissim  incipiendo.  Pro- 
mutori  autem  principali  duoderim  florenos  et  compromotori  sex  fl.  pro  labore 
liabito ')  et  solacio  eorum  *)  novellus  doctor  solvere  debet  esse  obligatus ,  et 
antequam  hoc  fecerit  aut  eonmi  voluntatem  plene  non  obtinuerit,  ad  consilium 

:6s  facultatis  medicae  (et  ad  suam  promotionem  non')  admittatur.  Si  vero  plures 
doctorandi  fuerint  eodem  tempore,  decanus  promotor  erit  primipalis  ([uo  ad 
singulos  et  a  qunlibet  ipsorum  habebit  duodecim  fl.;  compromotor  autem,  qui 
unicus  esse  dcbet,  recipiet  simiiiter  ab  unoquoque  sex  fl.,  pro  sc  retinens 
tantum  sex,  reliquos  florenos  inter  doctores  in  medicinis  sequentes  proporcimia- 

270  biliter  distribuere  teneatur,  lioc  modo  quod  quilibet  sex  ohtineat  fl. ;  et  doc- 
tores [Bl.  8']  carentes  l>ac  \ice  emolumento  doctoratorum  alio  tem])orc,  deo 
favente,  consimiliter  participent.     Et  sie  quod  diflcrtur  non  oninino  auflcrtur'). 

32.     DE    PECCUNIA    FISCI    SOLVENDA    PER    NOVELLUM    DOCTOREM. 

Novellus     doctor    in     medicinis    post    sui    promocionem    statim    aut    infra 
275     mensem')  pro  fisco  facultatis  solvere  tenetur  quatuor  florenos  in  auro. 

33.  DE    PECCUNIA     KAMULIS     UNIVERSITATIS     DANDA    PER    NOVELLUM    UOCTOREJL 

Doctor  novellus  in  medicinis  promotus  dabit  famulis  universilatis  tempore 

recepcionis   insigniorum    doctoralium    quinque    florenos,    pro    quibus  dicti   famuli 

pracparare    tenentur   cathedrain    et   sedilia   honorifice   pro    doctoribus,    magistris 

280     et   hospilibus   cum    ornainentis   ad    hoc    consuetis  in  aliqua  ecclesiarum,  in  qua 

tunc  aula  celebrabitur  doctoralis. 

34.  DOCTOR    NOVELLUS    POST    SUI  PROMOCIONEM    MOX    AD  CONSILIUM  EACULTATIS 

ASSUMETUR. 

Doctor  novellus  in   medicinis  hie  promotus,  postquam  solverit  iuxta  statuta 
2SS     snivenda,  mox  post  insigniorum   reccpcionem  (quando  aflectaverit)  ad  consilium 
facultatis   medicae    recipietur,    salvis   tarnen    statutis,    ingressum    alicuius    doctoris 
ad  consilium  facultatis  respicientibus. 


')  Für  habito  i.st  später  gesetzt  habettdo. 

•)  Hiernach  ist  später  eingeschoben  biduo  ante  promottonem. 

'J  Die  eingeklammcrlcn  Worte  sind  n.ichgelragen,  doch  waren  sie  wohl   nur  durch  ein  Ver- 
sehen des  Schreibers  ausgefallen. 

')  Am  Rande:   Hoc  ultimum  immutalum  tempore  il.  Roth  >!lS4S — '555^,  «'  "libi. 
^)  Die  Worte  aul  infra  memem  sind  später  getilgt. 


I .    Die  Statuten  vom  Jiihrc   1  503.  j  67 

35.  UÜCrORES    lUC    I'KOMOTI    (JUALITER    ALIOS    LOGO    ANTECEDERE    UEBENT. 

[BI.  9'J    Promotus    in    baccal;iureum    facultatis    mcdicae   in   nostra   univer- 

jiMi     sitate    Lipzensi    postquani    assuiiiptus    fuerit    ad    legenduin    pro    licenciatura   in 

inedicinis    et    legerit    pro    publico    exaniine    licenciaturac,     ex    tunc,    posttiuain 

promotus    fuerit   in   doctorein    inedicinae    in    hac    universitate,    praeire   dcbet   in 

loco   quenilibet   aliuni    doctorem    inedicinae    in    alia    universitate  proniotuni,  nisi 

talis   doctor  alterius  univcrsitalis  in  ista  universitate  ante  adniissionein  eiusdein 

2fls     baccalaurii,  ad  favorem  scilicet  legendi  pro  licencia,  esset  praeassuniptus.    Naiii 

hoc  casu  talis  doctor  hie  promotus  alienum  doctorein  loco  sequi  debet,   eciani 

si   ante   ipsius   doctoris   alieni   ad   consiliuni    facultatis  medicinae  assumpcioneni 

ad   legendum   pro   licencia   esset   adniissus.     Doctores   vero   hie   promoti  locum 

habeant    in    actibus    publicis    universitatis    et    facultatis    secundum    primogenita 

300      ipsuruni  secundum  licenciani  publice  in  scolis  receptam '). 

36.  STATUTA    CONCERNENCIA    EXTRANEOS    BACCALAUREOS,    LICENCIATOS    ET 

DOCTORES    ALIBI    PROMOTOS. 

Baccalaureus   medicinae,   promotus   in   alia   universitate,    tempore   assunip- 
cionis  ad  facultatem  medicinae  tenetur  darc  famulis  universitatis  unum  florenum 

:to5  renensem  vel  aequipoUens;  et  sex  tl.  rh.,  quos  dedisset  pro  examine,  si  hie 
fuisset  promotus,  dabit  doctoribus. 

Item     idem    tenetur    infra    primum    mensem    post    suam    assumpcionem  ^) 
solvere  pro  fisco  facultatis  duos  llorenos  renenses. 

Item  non  debet  aliquis  extraneus  baccalaureus  medi  [Bl.  9']  cinae  assumi 

310  ad  nostram  facultatem  huius  studii,  nisi  prius  matriculae  universitatis  sit  in- 
scriptus  et  decem  grosses  rectori  tempore  assumpcionis  integre  solvent^).  Et 
hoc  eciam  intelligitur  de  licenciatis  et  doctoribus  alibi  promotis  et  hie  assu- 
mendis. 

Promotus  in  baccalaureum  medicinae  in  alia  universitate  famosa,  affectans 

Mi  recipi  ad  facultatem  tamquam  baccalaureus,  tenebitur  ante  omnia,  antequam 
recipiatur,  docere  de  suo  baccalaureatu  per  autenticam  suam;  deinde  sub  aliquo 
doctore  determinabit  quaestionem  medicinalem,  ad  quam  respondebit  eidem 
doctori  et  aliis  medicinae  baccalaureis  et'}  scolaribus  arguere  volentibus. 

Item   iurabit  baccalaureus   in    alia   universitate   promotus   decano  facultatis 

.lio  medicinae  sub  hac  forma:  „Ego  .N.  iuro  vobis  decano  vestris([ue  successoribus 
obedienciam  et  reverenciam  in  Ileitis  et  honestis,  et  velle  procurare  bonum 
facultatis  eiusdem  et^)  statuenda,  quae  sunt  et  erunt  pro  bono  facultatis  appro- 
bata  vel  approbanda,  pro  posse  meo,  ad  quemcunque  statum  devenero.  Sic 
me  deus  adiu\et  et  sancta  dei  evangelia," 

32S  Tenetur  eeiam  baccalaureus  alibi  promotus,  quia  Scolaris  censetur,  doctoribus 

eiusdem  facultatis  tempore  congruenti  et  loco  debitam  reverenciam  et  honorem 
impendere. 

')  Von  anderer  Hand  ist  am  Rande  nachgetragen:  ^l  si  licenlialus  aliquis  huius  universi- 
lalis  sit,  doctore  alienae  universitatis  adveniente,  qui  liesyderet  assumi,  praescribcmium  tempus 
lienieinto  est,  ut  intra  senusire  doctoratum  comparet.  Quod  si  fecerit,  pracferendus  alienae  uni- 
versitatis doctori  et  loco  et  commodis  est;  si  negkxerit,  alienus  receptus  licenciato  postea  in  doc- 
torem coronalo  praeferatur, 

')  Statt  der  Worte  infra  bis  nssumpcionem  ist  später  geschrieben  statim. 

')  Am  Rande  Kcctori  4:  ^fr^ossos^. 

«)  et  fehlt. 

'')  Es  fehlt  wohl  servare  statuta  et. 


idig  I.     Die  Slalulon  vom  Jahre    1505. 


37.    STATUTA    LICKNCIATOS    KXTRANEOS    ASSUMENDOS    AD    KAI  UI-IAIKM 
MEDICIXAE    CONCERNENCIa'). 

130  Liccnliatus  in  aliu  univcrsitatc  prDiiiutus,  assuinptus  ad  nostraiu  nuultatcin 

luiius  studii,  dabitjlM.  10']  rainulis  univcrsitalis  ciims  tlcirenns  rcnenscs  tempore 
suae  assiiin|Hrii>nis;  tcnetur  cciani  probare  per  suain  autcntirain,  sc  licenciaUini 
esse,  et  proiuittere  iuxta  priora  statuta,  velle  prcciirare  bunuin  facultatis  inc- 
dicae,  ad  qiienicunqiie  statuin  devenerit,  et  alia,  quae  concernunt  In  innrem  et 
bontini    statuin    ehisdein    facultatis    huius   studii   I.ip/ensis;   siniilitcr  revcrenciaui 

3s»  dccanu  reiiquisque  docturibus  facultatis  l<icu  et  tempore  congruenti  ac  tlcbitum 
hi>ni)reni  tenetur  impendere;  sed   12  11.  dabit  docturibus. 

38.     STATUTA    nOCTORES    ALIBI    PROMOTOS    ET    HIC    ASSUMENDOS    RESPICIENCIA, 

quae  legi  debent  tempore  assumpcionis  eorundem. 

sio  Promotus   medicinae  doctor  in  alia  universitate,  petens  assummi  ad  facul- 

taiem  medicinae  huius  studii,  ante  omnia  debet  matriculae  universitatis  esse 
inscriptus  et  totam  percuniam  SoKi  c<insuetam,  utpute  derem  grossos,  rectori 
universitatis  solvisse.  Sed  l8  11.,  quos  hie  pro  examine  dedisset,  dabit  doc- 
toribus,  ut  supra-). 

SIS  Doctor    medicinae,    promotus    in    alia    universitate    famusa,    si    desiderat 

recipi  ad  facultatem  medicinae,  principio  debet  docere  de  doctoratu  suo  per 
autenticam  suam,  in  qua  modus  suae  promocionis  continetur;  deindc  publice 
in  scolis  determinare  debet  quaestionem  medicinaiem  de  fauore  et  consensu 
tocius   facultatis    medicae,    ad    quam    respondebit    doctoribus    et    omnibus  aliis 

3»n  medicinae  scoiaribus  arguerc  volentibus;  debet  praeterea  promittere  eidem 
decano  et  toti  facultati,  quod,  completa  sua  rcsponsione,  inmediate  velil  petere 
assumpcionem  ad  facultatem.  Habetur  eciam  talis  publica  responsio  loco 
examinis  '*). 

[BI.  10"]   Doctor,    promotus  in   alia  universitate,  dabit  famulis   universitatis 

35s     tempore  suae  assumpcionis  ad  facultatem   medicinae  duos  florenos   renenses. 

Nullus  decaetero  recipiatur  doctor  alibi  promotus  ad  facultatem  nostram 
medicinae,  nisi  per  triennium  in  alia  universitate  famosa  stcterit  et  ibidem 
doctores  medicinae  diligenter  in  lectionibus  audierit.  Et  hoc  suo  iuramento 
confirmabit  *). 

360  Doctor  alterius  universitatis,  volens   recipi   ad   facultatem   medicinae  huius 

universitatis,  si  est  baccalaureus  eiusdem,  tenebitur  dare  duodecim  fl.  rh.  doc- 
toribus de  consilio  facultatis;  si  non  est  baccalaureus  medicinae  huius  studii, 
dabit  decem  et  octo  fl.  renenses  doctoribus  facultatis''). 

Nullus  doctor  alibi  promotus  in  actibus  si  «lemnibus  et  publicis  locum  habeat 

38i  inter  medicinae  doctores  huius  studii,  nisi  sit  assumptus  ad  facultatem  medi- 
cinae secunduin  statuta  eiusdem  facultatis;  neijue  kathedram  doctoralem  ascen- 
dat,  legendo  et  disputandn  in  medicinis,  nisi  de  consensu  decani  et  doctoruni 
tocius  facultatis. 

Nullus  doctor,  alibi  promotus  in  medicinis  et  hie  assumptus  ad  facultatem, 

S70     redpi  debeat  ad  consilium  facultatis  eiusdem,  nisi  in  hac  universitate  biennium 


')  Geschrieben  ist  concertuntcs. 

*)  Dieser  ganze  Absatz  ist  später  durchstrichen. 

*)  In/ra  quae  Unctur  Sicht  von  anderer  Hand  hier  lieigeschricbcn. 

*)  Nota  steht  hier  am  Rande. 

')  Dieser  Absatz  ist  später  durchstrichen  und  darüber  geschrieben:  l'aUa  est,  non  legitur. 
Am  Rande  steht:  JJoc  sublalum  eil,  loco  eins  ultimum  lege  folio  sequenti  verso  (vgl.  den  Zusatz- 
artikel auf  Bl.  1 1"). 


1.    Die  Statuten  vom  Jahre  1503.  ißg 

post  sui  assumpcionem  compleverit,  aliquam  Icclioncm  in  mcdicinis  Icgendo 
iuxta  statuta  desupcr  cdita. 

Quilibet  assumcndus  ad  facultateni  medicinae,  alibi  promotus  tamiiuam 
doctor  medicinae,  ante  sui  assumpcionem  ad  facultatcm  tcnebitur  iurare,  quod  velit 
procurare  bonum  [L!l.  11']  facultatis  medicinae  huius  studii  Lipzensis,  quantum 
in  eo  est,  ad  quemcunque  statum  devenerit,  et  quod  velit  servare  statuta  et 
statuenda,  t]uae  sunt  et  erunt  pro  bono  facultatis  eiusdem  approbata  vel 
approbanda. 

Item  iurabit  idem  doctor  alibi  promotus,  assumendus  ad  nostram  facul- 
tatcm medicinae,  corporaliter  sub  hac  forma:  „Ego  .N.  iuro  vobis  decano 
vestrisque  successoribus  obcdienciam  et  reverenciam  in  licitis  et  honestis,  et 
servare  statuta  et  statuenda  pro  posse  meo" '). 

39.    STATUTA    CONCERNENTIA    DOCTORES    VOLENTES    ASSUMMI    AD    CONSILIUM 

FACULTATIS  MEDiCAE,  quae  eis  legi  debent  tempore  assumpcionis 
eorundem. 

luramentum  in  ordine  supra  signatum  legetur  eisdem  de  verbo  ad  ver- 
bum,  et  hoc  sufficit  quo  ad  doctorem  medicinae  in  nostra  universitate  pro- 
motum.     Si  vero  alibi  promotus  fuerit,  addatur  illud,  quod  sequitur: 

Nullus  doctor  alibi  promotus  et  hie  assumptus  ad  facultatem  medicinalem 
recipi  debeat  ad  consilium  facultatis  eiusdem,  nisi  in-)  hac  universitate  bien- 
nium  post  sui  assumpcionem  legendo  aliquam  lectionem  in  medicinis  comple- 
verit; et  tempore  sui  assumpcionis  ad  consilium  dabit  quattuor  florenos  renenses'*) 
pro  fisco. 


40.    lUDIClUM    LEPROSORUM    PER    OMNES    DOCTORES    MEDICINAE 
DEBET    CELEBRARI. 

Conclusum  et  statutum  est  concorditer  per  doctores  de  consilio  facultatis 
medicae,  quod  deinceps  [Bl.  ii'^]  nullus  doctorum  audeat  ex  suo  proprio  capile 
et  consilio  solus  se  intromittere  de  examine  et  iudicio  leprosi  aut  de  lepra 
suspecti,  nisi  de  favore  decani  et  tocius  facultatis  signetuni  eiusdem  tibtinuerit, 
sub  poena  suspensi<inis  a  consilin  facultatis  et  omnium  emolimentorum  ad  tres 
annos,  si  in  consilio  fuerit;  si  autem  extra  et  ad  facultatem  tantum  assumptus 
est,  non  autem  in  consilio  facultatis,  tunc  eius  assumpcio  ad  consilium  facul- 
tatis fienda  ad  tres  annos  loco  eius  poenae  debet  suspendi  <(et  differri)*). 


Das  Folgende  hat  eine  andere  Hand  geschrieben ;  in  den  Urk.  Quellen  S.  881/! 
wird  vennutel,  daß  es  die  Stromers  von  Auerbach  sei,  der  gegen  Ende  des  Buches 
einen  Vertrag  aus  dem  Jahre  1 5  2 1  eingetragen  hat.  Fällt  auch  dieser  Beschluß  i?i 
dieselbe  Zeit?  Dann  luäre  er  ßcilich  später  eingetragen,  als  das  Folgende  au/  Bl.  12"; 
was  indes  leicht  möglich  ist. 

41.  Doctor  medicinae  alius  universitatis,  desyderans  recipi  ad  facul- 
tatem medicinae  huius  Lipsensis  universitatis,  si  baccalaureus  eiusdem  uni- 
versitatis   fuerit,     lenebitur    illico^)    solvere    pro    assumplione,     disputatione    et 

')  Am   Rande  luramentum. 

»)  in  fehlt. 

')  Später  hinzugefugt  in  auro. 

*)  (^tlilji-rriy  ist  später  beigesetzt. 
')  illiiO  ist  späterer  Zusatz  am   Rande. 


I  70  '•     '''*■  ^^InliUr»   vniii  Jiilirr    1 505. 

luboribus  cacleris  doclorum  incdicinac  doctoribus  de  consilio  et  ad  fiscum 
facultatis  viginti  et  iiuiiniue  (1.  in  auro  aul  valorcin  auri ;  si  vero  bncca- 
luurcus  huius  facultatis  et  universitatls ')  non   fuerit,    sohct   triginta  et  umim   II. 

Mi  in  auro  aut  tantuiii  valorcin.  Caelcium  prandiuin  nulluni  tcnebitur,  verum 
positioncs  diebus  sex  aut  septeni  ad  minus  ante  disputalioncm  mcdicinac 
doctoribus,  licenciatis,  bacc.ilaureis  et  scholaribus  mittat;  attanicn  nc  rcli- 
quae  facultates  negligantur  utque  nostra  disputatio  honorificc  celebrctur, 
placuit  facullati,  ut  assunicndus  dominum  rectorcm,    d.  decanum  theologiae,  d. 

»;o  ordinarium  iuris  et  d.  decanum  facultatis  artium  per  magistrum  unum  aut  duos 
mcdicinae  scliolarcs  ad  disputationem  invitet;  et  ut  mutuum  honorem  liii  quatuor 
hospitcs  reportent,  decrelum  est,  quod  assumendus  eis  in  honorem  una  cum 
positionibus  quatuor  libras  zuccari  confecti  domum  dono  mittat,  ita  ijuod  singuli 
librani  unam  in  munus  rccipiant. 

1:6  De  pecunia   autem,    quam  solvit   assumendus  doctor,    ponant  doctores  de 

consilio  facultatis  duos    fl.   ad  fiscum,   et  reliquam  pecuniam   inter  sc  dividant. 


If'/rrtVr  i>on  anderer  Hand  isl  das  Folgende. 

42.    ^Bl.   12']    DE    ABILITATIC    PROMOVIiNDORUM    ET    ASSUMENDOKUM. 

Anno  M.  D.  viii  sub  decanatu  doctoris  loannis  Landsperg,  cum  Hcnricus 
Stromer  Aurbachius,  Conradus  Tockler  Noricus,  arcium  magislri,  et  Caspar 
Kegeler  ac  Baltasar  Lotwiger  Hallensis,  non  magistri,  pecierunt  baccalaureatum 
raedicinae,  tunc  propter  duos  non  magistros  suborta  fuit  gravis  altercacio  inter 
doctores.  Cum  autem  non  possent  illos  non  magistros  repudiare,  ex  quo  non 
habebant  statutum  ipsis  contrarium  et  prius  aliquando  factum  fuit,  post  pro- 
mocionem  magistri  Henrici  Aurbachs,  qui  solus  sub  suo  rectoratu^)  eodem 
anno  baccalaureus  promotus  fuit,  alii  duo,  non  magistri,  cum  magistro  Con- 
rado  Norico  anno  1 509  fuerunt  in  medicina  barcalaurei  promoti.  Quare  tunc 
concordi  ore  sccundum  praeceptum  Galeni  ^)  conclusum  est  per  omnes  doctores, 
quod  nullus  in  posterum  in  aliquf)  gradu  insigniri  aut  ad  contubernium  seu 
collegium  medicorum  assummi  dcbeat,  quin  sit  liberalium  arcium  magister. 
Quod  itidem  conclamatum  est  per  omnes  et  singulos  medicinae  doctores  anno 
M.  D.  XI  post  promocionem  illorum  quattuor  nominatorum,  qui  acceperunt  eo 
anno  xi"  mi  die  Novembris  lauream  doctoralem;  et  postremo,  quando  illi 
quattuor  fuerunt  ad  facultalcm  accepli  die  v.  Novembris,  eodem  die  approba- 
tum  est  per  illos  quattuor  et  omnes  doctores  de  collegio,  ut  nullus  in  futurum 
ad  raedicinae  insignia  aut  gradum  admittatur  ncc  ad  contubernium  doctorum 
aut  facultatis  assumatur,  quin  sit  liberalium  an  ium  magister'). 


')  et  universitatis  gleichzeitiger  Zusatz  am   Ran<le. 

'}  Hinter  rectoratu  ist  noch  einmal  stio  wiederholt. 

'J  Am   Rande:   SectinJo  de  loch  affcctis  ca.    i. 

*)  An  den   Rand  isl  geschrieben:  Plato  3.  Je  rcpubUca  simile  ilc  medicis. 


Wichtige  neue  Bestimmungen   in  dem  behördlicherseits  erlassenen  Fakultätsslatut  von   1 543.      i  n  \ 


Wichtige  neue  Bestimmungen 
in  dem  behördliclierseits  erlassenen  Pakultätsstatut  von  1543.') 

[Bi.  2']  DlSrUTATIO. 

Caput  n. 

Decretum  est,  ut  annuae  quatuor  disputationes  niedicae  instituantur  ad  minus. 
Licehit  tarnen,  si  temporis  conditio  postulaverit,  plures  constituerre.  At  cum  ope- 
rarius  dignus  sit  merccde  sua,  sequenti  ralione  disputantibus  praemia  proponantur. 
Doclori  medicd,  disputationi  praesidenti,  tres  aurei  pro  officio  dono  dentur,  respon- 
denti  quinque  grossi,  hac  lege,  ut  impressam  a  chalcographo  quaestionem  ^)  cum  con- 
clusis  redimat  —  hoc  autem  ipso  sibi  praemium  acci])it,  qui  laborum  partem  pro 
sua  coronatione  explet  — ,  cuivis  doctori  medico  disputanti  pro  munere  quinque 
grossi,  licentiato  tres  grossi,  singulis  scholasticis  ex  sede  disputantium  arguentibus 
grossus  tribuantur;  iis  vero,  qui  in  sede  disputantium  non  assident,  nihil  dono  detur. 

Quod  vero  ad  hospites  pertinet,  rector  gymnasii  disputans  pleno  doctoris  munere, 
scilicet  quinque  grossis,  decanus  artium   tribus  grossis  dunandus  est. 

[Bl.  6*]  ANATOMIA. 

Caput  XXII. 

Cumque  non  mediocris  fructus  per  inspectionem  humani  corporis,  quae  per 
sectionem  fit  {ävuTOniav  appcUant),  ad  discipulos  redeat,  itaciue  placuit  constituere, 
ut  singulis  annis  ad  praescriptum  medicorum  corpus  aliquod  dissecetur,  ita  tarnen 
ut  partes  corporis  humani  et  äofioviu  eiusdem  discipulis  accurate  ostendantur. 

[Bl.  7'']  PHARMACOPOLIA. 

Caput  XXIII. 

Caeterum,  cum  pharmacorum  consyderatio  vel  praecipua  ad  medicos  pertineat, 
doctores  facultatis  medicae  singulis  annis  pharmacopolia  et  officinas  inspiciant  et 
curent,  ut  probatae  medicinae  usurpentur. 

Item,  si  forte  compositurus  sit  pharmacopola  medicinani  multarum  partium  et 
in  quam  plures  res  ingrediuntur,  quae  niagnae  compositiones  nominantur,  iubebunt 
pharmacopolas  partes  simplices,  priusquam  conminuantur,  ad  contemplandum  dis- 
cipulis et  doctoribus  proponere. 

Praeterea  debent  ea,  quae  in  officinis  venduntur,  ad  ccrtam  pecuniam  taxari  et 
taxata  perscribi  in  tabula  et  proponi,  signata  sygillo  senatus.  Si  autein  ex^is]>timarint,  se 
mutatis  preciis  in  taxatione  aliquando  gravari  pharmacopolae,  indicent  hoc  in  semestri 
quoque  tempore  senatui,  ut  rationibus  ipsorum  mature  consulatur.  Secundum  autem 
Ljpsicam  taxationem  omnes  aliae  taxationes  in  ditione  principis  nostri  illustrissimi 
constituantur. 

DE    EMPEIRICIS. 
Caput  XXIIII. 

Denique  quum  passim  circumforanei  cjuidam  cum  maximo  simplicium  periculo 
curam  medendi  sibi  adsumant,  neque  vero  usquam  didicerint  artem  medicani,  et 
tamen  absque  omni  testimonio  doctoratus  titulum  iactitent,   \isum  est  eos  non  tantum 


')  Nach  dt-m  Original,  einem  Großfoliohefl,  7  Bll.  Pergament  40  X  28  cm  (das  ".  angeklebt), 
ungebunden,  bezeichnet:  A.  I.  9.  Vol.  III.  Mit  der  Aufschrift:  „Statuta  Medicorum  Lypsicnsium 
ab  Iliustriss.  principe  Mauritio  Saxoniae  duce  confirmata,  aucta,  correctaquc,  Anno  Domini  M.  D.  X  LIII." 

*)  Der  Druck  der  Disputationsthemata  ist  also  von  nun  an  oliligatorisch. 


|-  •  S|4trrc  «Kintcmlc  IWschlüsüi.-  und  Ausfuliningsbestimmuni^cn   1555. 

ex  urbc  Lypsicnsi  scd  etiain  ex  universa  ditione  principis  noslri  expellere.  Cim- 
stitutuiu  est  itnque,  ut  nullus  einpeiricus  hie  vcl  iilibi  incdicinain  udlübendi  Ciimquc 
vcndcndi  potcstatein  habcat,  nisi  prius  dccamim  et  consilium  facultatis  aut  inedicuin 
illius  urbis,  ubi  artein  siiaiu  cxercere  vult,  adcat  et  vcniain  medcndi  comprccetur, 
(lui  deindc  de  eo  constiluant  et,  si  arteni  ipsius  probaverint,  admittant;  sin  inipustorcin 
intellexcrint  esse,  inlerdicant  illi,  ne  \el  phannacuin  ulluni  vcndat  vcl  ad  aegros 
incdcndi  eos  caussa  adeat.  Quod  si  vero  aiiquis  luiec  negligcns  aut  qui  se  doc- 
toratus  litulo  iactitet  nee  certa  dDCunicnta  si\e  teslinionia  eius  rei  habeat,  deprae- 
hcnsus  fuerit,  in  euni  niagistrutus  pro  condititme  aniniadvertere  dcbet. 


Spätere  ergänzende  Beschlüsse  und  Ausführungsbestimmungen 
der  Fakultät  vom  Jahre  1555  usw.') 

\'.    [S.    13]    ut    ANAIU.MIA. 


Demonstratori  anatomiac  ex  diplomatc  principis  deeernuntur   20  florcni,  qui  ex 
aerario  persolvuntur. 


Doetores  etiam  reliqui  interesse  debent  anatomiae,  quantum  euique  per  negotia 
licebit;  pro  qua  opera  singuli  2  florenos  ex  aerario  aecipient.  Si  qui  forte  tarnen 
per  negotia,  valetudinem  aut  quanilibet  aliani  probabileni  eausani  inipedientur,  his 
nihilominus  idem  praemium,  nempe  2  floreni  pendantur;  qui  vero  sinipliciter  interesse 
recusaverint,  his  nihil  dabitur. 

3- 
Doctori  ehirurgiae  suum  eonstitutuin  est  per  principem  salarium,  qui  si  sotiuni 
et  adiutorein  sibi  eonsensu  facultatis  sua  spon[S.  i4]te  asciverit,  ei  de  suo  praemium 
persolvere  debet 

4- 
Spectatores  Studiosi  vel  artis  nostrae  vel  etiain  philosophiae,  aut  si  qui  sunt 
alii  honesti,  qui  non  ex  petulantia  quadam  interesse  volunt,  adinittentur,  ita  ut  sin- 
guli tarnen  pendant  ante  primuni  ingressuni  6  grosses.  De  hac  pccunia  collectores 
dein  curabunt  funus,  et  reliqua  necessaria  coniparabunt;  de  quibus  cxpensis  rationein 
reddant  faeultatL  Quod  reliquum  deinceps  fuerit,  id  aequaliter  in  incisores  et  col- 
leetores  distribuetur  *).  [De  eo  cullegio  medieo  supcrioribus  annis  sie  statuen  in 
esse  Visum  est,  ut.  illud  in  omnes  doetores,  quotquot  in  eonsiliis  facultatis  fuciit, 
aequaliter  dislribuatur.] 


')  Im  „Liber  Dccretorum  et  Aclorum'',  einem  Foliobande  in  Papier,  .s.  5,-25.  Abgedruckt 
bei  ZarncVe,  Die  Statulenbüchcr  S.  619 — 625, 

') 'Stall  id  bis  dislri'biialur  ist  später  gcsclzt  worden:  ,,;'</  loluiii  relinqudiir  incisori^ 
eollectores  auttm  n'nl  immunes".  Auch  dies  bl  später  gclilgl  und  statt  dessen  erst  der  eingeklammerte 
Schluß  des  Absatzes  gesetzt  worden. 


Spätere  ergänzende  Beschlüsse  und  AusfÜhrungsbestimmungen   1555.  17^ 

VI.    [S.    15]    RATIO    STUDII    AU    SCIIOLAKES. 

I. 
Et  quia  hactenus  plcrisquc  Scolaribus  fuit  incognita  ratio  sludioruin,  quam  vocant 
coinplctionis,  et  inulti  tenierario  quodaiu  ausu  ante  teiui)us  non  sine  publica  inul- 
loiuTii  pernitie  et  dignitatis  artis  et  ordinis  noslri  iinininutione  praxin  exercere 
cepcrunt,  decrevit  facultas,  ut  posthac  statuta,  quae  pracscribunt  forinaiu  et  rationem 
sludioruni,  quotannis  in  die  Lucae  sine  dilatione  praelegantur  baccalaureis  et  scola- 
ribus.  Ad  quam  rem  percommodum  esse  putavit  facultas,  ut  posthac  onines  et 
singuli,  quo  tempore  primum  animum  applicant  ad  discendam  artem,  aut  qui  ex 
alia  universitate  scholares  huc  veniunt,  nomen  suum  apud  decanum  jjrofiteantur  et 
inscribi  cu[S.  i6]rent,  ut,  quem  cursum  studiorum  tenuerint,  postea  rectius  co- 
gnosci  possit. 


Cumque  multi  temere  ad  gradus  aspirent,  eo  quod  putant,  se  utcunque  tempus 
definitum  in  statutis  complevisse,  cum  tamen  eruditio  non  respondeat,  facultas  vero 
iuramento  astricta  sif,  ne  praeter  dignitatem  aliqui  ad  honores  evehantur,  de  quo 
singulari  etiam  consilio  a  maioribus  cautum  est,  decrevit  facultas  posthac,  ut  ex  dis- 
putationibus  et  lectionibus  candidatorum,  quibus  doctores  tum  temporis  diligenter 
interesse  debent,  iuditium  fiat  accuratc  de  eruditione  et  aptitudine  petentium  gradus; 
nam  si  qui  inepti  iudicati  fuerint,  illos  ne  quidem  admittendos  ad  petitionein  alicuius 
gradus  censet,  [S.  i  7]  ne  et  sibi  et  facultati  temere  negotium  facessant  et  ipsi  in  dis- 
crinien  reiectionis  veniant;  nam  quod  a  maioribus  nostris  magnis  de  causis  et  gravi 
consilio  hac  in  parte  sancitum  est,  id  etiam  serio  et,  qua  par  est,  integritate  exe- 
quenduni  omnino  sibi  statuit  facultas. 

3- 
Cum  omnis  iraperitia  sit  rebuspublicis  dctrimentosa,  praecipue  vero  in  hac  arte 
magnam  afferat  perniciera,  ultimus  gradus,  doctoratus  videlicet,  a  mainribus  con- 
stitutus  est,  ut  sit  publicum  testimonium  eruditinnis  et  doctrinae  perfectae  illius,  qui 
publice  medendi  artem  exercere  et  cui  Immines  vitam  et  saluteni  suam  tuto  com- 
mittere  possint.  Itaque  prudentissime  ab  illis  cautum  est,  ne  qui  ante  hoc  publicum 
testinionium  medendi  artem  non  sine  periculo  aegrotantium  et  aliorum  hominum 
intelligentiuni  querela  nostrique  ordinis  ignominia  tractent,  quod  statutum  omniniodo 
est  tuendum  et  conservandum.  Unani[S.  1 8]miter  igitur  decrevit  facultas,  ut,  si  qui, 
obliti  omnis  modestiae,  contra  ausi  fuerint  facere  et  honorem  sibi  nondum  con- 
cessum  impudenter  usurpare,  illos  eliam  postea  neque  ad  honorem  illum  necjue  ad 
nostram  .societatem  admittendi>s  unquam  esse,  siquidem  indigni  haud  immerito  iudi- 
cantur  hoc  ordine,  cuius  Icges,  authorilatem,  dignitatem  et  existimationem  contemnere 
non  verentur. 


Folgende  Anordnungen  scheinen  noch  nach   dem  Jahre    1555  getrofifen  worden 
zu  sein, 

VIII.    [S.   2l]    DE    DISPUTATIONE    PUBLICA. 

Decreta  seu  propositiones  disputationum,  priusciuam  prelo  subdantur,  ad  cen- 
suram  decani  referantur. 

Eidem  octo  dies  ante  disputalionem  doctoribus  et  scolasticis  per  famulos  uni- 
vcrsitatis  distribuantur  et  theatrum  ab  ipsis  expurgetur  ac  tapetis  adornetur  et  toto 
disputationis  tempc>re  suo  officio  attente  fungantur. 


Spilen?  erßAnicnilc  liosclilussc  uiul  AuslulinitiK>licslimii)unf;cn   nach    1555. 


Quicunquc  sculasüci  vel  baccalaurei  tilulus  hunormn  ferre  apud  nus  cupiunt, 
una  cum  pracsiilc  ab  initio  ad  postrcnuim  iisquc  dispiitati>ini  intcrsint,  nc  praeses 
surdos  parictes  fcrirc  vidcatur  et  ne  sie  so>lastici>runi  culpa  disputandi  mnnus  curruat. 

Studiosi  medicinac  inter  disputaniluin  certu  loco  sedeant  in  o>nspeitu  unuiiuni, 
scd  mediconitn  inpriuiis,  ut,  quam  parati  et  instructi  ad  disputatiimem  vcniant  et 
quantuin  prnfeccrint,  aut  qua  omninn  spe  versentur  [S.  22]  in  liac  schola,  liquido 
coguosci  et  iudicari  possit 

H(.>c  decretum  si  quis  contempserit  et  facere  neglexerit,  is  iiec  disputantis 
praemium  feret  nee  ad  bonorum  petitiones  admittetur. 

Scolasticus  ad  baccalaureatus  gradum  non  adinittatur,  nisi  sexies  ad  niinimum 
in  disputationibus  appanierit  ar,  cum  datur  copia,  ipse  etiam  disputaverit. 

Sic  etiam  sancituin  est,  ne  cui  baccalaureo  licentia  adeundi  ad  doctoralem 
sublimilatem  conferatur,  nisi  itidem  sexies  ex  medica  sella  (si  in  sj^acio  nempe  com- 
pletionis  tot  disputationes  celebnitae  fuerint)  disputaverit. 

Decanus  de  singulis  tiisputationibus  cathaloguin  disputantium  et  respondentium 
a  famulo  universilatis  exigat  et  in  facultalis  indicein  rcdigat,  ut  cuiusque  merita  inde 
appareant 

[S.  23]  Si  quisquam  haec  et  alia  (quae,  ut  res  medica  efflorescat,  constituta 
sunt)  dcspexerit  et  alio  se  contulerit  et  coroUani  susceperit,  decretum  est,  ut  par 
pari  releralur,  ne  unquam  hie  apud  nos  in  numerum  ductorum  aut  facultatem  niedi- 
corum   recipiatur. 


Äußerungen 

der  verschiedenen  Mitglieder  der  Leipziger  Universität 

über  Mängel  und  Reformbedürftigkeit 

der  Medizinischen  Fakultät  in  den  Gutachten  zur  Reformation 

der  Hochschule  auf  Anfordern  Herzog  Georgs 

verabfalJt  im  Oktober  1502.') 

Bl.  62'. 

„.  .  .  wo  wol  aber  In  allen  faculteten  gemenklich  gebrechen  oder  vorsumgi- 
keit  etlichn  was  wer  zu  ubir  gebin  dj-sser  schrifl't  vorstregimg  .   .  ." 

Mag.  Johannes  Sperber  [aus  Heiiigenstadt]. 

Bl.  87  \ 

„Item  in  facultate  theologica,  luridica  nee  non  medicinali  defectus  qui  sunt, 
hi  scribent  quorum  intercst  .  ." 

Joannes  Conradi  de  Frigido    fönte  (Kaltenbrunn). 

Bl.  86\ 

„Der  ertzte  thun  g.  H.  ist  mir  gar  nicht  wissenn,  den  das  ich  sie  von 
ydermann  gelert   und   weidt  berumpt  auch  über   andere   universitet   hör   breissenn." 

Heinrich  Scheib^e^,  Doctor. 

Bl.  60  ^ 

„Von  der  faculteten  der  Erczte  weys  ich  gancz  nichts  anzcuzceygen.  Es 
seynt  vihl  gelarter  Doctores  in  der  Erczney  alliie;  es  ist  sich  zcuvermuthen,  mau 
findet  sie  yn  dewschen  landen  als  guth  und  fso  vihl  yn  eyner  universitet  bey 
ey^n)ander  nicht,     ich  vorsehe  mich,  sye  thuen  was  se}e  sollen." 

Mag.  Laurentius  Zooch  [Dr.  jur.] 

Bl.  46  ^ 

„Inn  der  facultett  der  Ertzeney,  so  die  doctores  der  selben  facultett  noch 
notturfft  versorget  weren,  die  dan  itzundt  auch,  bey  andern  universitetten  für  gelart 
angeschen,  geburlichen  vleis  Inn  irer  Schule,  mit  disputiren  und  lesen  thetten,  als 
ich  nit  anders  weifs,  dan  das  sie  geburlichen  vleis  thun.  So  wüste  ich  von  einigem 
gebrechen  genanter  facultett  nichts  zcusagen." 

Johannes  von  Breitenbach,  Doctnr  und  Ordinarius 
(der  Juristenfacultät). 

'J  Nach  dem  .S.immelb.inde  zur  Reformation  der  Universität  von  1 502 ;  großenteils  schon 
.-ibßcdnickt  bei  Emil  Friedberp,  Die  Universität  Leipzig  in  Vergangenheit  und  Gegenwart,  i8g8. 
Vgl.  unsere  Ausführungen  im  Text  S.  42  flf. 


I  -  \iiO<-iinij;cn  ilcr   vcrscliifilfiirii    MUjjliolri    ilci    l.<i|'^i);(t   UiiivcisitiU   usw. 

1,1.  ,S7>. 

..In  der  facullct  der  Krtznc\'  wcifs  icli,   g.  h.,    iiidil   suiulcrlich   gebrecli    vor- 

dcn  wie  wol  doctor  Casp.ir  zu  j;c7.ceitcn  riidit  ynlicymiscli  ist,  yn  liocii  fsn 

:    IT  sc>nc  lection  mit  eyncni  andern  zu  bestellen,   als  denn    yn    der    Juristen 

i.uiiiti-t  vor  altn  jarn  auch  ist  gclialtn  wurdnn  yi\  Zuversicht,  szo  efs  der  niafs  nacli 

gchaltn  wurdnn  als  denn  mehr  sciiulcr  erschynenn." 

Capcllan  Joliannes  Rc\  nhart,  Doctor. 

70'. 

.  .  Desgleich  bcvindt  ich  uch  gebrechenn  Inn  der  facultet  der  medicin,  Inn 
welcher  facultet  der  achtbar  wirdig  Herr  doctor  Lanczbergk  etlichem  Heiß  ann 
gestalt  .  .  . 

Cap.  Johannes   Liiitholtz   von   Muelilbcrg. 

Bl.    lO'— 12'. 

„Joh.  peyligk  vonn  czeytz,  magister" 

Bl.   lo^ 

„.  .   In  den   Facultet  artium  der  icii  bey  glaidt  byn  .  .   ." 

Bl.    12'. 

„.  .  Alß  daß  man  mit  sulchen  soldt  [der  Abwesenden]  der  do  cyn  jar  huch- 
Icwfft,  etzliche  L^enten  versoldet,  alß  eynes  Theologen,  medicum  vnndt  Legisten  .  ." 

Bl.  63'. 

„In  andern  hogesten  faculteten  als  facul.  Theologica,  Juridica  vnd  medicinal(is> 
nach  meyner  costenung  und  wissen  haben  doctores  gcmiuch,  aber  sv  oft  nicht 
llyeßick  lesen  und  nicht  sulbest,  besunderni  in  jure  civili  werc  vonnuten,  das  man 
gute  lectores  haben  müßte." 

Mag.  Cunradus  Brunswigk  [Witrop?] 

Bl.  53'- 

Item  die  doctores  In  der  artzedie  seyn  pdichtig  zcu  lesenn  in  die  legibili,  das 
ist  alle  leslichen  tage,  E\  ner  vor  miltage  der  nach  mittage,  die  seyn  auch  vorsinnich 
den  sie  machen  vil  viertage  vnd  lange  vacancien.  Men  hat  ufigehort  zcu  lesen 
achtage  vor  margarethac  vnd  sul  noch  wider  anheben,  do  durch  auch  die  scholares 
vorsumet  werden  Auch  sollen  lesen  die  doctores  In  der  artzedie,  wen  die  doc- 
toren  Im  rechten  lesen,  hoc  est  an  die  legibili  Et  post  caniculares  Incipiendo 
Barthol(omaei)  hoc  autem  anno  currenti  medici  Bartholomaei  vacabant  ]5rfipter  dis- 
putationera  de  quolibet  in  artibus  etc. 

Cappellan  Hcinricus  Greve,  magister. 

Bl.  49 \ 

In  der  facultett  der  Ertzney. 
Item  das  vor  die  schuler  etliche  disputation  uffgericht  wurden,  den  die  doctores 
fast  gelert  sein.     Davon  die  schuler  sich  bessern. 

Cap.  Johannes   Hennigk,  Doctor  [de  Hilynis,  Großenhain,  Theologe]. 

Bl.   .51^ 

Zcum  dritten  von  der  facultet  der  arcztie  ap  dy  doctores  vnd  lectores  beide 
glichenn  fliß  thun   weiß  ich  nicht  zo  sie  nicht  viel  scolares  haben. 

Leonhard  Meseberg,  geistlicher  rechte  dfjctor. 


2.    Au[Jeriin};oii  der  vcrscbieJunen  Mil(;lie<Jcr  der  Leipziger  Univcrsiliit  usw.  177 

Bl.   25'. 

Dy  medici  ader  doctores  der  Ertzney  wywoll  dye  mit  vleiU  leßen  wen  Ir 
docli  mehr  besoltt  waren  zuleUenn,  were  grosßer  nutz  der  schuller  Auch  das  sie 
ym  lore  mehr  disputationes  hilden,  dor  Inn  groß  frommen  gescheen  mag  gleicher 
weyß  deucht  mich  auch  von  den  Juristenn  .  .  . 

Gantz  gehorsamer  demutiger  dyner 

Paulus  Suoffheym  von  gorlitz  Magister. 
Bl.  58  \ 

.  .  .  daß  In  Andern,  dreien,  faculteten,  nemlichen  der  heiligenn  geschrift,  geist- 
lichen vnd  werntlichen  recht,  deßgleichen  in  der  Ertznej,  kein  hoher  gebruch  nicht 
befunden  wirdt,  daß  sie  seumlich  seind  In  Irer  Lection,  vnd  deßgleichen  Etzliche 
defectus,  In  lectoribus  gefunden  wirt,  daß  der  selbigen,  nicht  genug  Ist,  vnd  auch 
selten  lesen  .  .  .  deß  auß  solcher  Vorsehung,  vil  scolares  Ewr  fürstlichen  universitet 
Andere  Land,  besuchen  musen  jc. 

Magg.  art.  Conradus  <Thocler^  Nurmberga, 
Alexander  ^Czekler)  Esslingensis. 
Bl.  Sg". 

„Der  gleychen  mag  auch  gcschriben  werden  von  den  Juristen  und  medici, 
die  wollen  andern  gescheflten  genug  thun  und  nicht  Vorsorgen  ire  officia  bey  der 
lere  und  underweysung,  wie  sich  geburt,  und  noch  den  sie  ire  eykomen  da  von 
entphangen."  Mag.   Andreas  Bon  er  von  Landau. 

Bl.  68'. 

.  .  .  deß  gleichen  dy  coUegiathn  in  facultate  medicinali  auch  wenigk  vor  eyn 
gemeynen  nucz  thun  mit  yren  lecion   .  .  ." 

Cap.  Michahel   Raw  ^aus  Leipzig^,  mag.  art. 

Bl.  35'- 

.  .  .  dyweyl  eyn  yttlich  regiment  ordentlich  gehalden  wirt  szo  dy  regireu 
eyntrachtig  seyn  und  betrachten  denn  gemeynen  nutz  Alß  ewrenn  fürstlichen  gnaden 
wol  wissentlich  ist.  Daß  aber  sulichß  sey  und  er  unßern  regiren  deß  sage  ich  nicht 
Dann  szo  man  ansieht  alle  faculteten  Es  sey  gleich  facultas  theologorum  Juristarum 
Medicorum  oder  Artistarum,  Szo  wirt  doch  erfunden,  daß  sy  nichtz  achten  den 
gemaynen  nütz.  Sunder  }'r  me)-nung  stetiglich  steht  auf  eygenen  gewin  und  zuvor 
an  vor  dy  alle  umb  aller  meysten  ist  an  czu  sehen  daß  regiment  der  facultisten  in 
wasserle)'  gestalt  sy  betrachten  seyn  den  gemeynen  nutz  .  .  . 

Mag.   Georgius  Brunss  ■(Gregor  Breunsdorf  de  Leipzig?^ 
Bl.  90'. 

Facultas  medicorum  vnnd  dy  achtbar  wyrdigen  Doctores  der  selbigen  faculteten, 
hocher  sich  befleysen  bey  den  kranken,  den  bey  den  gesunden,  So  sy  den  gesunden 
furderlich  leßen  den  sy  bys  dar  gethim  haben  Ewer  fürstlichen  gnaden  universiteten 
seit  nicht  schaden  dar  von  empfahen.  vyl  seyn  solariaten  wenigk  legenten  zu  thun. 
dy  selbigen  coUegiaten  Dy  nyhe  keyn  lectio  noch  resumptio  haben  gelhon  noch 
gedencken  zcu  thun  dy  selbigen  collegiaten  aus  gunst  meher  acht  der  gelarten  vnnd 
erfarenden  beyn  yn  dy  selbige  nich  wollen  leyden  mit  grosßen  vorfulgunge  \on  yn 
drynngen  unnd  swyngen,  das  sy  den  bundt  unnd  plan  behalden.  So  diseni  arge  nicht 
vorgkummen  wurde  durch  ewer  fürstliche  gnade,  als  ewer  fürstliche  gnade  ist  ge- 
negeten  grosser  abruch  unnd  schaden  den  selbigen  ewer  fürstlichen  gnaden  be- 
rufifen  vniuersitetea  mocht  erfaren  unnd  geschehenn. 

Mag.  Andreas  Meynhart  von  Pirn. 
Bl.  31-. 

Facultas  medicorum  soluni  deficit,  et  conqueruntur  scholares  quod  ad  prac- 
ticara  non  ducuntur;  herbas  noscere  et  discernere  nemo  doiet,  anathomia  non  cele- 
bratur,  apntecae  non  rectificantur. 

.Studien  zur  Geschichte  der  Mcdiiin.      VIII.  >2 


,-v;  ■       \r.i;,,„nr,-n   .1,1    v,-iv.  l,i,..l,'n,n    Mili;liiil.-i    .1,  i    l.^■il./i^:.•l    UnivriMliit   usw. 

In  der  facultcl  nicdicinali  \vv  man  liset  forseumlich  ist  auch  am  tag,  Solten 
liillip  dy  Doctores  dar  vfl'  sclien,  daß  armen  leutt  nit  beswert  wurden  yn  der  aj^po- 
terkcn,  solt  solche  erzcney  all  t;ixirt  sein,  nach  ratt  vnd  forslenniß  der  dortorn 
iliscr  lacultctcn.  Mag.  Peter  ^Dcubinger)  Miltenburgensis. 

Bl.  64  \ 

Item  alle  facultalos  mit  gelde  vorsorget  zeynn,  das  zy  alle  vierteil  Jar  dis- 
putationcm  publicam  haldcn  magk,  awßgenomen  inedica  facultas  und  das  do  Heissigk 
wurde  ouch  bcstalt  zcu  leücnn  dorczu  yn  andern  facultet. 

Cap.  Wilhelmus  Haldenhoff  von  Tliorn  yn  der  erczney  iloctor. 

[Das  eingehende  Gutachten  des  Doktor  med.  Benedikt  Staetz  (Staets)  siehe 
vorn  im  Texte  Seite  4 4 f.  —  Weil  Heinrich  Stromer  von  Auerbach,  der  später  zur 
Medizin  überging  und  sich  in  der  medizinischen  FakullJlt  einen  Namen  machte, 
sei  sein  Gutachten  als  neugebackener  Magister  des  Wintersemesters  1501  hier  zum 
Schluß  in  e.xtenso  mitgeteilt,  obgleich  es  die  medizinische  Fakultüt  nicht  ausdrücklich 
berührt.] 

Bl.  30'. 

Durchleuchtiger  hochgeborner  Fürst  unnd  aller  gnedigisten  Herr  !c.  gebrechen 
unnd  abnemung  der  loblichen  universiteth  unnd  In  sunderheit  der  großen  unnd 
fumemister  facultet  Artium.  An  welchen  vast  dy  ganz  Universitet  stet.  Entspringen 
unnd  k.'lraen  dar  von  des  an  der  Egenannten  facultet  herschen  unnd  regiren  Etliche 
alte  Magistri,  welche  alleyn  Iren  nutz  :  unnd  nicht  den  gemaynen  :  fudern,  Sunder 
hyndern  :  unnd  welche  Magistri  :  frumen  unnd  nutz  mit  vleys  ze  rcsumiren  thun  dy 
verwolgen  sy  und  vortreyben  dy  selbigen,  als  vormals  oll't  geschehen  ist,  welchs 
merere  abfal  macht  der  unviersitet  wan  die  obgemelten  alten  magistri  :  kaynen  ge- 
lerten  Jungen  magistrum  zw  dignitet  oder  standt  erwellen,  Sunder  dy  alzeit  verwerffen, 
als  ditz  lar  ofTt  geschehen  ist. 

Durchleuchtiger  Hochgeborner  fürst  unnd  allergenedigister  Herr  disen  Ge- 
prechen  unnd  ander  vill  die  dy  Egenant  facultet  Artium  an  yn  mercklich  hat  :  mocht 
man  hulfflich  durch  Ewren  gefurstlich  genad  hulff  unnd  rat  der  alzo  furkumen  do 
man  d\-  Selbigen  regierer  unnd  alten  verdrossen  magisters  dy  gar  wenigk  guttes 
thuen  noch  than  haben  der  universitet,  aws  der  facultet,  unnd  sy  absetzt,  Sunst 
als  ich  von  yn  a\n  teyl  selbst  vernumen  hab,  wirt  es  nymermer  gut  yn  der  Uni- 
versität, wan  sy  lieben  mher  das  gelt  dan  den  gemaynen  nutz,  auch  mercklich 
sunder  hulff  den  universitet  entsprung,  wo  man  verordnet,  das  ayner  In  der  vor- 
gemelten  facultet  artium  nicht  blib  über  vij  jar,  So  wurden  si  doctores  unnd  gelert 
lewt,  das  sunst  nicht  oder  gar  selten  geschieht.  Item  wir  Jungen  magistri  durlTen 
nicht  anzenemen  [„ze"  ausgestrichen]  Bacc^alaureos^  zw  promouiern  Sy  neyden  unnd 
ver\'olgen  unns  :  unnd  verwerffen  darnach  dy  selbigen,  Sy  wellen  es  alles  nur  allayn 
haben,  das  wir  unns  gar  kawm  enthalten  mugen.  Es  wer  auch  nutzlich  das  keyner 
In  dy  facultet  kem,  der  vorhyn  mit  ayner  Colegiatur  versehen  ist,  unnd  das  man 
aynen  magistrum  In  dem  vierten  Jar  Se\nes  magistery  In  dy  vorbemelte  facultet 
artium  eyn  nam  unnd  vill  andern  gebrechen  mher  der  facultet  artium  von  kurtz- 
wegen  awßs  gelassen,  dy  man  ungezweyfelt  In  andern  zedllen  erfinden  wirt. 
Ewer  fürstlich  gn.  vntertenigster 

Mgr.  Henricus  Stromer 
Auerbachensis. 

Man  sieht,  der  junge  Magister  war  recht  radikaler  Gesinnung;  daß  er  auch 
noch  10  Jahre  später  seinem  medizinischen  Dekan  gegenüber  scharf  ins  /eug  ging, 
zeigt    das    folgende    Gutachten.      Daß    er    nicht    nur    ein    geschäftlich    betrieb.samer 


3.    Äußerungen  der  verschiedenen  Mitglieder  der  Leipziger  Universität  usw.  i  jg 

Mann  war,  der  Wirt  von  Auerbachs  Keller,  sondern  auch  seine  FakultUtsgeschäfte 
sehr  ernst  nahm,  beweist  das  rege  Leben,  das  unter  seinem  Dekanat  in  der  medi- 
zinischen Fakultät  herrschte  (1523 — 1542),  dessen  die  Fakultätsakten  noch  lautredend 
Zeugnis  bringen. 


Als  Herzog  Georg  im  Oktober  1502  den  ganzen  Lehrkörper  zu  Einzelgut- 
achten über  die  Schäden  der  Hochschule  und  deren  Abhilfe  aufforderte,  war 
Simon  Pistoris  schon  außer  Landes  am  Brandenburgischen  Hofe.  Was  wunder, 
daß  sich  die  herzogliche  Regierung  noch  nachträglich  sein  Separatgutachten  ausbat, 
als  die  versuclUen  kleinen  reforinatorischen  Änderungen  das  erhofite  Ergehnis  nicht 
bringen  wollten.  Da  Pistoiis,  wie  man  erfahren  hatte,  in  Fragen  der  Neugründung 
der  Brandenburgischen  Universität  in  Frankfurt  a.  d.  Oder  eifrig  zur  Mitarbeit  her- 
angezogen worden  war,  mußte  es  der  Regierung  in  Dresden  um  so  wertvoller  sein, 
das  Urteil  des  Heimgekehrten  über  die  Leipziger  Verhältnisse  zu  erfahren.  Er 
entledigt  sich  seiner  Aufgabe  wie  folgt: 

Durchlauchtiger,  hochgeborner  fürst,  gnädiger  herr.  Als  mir  euer  fürstlich 
gnaden  befolenn  hat  und  begeret  anczuczeichgenn  standt,  wesen  auch  defectus 
aber')  gebrechgen  der  facultet  der  arczney,  hab  ich  das  mith  fleiß  gethan  und 
aufTs  korczte  czu  vormeydenn  oberflossigk  angebung,  und  thu  euer  fürstlich 
6  gnaden  czum  ersten  kondt,  das  keyne  facultet  hyr  weniger  vorsorget  ist  unnd 
meher  nachteyl  in  allen  hat,  wenne  dy  facultet  der  doctores  in  der  arczney, 
unnd  mich  beduncket  doch,  das  dy  medici  unnd  doctores  medicinae  alßo 
wol  vor  gemeynen  nuczt  dynen  und  czu  gebrauchgen  seyn  alßo  ergen  ander 
doctores.     Dy  facultet  ist  nunt  vorsorgeth   mit   H  coUegiaturenn,   dy   da  seyn 

10  czu  lectur  gezcogen,  das  eyner  ßo  er  eyn  solch  coUegatur  hat  vorplicht  ist  czu 
lesßenn,  das  dy  andemn  coUegiaten  nicht  bdorffenn,  und  ßo  gemeynicklich  dy 
doctores  in  mediana  wertlichges  Standes  seyn,  auch  sich  solch  stand  ön  geboret 
und  elichge  weyber  habenn,  derhalbenn  sy  in  den  coUegio  nicht  seyn  komen-), 
ßo  alßo  denne  eyner  von  solchger  coUegiatur  aber  lectur  wy  manß  nennen  wil, 

16  nicht  meher  ierlich  eynkomen  wenn  xliiii  alth  ß.,  szo  aber  eyner  nicht  inn 
elichgen  standt  ist  unnd  bey  on  inn  collegio  wanung  hat,  der  hat  auch  ander 
accidentalia  und  zufelle  aber  gewiß  wy  dy  andernn  und  magk  etwas  merck- 
lichs  meher  habenn,  alßo  denne  es  doctor  Lanczsperg  got  selliger  und  doctor 
Weyde  ghabt  habenn.    Vor  solch  eynkumenß,  er  sey  in  collegio  ader  ausser- 

20  halben  wanhafftig,  sal  und  musß  lessenn  alle  tage,  dy  man  pfleget  zu  lesen,  es 
sey  denne  sach  das  er  czu  zeittenn  czu  kranckenn  gefordert,  ßo  hat  man  gdulth 
alßo  mit  allen  ye  und  yhe  ghabt  und  nemellich,  ßo  sy  zu  fursten  alßo  das 
landfurstenn  gescheffte  seyn  geweysenn  nach  meher  on  nachgelasßnn;  in  der 
maß  habenn  solch  lectur  gehabt  am  negstenn  doctor  Lanczspergk  selliger  und 

26  docttir  Meilerstadt  am  negsten  gehabt;  ßo  denne  doctor  Caspar  in  euer  g. 
geschefTte  ist,  da  hat  man  solche  lectur  nicht  vorsorget  und  ist  gemeynicklich 
ön  gebeß')  vorblebenn;  syder  ich  dy  ander  lectur  habe  ghat  so  ich  eynheyniiß 
bynn,  alßo  dy  meyste  meynung  unnd  zeith,  hab  ich  mith  fleyß  geleßen,  mag 
euer  f.  g.  auch  wol  erforchßen  und  wil  das  euer  f.  g.  wol  onderrichten,  wu  es 

30  euer  f.  g.  begert.  Nu  kan  euer  f.  g.  wol  abnemen,  das  gar  swer  ist,  auch  keyn 
doctor  wol  thun  kan,  das  er  solde  tegellich  leßenn  und   alle  reyßen  und  ausß- 


•)  statt  ,,ader". 
')  statt  iöniun. 
■')  statt   Gi-Uß  =  Lesen,  Vorlesung. 


I  <5q  3.    .\ullcninj;eii  ilcr  vcrschicilciu-n   Mil(;li<il<-i   iloi    I.cip/.igcr  Univcisiläl  usw. 

CT.yhen  abcslahcnn  und  der  lectur  h;ilbcnn  lasUenn;  ßo  ist  es  warlich  ni(  lit 
leichte  sunder  swer  in  medicinis  zu  ieyÜcn,  es  bedorlT  auch  wol  zeit  daraulV, 
\vu  man    om    recht    thun    vil    und    das   es  nuczbaiiicii  seyn  sali,  dcrhalben  ist 

s»  solihgcr  solt  fast  zu  gerynge  zu  solchgcr  crbcili»,  man  wil  denne  losßenn  wy 
es  im  buclige  stehet,  alßo  dy  nonncn  den  psalter.  Dcrhalben  awrc  f.  g.  h.  ist 
es  sere  von  nothcn.  das  man  allewege  gcicrte  und  vorstcndige  doctorcs  ordinire 
zu  solchger  lectur,  dy  es  wol  vorwessenn  können  und  guth  schuller  madigen, 
auch  solchge  dy  schuller  gerne  horenn,  wenn  das  vornemste  forteyl  eync  gulhe 

«0  universitet  zu  bestellen  stehet  aulT  guthe  Icctores,  es  sey  in  welchger  facullet 
es  wolle,  wenn  man  spricht  eyn  guther  meyster  macht  gulhe  und  gelerte 
schullcr,  und  gemeynicklich  ist  der  eynn  gutter  meyster  und  kunstreichger,  der 
von  eynem  gutten  meyster  gelert  hat. 

Ober  dy  c/.whe  lectur  hat  euer  f.  g.  ausl3  mildigkeyt  und  gutter  czuney- 

45  gung  doctori  Christoffero  Schonfeit  ierlich  eyn  solth  gegeben,  alßo  glcube  ich 
aber  ich  bericht  byn  xxx  flor.,  ilas  es  euch  zu  nucze  der  schuller  lessen  sal, 
der  denne  auch  solchgs  thut  im  massenn  wy  oben  und  ßo  aulTte  er  kan,  wen 
er  heym  ist  2c.  Ober  solch  lectur  haben  dy  niedici  keyn  vorsorgung  aber 
eynkomnesß  also  dy  anderen  faculteten,  das  man  mochte   disputaciones   haldcn 

jn  im  iare  nach  quattuor  tempora  wy  anderhalbenn,  sunder  wu  man  hat  messen 
disputaciones  halden,  hat  mossenn  dy  facultet  von  oren  evgen  gelde,  das  man 
von  den  promovenden  nj'mmet,  ausßgeben  ader  dy  promovenden  haben  danzu 
mossenn  dy  doctureß  vorlonen;  solch  ist  auch  swer,  wen  dy  iuristen  haben 
beßunder    eynkomnest    und    czynße    czu    sulchgen    disputai  iones,   dergleich  dy 

65  theologi  20. 

Wyr  haben  wol  ghofft,  gnediger  herr,  wu  eyn  doctor  der  erczney  storbc 
ane  erben  und  testament,  ßo  \hile  es  aull"  dy  facultcth,  alßo  denne  doctor 
Halle  seliger  starb  ane  erben'),  solchgs  warth  unß  abegsprochgenn  und  onbillich 
genomen;  so  ist  iczundt  g.  h.  auch  eyn  doctor  medicinae  gestorben  ane  testa- 
60  ment-);  ab  seynn  frunde  und  negst  erben  komen  weren,  weiß  man  noch  nicht; 
wu  nicht,  hoffe  wvr  euer  g.  solde  unß  beholflich  se)'n  solch  zu  erlangen.  Es 
hat  auch  gneidiger  her  derselbige  vorstorbenn  doctor  korcz  darvor  leybczynße 
gekaufft  bey  dem  erbarenn  rath  zu  Leipczii,'k  von  in''  [300]  flnr.  und  hat  solchge 
czynße  noch  nye  entpfangen,  hab  ich  wul  gewennet  und  gebeiten  v(;n  sulchgen 

66  gelde  czu  dispulac  innes  etwan  lasßenn  folgenn,  hat  man  mir  eynen  gulhen 
trost  wol  gegebenn,  und  beten  eure  g.,  wu  es  sich  begebe,  eure  g.  wolle  unß 
gnedigklich,  doch  ales  mit  willen  des  erbarenn  raths  hclfenn. 

Auch  genediger  herre  gebe  ich  eure  fürstlich  gnaden  warlich  zu  erkennen, 
das  ich  fast  ongehorsam  und  onwillenß,  dyweyl  ich  byn  techant  gewessen,  hab 

70  müssen  dulden  und  leyden  und  man  hat  wydder  alle  Statut  und  recht  wydder 
mich  gestrebet,  man  hat  wydder  Statut  von  ex  iaren  herkomen,  dy  sy  alle 
geswnren  habenn  solchs  alles  andechtig,  mich  w<jllen  entseczen,  das  den  alßo 
nu  wyder  geleget  und  geniget  ist,  darvon  ich  nicht  bsunder  anczegen  wil 
yczunt. 

76  Szo  hat  sich  auch  g.  herre  begeben  in  vorgangen  wynter,  das  promoven- 

den waren  alßo  11  magistri  dy  baccalaryen  in  der  erczney  waren,  darczu  11  bac- 
calarien  im  medicinis  betten  cumpelyret,  wüste  ich  sy  nicht  czu  tadeln,  ich 
konde  auch  in  keynem  rechte  und  statuta  finden,  das  man  s\-  nicht  solde 
czulasßen,  wywol  eyner  baccalaureus    der    om   czum  ersten  alleyn  bath,  konde 

80  ichs  nicht  erlangen,  alßo  lang  das  euer  f.  g.  durch  denselbigen  baccalarien  er- 
sucht war  und  euer  gnade  ausß  gnaden  und  mildigkeyt  dorch  euer  rethe  befull, 


')  Im  August  1499,  vgl.  S.  70. 

')  Vermutlich    ist  Konrad  Niesemann  gemeint,    der  am   28.  Miir/   1511   das  Zeitliche  ge- 
segnet h.ille  (s.  ob.  S.  74  f.). 


j,     Amlnrungcn  der  verschiedenen  Milnüeder  der  Leipziger  Universität  usv»'.  iSi 

das  s\  mit  uns  doctoribus  handelten  das  man  czusaget  den  bacclarven  czu 
protnoviren.  Da  er  begerte  zu  re.spondyren  und  forfolgen  ad  promocionem, 
künde  ichs  nicht  hen  brengen  und  warth  mir  fast  auffgzogenn  und  wolde  e\  nen 
Itjiccalaureum  ane  den  anderen  nicht  promoviren,  liß  ich  aber  gesclieen  und 
meynet  nu  es  solde  alle  diugk  wol  czugehen,  sunder  da  man  solde  licenciam 
geben,  und  hatte  doctoreni  Cristofferum  vor  eynen  vicecanczelarium  an  meynen 
g.  herren  von  Merspurgk  vorschryben  und  alßo  darzu  vorordennt,  unnd  solde 
ad  actum  gehen,  war  der  \'icecanczellarius  wegk  gegangen  vorseczigklich  und 
genieynet,  wu  ich  onn  nicht  selber  holde,  wolde  herr  se}  n  officium  nicht  thuen 
und  vorczaug  alßo  dy  zeit  und  stunde,  und  ist  doch  ny  gewonheyt  gewesen, 
das  e\  n  dechent  den  \icecanczelariuui  pfleiget  czu  holenn.  Da  man  den  actum 
anhub  und  ich  nu  meyn  oratio  ausßniachget  unnd  vorkorczet  sy  om  synent 
wvllen  und  meynet,  er  solde  auch  eyn  oracionem  thuen  und  6n  cum  solem- 
nitate  licenciam  geben,  alßo  man  pfleigt,  und  auch  meyn  herren  von  Merß- 
bergk  in  seynem  briff  anczeget,  da  gieng,  g.  here,  doctor  Cristoff  auf!'  den 
kathedernn  unnd  thut  nichts,  wen  gab  om  siecht  licenciam  czu  honung  meyneß 
und  der  promovenden:  referire  mich  auff  alle  doctores  und  magistri  dy  kegen- 
wertigk  gewessen  seyn. 

Ich  hab  auch  wyder  statuta  und  rechte  erleyden  von  dem  magistro 
Awerbach,  iczunder  licenciat  wurden  g.  h.,  der  czu  mir  in  meyn  hauß  ist 
komen  und  gsaget,  ich  hette  seyner  übel  gdacht  unnd  geredet  auff  on,  das 
ich  eyn  te\les  nicht  abreden  war,  das  her  den  baccl.  von  Halle  an  seyn  vor- 
nemen  hynderen  und  fast  wyder  war  mich  gancz  vorcleynet  und  iniur^rt  und 
saget,  er  konde  meher  ader  alßo  vil  alßo  ich  hette  om  in  der  recommendacio 
vorcle\net  und  anderß  meher,  wy  ich  wol  entdecken  kan,  das  alles  nicht  sich 
finden  wyrth  und  mich  alßo  ausßgericht  gethan  wydder  seyn  iurament  und 
pflicht,  das  her  gsworenn  hat  obedienciam  et  reverenciam  decano,  und  hat 
solchgs  gancz  onbedechtig  se\nes  eydes  das  frevelich  geubet,  hette  ich  onn 
gerne  bclagt,  getrauthe  ich  keyn  rechts  erlangen.  Derhalben  magk  euer  f.  g. 
dorch  befehel  aber  wv  es  euer  g.  gefeit  vorschaffenn,  das  solchgs  gerecht- 
fertiget werde,  wenn  ich  getrawe  in  solchgenn  czwangk  und  nyder  wyllen 
nicht  vorzustehen  und  zu  regiren,  so  man  nicht  wil  dy  statuta  und  was  recht 
ist  halden. 

Auch  genediger  herre  ist  es  eyn  wanheyt,  das  man  dy  lecciones  auch 
responsiones  aber  questiones  czu  disputiren  aber  czu  lesßenn  thuen  mit  wüst 
und  willen  evnß  techancz,  das  denne  auch  nicht  geschyet;  sy  lasßenn  drucken 
und  leßenn  aber  resumiren  öffentlich  was  sy  wollen,  auch  keyne  questiones, 
dy  man  sal  disputiren,  we\sen  sv  dem  dechent  und  fragen  glat  nichts  nach 
om  und  ist  kevn  furcht  noch  ghorsam,  derhalben  euer  f.  g.  vorczeichge  mir 
evn  S')lch  lang  vorczeichung,  nemellich  das  ongehorsamnies  halben,  so  ist  es 
doch  von  nothen,  wen  w\-  solchgs  nicht  hengelegt  wyrt,  we\B  ich  nichts  guthes 
zu  handeln  und  wer  vil  meher  anczuczeigen,  derhalbenn  wil  ich  iczund  euer 
f.  g.  onderrichtet  deniuttiklich  habenn. 

Euer  fürstlich  gnaden  onderteniger  Symon  Pistoris,  doctor  czu  Leipczigk. 

Dem  durchlauchtigen  hochgebornen  furstenn  und  hern,  hem  Georgen 
herczog  czu  Sachßen,  in  Frißland  erblicher  gubernator  des  reychs,  landgraffen 
in  Doringenn,  margraffen  czu  Meyssen,  meinem  gnedigen  libenn  hernn  czu 
eygen  henden. 


Akten  betreffend  die  Schmiedebergsehe  Stiftung 

für  das  Gehalt  eines  Arztes  am  Georgenhospital  zu  Leipzig 

im  Jahre  1517. 

A.    Aus  dem  Ratsbuche  der  Stadt  Leipzig  v.  J.   1537 — 1542  Blatt  205''  flg. 

Doctor  Schmidebürges  Stifltunge,  den  Artzt  In  Sanct  Georgen  Hospital  be- 
langende, Auch  das  Jhargedechtnüs  Zue  Sanct  Niclas,  stehet  geschrieben  im  Schöppen- 
buch  Anno    1517. 

\'olget  derselbigen  StitTtunjre  Copia  hernach  geschrieben, 

Zuewissen,  das  der  Achpar  hochgelarth  Herr,  Hainrich  Schmidebergk,  baider 
Recht  Doctor,  vor  dem  Erbam  Rathe,  Richter  und  Schleppen,  alhier  zue  Leipzigk, 
mit  sampt  dem  Hochgelarten  Herrn,  Simon  Pistoris  dem  Jüngern,  Auch  baider 
Recht  Doctor,  sej'nem  Oheimen,  haltende,  in  seiner  hant  zwene  perganienen  brilT 
mit  anhangenden  Sigeln,  erschynnen  und  vormelt,  das  vvl  gucther  leuth  kindcr  zue 
Leipzigk,  von  Studenthen  und  andern,  darvon  gemaynem  nutze,  und  Christlicher 
kirchen,  AVan  s\e,  Ir  gepürlich  vorstentnüs  und  alter,  erraichen  mergklicher  nutzs 
entstehen  und  enthspringen  möcht,  durch  mangel  eines  Artzts  dem  sye  sein  mühe 
zu  verlegen  unvermugendt ,  In  iren  Jungen  tagen  von  dieser  werlt  vorschaiden,  Ufl" 
das  nun  zum  thail  solchs  underkomraen ,  So  weite  gedachter  Hainricus  Schmide- 
bergk, Fünffzigk  gülden,  Jherlicher  Zinße,  vor  einen  Doctor,  in  der  Ertzney,  Jerlichen 
vorordenen,  die  er  auch  damit  hierzue  verordent  hat,  Also,  und  hescheidenlich  wie 
vrilget.  Das  derselbige  Doctor  den  krancken,  In  dem  Spittal  zue  Sanct  Georgen,  vor 
dem  Ranischen  thore,  In  welchs  solche  unhabende  leuthe,  in  irer  schwachhaitt  ge- 
nohemen,  mit  seyner  kunst  und  vorstentnüs,  vorstehen,  und  die  versorgen  soll,  die- 
selbigen  alletage  zum  wenigisten  ein  mahl  besuchen.  Und  warmitte  Inen  zuehelfTen, 
uffs  treulichst  angeben  und  verzeichen,  Welcher  Doctor  von  der  Facultet  der  Ertzte, 
in  der  Universitet,  An  eynem,  und  von  den  Vorstehern  des  Spittals  Andersthails, 
erwehelet,  und  vorordent  werden  soll,  Wue  anders,  kein  Doctor  medicinae,  von  des 
Stiffters  Schwester  marthan.  Als  yzundt  der  Doctor  Christoff  und  Simon  Pistoris,  und 
Sophian  kinder  vorhanden,  Dan  aislange  der  zweyer  geschlechte,  Stahm,  und  Erben 
vorhanden,  darynnen,  Doctores  medicinae  seindt,  so  sollen  dieselbigen  diese  Zinse 
eynnehemen,  geniessen,  und  den  Armen  schwachen  leuthen  im  Spittal  vor  sein,  mith 
diesem  beschiede,  das  allewege  der  Eideste  Doctor  dieser  geschlechte,  zue  solchem 
solde  kommen  und  gelassen  werde,  Wan  er  aber  zue  Leipzigk  nit  sein  weit.  So  soll 
ers  dem  andern  des  Geschlechts  abetretten,  der  dan  solchen  solt,  als  er  zue  Leipzigk 
ist,  Wan  gleich  der  Elter  widerkompt,  behalten  soll,  und  von  wegen  seins  Alters, 
Nachdem  er  ein  mahl,  sich,  dises  Ampts  geeussert,  den  andern  unbetruebt  lassen, 
Wue  aber  derselbige,  dem  ers  abegetretten  hette.  vorstürbe,  Ader  auch  wegzüge. 
So  soll  er  wider  einen  Zuetrith  hirzue  haben.  Und  sonst  nicht.  Im  fall  aber,  so  der 
baider  geschlechte,  kein  Doctor  in  der  Ertzney  vorhanden,  Aisdan  und  nit  ehir, 
soll  der  Facultet  und  den  vorstehren  des  Spittals,  eynen  Bürgerssohn  zue  Leipzigk 
der  do  Doctor  Approbatus  zue  sollichem  solde,  und  das  Hospital  zue  Sanct  Georgen 
zuversorgen,  zuerwehlen  nachgelassen  sein,  Und  forder,  wue  auch  kein  Bürgerssohn 


3.    Akten  bclrcfl'cml  <lic  SclimicilebciKsclu-  Slilimi;-  tisw.  183 


der  Doctor  inedkine  wehr,  zue  obgedachtem  Ampt,  zusetzen  macht  haben,  Doch 
also,  das  allewoge  den  geschlechten  oben  angezaigt  vorbehalten  sey,  Das  dieselbigen, 
wan  eyner  vorhanden,  zue  sollicheni  Ampte,  nach  seinem  gefallen,  ane  allen  vorzugk 
gelassen,  und  von  andern  Biirgerssöhenen  oder  fremden  Doctoribus,  nicht  sollen 
wenig,  oder  vyll  vorhindert  werden,  solliche  Zinße  einzunehemen,  und  das  Ampt 
zugeprauchen,  Und  wan  gleich  dieselbigen  Bürgerssöhne,  oder  frembden,  solche  Zinße 
lange  zeith  eingenohemen,  und  das  Spittal  vorweset  hetten,  Dan  dieselben  soll  nichts 
helllen,  wie  das  durch  raenzschen  list  erdacht  mechte  werden,  dardurch  sye,  die, 
oder  den  vom  geschlechte  an  solchen  Zinßen,  und  Ampt  einhält  und  vorhindernüs 
vorwenden  mrichten.  Was  aber  dem  Bürgerssohn  oder  fremden  Doctor,  nach  vor- 
miige  der  Zeyth,  an  den  zuküniVtiglichen  Zinßen  gebürdt,  das  sol  ime  von  denselbigen 
Zinsen  volgen,  Wue  auch  ein  Erbar  Rathe,  vormittelst  den  pflichten,  darmit  sye,  der 
Stadt  vorwant  sein,  ein  bekentnüs  ausgehen  Hessen,  Das  sye  nit  anders  wüsten,  Aus 
vyl  beweglichen  vermutenden  Ursachen,  Dan  das  der  Doctor,  dem  sye,  solch  schrifi't- 
lich  Bekentnüs  gegeben.  Aus  obenangezeigten  Stemmen  und  geschlechten  heerkommen 
were,  Wue  derselbig  angegeben  Doctor,  aus  lenge  der  Zeith,  und  vergessenhait  der 
mentzschen,  solche  des  StifTters  freuntschaill,  nicht  kenne  noch  möchte  woll  beweysen. 
So  soll  man  an  sollichem  Bekentnüs,  zufrieden  sein,  und  inen  zue  sollichem  Stiefft 
ausgeschlossen,  der  andern  Bürgerssöhne  und  frembden,  kommen  lassen, 

Nachdem  auch  ferligkeith  der  Pestelentz  vorfellct.  So  soll  der  Doctor  der  zue 
der  Zevth,  dem  Spittal  zugeordent,  zue  Leipzigk  zuebleyben,  bey  vorlust  solchs 
seins  Ampts  und  gestieffter  nutzunge,  vorpilicht  sein,  Es  were  dan  sache,  das,  der- 
selbige  Doctor  von  obgedachter  freuntschaflt,  des  Stiffters  (Dan  derselbige,  soll  h\r- 
zue  nicht  verbunden  sein')  Wan  er  sich  aber  von  Leipzigk  wendte.  So  sollen  die 
vorstehir,  dieselbigen  Zinße,  einem  anderm  Doctor  zugeben  und  volgen  zuelassen, 
Aisferne  sich  die  Zeyth  se\nes  aussenbleybens  erstrecket,  macht  haben,  Wan  er 
aber  widerkompt,  So  soll  er,  der  Zinße  volkömlichen  geniessen. 

Auff  das  auch  Jerlichen  dem  Stiffter  und  seynen  Eltern,  guttes  nachgeschee, 
so  hat  obgedachter  Herr  Doctor  Hainricus  schmiedebergk,  den  besytzer  der  Zinße 
und  vorordenthen  Doctor,  hirmit  beschwert,  das  ehr  Jerlichen  dem  Propste  und 
seiner  sammelunge  zue  Sanct  Thomas  zue  Leipzigk,  Jerlichen  Sechs  gülden.  Also, 
utrWalpurgis  (oder  in  dem  Leipsischen  margkte  nach  Ostern  fünffe,  und  ufi'  Michaelis 
oder  denselbigen  margkt  zue  Leipzigk  Eynen  gülden  geben  und  reichen  müsse. 
Dafür  soll  der  Probst  und  seyn  Closter  wochenlich,  Eyne  Seelmesse  zue  Sanct 
Niclas,  do  dan  des  Stiffters  Eltern  liegen,  Ime,  und  denselbigen  Sehelen  zuguthe 
uff  dem  Altar  etc.  halten  lassen,  und  vor  den  Sechsten  gülden,  Jerlichen  ein  be- 
gengknis,  in  derselbigen  Kirchen  zue  Sanct  Niclas  vorschaffen,  Wan  auch  e\ne 
Wochen  eine  Zeyth  fürfiele,  darynnen  nach  ordnunge,  der  heyligen  Christlichenn 
kirchen,  man,  nicht  pflegte  Seelniessen  zuehalten.  So  soll  dieselbige  Messe,  in  der 
andern  wochen  erfüllet  werden.  Also,  das  Zweyundfünflzig  Seelmessen  Jerlichen  ge- 
lesen, Wan  auch  der  Facultet  und  den  Vorstehern  des  Spittals  die  vorordenunge 
e\nes  Doctors,  so  Doctores  auß  der  freuntschafft  des  Stiffters  mangelten,  vorviele, 
und  die  baide  thayll  sich,  des  Doctors,  nicht  wüsten,  ader  wolten  voraynigen.  So 
soll  ein  vtzlicher  tha\ll,  welchen  Doctorem  ehr  vor  den  tuglichsten,  zue  diesem 
Ampt  achtet,  den  Herrn  Probste  zue  Sanct  Thomas  angeben.  Und  weme  derselbige 
herr  Probst,  Als  ein  Obman  zufeilet,  demselbigen  soll  solch  Ampt,  mit  dem  be- 
schiede wie  oben  stehet,  folgen.  Solche  vorordenunge  und  gestiefft,  hat  obgedachter 
Herr  Doctor  Hainrich  schmidebergk,  In  be\weßen  bestympts  seins  Oheims  gestellet, 
und  gemacht,    Doch  also   und  nicht   anders    Dan  das  dis  gestiefft,    nit   ehir   seynen 

')  Diese  Ausnahme,  daß  der  Spitalarzt,  falls  er  zur  Nachkommenscliafl  des  Stifters  gehüre, 
in  Pestzeiten  nicht  in  der  Stadt  ausharren  müsse,  wirkt  heule  absonderlich,  ist  aber  völlig  im 
Geiste  jener  Zeit. 


I  v  .  ;      Akliii   1.  iii  itiiul  ilic  ScIuiucdcbctK'-clic  Sliruiiiß  iisw. 

liiui  1  laiii  1  ii.in  hl-,  li.i uli  des  Stifl\ers  thodc,  hat  Imc  auch  vorliolialtcn, 

lUc  zuvcrfliuieni,  fiant/.  ull/.ulielicn,  Ab  es   Iiiie  pctielc,  vmd  ziicbesscrn, 
W'an  auch  die  Haii|iU:i>niinu  ilcr  ZiiiUc  ahogelöst,  So  soll  mit  Ratlie  und  voi- 
willigungc  der  FacuUct  der  Ertzte,  der  voi-stehcr  zuc  Sanct  Georgen  und  des  Doctors, 
der  solch  Ampt  Innehat,   widerunib  angelegt,   und   auUgethan   werden,   Actum  feria 
sccunda  post  assumplionis  marie  virginis  gloriosissimac 

Anno   15 17. 

]i      \.t.i   Hr.  Schniiedeberg-Stiftung,   betreff,  die  Stelle  eines  Ar/tcs  zum 
Georgen-Hospital.     Mediz.  Fakultät  Leipzig   1577. 

l'in  Aktenlieft,  signiert  B.  VIII,  31,  cntli.'lll  das  nümliche  Aktenstück,  wie  es 
vorstehend  nach  dein.  Ratsbuche  der  Stadt  zum  Abdruck  gebracht  ist,  in  einer  Ab- 
schrift aus  dem  18.  Jahrhundert.  Ich  habe  die  Texte  verglichen  und  keine  anderen 
Abweichungen  als  orthographische  gefunden,  jedenfalls  keine  von  irgend  nennens- 
werter Bedeutung.  Ich  verweise  auf  Seite  99  im  Texte  und  lasse  im  übrigen  das 
Aktenstück  für  sich  selbst  sprechen. 

C.    Fundaciii  Mcdici  ad  hospitale,  doctur  Henricus  Srhmidwergk. 
„Promotionsbuch    1525,  A.  IV.  36." 

In  dem  Dekanatsbuche  in  Quarto  das  Heinrich  Strumer  v.mi  Aucrijach 
bei  Übernahme  des  Dekanats  1523  anlegte,  findet  sich  am  Ende  unter  den  Ab- 
schriften der  Stiftungen  zur  Fakultät  vnn  Stromers  H.md  Bl.  199'' — 204'  auch 
eine  Abschrift  der  Schmidebergschen  „Betrefiend  die  Kundacicm  des  Medici  zue 
sanct  Jiirgen  im  Spital",  ebenfalls  mit  der  Kopie  im  Ratsburhe  übereinstimmend. 
Hier  fehlt  beim  Namen  des  Juristen  Simon  Pistoris  der  Zusatz  „Der  |üngere", 
am  Ende  ist  dagegen  noch  der  Beurkundungsvermerk  des  Notars  erhalten:  „Datum 
feria  secunda  post  assumptionis  Marie  virginis  gloriosissimae  etc.  yrij.  Concordat 
cum  libro,  quod  ego  Benedictus  Sculteti  Notarius  manu  propria  attcstor". 


Diätetische  Verhaltungsvorschriften  in  Pestzeiten 
und  Vorschriften  zur  Pestkur 

ausgearbeitet  von 

Dr.  med.  Vinzenz  Schwoffheim  von  Liegnitz, 
Baccalarius  der  Medizin  der  Universität  Leipzig. 

Ms.  Ups.  1221.     Fol."i)  Bl.  242'— 246--. 

Regimen    Preservativuiii    ab   epidimia  Vincentii   Swofheym    de 
legenis  medicinae  doctoris  feliciter  incipit.-) 

Est  praeterea  ex  aegritudinibus  aegritiido  secunda,  ut  dielt  Avicenna  libri 
primi  doctrina  prima  capitulo  octavo,  quae  de  uno  homine  ad  alium  transit. 
5  Et  harum  sunt  multae,  scilicet  lepra,  Scabies,  febris  pestilencialis,  variiiia  et 
caeterae,  Inter  quas  febris  pestilencialis  in  malicia  tenere  videtur  principatuni, 
eo  quod  interdum  more  animosi  leonis  fert  se  in  medias  acies  hominum  et 
amore  coniunctos  diuidit,  et  crudeli  caede  corpora  illorum  exti(n)g\vit,  neminem 
parcit,  nullum  timet.    Insidiatur  regibus  et  principibus,  et  contra  summos  ponti- 

10  fices,  Cardinales,  Episcopos  et  praelatos,  tamquam  inimiciis  capitalis  quemcumque 
ferociter  insurgit.  ^i  Personas  nun  excipit,  quae[r]stus  pauperem  surdis  auribus 
pertransit.  Est  enim  infelix  haec  meretrix,  inmisericors,  et  sine  (inini  pietate, 
quapropter  magis  necessariura  erit,  ut  inscribatur  modus  et  via,  praeservationis 
ab    incursu  tarn  nephandi   morbi.  •[   In  prirais  medici  perswadent  in  suis  trac- 

15  tatibus  de  praeservatione  loquentes,  ut  corpora  mundentur,  Sed  ego  prae 
Omnibus  consulo,  ut  mundificatio  aniraae  praecedat  corporis  mundificationem. 
Nam  non  raro  morbus  ille  ex  ira  dei  venit,  ut  in  veteri  legimus  testamento 
Et  in  libro  quem  Lactantius  eleganter  scripsit  de  ira  dei:  Ordinenius  enim  in  ea 
Processiones,  leiimia,    Elemosinas   et   praeces   continuas    et   devotas    ad  Jesum 

20  faciamus,  ut  ipse  Jesu  misericors  nos  ab  [Bl.  242^]  ipsa  custodiat  et  praeservet. 
Pt)St  haec,  si  possimus,  teneamus  regulam  potencium,  qui  tempore  pestis  fugere 
soliti  sunt.  lu.xta  ductrinam  AI  mosoris  [!]  libro  quarto:  Terra  autem,  in  qua 
fuerit  antrax  fugienda  erit,  et  est  remedium  summum.  Haec  tamen  doctrina 
observari   propter   varias   causas    non    potest,    praesertira    in    terra   n^stra  quae 

26     prohdolor  plena  gwerrarum')  est. 

')  252  Bll.,  um  1450  beschrieben,  ganz  kurz  vor-  und  nachher,  für  Abt  Johannes  de 
slynitz  (von  Schleinitz).  Einen  großen  Teil  des  Bandes  Bl.  170  —  241*  nimmt  Petrus  de 
Crescentiis  „libellus  de  comodo  ruris''  ein  .  .  „Scriptum  anno  domini  M''cccc°liiij'',  feria  tercia 
post  epiphaniam  domini  completum"  also  1554.  Es  folgt  von  der  nämlichen  Pland  geschrieben 
unser  Regimen.  Ein  alphabetischer  Herbarius  eröffnet  den  Band  (Bl.  I — 62)  und  ist  im  August  I446 
in  der  Abschrift  beendet. 

')  Vgl.  im  Texte  S.  6  und  S.  103. 

')  Hussitenkriege? 


•  litiflen  in  rcsljtcitcn  und  Vorschriften  »ur  l'oslkur. 


Et  primo  seqiiitur  de  acre. 

Tu  igitur,  qui  fugcrc  nun  potes,  eligc  tibi  locum  altuin,  in.  iiUosum,  scp;i- 
ratum  a  paludibus  et  a  multitudine  et  a  li>cis  fetidis,  iit  sunt  cvniiteria '), 
ad  quae  corpora  mortuoruni  defenintur  et  stabula  et  fetiditates  porcorum.    Nulla 

so  enim  res  secundum  Avioennatn  est  niagis  iniinica  calnris  innati  et  cordis 
quam  magnus  fctor,  Nee  obstat  illud  quod  loca  alta  sunt  liberiora.  Nam  aerem 
subtiliorem  habent  et  niagis  passibilein.  Ergo  cum  accidit  pestilencia  aequa- 
litcr  li>co  superiori  et  inferiori,  citius  inficitur  Imrus  superior.  Nani  licet  locus 
superior   sil,   sit   magis   aptus   recipere  impressinnem'-),    Est   etiam  magis  aptus 

st     recipere  rectificati' mem  ex  venlis  et  igne. 

Maxime  enim  eligendus  est  locus,  qui  aspectum  habet  ad  Septentrionem, 
iuxta  illud  Avicennae  secunda  primi  doctrina  secunda  summa  prima  capitulo 
octavo:  Inhac  autem  intcncione  venti,  qui  sunt  meliores,  sunt  Septentrionales, 
et   est   sententia  Rasis  tertio  Almansoris    capitulo   de   ventis  et   aere.      Nam 

♦0  venti  de  septenlrione  venientes  mundificant  et  reclificant  ipsum  aerem  [Bl.  243'']. 
Et  sole  splcndente  fac  ut  sol  per  fenestras  tuas  intrare  cjueat,  quoniam  ipse  est 
unum  de  maximis  aerem  rectificantibus.  Loca  etiam  ad  quae  llant  venti 
venientes  de  locis  foetidis  et  loca,  ubi  sunt  caules  mulli,  et  arbores  nucum 
\itandae  sunt.    Venenum  enim  est  dormire  vel  degere  sub  arbore  nucum,    dicit 

4S     Petrus  De  Ebano  in  libello  suo  de  venenis. 

Venenum  inquit  est,  sedere  in  (h)ortis  caulium  ac  quiescere  sub  umbra 
oleandri  et  balneari  in  aquis  sub  quarum  ripis  Oleander  et  arbores  venenosae 
crescunt  Reclificetur  etiam  aer  cum  siccis  lignis  in  camera  succensis,  ubi 
degere  vel  morari  quis  consuetus  est     In  aestate  cum  minori,  tempore  autem 

so  frigoris  cum  maiori  igne.  Similiter  in  tempore  pluvioso  et  nebuloso  ignis  nota- 
bilis  suscitandu-s  est  cum  flammis  bene  lucentibus  et  proprie  et  lignis  quercinis, 
luniperis  et  de  salice.  Legitur  namque  de  Ypocrate,  quod  cum  tali  igne  et  in- 
cendio,  civitatem  Athenarum  a  periculo  pestilenciae  liberaverit,  et  prcpter  darum 
tale  ipsius  ingenium.     Athenienses    eum    in    deum    habuerunt    et    sibi    statuam 

u     aeneam  construxerunt  Irroretur  camera  tua  in  aestate  cum  aceto  et  aqua  rosacea. 

')  „guerrae"  und  „cjinitcriae"  scheinen  nach  Montpellier  zu  deuten ;  Ähnliches  trifft  man  aber 
auch  im  Gesundheitsregimen  Johann  Mcurers,  siehe  Abschnitt  6  dieses  Anhangs. 

*)  Ich  habe  schon  im  III.  Bande  des  „Archi%'s"  bei  dem  Prager  deutschen  Pestregimen  von 
1372  auf  diese  uns  absonderlich  anmutende  Anschauung  verwiesen.  Die  Ansichten  der  Ärzte  jener 
Zeiten  gingen  übrigens  über  diesen  Punkt  etwas  auseinander,  wie  einer  der  Leipziger  Mediziner  in 
einem  Pestbüchlein  durchblicken  läßt.  Simon  Pistoris  behandelt  die  Frage  des  gesunden  Wohnens 
in  verschiedenen  Stockwerken  1502  in  seinem  „kurtz  vnd  schon  vnd  gar  trostlich  regiment  wider 
die  schweren  vnd  erschreckliche  kranchcyt  der  pcstilentz"  (2.  Aufl.  151;,  Bl.  2i/)  folgendermaßen: 
,,salt  flyhen  eyn  behaußung  ader  gemach,  gegen  dem  mittage  tzuuorauß,  darnach  gegen  dem  abent, 
haste  fenster  mache  sie  tzu.  £s  sprechen  wol  etlich,  das  dan  besser  sey  tzuwonen  vnter  der  erden, 
wider  [als]  daruff,  vnd  besser  nyderig  vnd  an  der  erden  wen  in  der  höhe.  Wan  so  die  luft  cor- 
mmpirt  ist,  so  nemen  die  höhe  and  was  hoch  ist,  mer  vnd  eher  die  corruption  vnd  putrefaclion, 
wen  was  nyderig  ist.  Als  spricht  Auicenna  secunda  primi  ic.  Auerrois  sexto  colligat.  Doch 
sprechen  gemeynlich  die  doctores  vnd  bcschliessen,  das  höhe  gemach  vnd  weytte,  vnd  die  frey 
stehn,  doch  sich  die  lufft  euent)Ten  [auslüften]  mag,  sein  am  besten,  vnd  nymbt  weniger  fewli. 
Auch  kan  man  die  lufft  bas  rectificyen  vnd  euentyren,  sunder  wo  die  lufft  gar  faul  werc  vnd  das 
gemach  offen,  so  nemen  die  hohen  gemach  eher  faulnis  wen  die  nyderig.  Darumli  thut  man  die 
fenster  gcmeiiJich  tzu  ane  zu  zeytten,  also  oben  gesaget  ist,  d.  h.  am  frühen  Morgen  wenn  die 
Sonne  in  das  Zimmer  scheint,  dann  soll  man  die  Fenster  Offnen,  damit  die  Sonne  den  Dampf  ver- 
zehrt." Er  selbst  ist  für  hohes  Wohnen  und  freie  Luftzirkulation  ,,das  gemach  .  .  sal  haben  eyn 
frcyen  Infft,  nicht  verschlossen  ader  nyderig  vnter  der  erden,  sunder  cntpore  und  sal  nicht  sein  bey 
stehndt  wasser  pfutzen"  fBl.  21,'). 


4.    Dialelisclic   Vcrlialluntjsvorscliriileii   in   Pcstzcilcn  und   Vorscliriften  zur  I\■^lkur.         jg? 

Si  vero  timeres  expensas,  fac  hoc  cum  aceto  et  aqua  simplici.  In  hiemc  et  tem- 
pore frigoris  fac  furaum  ex  thure  et  mirra.  Ista  sunt  exilia  et  vilis  precij. 
Parcilas  cniin  liominum  preciosiora  inscribere  et  notare  non  patitur.  Adeo  enini 
aliqui  parci  sunt,  ut  morerentur  pocius  ac  discedercnt,  quin  pro  corporis  sui 
utilitate  paruni  [Bl.  243^]  quid  expendent.  Rectificat  ctiam  aerem  pomum 
Ambrae  Kt  pnmuni  huius  descriptionis  latum  in  manibus  l>  laudani  purissimi  SS, 
ligni  aloes,  Storacis,  Calamitae  ana  ?i  ij,  Masticis  ana  (t,  (Jariophil.  5j,  Semen 
basiliconis,  spicae  ana  5ji  Ambrae  5'''i  niusci  electi  grana  v,  conquassanda 
conquassentur,  pulverisanda  pulverisentur  cum  pistello  calido,  misce  omnia 
malaxando  cum  aqua  rosarum  et  pro  incorporacione  meliori  adde  dragmatam 
[dragacantam?]  quantum  satis,  Et  fiat  pomum  seu  massam  pro  pomo.  1[  Pro 
pauberibus  autem  ambra  et  muscus  abiciatur.  Pomum  illud  proprie  valet  in 
tempore  frigoris.  Tempore  autem  caumatis  posset  fieri  ex  cordialibus  frigidis, 
sicut  sunt  Bolus  armenus,  Terra  sigillata,  Rosa,  Corallus,  Sandali,  Comphora  [!], 
Nenufar,  Balaustia  etc.  Quibus  in  compositione  posset  addi  Muscus,  Ambra, 
loandanum  [!],  lignum  aloes,  Spica,  Mastix  et  caetera  Aromatica. 

Nota.  Autor  de  naturis  reruiu  libro  xiiij  de  lapidibus  praecinsis,  summis 
laudibus  extollit  lapidem  lacintum,  Hys  verbis:  Confortat  gestautem,  Fugat 
tristiciam  et  suspiciones  vanas  et  securuni  facit  in  peregrinam  terram  euntem. 
Tutanien  est  contra  pestilenciam,  contra  serpentes  et  contra  venenum.  Com- 
munior  tarnen  usus  est  portare  spongiani  infusam  in  aquain  rosaceani  et  aceto. 
Aliqui  autem  pro  conservatione  retinent  zeduarium.  Aliqui  ex  bolo  armeno 
[Bl.  244'']  Et  terra  Sigillata  cum  Sirupo  de  acetnsitate  citri  conficiunt  pillulas 
et  pro  conservatione  ponunt  unam  vel  duas  in  ore  inter  dentes  et  genas,  Et  sunt 
optime  secundum  praeceptorem  meum  Magistrum   Michaelem. 

Idem  magister  Michael  in  exitu  domus  sue  fricuit  dentes  suos  cum 
Tyriaca  Et  in  hac  re  ipsum  sum  secutus.  Sed  ante  talem  fricationem  soleo 
OS  meum  lavare  cum  aceto  et  aqua  rosae  vel  interdum  cum  aqua  simplici  et 
aceto.  Rustici  autem  fricaredebent  dentes  suos  cum  tyriaca  ipsorum,  videlicet 
Alleo  luxta  illud,  da  rustico  pulstes  etc.  Et  imperiti  multa  perswadent  et 
dicunt,  sed  illis  non  est  adhibenda  fides  cum  persuasiones  illae  fiunt  sine  ex- 
perimcnto  et  racione.     Sequitur 

De  cibo  et  potu. 
Panis    sit    de    frumento    coUecto    in    tempore   bono,    non    pestifero    non 
niniis  antiquo  et  sit  decenter  coctus,  bene  ferinentatus  et  debile  salsus. 

De  carnibus. 
Garnes  iuvenes  meliores  sunt  anti(juioribus,  habentes  temperamatum  seu 
medium  in  macie  et  pingwedine.  Et  de  mane  elixae  comedantur,  de  sero  vero 
assae,  et  earum  praeparacio  ut  frequenter  debet  fieri  cum  aceto,  luxta  illud 
Avicennae  prima  quarti  de  praeservacione  a  pestilencia,  d<[icit>:  Et  sit  caro 
quae  administratur  decocta,  in  acetosis  lavantur.  Valent  etiam  in  hoc  casu 
pedes  vituli  et  extremitates  caeteronmi  animalium  in  aceto  [Bl.  244^],  Similiter 
et  Galredae  acetosac  et  proprie  conditae  cum  hys  speciebus. 

De  Galredis. 

Recipe  Cynamomi  ^  ij  ,S,S  [Zingiberis]  ^  iij  piperis  ^i  Gariophili,  nucis 
mus<(cati)  aa  i>  iij ,  Cardamomi ,  Croci  ana  ,^  ij ,  f<(ac)>  ex  hys  puh'is  et  mistis 
faciendo  Galredam.     Sequitur  de  ovis. 

De  Ovis. 
Ova  etiam  conveniunt  recentia  et  moUia. 


I  SS         (•     1  iialoliMlu-    Vcilmllunp»» i,..ii...   „\   IVsUtilcn  und   Voi:>cliriri<  i>     ui    l'.viUni 

10»  L>c  piscibus. 

Pisces  nieliorcs  sunt  illi,  <iui  capiunlur  in  ;i(|uis  cuneiitihus,  squamusi, 
praeparati  cum  acctosis.  Pisces  salili  disconvcniunt.  vitanda  sunt  omnia  pingwia 
et  dulcia  Et  usus  l.icticinioruin  ctiam  disconvcnit.   Sequilar  de  fructibus  arborum. 

De  fructibus  arborum. 

110  Inter  fructus    arborum  inices  avellanae  in  iioc  casu  sunt  inagis  iaudandae, 

Nam  secundum  Ysaac  de  dictis,  nux  una  cum  ficu  una  si  comeditur  ante  cibuin 
ab  omni  veneno  homincm  praeservat  iilasum.  Idem  dicil  Avcrrois  5t"  culliget 
Et  Ruflus  in  siinplicibus  Et  Aviccnna  in  2"  canonum  in  proprin  capilulo,  alij 
autcm  fructus  dimittantur  propter  inllammationem  pestis,   Et  ncciua(iuam  tolicrari 

115  debet  sitis.  Oportet;  inquit  Avicenna  in  capitulo  de  praeservatione  prima 
4*1,  ut  non  administrentur  balnea  in  sluba  neque  in  tijna  seu  dolio  neque 
toUerelur  sitis  K. 

[Bl.  245'].  De  cerevisia. 

Cerevisia   competit    dedinans    parumper   ad   acetositatem,    quae   non   est 
ISO     turbida  neque  permixta.     Et  plus  laudo  ego  anticjuam  quam  noviter  braxatam. 
Sit  eciam  cerevisia  illa  braxata  de  fruniento  bono  mm  valloso,  quod  cuUectum 
est  tempore  messis  sanae. 

De  vino. 

Si  autem  consuetus  es  bibere  vinum,  Eiige  vinum  mediocris  potentiae, 
i.'6  medium  inter  novuin  et  antiquum,  non  fulmine  percussum,  cum  tale  sit  pesti- 
ferum,  et  quis(|ui$  ex  eo  biberit,  morietur  vel  dementatur,  ut  dicit  Albertus 
magnus  in  summa  sua  tractatu  quarto  de  corporibus  generalibus  inanimatis: 
Quo  non  modo  intelligendum  est  de  vino  Sed  de  umni  liciuore,  ut  dicit 
Albertus  ibidem. 

130  De  vino  absintluato. 

Laudatum  est  tempore  Epidemiae  vinum  de  absinthio.  De  illo  vino 
loquitur  Arnoldus  de  nova  villa  in  tractatu  suo  de  vinis:  Valet  tempore  epi- 
dimiae  in  niutacione  locorum  et  in  visitatione  infirmorum,  quum  non  pcrmitlit 
aerem  infectum  ncjcere.     Haec  ille. 

136  De  sompno  et  vigilia. 

Sompnus  fiat  secundum  Consuetudinem,  non  taincn  fiat  statim  pust  cibi 
assumptionem,  ymmo  pausandum  erit  ad  horas  duas. 

Sompnus  diumus  vituperatur,  quem  tamquam  pestem  fugere  debes  2C. 

[Bl.  245^^].  De  motu  et  quiete. 

110  Exercitium    competit   tempore   pestis,    temperatum   non  violentum    ne(|ue 

laboriosum  propter  attractionem  aeris  corrupti,  fjuae  fit  propter  labores  et  exer- 
cicia.  ymmo  melius  est,  quiescere  quam  se  movere  motu,  qui  ducit  ad  raa- 
gnitudinem  anhelitus. 

De  jeiunatione  et  repletione  sequitur. 
US  Cibi    repletio    et   potus    omnino    est   evitanda,    ymmo   semper   a    niensa 

surgendum  est  ante  saturitatem  corapletam,  Neque  enim  fames  toUeranda  est 
luxta  illud  Avicennae:  Tollerare  famem  replet  stomachum  putridis  humoribus. 
Item  prandere  seu  cenare  debes  cum  moderamine  non  cum  repletione  usque 
ad  segniciem.      Non  delecterLs  in  una   eadumque   mensa   diversis   cibarijs,   sed 


4.    Diätetische  Verhaltungsvorschriften  in  Pestzeiicn  und   VHrschriften  zur  Pestkur.        jgg 

150  in  uno  ferculo  bono  sis  contentiis')  principaliter  in  cena.  Possum  tarnen  tibi 
duü  concedere  propter  consuetudinem  patriae,  cui  quatuor  bona  vix  sufficiunt. 

De  Accidentibus  animae  etc. 

Ultimo  postergare  debes  Tristitiam,  Odium,  Meiancoliam,  Iram.  De 
muituis,  de  pestilentia  cogitationes  fortes  non  habeas,  Sed  gaudio  utaris  teni- 
les  perato.  Omnes  enim  mudi  leticiae  et  consolationis  conveniunt.  Conversentur 
apud  te  caventes  et  socij  distrahcntes  [Bl.  246'']  te  a  tristicia  et  melancol\a 
etc.  Cum  quibus  solacij  causa  ludere  potes  in  Scato,  in  alea  et  in  caeteris. 
Haec  de  regimine  et  praeservatione  sanitatis  sufficiant  etc. 

Durch  ein  großes  Initial  und  eine  neue  Überschrift  getrennt  folgt  im  Ms.  1331 
auf  Bl.  246'' — 248"'  von  der  nämlichen  Hand  geschrieben  ein  „Regimen  medi- 
cinale"  ebenfalls  gegen  die  Pest;  es  scheint  mir  aber  die  ergänzende  l'estkur  zu 
enthalten  und  dem  vorhergehenden  „regimen  praeservativum"  als  notwendige,  vervoll- 
ständigende Fortsetzung  von  dem  nämlichen  Autor  bzw.  Kompilator  (eben  unserem 
Arzt  aus  Liegnitz)  beigegeben  worden  zu  sein;  ist  es  auch  naturgemäß  weniger  inter- 
essant und  noch  weniger  selbständig,  so  möchte  ich  es  doch  nicht  ganz  beiseite 
lassen.  Der  Verfasser  nennt  hier  einen  weiteren  Lehrer,  „praeceptor  et  dominus 
meus  Antonius  de  Padua",  zweifellos  den  Antonio  Guainerio,  der  allerdings 
Padua  1428  schon  verlassen  haben  soll.  Ob  diese  Jahreszahl  so  unumstößlich  fest 
steht,  möchte  ich  noch  bezweifeln,  da  aber  Guainerio  seine  Lehrtätigkeit  ander- 
wärts fortsetzte,  wäre  das  auch  kein  unüberwindliches  Hindernis;  denn  von  dem  in 
Pavia  Gebürtigen  konnte  ja  noch  manches  Jahr  als  von  „Antonio  di  Padova"  sprechen, 
wo  er  so  lange  Zeit  mit  Ruhm  gelehrt  hatte,  zumal  vom  großen  „Santo"  her  der 
„Antonius  von  Padua"  dem  Norditaliener  im  ^Nlunde  lag.  Der  im  präservativen  Teile 
des  Regiments  genannte  Micaele  Savonarola  soll  erst  1434  in  Padua  die  Professur 
erhalten  haben,  hat  aber  vorher  schon  Lehrtätigkeit  ausgeübt.  —  Eine  aufmerksame 
Durchsicht  wird  den  Leser  überzeugen,  daß  tatsächlich  zwischen  dem  „Regimen 
praeservativum"  und  dem  folgenden  „medicinale"  ein  unleugbarer  Zusammenhang 
besteht  und  —  daßVincenz  von  Swoffheim,  wenn  sein  Name  überhaupt  mit  Recht 
diesem  Doppeltraktat  vorgesetzt  ist,  bestimmt  sehr  energische  Anleihen  bei  zeit- 
genössischen und  früheren  Autoren  gemacht  hat,  wenn  er  nicht  das  Ganze  irgend- 
wo entlehnt  hat. 

Regimen  medicinale. 

160  IN  prosequendo  regimen  medicinale  nonnuUi  a  principio  in  praeservatione 

fleubotomiam  faciunt.  Et  bene  quidem,  cum  sangwis  esset  in  peccato.  Cum 
autem  contingat  sangwinem  nuUo  modo  peccare  maximus  et  intollerabilis  in 
fleubotomia  committitur  error  nam  talis  in  humoribus  colericis  facit  ebul<(l)i- 
cionem    et   in  flecmaticis   in   crudacionem  secundum  Avicennam  quarta  primi 

166  capitulo  XX.  Et  summopere  tibi  cave,  ne  aegrum  ad  unam  duarum  rerum  per- 
ducas,  scilicet  humorum  colericorum  ebulicionem  et  frigidorum  cruditatem. 
Item  ex  ea  et  maxime  quando  non  competit,  virtus  debilitatur  cum  thezaurus 
vitae  extrahitur  et  ipsa  anima  secundum  quosdam  philosophos  antiquos,  qui 
putabant    sa^n^guinem     esse    animam    corporis.       Quibus    dulciter    concordat 

170  Homerus  poeta  in  preclaro  suo  opere  de  hello  Tro3'ano  dicens  purpuream 
vomit  animam  cum  sanguine  mixtam.  Et  iterum  Hunc  ibi  [Bl.  246^]  fundentem 
calidum  de  pectore  flumen  Versantem  oculos  animam  per  ora  vomentem. 
Tu  itaque  fleubotomia  non  indiges,   fugere  debes  manutergium  apud  Barbiton- 

')  Ks  steht  contentis  da. 


.       i,..,..,..,.i,.,    \^.i,  .1 ,.„.,1.,.,,...,    i„    l'...,...M..„    ,,'m1    \-..rMliriM.ii   .Mir   lV>lUur. 

- 'res  jT"  sigiio  bi.n.i  i-xU'n>uin  t.iiunKiin  l.niucum  et  plasain.  Naiii  sua  cx- 
tensii>nc  intcrdiim  illos,  qui  flcubutoinaniii  non  sunt,  ad  lleubotoiuaiulum  per 
hanc  extensionem  inducimt.  Scd  numquid  ri-prchciulo  lleubolomiani  •'  certe 
mininic,  cum  ipsatn  sepe  laudavcrini,  sed  volo  quod  Corpora,  t.|uae  suiU  robusta 
rubea  bruna  exuberanter  sa^n)guincin  habencia.  lila  quidein  fleubothi>mari 
possunt  aetalc  consencicnte.  Et  hoc  dico  propter  pueros  et  senes.  Tales 
eniin  flcubothomandi  non  sunt,  ut  dicit  Avicenna  allegato  capitulo  ijuarta  prirai 
de  fleubotomia. 

^i  Dum  autem  coinpraehenderetur,  quod  alius  luimor  a  san^uine  in  corpore 
j>eccaret,  praemissis  digestivis  esset  ab  eo  evacuandus.  Talia  aulein  digestiva  et 
solutiva  consequenter  ordinanda  sunt  secundum  propurtionem  huninrum  peccan- 
tium  et  corporum  indisposilionem.  Ruffus  autcin  tradit  nobis  medicamen  prae- 
scrN'alix-um  et  solutivum  illud.  Recipe  Alocs  parties  [!]  duas,  croci  et  mirrae 
unius  cuiusque  parlem  unani,  de  quo  ipse  per  se  loquitur:  Nunquani  vidi 
aliqucm  homincm  liabentem  hanc  niedicinam,  qui  non  liberatur  et  praeservaretur 
ab  epidimia.  Et  nunquani  fuit  inventa  medicina  sibi  conipar.  Post  hoc  medi- 
camen debet  dari  in  pulveribus  sive  in  |B1.  247']  substantia  pillulari.  Qui  in 
compositione  possit  addi  Reubarbarura.  Si  fortius  desiderares,  evacuare  colerani 
addatur  et  turbith.  Seu  agaricus  si  Qegma  etc.  Praeceptor  et  dominus  nieus 
Anthonius  de  Padua  ponit  descriptioneni  talem  IJ  Aloes  succotrini  5'ij. 
mirrae  ?ij,  Croci  5i,  Reubarbari  electi  ^ij,  Agarici  ?^ij,  garioph^iii)  9j,  spicae  3is, 
Corticum  citri  5j,  Seminum  citri  ^ij,  Tormentiliae  ?,  Sandalorum  rubcorum, 
Se^minum^  acetosae  ana  i^j,  Corallorum  rubeorum  i>S,  Boli  ar^menici^  5''ji 
Canipliorae  gra^na^  ij  et  cum  syrupo  de  acetositate  citri  q.  s.  ad  corporandum 
fiant  pill{u\ae^  vij  pro  5  dosis  a  5i  usque  ad  5js.  Et  sunt  fortiores  quam 
piilulae  statim  superius  descriptae.  Veniendo  autem  ad  medicinas  praeservativas 
non  solutivas  Primo  laudata  est  Tyriaca  luxta  illud  versus  Allea,  nux,  ruta, 
pira,  raphanus  et  tyriaca,  haec  sunt  antidota  contra  mortale  venenum. 
^  Nam  ipsa  ut  ait  Avicenna  in  libro  de  viribus  cordis  securum  efficit  utentem 
se  ab  incursu  pestilencialium  febrium  et  a  pravis  humorum  morbis.  Et  potest 
dari  quinque  horis  ante  prandium  in  aestate  cum  Succaro  rosarum  et  aqua 
acetosae,  cicoreae  vel  buglossae,  Tempore  autem  frigido  cum  vino  aromatico. 
Dosis  eius  est  a  ?i  usque  ad  ^i  S.  Id  quod  dictum  est  de  tyriaca,  intelligi 
potest  de  metridata.  Ex  cuius  usu  continuo  rex  Metridatus  volens  se  ipsum 
cum  veneno  interficere  non  potuit     Sequitur  notabile. 

Mirabiliter  laudantur  Trocisci  huius  descriptionis  J^  Boli  armeni,  terrae 
sigillatae  et  gencianae,  Baccarum  lauri,  Tormentiliae,  Enulae  campanae,  Diptami 
ana  5iji  Aristologiae  rotundae,  Absiuthij,  Mirrae,  Rutae,  Costi,  Castorei,  granorum 
luniperi  ana  5i  S.  pulverisentur  et  incorporantur  cum  Tyriaca  Et  f.  Trocisci 
pondere  5i  Et  dentur  sicut  de  Tyriaca  dictum. 

Multi  tenent  descriptioneni  hanc  pro  secreto  et  crede  mihi,  quod  est 
medicina  laudabilis  pulvis  ex  invencione  mea,  quem  dedi  in  pestilencia  magna, 
et  inveni  in  eo  mirabiles  effectus  praesertim  cum  corpora  fuerint  raundificata 
^  Radicum  tormentiliae,  cynamomi,  czeduarj  ana  5ij>  Hmaturae  eboris  5j  S, 
Sandalorum  rubeorum,  radicum  diptami,  comua  cerui  combusta,  aristologiae 
rotundae,  Buli  ar^meni^  ana  5j.  Margaritarum,  Fragraentorum  zaphiri  et  granati 
ana  9j;  Camphorae  ^  S,  zuccari  al(bi)  >iij,  Fiat  ex  hijs  pulvis  ad  modum 
trageae.  Potest  hie  pulvis  dari  pueris  et  senibus  et  est  medicina  propie  pro 
delicatis  super  r)mnia.  ex  frigidis  laudatur  Bolus  armenus,  nam  secundum  Avi- 
cennam  non  solum  praeservat,  sed  et  deprehensum  liberat  Dosis  eius  est  5j 
cum  vino  potenti  malvatico  et  aqua  rosarum.  Pulvis  radicis  diptami  mirabiliter 
laudatur,  Cuius  herba  est  una  de  Septem  herbis  quae  habent  virtuteni  liberandi 
a  venenosis  cibis  et  potibus  et  laetali  vcnenn  |BI.  248"']. 


4.    Diätetische  Verhaltungsvorscliriflcn  in  Pcstzcilen  und  Vorscliriflcn  zur  Pestkur.        iqi 


Ut  petrus  de  Ebano  in  libellu  sun  de  venenis,  Ruffinus  de  diptiimo 
iuir;ibile  nescio  quid  loquitur  in  suis  simplicibus,  quod  si  fuerit  circulus  factus 
in  terra  de  lignis  siccis  ad  latitudineni  unius  passi  vel  citra  et  diinittatur  una 
porta  in  circulii  duarum  palinaruni  vel  unius  et  in  niedio  ponatur  dyptainus 
et  ponatur  ignis  in  circuki  circuniquaque  usquani  ad  purtain  tibi  est  dyptamus 
Et  proiciatur  serpens  in  niedio  circuli,  Ignis  cumburentur,  quod  serpens  veniat 
prout  citius  poterit  ad  portam  ubi  est  dyptamus,  quod  statim,  ut  senciat 
odoreni  diptami,  fugiet  et  permittit  se  potius  conburi  in  circulo  vel  intrando 
igneni,  quin  quod  ipse  vellet  transire  super  diptamuin.  Haec  ille  dicitur  quod 
herbam  hanc  cervi  prodidenint,  Nain  confricantes  vulnera  sua  ipsamque  in 
cibuni  sumentes,  venenuni  cum  jaculis  educebant  ut  refer^t^  Autor  de  naturis 
rerum  libro  XII  ca])itulo  de  diptanio.  Multi  multis  laudibus  extoUunt  Scabiosam, 
Nam  non  modo  tantum  in  pracservando  dicunt  eam  valere,  vmnuj  dant  succum 
eius  corporibus  iam  infectis  Et  de  ipsa  tantam  habent  confidenciam,  ut  sine  dubio 
in  xij  hominis  credant  aegms  per  succum  eius  a  peste  liberari  Et  hoc  sensit 
metrista:  Emphistrata  foris  necat  antracem  tribus  horis  Intus  potatur  si  vinis 
evacuatur.  Haec  mihi  visa  sunt  meliora  et  utiliora,  quae  ex  libris  sapientum 
colligere  potui. 

Laus  deo. 


Daz  ist  wider  dy  pastilencz. 

Das  ist  der  briff  den  des  Romischen  konges  arczt  hat  gesant  der  ^edelen)') 
frawen  von  plawen  wider  dy  pestilencia -). 

Wem  sy  werden  czwischen  den  schultern,  der  sal  laszen  unter  den  Schulter 
s     mit  czwenen  koppflen  unter  dem  slos''). 

Wem  SV    werden   an    dem    halli   ader   .m    dem    hcwbt,    der   sal  lassen   dy 
hewbt  ädern  ufl"  be3'den  dawmen. 

Wem  sy  werden  an  der  lincken  seyten  aber  an  dem  selben  ')  arm,  der  sal 
lassen   dy  milcz  ädern  czwischen   dem    mynsten    finger  und    dem  namlnßeii  an 
10     der  selben  selten. 

Wem    sy   werden    an   der  rechten   seyten,    der   sal    lal3en    dy    hing   ädern 
czwischen  dem  namlosen  finger  und  dem  mittesten  an  der  selben  selten. 

Wem  sy  werden*)  an  dem  herczen,  der  sal  dy    milcz  ädern  lassen  ander 
rechten  hant  czwischen  den  minsten   fmger  und  den  namlasen. 
15  Wem  sy  werden*)  an  der  lincken  seyten  in  den  heydrussen")  oder  an  den 

beyn,    der    sal   lassen  dy  gicht   ader   czwischen   der   minsten    zehen')   und    der 
nechsten  da  bey. 

Wem  sy  werden*)  an  dem  rechten  peyn  ader   an   der  heydruß^),    der  sal 
lassen  dy  frawen  ädern  Inwendig  dem  fuß"). 
20  Wem    ez    ist  in   dem    ruck,    der   sal    laßen   dy    ädern    dy  da  get  über  dy 

gri'ssen  czehen*",  Und  wer  do  sleflt,  ee  man  ym")  lest,  den  liilfT'-)  es  nicht, 
zu  welcher  [93'']  czeit  es  in  an  kumpt'^),  der  sal  sich  hüten  vor  slalTen'*). 
^Ouch  sal  man  inessig  seyn  an  essin  unde  in  trinken,  unde  sal  sich  hüten 
vor  gemeynen  bade  vor  ober  essin  und  vor  aller  hande  gesalczner  spyse  unde 
!s  sal  alle  morgen  essen  Rute  unde  saluie.  Ouch  sal  man  nuczen  pillen 
pestil(entlales^  des  morgens  unde  auch  dez  obendes.^ 

')  eJelen  fehlt  ßa. 

'J  statt  wiiier  dy  pestilcnlia  hat    Vr  vor  die  drnse. 

*)  ntie  sloff  t'r. 

*)  seyten  aber  an  dem  selbt-n  fehlt    l'r, 

')   Wem  is  ist    Vr. 

')  an  den  hegedrusen    Vr, 

')  zee   Vr. 

*)  in  den  fiegedrnsen  an  der  rechten  seyten  ader  an  dem   heyiie    l'r. 

*)  Oder  aber  ynnrwenig  dem  fuze  Vr. 
^'')  dy  off  der  grossen  czen  geen    l'r. 
")  je.  den  man  em    Vr. 
'«)  en  hilft   Vr. 

'*)  es  eynen  menschen  an  kommet    Vr. 

'V   slo/e    Vr.      Die   Brcslauer   Handschrift   (III.  Fol.  3,  Bl.   XT"  Sp.  2)   fügt    das    Folgende 
(Zeile  23  —  26)  an  und  schlieBt  dann  den  „briff"  überhau|it. 


istilencz. 


193 


Dise  erczeney  wart  gesant  dem  kong  von  franckereich  von  den 
besten  erczeten  von  pariß  für  dy  sucht  pestilencia. 

Wem  sy  auff  faren,  der  nem  senff  vnd  holder  bieder  und  stoB  dy  mit 
»     ein  ander  In  essig  und  leg  daz  vber  und  misch  dryackers  dar  under. 

Auch   wer  sich   in   der   czeit   da  vor  hüten  weite,   der   nem  selben  bleter 
xmd   holder  bletter  und  promen   pleter  und   als   vil  sam  des  andern  und  sied 
daz   in   ein   guten  lawter  we\n   und   dar  ein  gestossen  Ing\ver,  Vnd  trinck  dcis 
nuchter,  ee  dan  du  auß  dem  hauß  gest 
5  Czu  einem  virteil  weinß  nym  der  stuck  j'des  ein  virding   Auch  nym  einen 

tag  dryackers  vnd  den  andern  pillolas  pestilenciales  und  den  dritten  tag  pillolas 
de  ganfora,  dy  reynigen  dich  von  der  gifft. 

Auch   seyn   czu  diessen   dingen   alle   pawm   frucht  \'ngesund,   an  welßnuß. 
Auch  hut  dich  vor  übrigem  essen  und  isse  czu  aller  speiße  essig. 
)  Item   nym  ein  stuck  weis  brothß  und  laß  das  weichen  drey  tag  in  essig, 

do  Wermut  vnd  rawten  in  gesoten  sey.     Daz    laß  wider   trucken   und  halt  daz 
für  dein  nassen  an  dem  wege. 

Auch  emphindest  dw  krancheyt   oder   sichtum   [Bl.  94'],    wo  daz  sey,    so 
laß  dy  meng  adem  zu  hant. 
5  Auch  hut  dich  vor  den,    dy    dy    seuchtum  haben,    und  bleib  nicht  unter 

den  lewten,  dy  do  czu  mal  hin  und  her  gesamment  sein. 

Auch  vert  dir  icht  auff,  n\m  rawten,  metem,  swerteln  und  wermut  wurczeln, 
gestossen    In  we\nessig  und  leg  daz   daraufif  und  deines  eigen  mistes  oder  leg 
dar  auff  senff,  holder  bletter  in  essig  gestossen  und  dryackers  dar  unter. 
)  Item  nvm  rawten,  feigen,   welßnuß,   eins   als  vil  als  des  ander,    und  stoß 

\e  imd  besunder,  wen  es  wol  gestossen  se\-.   So  stoß  es  unter  ein  ander  und 
iß  daz  alle  morgen,  daz  bewart  dich   \or  der  gifft. 

Item  drey  hewfflein  weiß  Ingwers  gleich  alz  vil  und  ein  hewfflen  gampffers 
als  der  vordem  eins  Und  alz   \il   czuckers,   dy   vir  mach  unter  ein  ander  ge- 

>  tempert. 

Und  wer  dy  druß  hat,  dem  sal  man  ez  uff  ein  snyten  brotz  seen  oder 
in  weyn  oder  in  bier  oder  in  wasser  und  geb  ez  dem  menschen  zu  nuczen 
vor  dem  siaff. 

Hilfft  daz  nicht,  so  sal  man  ez  ym  mer  geben  czwir  ader  drey  stundt 
I     und  laß  czu  der  adem,  alz  vor  geschriben  steth. 

Item  für  den  gesmag  wasch  dich  alle  morgen  und  deinem  antlicz  mit  essig 
und  thue  dar  ein  eyn  wenig  dryackers  und  hut  dich,  daz  es  dir  in  dy  äugen 
nicht  kum  3C. 

Wem  dy  dmß  ist  auff  gefam,  lert  der  doctor,  der  neme  drj^ackers  und 
i  thue  dar  ein  eyn  wenig  Saffers  [Bl.  94^]  als  ein  erbeß,  daz  sal  man  vor  czu 
treiben  mit  we\Ti  ader  mit  wasser  In  einem  morser  des  dryackers  nym  als  ein 
hassel  nuß. 

Auch  streich  darumb  e\n  rinck  mit  dryackers  und  leg  dar  auff,  als  vor 
geschriben  stet  senff  und  holder  bletter  in  essig.  Auch  leg  auff  daz  hercz  eyn 
I  tuchlein  mit  roßen  wasser,  dar  eyn  thue  aber  gaffer.  Auch  trinck  czucker 
wasser  ader  gersten  wasser,  dare\n  thue  aber  gaffer. 

Nota  empöre  pestilenciae  bonum  est,  portare  spongeam  inbibitam  aceto 
et  aqua  rosarum  permi.\ta  cum  pulveribus  Cynamomi,  Gariofoli,  mirrae,  croci. 
Eciam   bonum   est,    odorare    Rutam   cum   aceto   aspersam.     Eciam   bonum    est, 

>  omnes  cibos  preparare  cum  aceto.  Eciam  bonum,  uti  agresto  et  succo  pomorum 
silvestrium.  Etiam  bonum  est,  panem  coctum  cum  aceto  %ini  intinctum  cum 
suco  silvestrium  comedere.  Eciam  bonum  est,  xy  [?]  ratee  aceto  intincta  cum 
duabus  magnis  nucibus  et  duabus  ficubus  de  mane  commedere,  quia  abstinet 
veneno;  sed  in  magna  quantitate  sumpta  generant  paralisim  stomachi  [?]  etc. 

Studien  zur  Geschichte  der  Medi/in.     VIII.  13 


igj  5.    Dax  ist  wider  dy  pftstileiicz. 


«0  licni    M    ajubicma   generetur   rctro    aures    aut  in  collo,    in  principio  fiel 

llcubotoniia,  id  est  niinuciü  de  cephalica  ciusdem  lateris.  Si  siih  scapula,  fiel 
minucio  in  brachio  oppi^sito  a  basilica  vcl  de  pede  eiiisdem  lateris.  Si  sub 
venire  circa  pudebunda,  fiel  niinutio  de  pede  eiusdem  lateris.  Et  debet  lieri 
minucio   statini    in   principio   et   debet   sangwis  extrahi  in  magna  quantitate,    si 

8t     non  fuerit  impedumentuni,  ut  est  sincopis. 

[Bl.  95']- 

Hye  ist  zu  merckcn,  ob  sich  eyn  mensch  nicht  mocht  behalden  nach  dem 
in  einen  gemeyn  lauff  mit  erczeney  ader  mit  weißheit,  Also  daz  er  eyn  czeichen 
gewun,  wy  sich  dan  eyn  mensch  erczeney n  sol,  daz  er  dem  todt  entpllihen 
mögt.    Wan  alz  bald  alz  eyn  mensch  eyn  czeichen  gewun,  so  sol  er  yni  loßen 

»rt  ee  er  kumpt  über  dy  yi  stundt,  wan  nach  den  naturlichen  tag,  daz  ist  vber 
yfiiii  stunden.  So  ist  der  sichtum  vol  kummen  und  holfl't  keyn  erczeney  nach 
meysterschafft.  Von  ersten  so  sulth  ir  wissen,  daz  in  dem  menschen  sein 
iii  hewbt  glider,  in  den  ligt  daz  leben  des  menschen,  da/,  ist  daz  hercz,  dy 
leber  vnd  daz  hirn,  dy  selben  trey  glider  yglichs  besunder  hat  seyn  stat,  daz 
es  es  rewmen  sol  und  muß  von  allem  übrigen  unllat,  der  dem  menschen  den 
todt  bringt.  Daz  hat  seyn  form  |foranien?]  bey  den  oren  und  bey  der  kele. 
Nu  soll  ir  wissen,  daz  alle  gifft  von  dem  luflt  kumpt,  der  do  vergißt  ist  oder 
welcherley  dy  gifft  ist,   daz  auch  vil  kumpt  von  hagelslechtigen  obß. 

Auch  so  ist  dy  gifft  der  eygenschafft,  daz  sy  mit  gaiitzer  krafft  czu  störet 

100  des  menschen  natur  und  bringt  den  menschen  den  todt.  Auch  czu  gleycher 
weiß  so  der  gifftig  lufft  in  daz  mensch  geth  zu  hant  lewfft  daz  vor  gifTtig  blut 
czu  dem  herczen  vnd  wirt  daz  hercz  totlich  von  dem  vorgifltem  blut.  Also 
baldt  daz  herz  entpfindt  daz  vorgitTtig  blutes,  so  sewdt  es  daz  selbig  blut  czu 
seiner  fristung  und  den  uchsen.     Ist  daz   daz  blut  und   den    uchsen  nicht  auB 

10»  mag,  so  get  ez  tzu  der  lebem  und  von  der  leber  in  daz  hirn  [95'']  Und 
lewfft  also  in  den  hewbt  glidem  und  czu  strewet  des  menschen  natur  und 
bringt  yra  den  todt. 

Da  von  seit  ir  wissen,  Ist  daz  sich  eyn  czeichen  erhebt  ander  den  uchsen, 
so    solt    ir   wissen,    daz    daz    hercz   krank    ist   und   vorgiflt.    wolt   ir    dan    dem 

110  herczen  czu  hulff  kumme,  so  solt  ir  czu  hant  lassen  auff  dem  arm  und  ^er) 
dem  sich  das  czeichen  gehaben  hat  und  solt  nicht  lassen  auff  dem  arm  da 
gegen,  wan  daz  brecht  zwifeldgen  schaden,  von  erst  decz  gut  blut  wurt  ge- 
czogen  auß  dem  leichnam  und  wird  dez  menschen  leben  gekurczet,  zum  ander 
mal  wird  daz  vergifft   blut    geczogen    an    das    gesunten    stat    und    brecht    dem 

11«  menschen  den  todt  Ist  daz  sich  eyn  czeichen  habt  bej'  den  gerichten  der 
heimlikeyt  der  schäme,  so  solt  ir  wissen,  daz  dy  leber  ist  kranck  Do  für  solt 
ir  lassen  auff  dem  selben  fuß  dy  ädern,  dy  do  get  czwischen  der  grossen 
czehen  und  der  czehen  do  bey,  Und  solt  nicht  lassen  do  bey  uff  dem  armb, 
dan    dy   vergifft    materia    wird    über   sich   geczogen   zu   dem    herczen   ader   czu 

120     dem  him,  und  brecht  den  todt. 

Ist  daz  sich  eyn  czeichen  hebt  binden  am  dem  dyhe,  so  saltu  czu  hant 
lassen  hyn  dan  von  der  schäm,  und  erscheinet  an  dem  dyhe,  so  saltu  czu 
hant  lasszen  an  dem  selben  fuß  dy  ädern,  dy  do  get  czwischen  der  cleyn 
czehen  und  der  do  pey. 

ISS  Ist  aber  daz  sich  eyn  czeichen   hebt   hinder   den    oren  oder  an  der  kele, 

so  solt  ir  wissen  daz  daz  hirn  kranck  ist.  So  solt  ir  czu  hant  lassen  auff  dem 
arm  uff  der  seyten,  do  sich  daz  czeichen  erhaben  hat,  Und  sunderlich  auff 
der  ädern,  die  do  get  zwisch  den  [gt''\  heyß  zephalica  und  ist  aber  der 
median.     Oder   last   auff  der  ädern,    dy  do  get  czwischen   dem  dawmen  und 

ISO     des  czeigers. 


;.    Dar  ist  wider  dy  pasUIcncz.  ig« 

Wer  aber,  daz  ir  euch  empefundt  brechenhafftig,  also  daz  es  euch  stech 
in  den  seyteen,  so  solt  ir  lassen  auff  der  ader,  dy  do  heist  basilica  uff  dem 
rechten  arm  und  lieisB  czu  lateyn  Epatica  und  czu  teutsch  dy  ieber  ader  und 
lewffth  und  der  hercz  ädern  oder  lallt  auff  der  ädern,  dy  do  get  czwischen 
dem  mynsten  finger  und  dem  ungenannten. 

Und  besehet  sunderlich,  wan  sich  eyn  czeichen  erheb  an  was  teyls  des 
leichnams  daz  sey,  das  ir  dar  über  nicht  slaffen,  biß  ir  euch  gelassen  habt 
in  fi  stunden. 

Ist  aber  daz  ez  kumpt  über  jii  stunde,  so  hilffet  daz  lassen  nymmer. 
Wer  aber  vergifft  ist  mit  blättern  mit  drussen  und  der  vergifft  dy  do  kumpt 
in  dy  peyn,  so  nemet  dryackers  und  senff  samen  und  holder  bletter  und  leg 
ez  auff  dy  plattern,  so  genißt  er. 

Moget  ihr  der  ding  aber  nicht  gehaben,  so  nemet  Rawten  und  essig  und 
legt  ez  auff  dy  blättern,  so  gewirret  euch  nicht. 

Welt  ir  aber  sicher  seyn,  daz  ir  an  dem  sichtum  nicht  sterben.  So  memet 
Salvia  und  schoß  welcken  und  holder  bletter  und  weissen  Ing\ver  und  daz 
daz  wol  gestoßen  sey  und  trinck  daz  Biiiitag  des  morgens  vnd  des  abentz,  so 
gewirret  euch  [Bl.  97']  nicht  an  czwciffel. 

Auch  vor  allen  dingen  hut  euch  vor  der  meng  des  volcks,  zu  bade,  zu 
k<^i)rchen  und  zu  Strossen. 

Auch  dy  weil  dy  pestilencia  wert.  So  magt  in  eur  knmer  einen  rauch 
von  Wermut  und  \-on  wachelbern  vnd  von  lorbern  Und  macht  dy  fenster  czu 
und   halt  dy  nassen  und  den  mund  dar  über.  So  gewirret  euch  nichtz  an  czweiffel. 


Audi  bei  flüchtigem  Überschauen  dieses  Regimen  „wider  dy  pastilencz'' 
erkennt  man  sofort,  daß  es  sich  um  kein  einheitliches  Werk,  nicht  einmal  um 
eine  zwecksichere  Kompilation  handelt,  wenigstens  nicht  in  der  Form,  in  welcher 
es  die  Bamberger  Handschrift  (175  Ed.  VII.  56)  Bl.  93'' — 96''  aus  dem  Ende 
des  15.  Jahrhunderts  uns  überliefert  hat.  Ich  habe  aber  gerade  diese  Hand- 
schrift für  den  Abdruck  gewählt,  weil  sie  den  umfänglichsten  Text  bietet,  um 
so  an  einem  recht  charakteristischen  Beispiel  zu  zeigen,  wie  ungescheut  man 
sich,  rein  aus  den  Gesichtspunkten  der  praktischen  V^erwendbarkeit  heraus,  ge- 
legentlich unter  einem  Sammeltitel  brauchbare  praktische  Notizen  und  kleine 
Abhandlungen  und  Exkurse  zusammenschrieb,  um  sie  im  Bedarfsfall  bei  der 
Hand  zu  haben.  Der  „Sammeltitel"  oder  die  Rubrik  ist  hier  nur  die  erste 
Zeile  „Das  ist  wider  dy  pastilencz".  Als  Brief  für  die  Frau  von  Plauen 
hätte   zunächst   nur  Zeile  4  —  26  zu   gelten,   dann  folgt  eine  neue  Überschrift. 

Für  diese  Abtrennung  der  ersten  26  Zeilen  spricht  laut  die  überaus  sorg- 
faltige um  das  Jahr  1410 — 1420  geschriebene  Breslauer  Handschrift  III.  Fol.  3 
{Vr)  Bl.  ly  Sp.  2,  die  unter  der  Überschrift  Dj'S  ist  der  brijf  den  des  Römischen 
konigis  ^Arzt)  hatten  gesant  der  edelen  fraiven  von  phncen  vor  die  druse,  nichts 
weiter  gibt  als  diese  ersten  22  Zeilen  aus  der  Bamberger  Handschrift,  denen 
sie  zum  Schlüsse  noch  ein  paar  weitere  Zeilen  anfügt.  Dieser  deutliche  Hin- 
weis der  Breslauer  Handschrift  wird  sehr  wesentlich  in  seiner  Eindringlichkeit 
unterstützt  durch  eine  allerdings  beträchtlich  später  geschriebene  Handschrift 
im  Britischen  Museum  (Additioiial  Ms.  4S97),  die  aus  den  Jahren  1490 — 1495 
zu  stammen  scheint,  also  ungefähr  in  die  nämliche  Zeit  zu  setzen  ist,  wie  die 
Bamberger  Sammlung  von  Pestanweisungen.    Dort  findet  sich  auf  Blatt  13'' — 14^ 


igg  s.    Uii  ist  witler  dy  pnslilcnc/. 

der  Briet'  an  tiic  Fr.iu  von  Plauen  ins  Niedcrlamlisclu'  iiberset/.t.  Die  ,,Frau'' 
von  Plauen  ist  hier  als  unverheiratet  angononinien,  was  ja  das  niittelhocluleutscho 
„t'rowe"  auch  reciit  wohl  zulaßt.  Trotzdem  kann  iler  Leser  sich  meine  erstaunte 
Freude  denken,  als  ich  meine  heimische  edle  Dame  in  London  als  „Mejufrou 
van  pleu"  wiederfand.     Ich  setze  den  niederländischen  Text  unverkür/.t  hierher: 

Aliud  reginien  pestilenciae. 

liem  dit  is  die  lottere   die  des  ovcrsten  keysers  medicijn  oversande 

den  Mejufrou  van  pleu  voir  die  pestilcncie. 

Item    eest  dat   zalre   dat   die  aposteme  wast  tusschen  die  scouderen,  soe  seldy 
5        laten  mette  fonto>'sen. 

Item    die    dese  aposteme  wäst   in  den  hals,   die  sal  latcn  in  die  hoefladere  in 

aen  beede  die  diimen  van  sinen  handen. 

Item  diet  wast  in  die  slur  side  en  aen  den  erm  of  oer  onder  den  slinken  erm, 

die    sei    laten    die    milt  ädere,    die    steet    tusschen   den  deinen  vinger  en  den 
w        anderen  daer  naest  in  die  selue  slur  side. 

Item    diet  wast  ann   den   rechten  erm  of  aen  die  selue  side,  die  sal  laten  die 

longe  äderen,    die    staet  tusschen    den    middelsten   vinger    eii    den  anderin   te 

rekenen  neder  ten  cleinsten  vinger  wart. 

Item  diet  heeft  omtrent  sijn  herte,  die  sal  laten  die  nyer  ädere,  die  staet  tusschen 
15        den  deine  vinger  ert  den  naesten  volgende. 

Item   diet  heeft  an  trecht  been  by  die  scamelheit,  die  [13'']  sal  laten  dien  der 

vrouwen    ädere    of   die  moeder  ädere  en  am   tzelue  been,  daer  hijt  heeft  die 

aposteme. 

Item  dijt  heeft  in  die  rugge,  die  sal  laten  die  ädere  op  den  groten  teen.    Item 
2u        ghi  seit  merken  soe  wie  det  geslapen  heeft  metter  aposteme,  eer  hi  gelaten  heeft, 

die    en    sal   niet  helpen  det  laten  daer  nae  en   daer  om,    als  ghi  gevüelt  die 

aposteme,  soe  wacht  u  bouen  al  van  slapen. 

Item  nah  seldy  merken,  spenn  [•']  die  voir  die  sterfte,  die  welke  gesent  was  den 

co<ng>  van  vrancrijs  van  den  besten  en  vemaersten  medecijn  van  al  parijs  dat 
25        ierster  is   hi  sal  nemen  bladere  van  vliederbome  en  mostaert")  eii  wrmen  dat 

te  gader  en  legget  op  die  but/.e.    Dat  ander  is,  men  sal  nemen  bochs  same  en 

vlier*)  eil  breembladere  des  eens  alsoe  vele  als  sanders  eii  sieden  das  in  claren 

wijn  en  daet  daer  in  allettel  gewreuen  ghinbeers  eil  drincl  daer  af  alle  morgen 

enen  goeden  dranck  (I4'i,  eer  ghi  buten  huys  gaet. 
9}        Item  deser  siecten  sijn  siedeleer  alle  vruchten  van  bomen,  sonder  die  noten  sijn 

goet  daer  jegen  en  nae  enege  meesters  die  mispele. 

Item  wacht  u  van  gulscheit')  van  drinckene. 

ER   oer    van  by   vrouwen  te  sine  en  orbort  edic  in  al  u  spise  eil  Sonderlinge 

des  morgens. 
35       Item  wacht  u  voer  siec  volc  en  vorden  steden. 

Item  alsoe  voller  als  ghy  gevuelt  die  siecte,  soe  seldy  sonder  merren  laten  doen 

die  mage  ädere. 

Item    hebdy    die   aposteme  efi   wildise   verdriven,  nemt  rüte  eil  alsene  of  die 

wortelen  daer  af  gestoten  ontwee  eil  wijnedic  en  legget  op  die  butse,  eer  ghi 
*»        daer  met  geslapen  hebt,  of  van  u  selves  mest. 

Item  nemt  Rute  en  grote  not  en  vigen  van  elken  even  vele  en  wiitssen  ont- 
wee   te   gadere    en  al    gewreuen   legget  op  die  butse  efi  etes  oer  alle  mergen 

wevnich. 

Item  wacht  u  voer  die  stat  daer  die  pestolencie  regneert  of  vanden  gemenen 
*j        volce  [14']  soe  ghi  best  moeght. 

Item  als  ghy  te  bedde  gaet,  soe  slut  die  camer  over  al  en  nemt  lauwerbladere 

en  alsene  en  geniuersaet  en  maect  enen  roec  in  die  camere  en  stopt  volleer 

u  oren,  en  hebdy  des  noet,  soe  nemt  dat  ghi  gecrigen  moght. 

')  Senf.  »)  Flieder.  »)  Vielem  Essen,  Gefräßigkeit. 


Daz  ist  wider  dy  pastilcncz.  jg^ 


Item  smergens  nenit  rute  gewasschen  in  ciaer  water  met  weyruch,  souts  en 
60        etsic  met  .iij.  noten. 

Item  sijt  bilde  en  wacht  u  van  fantesien,  waten  die  bringen  diewile  die  butse. 
Item  wacht  u  van  swetenden  arbeit  eil  en  vraecht  met,  als  dat.  volc  vander 
butsen  siec  is. 

Diese  niederdeutsche  Bearbeitung  ist  also  zunächst  etwas  umfänglicher 
als  die  der  Breslauer  Handschrift  III.  Fol.  3.  Auch  hier  findet  sich  schon  die 
Kombination  mit  der  Schrift  die  „welke  gesant  was  den  cong  van  vrancrijs 
van  den  besten  en  vernarsten  medecijn  van  al  parijs",  es  ist  also  im 
Wesentlichen  das  angefügt,  was  die  Bamberger  Handschrift  direkt  hernach 
gibt,  Zeile  26 — 48  unseres  zu  Anfang  dieses  Abschnittes  gegebenen  Textes. 
Wir  hätten  es  also  in  dieser  Kombination  im  wesentlichen  mit  dem  am  Ende 
des  14.  und  im  15.  Jahrhundert  in  deutscher  Handschrift  weitverbreiteten  Pest- 
regimen zu  tun,  das  ich  im  2.  Bande  des  Archivs  für  Geschichte  der  Medizin 
S.  379  f.  publiziert  habe,  dem  „Sin  der  hogistin  meister  von  Paris  vor  dy 
sterbunge  der  Druße".  —  Dies  Regimen  lehnt  sich  an  den  Pesttraktat  der 
Pariser  Fakultät  \oni  Jahre  1349  dem  Namen  nach  an,  ohne  irgend  etwas 
damit  zu  tun  zu  haben.  Ich  habe  im  3.  Bande  desselben  Archivs  am  Ende 
des  2.  Heftes  die  Untersuchungen  über  diese  Pestregimina  weiter  gesponnen  und 
gezeigt,  wie  sie  sich  um  eine  Prager  Pestanweisung  gruppieren,  das  „Miss um 
imperatori"  von  1371,  das  aber  die  Aderlaßregeln  auf  ein  Minimum  reduziert 
hat  und  natürlich  selbst  wieder  nur  eine  Etappe  im  großen  P'luß  der  Pest- 
regimina darstellt,  mit  dessen  Zurückleitung  auf  seine  ursprünglichen  Quellen  ich 
noch  beschäftigt  bin  und  noch  längere  Zeit  beschäftigt  sein  werde.  Der  „Brief 
an  die  edle  Frau  von  Plauen"  gehört  also  auch  in  diese  ganze  Strömung 
hinein.  Ob  ihm  ein  wirkliches,  wenn  auch  verschleiertes  oder  in  der  Über- 
lieferung entstelltes  Faktum  zugrunde  liegt:  Gerade  seine  spezielle  Lokalfarbung 
spricht  eigentlich  für  diese  Vermutung.  Es  lag  ja  nahe,  ein  Regimen  für  des 
Kaisers  Majestät  oder  für  den  König  von  Frankreich  als  Quelle  einer  Pest- 
verordnung zu  nennen  oder  als  Empfehlung  gar  zu  fingieren,  des  ,, Kaisers 
Arzt"  oder  „die  beste-  an  vornemsten  medicijn  von  al  parijs"  zum  Zeugen 
aufzurufen,  aber  die  „Frau  von  Plauen"  zu  erfinden,  dazu  war  doch  wenig 
triftige  X'eranlassung  vorhanden,  man  kann  wohl  sagen  gar  keine!  Es  han- 
delt sich  anscheinend  um  die  Gemahlin  eines  der  „Vögte  von  Plauen",  die  bis 
zum  Jahre  1466  in  Plauen  selbst,  im  Vogtlande  saßen,  vielleicht  Anna  von 
Riesenburg,  Gemahlin  Heinrichs  IX.  von  Plauen  (13S3  — 1411)  oder  ihre  Vor- 
gängerin. 

Der  Beziehungen  der  „\'ögte  von  Plauen"  (später  auch  „Burggrafen  von 
Meißen")  nach  Böhmen,  wo  sie  nach  1466  ihren  Sitz  hatten,  waren  ja  auch 
früher  schon  viele.  Es  wäre  also  recht  wohl  möglich,  daß  auch  diese  Pest- 
rcgeln  tur  die  Frau  von  Plauen  in  Prag  ihren  Ursprung  fanden  und  mit  dem 
,,Missum  Imperatori"  verschmolzen  wurden  oder  überhaupt  direkt  aus  derselben 
Quelle  stammten,  wenn  man  nicht  annehmen  will,  daß  die  Pestvorschriften  für 
den  Kaiser  einfach  abschriftlich  in  die  Hände  einer  ,.Frau  von  Plauen"  kam 
und  dann  nur  durch  Zufall  unter  ihrem  Namen  weiter  gingen.     Wie  ungeniert 


I     ^  (.    Du  ul  wider  dy  pasttileoc^ 

man  n.ich  lokalen  Hc/.niuingcn  und  Autoritäten  solche  IVstrcgmiina  uninaniUe 
und  in  neuem  Nansen  dann  weiter  empfahl  bzw.  durch  solche  Naniensncnnuntj 
ii>r  Gewicht  zu  verstarken  suchte,  dafür  brinjjt  das  restrcy;imen  vom  „Sinn  der 
höchsten  Meister  von  Paris"  in  einem  Gutiiaer  l-^xemplar  einen  hübschen  Kcleg. 
In  dem  von  Regel  weiland  ins  l.icht  gesetzten  und  von  Oefele  zum  Teil  in 
l'rivatdruck  publizierten  mittelniederdeutschen  „Gofhaer  Arzneibuch",  das  ums 
Jahr  1400  oder  kurz  nachher  zusammengeschrieben  sein  mag,  linilet  sich  dies 
l'estregimen  folgendermalien  eingeführt '): 

„Dese  artikel  sint  gemaket  deme  konynghe  van  vrankrike  van 
den  besten  arzten,  de  to  paris  wcren  unde  sint  bestediget  van  den  besten 
mestcren  to  erffordie  unde  heft  velen  luden  ghehulpen." 

Der  Glanz  der  jungen  (1592  gegründeten)  Hochschule  in  Thüringen  wurde 
also  zur  Autorisierung  des  umlaufenden  Textes  schon  schnell  verwendet.  Ähn- 
liches kam  auch  anderwärts  vor. 

So  wie  ihn  die  niederländische  Quelle  des  Londoner  Additional  Mscr,  4897 
übersetzte,  ist  der  Brief  mit  Pestregeln  gewilJ  nicht  an  die  edle  Frau  gesendet 
worden,  das  beweist  schon  die  sonst  in  Pestregiminis  nicht  seltene  Abmahnung 
von  der  Ausübung  des  Geschlechtsverkehrs  in  der  Wendung  „van  by  vrouwen 
te  sine"!  Eine  neue  Zutat  des  niederländischen  Textes  ist  die  wohl  irgendwie 
niedersächsische  Empfehlung  der  Mispeln  neben  den  sonst  allein  von  den 
Haumfrüchten  als  erlaubt  erklärten  Welschen  Nüssen. 

Was  die  Ramberger  Handschrift  weiter  noch  bringt  ist  zunächst  (Zeile  61— 68) 
ein  aufgelesenes  Theriak-Safran-Kampfer-„Experiment",  ferner  ein  kleiner  latei- 
nischer Pestsplitter  (Zeile  6g — 82)  in  vielfach  überlieferter  Form,  weiter  ein  einmal 
besonders  zu  behandelnder  ausführlicher  Aderlaßtraktat  in  Pestzeiten  mit  all- 
gemein-pathologischer Einleitung  (Zeile  84 — 137),  den  man  etwa  durch  die 
Wendung  „So  er  ein  Zeichen  gewunn"  oder  ,,Wan  sich  ein  Zeichen 
erheb"'  charakterisiert  finden  könnte.  Er  kommt  öfters  vor  und  mag  künftig 
so  bezeichnet  werden.  Den  Schluß  endlich  macht  die  Wiederholung  einiger 
Stellen  aus  dem  „Sinn  des  höchsten  Meister  von  Paris"  (Zeile  138 — 151) 
Schließlich  möchte  ich  hervorheben,  daß  ich  diesen  Pestbrief  für  die  Frau  von 
Plauen  zwar  vor  allem  um  seiner  Vogtländischen  Lokalbeziehung  willen  hier 
aufgenommen  und  etwas  ausführlicher  hier  besprochen  habe,  selbst  auf  die 
Gefahr  hin,  daß  er  mit  der  Uni\ersität  Leipzig  im  15.  Jahrhundert  auch  nicht 
das  geringste  zu  tun  hätte,  daß  mir  aber  die  reiche  Beschäftigung  des  Leipziger 
Mscr.  1227  mit  der  Pest  [vgl.  S.  106 ff.)  zu  diesem  Pesttraktat- Exkurs  hin- 
reichend Berechtigung  zu  geben  scheint,  zumal  die  Pestfrage  seit  dem  ,, Schwarzen 
Tode"  auf  der  Tagesordnung  der  Ärzteschaft  stand  und  es  durch  immer  neue 
Epidemien  verhindert  wurde,  daß  sie  etwa  bald  von  der  Tagesordnung  hätte 
abfresetzt  werden  können. 


')  Bl.  127'  ^ile  '  —  '3  lies  Papierkodex  in  Klein-Folio  cod.  cbart.  A.  9S0  der  Gothaer 
HerzogUcbcD  Bibliothek,  den  ich  kürzlich  einer  eingehenden  Durchsicht  unterzogen  habe.  Vgl.  auch 
die  Programme  von  1872  und  1873  des  Gymnasium  zu  Gotha,  die  Re(;els  bekannte  Abhand- 
lung enthalten. 


5.    Daz  ist  wider  dy  pastilcDcz.  igg 

Auch  ein  anderes  Mitglied  der  Leipziger  Universität  ist,  halb  unversehens 
mit  der  l'estliteratur  in  lose  Beziehungen  geraten:  Joh.  Kleine  (Cleyne)  von 
Lobau,  Mitglied  des  kleinen  (Fürsten-)Kollegs  1480 — 1490').  In  einer  Hand- 
schrift der  Leipziger  Universitätsbibliothek  Nr.  1255,  die  Kleine  der  Biblio- 
thek dieses  Fiirstenkollegs  bei  seinem  Tode  vermachte-),  findet  sich  nämlich 
über  einem  Pesttraktat  sein  Name  in  roter  Tinte  hingeschrieben,  als  ob  er  der 
Verfasser  wäre: 

Bl.  197'  Sp.  2. 

Johannes  cleyn  de  lobaw. 
(a)d  honorem  sanctae  trinitatis  ac  virginis  gloriosae  et  ad  utilitatem  rei 
publicae  ac  pro  conservatione  sanorum  et  reformatione  lapsorum  volo 
aliquid  de  pestilentia  scribere  .  .  .  [Bl.  igS'"  Sp.  2]  .  .  .  .  pestilentiarum 
pericula  evadere  possunt  .  .  omnipotens  ac  gloriosus,  laudabilis  et 
benedictus  in  saecula  saeculoruni  .Amen. 

Es  ist  aber  eine  oft  anzutreffende  Pestkompilation,  mit  zahlreichen  Bruch- 
stücken des  Pesttraktates  des  Professors  in  Montpellier  Johannes  Jacobi,  die 
jedoch  auch  diesem  völlig  Fremdes  enthält,  z.  B.  eine  ausführliche  Prognostik. 
Auch  der  Pesttraktat  des  nordischen  Bischofs  Kanut  (Kamiutus,  Kamintus)  ist 
im  wesentlichen  ein  Plagiat  an  dieser  Pestkompilation,  wie  das  Herr  Dr.  Ernst 
Wickers  heimer  künftig  in  seiner  Ausgabe  des  Pesttraktates  Johannes  Jacobis 
näher  darlegen  wird. 

')  Inskribiert  im  Sommer  1447,  Baccalar  Winter  1448,  Magister  im  Winter  1451.  Vgl. 
Stepner  Nr.  423. 

')  Auf  der  Innenseite  des  Vorderdeckels  steht  die  Notiz  „Istum  librum  legavit  mgr.  Johannes 
Kiene  de  Lobaw  pro  liberarea  collegj'  principis  cuius  anima  requiescat  in  pace  .1.4.9.0." 


6. 

Ein  Gesundheitsregiment 

für 

Kurfürst  Friedrich  den  Sanftmütigen  (1428— 1464), 

gesiliriebcn   von 

Johannes  Heurer  von  Crossen, 

Mitglied  der  Medizioiscben  Fakultät  zu  Leipzig. 

(Ms.  Lipsense,  1584.    Bl.  i^—y).    Fol.» 

Doctrina  bona  et  utilis  conscripta  domino  domino  generoso 
Frederico  duci  saxonie  antiquo  aquodara  medicinae doctore  lipczensi. 
Incipit  fauste. 

Quoniam  vestra  dominacio  pro  vestrae  sanitatis  conser\-atione  regimen  con- 

5  scribi  dicendum  optaliter  cupit,  hoc  vel  breve  pro  vestra  consolatione  con- 
scribere  Uberavi  et  primo  de  aere.  cum  enim  omnes  actiones  vitae  dependeant 
a  corde.  Eo  quod  est  fons  \'itae,  Et  quia  per  aerem  corpus  humanuni  ma.xime 
alteratur  et  notabihter  cor,  eo  quod  aer  inmediate  venit  per  nares  et  os  ad 
cor,  ergo  expediens  est  providere  de  aere  convenienti  tempore.    Ergo  pluvioso 

10  nebuloso  et  obscuro  non  muhum  exeatis,  et  si  contingerit  vos  exire,  nares  et 
os  intrare  nequiveritis.  SimiHter  etiam  tah  tempore  fenestrae  vti  [soll  wohl 
„vestri"  heißen]  comodi  obstruantur.  Sed  in  aura  clara  statim  econverso  aperian- 
tur,  ut  radij  solares  Ubere  intrare  possint,  Tempore  autem  noctumo  claudantur. 
In   aere    etiam  multum   calido   vel   multum    frigido    etiam   non   multum  exeatis, 

15  nisi  cum  cautela  praehabita,  quia  talia  etiam  multum  habent  alterare  ad  in- 
naturalem complexionem.  Sed  quia  motus  corporis  maxime  etiam  pro  sanitatis 
conservatione  est  necessarius,  quia  rarissimum  est,  quod  aliquid  ita  perfecte 
%-ivit  sive  (h)abetur,  quod  calor  naturalis  possit  superfluitates  oiiinium  mem- 
brorum  consumere  et  quia  motus  moderatus  resolvit  superfluitates  corporis  vel 

vj  ^h^abilitat  superfluitates,  ut  eo  melius  expelli  possint.  Ideo  expediens  est, 
ut  vestra  dominatio  ante  prandium  sit  in  motu  moderati  corporis  vel  exercitio 
corporali,  qui  motus  sufficit  incitare  calorem  naturalem,  qui  facere  habet  diges- 
tionem.  Sic  quod  postquam  assumitur  cibus.  Cibus  inveniat  etiam  exitatum  [!] 
et  non  sopitum    Et  motus  talis  non  sit  ad  fatigationem,  quia  cum  sentitis  cor- 

E  poris  membra  fatigare,  tunc  cessandum  est  a  tali  motu.  Sumpto  autem  cibo 
et  potu.  quiescendum  est  ab  omni  motu,  studio  et  ita  absque  sompno,  qui  non 
debet  fieri  in  hys  horis.  Si  autem  somnus  vos  invadere  vellet,  possetis  post 
prandium  suaviter  deambulare,  ita  tamen  quod  ista  ambulatio  modicum  diflerat 
a  'quiete,  quia  per  quietem  viget  digestio,  ut  patet  in  olla  bulienti  quieta.     Sed 

90     quia  defectus  exercitus  multotiens  supplet  balneum,    cum    balneum    resolvit  et 


6.    Ein  Gesundheitsregiment. 


superiluitates  a  corpore  abluit,  ideo  de  baineu  facitis  vos  in  quindena  solum 
semel  balneari.  Et  hoc  est  verum,  si  sudores  habuissetis,  cum  competerit  sulum 
serael  in  quindena  pro  ablucione  sorditatis  [e?]  satis  tepide  et  non  diu  inmorari. 
Si   autem  sudores   non  habuissetis,  possetis  in  mense  solum  semel  balneari  vel 

35  semel  solum  in  tribus  septiraanis,  solum  tepide  abluendo  sordiciem  congregatan» 
in  superficie  cutis  vel  ad  provocandum  sudorem  et  expellere  habet  superfluitates 
gencratas  in  illo  tempore  inter  carnem  et  cutem.  Et  dixi  notabiliter,  quod 
balneari  non  debetis  calide,  ijuia  per  balneum  caliduni  muilum  de  spiritibus 
consumitur   et   vos    multum  debilitarent.     Sed  pedes  saepe  lavabitis,   cjuia  lotio 

40  pedis  confert  pro  sanilate  visus,  auditus  et  memoriae.  Et  ita  locio  pedum  de 
sero  circa  introitum  lecti  hat,  notabiliter  illis  diebus,  quibus  caenari  non  con- 
tingit,  sed  lotio  capitis  non  tardetur  ultra  viginti  dies.  Haec  fiat  tamen  plus 
in  ebdomeda  non  semel,  et  nunquam  fiat  stomacho  repleto,  sed  ante  pran- 
dium  vel  longe  pust  prandium.     Post  exercitia  ad  labores  et  pust  balneum  custo- 

■lö  diatur  corpus,  ne  subito  frigefiat.  Nee  bibatur  aliquod  actu  frigidum  multum, 
quousque  calor  acquisitus  a  balneo  vel  labore  quiescat,  ymmo  tunc  non  solum 
debetis  abstinere  a  potu,  sed  etiam  ab  omni  comestione  tam  diu,  donec  calor 
naturalis  ad  interiora  redeat.  Quando  autem  exercitia  et  motus  habent  inanire 
corpus    et    corporis    inanitio    habet   provocare    appetitus    cibi    aliquid,    non   est 

50  nuUa  petitio  naturae,  quae  indicat.  quando  homo  comedere  debet  et  ergo  sumere 
debetis  cibum  vestrum  solum,  quando  natura  appetit.  non  tamen  diu  famcm 
tollerare  debetis,  quem  famem  praeter  solidum  patj  replet  stomachum  malis 
humoribus,  licet  aliquando  ex  constitutione  sanctae  matris  ecclesiae  vel  ex 
devocione   jejunandi    famem    tollerare    opportet.      Sed    tamen    in   illo    appetitu 

65  sumendum  cibum,  capiatis  cibum  et  potum  non  corruptos.  Extremi  [?]  ^)  autem 
esse  possunt  panes  de  frumentis  corruptis  et  carnes  raucidae  et  randum  [?] 
[am  Rande  alias  lardum,  ut  Saxones  faciunt]  raucidum  et  similia  ymmo  in 
illo  bono  apetitu  sumatis  cibaria,  quae  vel  bene  sapiunt  et  delectabilia  gustui 
vestro    et    cibaria    vobis    magis    consueta.       Excipio    tamen    hie    si     appetitura 

6«  habueritis  ad  aliqua  cibaria  mala,  quod  ab  his  pro  posse  caveritis.  Sicut  si 
potest  esse  aliquod  genus  fungorum  [am  Rande:  si  dulces  sunt  fungi  ut  boleti 
et  parteris  (?)  hys  fungi]  vel  caro  vel  pisces  fumigati,  cum  ab  eo  tempore 
maxime  calido,  quia  nuUi  dubium  est  quod  in  processu  temporis  mali  generantur 
ex  illis  cibarijs  corruptis.     Sed  summe  notare  debetis,  quod  isla  vobis  placabilia 

tJj  bene  et  consueta  vestrum  appetitum  non  ad  tantam  alliciant  comestionem, 
quod  ipse  extingueretur  quia  semper  cum  appetitu  comedendi  cessandum  est. 
Sed  tamen  si  contingerit  vos  aliquando  repleri  propter  magnum  appetitum  et 
cibaria  delectabilia,  sie  quod  appetitus  extingueretur,  tunc  abstineatis  vos  tarn 
diu   a  cibarijs   delicatis   donec   appetitus   redeat,    et    in    ista    abstinentia    solum 

70  eomedatis  ista  quae  naturam  sustentant  et  non  multos  humores  generant  ut 
esse  posset  avenata  cum  sola  aqua  et  modico  butiro  recenti  praeparata  vel 
perfusio  de  pane  cum  covento-j  et  modico  recenti  butiro  interim  non  bibendo 
vinum  nee  cerevisiam.  Si  autem  appetitus  tarde  redire  voluerit,  tum  interim 
modieum    eomedatis,   quod    fastidium  dueet,   sumendo  aliqua   brodia   pulli  non 

T5  multum  pingwia  vel  alia  eonsimilia  brodia,  ut  possit  esse  coneussum  pulli  et 
similia.  Ex  his  brevissime  elicio,  quod  illa  quae  comedetis  moderate  sumere 
debetis  et  istam  mensurani  et  moderationem  eonsiderare  debetis  ex  isto,  quod 
stomachus  non  gravatur  et  tunditur  post  supercoctionem  cibi  et  notetis,  quod 
illa  quae  comedetis  bene  mastieare  debetis,  quia  dentes  a  natura  ad  hoc  sunt 

so     ordinati,  ut  perfecta  cibus  comminuatur  antequam  mittatur  ad  stomachum,  quia 

')  „Exiliosi''??    Es  steht  „Exi"   mit  Strich  und  Haken  da,   was  Extremi,  Extcrni,  zur  Not 
Eximii  gelesen  werden  kann,  ohne  dem  Sinne  zu  entsprechen. 
-)  Dünnbier. 


(>.    Ein  GesundheitsreKiinent, 

aptitudo  conterendi  cibum  non  est  data  stomacho,  quia  tuiic  stomachus  maxiiue 
leditur  eo,  quod  non  polest  coniplere  defectum  contractione,  et  ijuia  tunc 
stomachus  laeditur,  quando  cibus  iniperfccte  digeritur.  Quia  cibus  indigestus 
ulterius  ad  niultas  egritudincs  disponit,  sicut  experigcncia  teslatur,  <iuia  foraces 
[voracesi]  frcqucnter  aegrotant.  Kt  sciatis  quod  in  cadem  niensa  summe  vitare 
dcbetis  mult^i  fercula  et  maxime  si  fuerint  delectabilia,  quoniam  blandimcnta 
saporis  provocant  ad  plus  suinendum ,  quam  stomachus  bene  polest  digorcrc. 
Item  ex  aha  causa  non  valent  multa  fercula,  quia  multotiens  unum  est  facilis 
digestionis  reliquum  vero  difTictlis  digestionis  et  inaei]ualiter  fercula  digeruntur, 
sie  si  in  una  olla  cames  vaccinae  et  pullinae  bu^l^irentur,  c]uare  tunc  digeslum 
cum  indigesti  <  miscerelur  et  tunc  ad  epar  traheretur  ideo  ex  isto  venirent  opila- 
tiones  et  aliae  variae  aegritudines.  Item  alia  causa,  quare  debelis  vitare  multi- 
tudinem  ferculorum,  quia  inter  primum  ferculum  et  ultimum  est  magnum  inter- 
vallum et  sie  inchoata  digestione  impeditur  a  cruditate  ferculorum  supervenientum. 
Ex  quo  infero  quod  solum  unum  ferculum  vel  duo  habere  convenit  una  mensa, 
in  quod  non  sinl  valde  difformia  in  abilitate  digestionis,  ergo  in  cadem  mensa 
comedere  non  debetis  varia  fercula,  sed  carnes  pro  uno  ferculo  et  pisces  pro 
aliii  vel  cames  vitulinas,  mutoninas,  cervinas  [?J  [Bl.  i  *■]  pro  uno  ferculo  et  sie 
de  similibus.  Et  in  ista  comestione  ferculorum  de  comniuni  lege  vos  ita 
tenere  debetis,  quod  primo  sumatis  sorbilia  et  facilis  digestionis,  post  hoc 
assata  et  solidiora.  Si  autera  contingeret  vos  diu  laxire  (:  resolutum :)  ventrem, 
habere  tunc  debent  praeponi  assata  et  ova  dura  et  cavere  tunc  debetis  a  brodiis 
multis  et  consimilibus  fiuxibns.  Potus  autem  vester  commensurari  debet  cibo, 
sie  scilicet  quod  in  stomacho  fiat  debita  coniunctio  cibi  et  potus,  sie  quod  cum 
potus  in  stomacho  non  fluctuabit  nee  natabit  nee  etiam  cibus  ratione  carere, 
ne  potus  magis  siccus  esse  debet.  caveatis  autem  vina  magis  fortia  scilicet 
vinum  rosaceum  tempore  aestatis  aliquando  bibere  poteritis.  Sed  contentus  sitis 
in  bona  cerevisia  clara  nön  humulata  ut  multotiens  cum  aliis  cerevisiis  triplata. 
Summopere  tamen  caveatis  a  quolibet  potu  iam  in  declinatione  et  defectu 
existente.  Multa  et  diversa  potagia  in  eadem  mensa  etiam  cavere  debetis, 
medonem  vos  bibere  non  multum  laudo,  quia  vulgi  proverbium  est,  hoc  dicit: 
medo  qui  me  bibit,  hunc  egi'  ledo.  Inter  autem  dua  prandia  bibere  pro  posse 
melii  >ra  caveatis.  Quando  autem  cibus  et  putus  propterea  sumuntur,  ut  digesta 
convertantur  in  substantias  membrorum  et  digerantur,  quae  digestio  maxime 
fit  per  calorem  naturalem,  ut  ergo  talis  calor  naturalis  a  membris  interioribus 
non  distrahatur  sed  cum  eadem  fortificetur.  Swadeo  etiam,  quod  post  cenam  ad 
duas  horas  ad  minus  sitis  in  quiete  vel  suaviter  in  curia  ambulando,  quia  per 
istum  quietem  calor  naturalis  circa  interiora  membra  fortificatur.  Illo  quoque 
tempore  quiescatis  etiam  mente  non  irascendo,  non  audiendo  odiosa  verba 
nee  [ut?j  amara  nee  dispulia,  sed  quae  placita  sunt  et  facilia  intellectu  et 
commoda.  ut  possunt  esse  plures  historiae  et  melodiae  musicales.  cum  autem 
sompnus  advenerit,  protinus  dormiatis,  ijuia  in  sompno  maxime  perficitur  digestio 
et  hoc  ideo,  quia  calor  naturalis  tunc  non  distrahitur,  sed  membra  exteriora 
coadunantur  et  uniuntur,  eo  quod  in  somno  occupationes  cessant  et  meditationes 
diuturnae,  tunc  etiam  est  tranquillitas  mentis  et  corporis.  Et  in  aestate  dormiatis 
in  loco  frigidiori  et  obscuriori  et  magis  tranquillo,  dum  tamen  non  sit  locus 
reumaticus.  Si  autem  aliquando  contingerit  vos  de  die  dormire  eocjue  de 
nocte  irapedimentum  in  somno  habuissetis,  tunc  dormiatis  capite  bene  elevato 
et  discalceatis  pedibus  et  tibiis  discaligatis,  nam  dormire  calceatis  pedibus  et 
tibiis  maxime  reflectis  in  aestate  fumos  et  corpus  supercalefacit,  visum  obscurat 
et  Caput  replet,  operiendi  tamen  sunt,  ne  magis  infrigidentur.  Similiter  caput  in 
somno  plus  (juam  in  vigilia  est  cooperiendum.  nam  quando  calor  naturalis 
fortificatur  circa  membra  interiora  tunc  manus,  caput  et  pedes  depauperantur 
calore  naturali,   quare  facilius  a  frigore  possunt  laedi,  maxime  quando  aer  est 


6.    Ein  GesundheiUregiment.  20^ 

frigidus,  ymmo  omni  tempore  manus  et  pedes  in  frigiditate  non  permittatis. 
Item  ad  lectum  quando  vos  ponitis,  primo  iaceatis  supra  dextrum  latus  donec 
compleveretis  primum  sompnum,  quia  in  dextro  iacet  epar  niultum  habundans 
calore  naturali  quia  epar  tunc  suppeditur  stomacho  tamquam  ignis  suppositus 
libetj').  completo  autem  isto  sonipno  maxime  expediret  surgere  eiciendo  urinam 
et  pectus  per  Stratum  punjzando,  membra  terendo.  postea  expedit  e  converso 
ad  sompnum  redire  super  sinistrum  latus.  i|uia  tunc  maior  digestio  in  stomacho 
completa  est,  quare  tunc  non  reijuiritur  tantus  calor  ut  in  prima  digestione. 
In  dorso  autem  rarissime  dormire  debetis  ne  superfluitates,  (juae  superfluunt 
ad  nares  et  paulatim-)  defluant  ad  cerebrum  et  submergant  memoriam  De 
mane  autem  postquam  surrexeritis,  diligenter  ad  hoc  cooperari  debetis,  ut  corpus 
mundificetur  superfluitatibus  multiplicatis  in  somno  non  soium  per  secessum  et 
urinam,  Sed  transiendo,  sticando,  et  nares  mundando  et  caput  pectendo.  Ab 
ira  pro  posse  caveatis,  quuniam  ira  supercalefacit  omnia  membra  propter  fer- 
vorem  cordis.  Tristitiam  quoque  caveatis,  quia  corpus  infrigidat  et  exsiccat, 
ideot|ue  occasiones  istorum  caveantur  quantum  possibile  est.  Gaudio  autem 
saepe  vacare  debetis  et  honestis  solaciis,  quia  illa  animum  reflorere  faciunt 
et  Spiritus  per  haec  ex<^c)itantur. 

Et  notetis  pro  generali  regula  et  pro  complemento  illius  regiminis,  si 
aliquando  bene  dispositus  essetis  et  mane  comederitis,  tunc  de  sero  endem  die 
modicum  vel  quando  nihil  coraedatis  de  mane.  Si  autem  de  mane  Cfinstitis 
indispositus  tunc  eodem  die  modicum  ad  aliqualiter  satisfaciendum  consuetudinem 
per  talem  subitam  abstinentiam.  Nam  nimium  terretur.  ad  singularia  autem 
fercula  descendendo  ad  praesens  Vestrae  dominationi  scribere  non  proposui, 
quia  illa  relinquo  fore  nota  vestrae  discretioni,  quam  per  dei  gratiara  ex 
plurimorum  medicorum  informatione  sufficienter  habuissetis.  Sed  tarnen  caveatis 
a  cibis  medicinalibus  [?J  hoc  est  ((uae  sunt  multum  calida  et  frigida  multum, 
sicut  sunt  olera,  fructus  crudi,  salatum  et  multum  dulcia,  multum  acetosa  et 
similia  excellentis  saporis  et  qualitatis  formalis  et  virtualis.  Caveatis  ab  omnibus 
tarde  digestibilibus  a  caseo  antiquo  notabiliter  et  a  lacte  et  illa  quae  come- 
detis,  sint  actu  calida  bene  digestibilia  et  quod  a  primo  comedatis,  quando 
stomachus  et  intestina  superiora  a  fetoribus  sint  evacuata.  Et  haec  brevia  pro 
honore  vestra  et  vestrae  sanitatis  conservatione  pro  praesenti  sufiiciant,  offerens 
me  ex  convenienti  ad  quaevis  vestra  bene  placita  pariter  et  mandata,  per 
vestrum  Johannem  Meurer  Medicinae  doctorem. 


Wie  schon  im  Texte  kurz  zum  Ausdruck  gebracht  (S.  104),  ist  dies  Ge- 
sundheitsregiment Dr.  Johann  Sprottaus  gen.  Meurer  aus  Crossen  gewiß 
nicht  das  unbedeutendste  in  der  langen  Reihe  von  Anweisungen  zur  Bewahrung 
der  Gesundheit,  fiir  hohe,  höchste  und  allerhöchste  Herrschaften,  die  einen  so 
breiten  Raum  in  der  medizinischen  Literaturgeschichte  des  13.  und  14.  Jahr- 
hunderts einnehmen.  Es  zeichnet  sich  durch  einen  guten  Blick  für  das  Wesent- 
liche und  einfache  klare  Darstellung  aus,  vermeidet  allen  Autorenkram  und 
alles  gespreizte  Gelehrttun,  beschränkt  sich  vielmehr  auf  einfache  prä/.ise  An- 
gaben,  die   aber   auch   das   unscheinbarste  Detail  nicht  verschmähen,   wenn  es 

')  Ubes  gleich  tcbcs,  eiserner  Kessel. 

')  palatiimf  die  Lesung  paulatim  ist  aber  nicht  zweifelhaft. 


20S  *••    ^"  Ucsundhcüsregimcnt. 

dem  Aritc  von  Wichtigkeit  scheint.  Natürlich  kann  der  ruhig  denkende  Mann 
aus  seinen  Zeitansichten  nicht  heraus.  GewiÜ,  daß  das  Fußbad  die  höheren 
Sinnesorgane  und  das  Gedächtnis  starke,  wirkt  auf  uns  erheiternd,  aber  wir 
freuen  uns  auch  wieder  der  gesunden  Anschauungen  über  Nahrungsdiätotik. 
Die  Notwendigkeit  einer  Schlafmütze  will  uns  nicht  einleuchten,  aber  die  sonstigen 
Anweisungen  über  die  Diätetik  der  Nachtruhe  scheinen  uns  wieder  nicht  übel 
beobachtet,  wenn  es  auch  nicht  gerade  alles  auf  Meurers  Konto  gesetzt 
werden  dart",  der  mehr  eine  vernünftige  Auswahl  unter  mancherlei  Vorschriften 
seiner  Vorgänger  und  Zeitgenossen  getrofl'en  hat  —  für  jene  Zeiten  schon  kein 
kleines  N'erdienst  Kurz,  die  kleine  Schrif'  in  ihrer  schlichten  Sachlichkeit 
scheint  mir  zum  Besten  zu  gehören,  was  von  medizinischer  Seite  im  i  5.  Jahr- 
hundert in  Leipzig  geschrieben  ist. 


7. 

Ärztliche  Ratschläge  für  die  Reise  für  einen  sächsischen  Herzog, 
anscheinend  aus  der  2.  Hälfte  des  14.  Jahrhunderts. 

In  nomine  domini  amen.  Regimen  ordinatum  pro  duce  Saxoniae 
transeunti  ad  regem  Ungariae,  Roraanorum  etc.  Primo  incipiendum 
ab  aere  et  merito,  quia  secundum  Galienum  nono  terapeutices  aerem  volimus 
sive  nolimus  unicuique  concedimus  et  nichil  est,  quod  corpus  forcius  et  cicius 
s  juvaret  quam  aereni,  qui  per  os  et  nares  cor  et  arterias  inspirando  pervenit  cum 
qualitatibus  suis  et  per  omnes  venas  sive  arterias  totius  corporis  diffundatur 
et  spiritibus  omnibus  corporis  miscetur,  per  quos  omnis  actus  vitae  corporalis 
perficitur,  igitur  aer  maxime  est  considerandus.  Prima  igitur  regula  sit,  quod  aer 
calidus  et  siccus  aestimetur.  Tempore  quietis  debet  obtemperari  frigidis  et  humidis, 

10  sie  quod  cum  extremitatibus  Salicis  et  pirorum  etc.  camerae  struantur  vel  cum 
aqua  rosarum  recreentur.  Tempore  vero  hyemis  ad  aliqualem  caliditatem  aer 
declinat,  sed  temporibus  aiijs  in  calore  aer  fit  equalis.  Secunda  regula,  in  calore 
itinerantes  summe  studeant,  ut  bona  et  decenti  coopertura  capita  sua  tegant  ut 
pileis    vel    panno    lintheo    sive   serico    subtili,    ne    sol    sua    excessiva    caliditate 

16  cerebrum  impediat  et  sitim  nimiam  generat  vel  fortasse  mentem  perturbet. 
Tertia  regula,  in  ho.spiciis  evitentur  camerae  vel  habitatione.s  antiquo  testitu- 
dinatae,  antiquis  muris  circumdatae  in  quibus  scorpiones  et  araneae  consueverint 
gcnerari.  Item  optime  purgentur  coquinae  et  cellaria,  in  quibus  cibaria  et 
potagia  pro  domino  et  sua  faniilia  debent  adaptari  et  reservari,  ne  alia  reptilia  et 

20  ve<ne)nosa  inferre  possint  nocumentum.  Quarta  regula,  vitentur  loca  fetida 
nebulosa,  caliginosa  et  pestifera.  Et  si  transire  contingat  per  talia,  habeatur 
pomum  odoriferuin  ambrae  in  manu.  Et  possit,  si  placeret,  fieri  pomum  contra, 
pestilentiam  et  aerem  corruptum  tempore  aestivali  in  hunc  modum:  I^  torraen- 
tillae,    corticis  citri,  ossis  de  corde  cervi  boli  ar^meni)  ana  7<i.    ligni    aloes    .^ij, 

»5  camphorae  Ki,  ambrae  griseae  ,>  semis,  musci  electi  3  semis,  gariofili,  nucis,  muscatae 
galliemustis  ana  5s,  laudani  purissimi  ji,  addatur  pars  terebintinae  et  cum  aqua 
rosarum  omnia  aromata  incorporentur  et  fiat  pomum  cum  pistello  calido  etc. 
Pauperibus  posset  fieri  odöramentum  ad  tostam  panis  intinctani  aceto  etc. 


Bl. 


Secundo  videndum  est  de  cibo  et  potu.  De  illis  in  praesenti  tales 
considerantur  regulae.  Prima  nutrimenta  iterrantibus  debent  esse  bonae  substantiae 
et  digestionis  et  non  multae  quantitatis,  scilicet  ut  faciliter  digerantur  et  super- 
fluitates  in  venis  mihi  non  congregentur,  vitentur  ergo  olera  et  fructus  et 
lacticinia,  nisi  forte  per  viam  medicinae  comedentur.  Prima  regula  est,  men- 
sura  cibi  talis  in  via  existat,  ne  stomachum  aggravet.  Et  potus  alias  non  in 
stomacho  fluctuet,  quia  dicit  Avicenna,  deterior  est  comestio  quod  stomachum 
aggravat,  sicut  deterior  est  potus  qui  temperamentum  egreditur  et  in  stomacho 
natat.  Secunda  regula  viatorum,  antecjuam  de  hospitio  recedatur  soluin 
parumper  comedat  et  vinum  limphatum  bibatur,  sive  ad  unum  omnia  vel  in 
consimili  quantitate   de  alüs  cibis  vel  usque  ad  hospitium  exspectetur,  si  com- 


I'  ' '    KaUchllige  tttr  die  Reise  Air  einen  süchsischen  Herzog. 

«fi  m. 'li'sc  liiri  p.  lest.  Aliqui  namque  homines  adeo  rari  sunt,  qui  cum  equitant 
et  in  et.>ruin  intcrioribus  vel  niateria  existat,  niultuin  rcsolvuiuur  et  deliilitaii- 
lur  quantuni  nun  faciliter  rcstaurantur.  Krit  igitui  neccssaiie  sunierc  ex  i  ibn 
aliquantuluni  solum,  ne  cibus  inundet  in  stoniaclio  el  fluctuet  et  pausent 
post  hoc,   donec  cibus   aliqualiter   descendat.      Tertia   regula,    cibaria    tempore 

t&  calido  debent  esse  aolu  et  pntentia  frigida,  ut  debent  esse  mullum  Salsa  nee  acuta 
nee  dulci.i,  vitentur  igiiur  species  forles  siiut  piper,  gariofili,  galangae,  sinapi. 
Item  sive  condiantur  cibaria  cum  acelo  et  agresta,  si  placet  cum  speciebus  dul- 
cibus  et  non  fortis  ralefactionis.  Quarta  regula,  praecepta  stoniachi  debilitatc 
partiatur  cibus  rectu  soliti,  ita  quod  portin  quae  in  vire  una  prius  accipiebatur. 

10  in  duas  partiatur  sie  melius  digcratur.  Circa  putuin  specialitcr  Cdiisiderandum 
est,  quod  itinerantis  tempore  cautius  (?^  bibere  debent  vinum  limphatum  albuni 
cum  bona  et  clara  aqua.  Eligatur  igitur  aqua  melior  quae  haberi  potuerit  in 
terris,  in  quibus  dc^minus  cum  suis  manet,  pro  limpha  etiam  et  pro  decnctione 
ciborum.     Sed  ijuia   in  Ungaria   ut  intelle.xi   sunt   plures  aquae  sulfureae,  quae 

SS  ad  quantum  possibile  est  evitentur  et  aquae  meliores  cum  summa  diligentia 
considerantur  et  iissumantur.  Vina  etiam  sulfurea  ibidem  existentia  evitentur 
pro  posse,  quia  sunt  multun\  calefactiva  et  exsiccativa  et  sie  [208'']  opi- 
lationum  et  febrium  generativa.  Adducantur  igitur  bona  et  electa  vina  de 
Austria.    Contra  taleiii  maliciam  aquae  et  vini  valet   eomedere  eepas  cum  aceto, 

«0  quia  secundum  Aviqennam  sitim  ainputant,  fastidium  removent  et  excitant 
appetitum.  Item  ad  extinguendum  sitim  potest  assumi  in  via  lapillus  cristal- 
linus  latus  et  tritus  et  in  '>re  retineri,  aut  abluatur  ()S  aqua  frigida  quae 
habeatur  et  pannnper  ex  ea  deglutiatur  vel  vapor  aquae  frigidae  circa 
fonlem    frigidam    assumatur.     Et    nun    subito   post   calores   aqua   frigida  multa 

es  bibatur,  quia  o])ilationes  generat  et  ^h^j^dropisiin.  Item  pro  siti  extinguenda 
sumatur  succarus  msarum  in  quantitate  nucis  magnae  etdissolvatur  cum  aqua 
frigida  et  bibatur.  Istud  stumacluini  confortat  et  sitim  reprimit  calnrein  extraneum 
extinguendo  etc. 

Tertio  videndum  est  de  motu  et  i|uiete.     Pro  illo  prinm  talis  datur 

711  regula,  quod  cum  a  motu  et  via  ad  hospitium  pervenitur,  nun  eomedatur  nisi 
post  aliqualem  cjuietem.  Nam  dicit  Damascenus  in  nimii  >  exercitio  positus  ante 
cibuin  parum  quiescere,  otiosus  vero  exereeri  oportet.  Os  cum  aqua  frigida  abluatur 
et  non  transglutiatur  de  ea,  ali;is  extrema  etiam  et  facies  cum  aqua  recenti 
abluantur,  deinde   ad  comestionem  aecedatur  et  post  hoc  de  eibis  consuetis  et 

7S  bonis  refeetio  fiat.  Secunda  regula,  si  sitim  quis  magnam  vel  debilitatem  tirauerit, 
non  inmediate  post  cominestionein  ambulet,  sed  per  aliquas  huras  pausetur, 
quia  mi  itus  factus  statim  pi  ist  ci  unestii  mem  sti  imachum  inflat  et  cibum  de  latere 
ad  latus  movet  et  sie  male  digerit.  Tertia  regula,  si  comm<idose  fieri  potest, 
non  fiat  cum  fastidio  et  nausea  iiineratii  >,  sed  tarn  diu  a  motu  cessetur,  donec 

80  fastidium  removeatur  et  appetitus  excitetur.  Nam  ex  illo  iuneturarum  dolores 
splenis  et  epatis  durationes  (?)  et  morbi  melancolici  et  flegmatici  generantur. 
Quarta  regula,  post  magnum  motum  et  fortem  vitetur  usus  piscium,  nam  dicit 
Avicenna,  pisces  quoque  et  quae  eis  similantur  post  laboriosum  excercitium 
edendi  non  sunt,  corrumpentur  enim  et  cfirrumpuntur  huraores. 

Bl.  2o8^ 

85  Quarte  videndum  est   de   repletione  et  evacuatione    et  balneo. 

Pro  illo  primo  datur  regula  secunda  superius  posita  de  cibis. 

Secunda  regula.      Ex   cibo  non   ad  tantam  repletionem  perveniatur.      Et 

penitus  saturitas  fiat,  )'m^m)o  comedendum  est,  ut  reliquae  appetitus  adhuc  in 

stomachi  remanentium ,    sieut    vult    Avicenna.      Etiam   multiplicatio    diversorum 

»0     ferculorum  in    eadem   mensa    et   cum   hoc  comedendi  prolongatio  summe  sunt 

vitanda.    Nam  nihil  deterius  est  quam  diversa  nutrientia  simul  adjungere  et  cum 


;'.    Arztliche  Katschläge  für  die  Reise  für  eioen  sächsischen  Herzog.  207 

hoc  comedendi  tempus  prolongare.  cum  enim  postremum  nutriens  advenit,  iam 
primum  incipit  digeri,  nutrientium  ergo  partes  in  digerendo  nrni  similantur. 
Tertia  reguia,  hora  maioris  refectionis  et  repletionis  itinerantium  debet  esse  hora 
cenae  sive  serotina,  quia  frigiditas  aeris  calorem  conforraans  naturalem  sub- 
sequitur  et  quies  et  tranquillitas  mentis  et  SDmpnus  noctumus,  quae  orania 
digestionem  faciunt  meliorem.  Item  de  balneo  itinerantium  dicit  Avicenna,  quod 
multi  sunt,  quibus  in  via  ex  calore  accidat  nocumentum,  quorum  dispositiones 
redeunt  exvacationem  in  aqua  frigida,  sed  melius  est  ne  cito  hoc  fiat,  sed  parum 
expectat,  deinde  Ordinate  ad  ipsum  accedat.  Istud  intelligitur  de  juvenibus 
robustis,  qui  fortem  habent  calorem  et  stomachum  et  epar  fortia,  de  debilibus 
autera  et  infirmis  aliter  sentiendum  est.  Item  balnea  aquae  calidae  pro  parte 
postponantur,  quia  ex  diversis  quandoque  morbidis  tales  inficiantur,  quandoque 
alii  e.x  pestilentia  et  cetera. 

Circa  primam  regulam,  quae  est  de  stomachi  aggravatione,  sciendum 
quod  si  nausea  et  gravitas  in  stomacho  perciperetur,  mu.\  vomitus  pro  posse 
erit  provocandus,  quia  illis  est  sublimis  medicina.  Nam  dicit  Avicenna  quarta 
primi  capitulo  secundo,  quod  vomitus  evacuat  flegma  et  coleram  et  mundi- 
ficat  stomachum  et  removet  gravitatem,  quae  accidit  capiti,  clarificat  Nisura  aufert 
fastidium,  confert  lassitudini  et  est  medicamentum  maliciae  caloris  et  securat  ab 
eventu  aegritudinum  cronicorum.  Si  igitur  faciliter  fieri  potest,  semel  in  mense  fiat 
vel  quando  fuerit  necessarium  et  potest  fieri  cum  penna,  quae  intingatur  in  olco 
olivarum  et  aceto  et  ad  coUum  introraittatur,  vel  sumatur  unus  bonus  haustus 
aquae  et  quarta  [Bl.  209''j  pars  aceti  et  parum  olei  et  totum  tepide  ebibatur 
et  post  comestionem  ad  duas  horas,  quando  graxatio  stomachi  sentiatur,  prius 
cum  digito  vel  penna  vomitus  provocetur  vel  sie  sumatur  succi  corticum 
radicis  sambuci  ^l,  misceatur  cum  parvo  hausto  aquae  tepidae  et  sie  tepide 
bibatur.  lUud  vomitum  aliqualiter  fortius  sed  licet  tempore  necessitatis  secum 
fieri  possit.  Item  intendatur  ad  mundificationem  ventris  a  faecibus  quod  etiam 
fieri  potest  cum  suppositoriis  et  cum  clisteriis  de  communibus  rebus,  quando 
placet,  intendatur  etiam  ad  expulsionem  urinae,  sputi  vel  aliarum  superfluitatum, 
cum  necessarie  fiierit. 

Quinto  et  ultimo  videndum  est  de  sompnu  et  vigilia  et  de  animae 
accidentibus.  De  illis  prima  regula  est  talis,  quod  sicut  mediorcis  sompnus 
sive  prolixus  et  non  profundus  virtutes  fortes  efficit,  ita  ergo  contrarius  debilitat, 
quia  totum  corpus  humectat  et  cerebrum  et  reumatismos  facit.  Secunda  regula, 
dormitatio  diurna  vitetur,  nisi  repugnaret  vigiliae  prolixitas  in  nocte  praecedenti. 
In  die  autem  dormire  malum  est  et  ad  malas  praeparat  aegritudines.  gene- 
rat  autem  morbos  humectationis  et  reumatismos  calidos  corrumpit,  gravat  splenem, 
laxat  nervös,  efficit  pigritiam,  tertia  primi  capitulo  nunc,  tertia  regula,  non  est 
dormiendum  post  cibum  statim,  non  saltem  post  duas  horas  et  tres;  cum  som- 
pnus advenerit.  mox  sibi  locus  tribuatur.  Melior  autem  est  sompnus  moderatus 
nocturnus,  nam  sub  silentio  noctis  nee  occupationibus  nee  clamoribus  nee 
lumine  solari  sompnus  interrumpitur,  qui  talis  sompnus  ad  bonam  et  optimam 
digestionem  cooperatur.  Quarta  regula:  sompnus  naturalis  in  aestate  octo  horas 
non  excedat.  In  hieme  sufficit  dormire  novem  horas,  notandum  tarnen,  quod 
in  Omnibus  istis  et  praehabitis  consuetudi),  licet  aliqualiter  sit  mala,  tamen  subito 
non  erit  postponenda,  nam  dicit  Ypocras:  Ex  multo  tempore  consueta,  et  si  sint 
deteriora  inconsuetis,  minus  molestare  consuetis.  Et  mala  consuetudo  suc- 
cessive  et  non  [Bl.  209'']  subito  erit  removenda.  Item  avertantur  animae 
accidentia,  pro  quibus  sciendum  quod  ira,  angustia,  tinior,  pussilanimitas  et 
tristiciae  et  nimiae  occupationes  omnino  debent  posttergari.  Nam  huiusmodi 
inclavamentum  ['f]  efficiunt  secundum  Ypucratem.  cum  gaudio  igitur  et  pulchro 
solacio  vita  erit  prolonganda  et  sanitas  conservanda. 


JOS  -       \i  !ii.)ir   Kiiv.iw.-.    t.  1   .!..•  Heise  filr  einen  s&chsiscben  Herzog. 

>ciiiMi  iKT  .~-.nuiiuui.iiui.  urr  uns  dies  Schriftstück  aufgewahrt  hat ';,  niaclit 
seine  Leipziger  Provenienz  wahrscheinlich.  An  Joliann  I^leurer  als  Verfasser 
ist  nicht  wohl  zu  denken,  denn  von  einer  Reise  Friedrichs  II.  nach  Ungarn 
ist  mir  nichts  bekannt  geworden.  Es  dürfte  sich  um  die  Anweisung  für  eine 
Reise  eines  seiner  Sohne  zu  dem  König  Matthias  Corvinus  von  Ungarn, 
der  145S — 1490  regierte,  handeln,  aus  den  Jahren  1465 — 1475;  nennenswert 
spater  ist  die  Kntstehung  dieses  Gutachtens  wohl  nicht  anzusetzen.  Wenn 
Zeile  17  die  .Anweisung  gegeben  wird,  sich  von  altem  Gemäuer  als  Aufenthalts- 
ort zu  bcw.ahren,  wegen  der  darin  weilenden  Skorpione  und  Giftspinnen,  so  ist 
wohl  ein  ärztlicher  X'erfasser  anzunehmen,  der  in  Oberitalien  oder  Montpellier 
studiert  halte  und  danach  annehmen  mochte,  daß  auch  in  Ungarn  solche  un- 
gebetenen Gäste  sich  in  den  Reiseherbergen  lästig  machen  konnten. 

Auch  dies  Schriftstück  zeigt  einen  gesunden  Wirklichkeitssinn,  Phrasen- 
freiheit und  die  Fähigkeit  die  überkommenen  wissenschaftlichen  Lehren  ge- 
schickt für  den  Spezialfall  umzumodeln  und  zur  Anwendung  zu  bringen.  Steht 
es  auch  nicht  allein  da  in  seiner  .Art'-\  so  sind  doch  motivierte  ärztliche  X'erhal- 
tungsmaßregeln  für  die  Reise  nicht  gerade  häufig.  Die  vorliegenden  beschränken 
sich  mit  großer  .Ausschließlichkeit  fast  allein  auf  das  diätetische  Gebiet,  und 
sind  hierin  von  großer  Ausführlichkeit,  wahrend  z.  B.  die  wenige  Jahrzehnte 
früher  geschriebenen  ärztlichen  Anweisungen  für  Seereisen  des  Altwiener  Pro- 
fessors Galeazzo  di  Santa  Sofia  (t  1427)')  auch  eine  ganze  Reihe  von 
Rezepten  für  Notfalle  enthält,  was  ja  auch  für  längere  Seereisen  durchs  Mittel- 
meer nach  dem  heiligen  Lande  und  zurück  zweckmäßig  war.  Man  versorgte 
sich  mit  den  .Arzneimitteln  schon  in  Europa  vor  Beginn  der  Reise,  da  von 
Schiflsarzten  natürlich  keine  Rede  und  auch  in  den  Küstenstädten  und  im 
Inneren  des  heiligen   Landes  auf  ärztliche  \'ersorgung  kaum  zu  rechnen  war. 

Jedenfalls  scheint  mir  auch  dieses  Schriftstück,  wenn  gleich  mehr  im 
Banne  der  Schulmeinungen  als  das  im  vorigen  Abschnitte  besprochene, 
immerhin  noch  kein  übeles  Beispiel  abzugeben  von  dem  praktischen  Sinn  und 
dem  gesunden  Menschenverstand  der  bei  den  Ärzten  im  Meißnischen  im 
15.  Jahrhundert  geherrscht  hat. 


'j  Ms.  1227  der  Leipziger  Universitätsbiblioüiek  Bl.  207' bis  209';  vgl.  vorn  S.  106  bis  iii. 

')  Man  vergleiche  z,  B.  das  „Regimen  iter  agentium"  im  QJnün  des  Ihn  Sinä  Buch  I,  Fen  3, 
Doctrioa  V,  Cap.  3 — 8. 

')  Vgl.  Leopold  Senfelder,  Galeazzo  a  Sancta  Sophias  angeblicher  Traktat  über  die  See- 
krankheit.    Wiener  klinische  Kundschau   1898  Nr.  41  u.  42. 


Namenregister. 


Abano,  s.   Peter. 

Ailam,  Balbierer  in  Leipzig  91. 

Adam,  Melchior   125,    137. 

Aegidius  von  Coloniia  (Roma- 
nus)  113. 

Acs;idius  von  Corbeil    18,    19. 

Albertus  magnus   18. 

Albreclit,  Herzog  von  Sachsen 
39.   104. 

Aldchennc,  Hans  91. 

Alexander  V.,  Papst  4. 

Alvenslebcn,  Pascha  von   71. 

Anselm  von  Frankenstein  4. 

Aristoteles  5,    16,    18,   ig,   154. 

Arnold  von   Villanova   133. 

Auerbach,  s.  Stromer. 

Averroes    19. 

Avicenna  (Ibn  Sina)  13,  15,  16, 
18,  10,  III,  123,  124,  146, 
151,    155,   186. 

Bährens  59. 

Barth,  Michael  23. 

Bartholomäus  Anglicus   120. 

Bartholomäus  Fr)so,  Karthäuser 
Pater    131. 

Bartholomaeus    von    Salerno    16. 

Bauch,  Gustav   130. 

Bayern,  Frau  von   78. 

Becke  von  Schmiedeberg,  Va- 
lentin 10,  II,  14,  64,  65,67, 
68,  70,  80,  82,  83,  84,  94—99, 
131,   182  ff. 

Benzi,  Hugo   16,  55,    108. 

Bernhardinus,  Dr.  66,  67,  81. 

Biborger,  Nicolaus   109. 

Bicci,  Lorenzo  di  20. 

Boethius  ;,   1 54. 

Boerner,  Friedrich    125. 

Boner  von  Landau,  Andreas  177. 
Studien  zur  Geschichte  der  Mcdizi 


Borner,  Kaspar  56. 
Boysen,  Karl  9. 
Brandts,  M.irkus  41. 
Brandts,   Moriz   12S,    140. 
Brandt,  Marcus   137. 
Breitenbach,  Dr.  jur  Johann  von 

42.   175- 
Breunsdorf  von  Leipzig,   Gregor 

177- 
Brunschwig,  Hieronymus   118. 
Brunss,  Georg   177. 
Brunswigk,  Konrad   i  76. 
Buch,  Abbas  de   109. 
Burkard  von  Konstanz  80. 
Busche,  Hermann  vom  115,  151, 

»55- 

Carion,  Johann   151. 
Caspar,  Dominus  66. 
Choulant   114,    il". 
Celtis,  Konrad  41. 
Cermisone,  Antonio   108. 
Cleyne,  s.  Kleine. 
Collenutius,  Pandulphus   141. 
Conradi,  Johannes,  von  Kalten- 

brunn    175. 
Constanlinus    Africanus    16,    18. 
Cran.ich,    Lukas,  der  Ältere  70, 

96,  97,   145- 
Crescentiis,  s.  Petrus. 
Creußner,  Friedrich  125, 126, 130. 
Currifex,  Currificis,  s.  Wagner. 
Czekler,  Alexander   177. 

Damianos  20. 

Deinhard ,  Dr.  Konrad,  6,  10, 
59  83. 

Despars,  Jacques    13,  55. 

Deubinger,  Mag.  P.iter,  s.  Tü- 
binger. 

.    VIU. 


i  Deussen,  E.  86. 
Dcynhardi  von  Wetter,   Konrad, 

s.  Deinhard. 
Dietrich,  Markgraf  93. 
Diiio  di  Garbo  55. 
Dollhopf,  s.  Tolhopf. 
Drobisch   7. 

Eck,  Paul,  von  Sulzbach  125,  126. 
Eissenmann,  s.  Eyssenmann. 
Erhardt,  Kanzler  77,   78. 
Erler,  G.  6,  7,   17,  53,   103. 
Ernst,    Kurfürst   u.  Herzog  von 

Sachsen  39,    104. 
Euderitzsch,   Dr.  Johannes  93. 
Euklid   5. 

Eulenburg,  Franz  7,   14. 
Eyssenmann,  Simon   128. 

Faber  von  Budwcis,  Wenzeslaus 
41,  68,  69,  71,  83,  1 1 1,  125, 
126—128,   150. 

Fabri  von  Sagan,  Nicolaus  4,  6. 

Fabri,  Wenzeslaus  10,  s.  Faber. 

Feller   16,   19. 

Flegk,  Vitalis,  von  Borna  60. 

Flührer,  Konrad    i". 

Fluther,  Konrad   1 7. 

Förstemann  89. 

Fohrenberg  de  Nurenberg,  Joh. 
60. 

Forenberger,  Johannes,  s.  Fohren- 
berg. 

Freitag,  Rudiger  93. 

Friedberg,   Emil  42,   56,    175. 

Friedrich  H. ,  der  Sanftmütige, 
Kurfürst  u  Herzog  v.  Sachsen  8, 
54,  62,  63,  104,  105,  200,  208. 

Frj'so,  s.  Bartholomäus. 
■4 


N'atuciirrgislcr. 


I  u.l.v    C.   II.    I3^.     140.    141, 

>S'.    «5J- 
Kuch»,  Rob«rl   110. 
Kubrmiinn,  Johann  00. 

Galenns    13.     id,     18,    55,    124, 

146,    151. 
Grnlilc  da  Koücno  13,  108,  124. 
Gcot^,  Hcriog  von  Sachsen  42, 

45.   '-5- 
Gcnrgius  de  Monlcferrato   1 1 7. 
<ienüdus  de  Solo    16,   18,    19. 
Gerstniann,  Nicolaus    1*. 
Gilbertus   18,   19. 
Gladenstcdt,  s.  Gledciistcde. 
Glcdenslede  von  SaUwcdel,  Hcl- 

mold   4,  5,  6,  9,   10,   12,   15, 

2».  3'.  32.  'oo — '°3- 
Golaw,  Kicolaus  61,  62. 
Gordon,  Ifcriihard    18,    1 1 1 . 
Gothaer  Arzneibuch    198. 
Greef  98. 
Grcgorii   116,   117. 
Grcve,  Mag.  Heinrich,  Kaplan  1 76. 
Grossmano ,     Magi.^tcr    Johannes 

109,    1 10. 
Grüninger   116,    118. 
Grüner  124,   147. 
Guainerio,  Antonio    189,   190. 
Guntherus  piscator   110. 
Guorras  von  Konstanz,  Uurkhard 

65- 
Guorus,  s,  Guorras. 
Gurlitt,  Cornelius   96. 

Uaebler,  Konrad  41,    125,   137. 

Haldenhnf  von  Thorn,  Wilhelm 
10,  II,  12,  43,  44,  57.  71, 
72.  -3.  75.  84,  143,  >S2.  '54. 
178. 

Hallenhoff,  s.  Haldenhoff. 

Haller,  Albrecht   114. 

Hallcr,  Vicencius  4. 

Hans,  Minster  91. 

Hartlieb,  Johann    120. 

Heinrich    IX.    von    Plauen    197. 

Heinrich ,  Herzog  von  Schlesien 

39- 
Hclain,   Richard    118. 
Helmold  vonSalzwedcl,  s.Gleden- 

stede. 
Henning   de    Haynis,    Or.  Job, 

Kaplan  84,   176. 
Henri  de  Moodcville  119. 


Honruus  de  Ribbenicz    1."*. 

Hcrfail  von  I.obosiU,  Anilirosius 
61. 

Herold,  Joh.   17. 

Hcrtil  von  Jauer,  Thom.is  (>i. 

Hildebrandt  de  Crossin,  Ur.  Gre- 
gor 40. 

Hilden,  Johann  4,  6. 

Hippokratcs   13,  16,  19,  55,  138, 

13'.'.   '52 
Hogenlfcrkc,  Gerhard  4,  12,  100. 
Hohenkirch,  s.   Hogcnkerke. 
Hoppe,  Johann,  v.  Jüterbock  6. 
Hugo  von  Siena,  s.  Bcnzi. 
Hundt  Magnus  72,  84,  1 15  — 121, 

'23,    151. 

InihofT,  Konrad,  von  Framcrs- 
bach  (alias  de  l.or)  88. 

Jakob  von  ForU  55,   108. 
Jacobus  de  Gubin    iio. 
Janus    Tolnphus  40. 
Joachim,  Kurfürst  von  Branden- 
burg  151. 
Johann   Hilden  4. 
Johann  v.  Landsberg,  s.  Wagner. 
Johann  von  Tornamira  3. 
Johannes,  der  heilige  20. 
Johannes  Jacobi    l'jg. 
Johannitius  (Honein)   18. 
John,  Johann   Dionys  27. 

Kaminlus   199. 

Kanut   199. 

Kaspar,  Dr.,  s.  Molitoris. 

Kegler,    Kaspar    von  Tiersheim 

48,  75,  84,  117,  123,  138,  170. 
Ketham,  Joh.  von   117,    123. 
Kiliani,  Thomas  66,  67,  80. 
Kleine  von  Lob.tu,  Joh.  103,  199. 
Kortum   59. 
Korze  von  Breslau,  Franz  6,  10, 

II,   12,  62,  63. 
Kosmas  20. 
Kunlz,  Johannes  5. 
Kurz,  Franz,  s.  Korze. 
Kynst,  s.  Kuntz  5. 
Kyros,  der  heilige  20. 

Lamme,   Heinrich  3. 
I^ndisberg,    Martin,    von    Würz- 
burg  122,    126,    133,    153. 
Landsberg,  Dr.,  s.  Wagner. 


l.omlioi|;iT.   licorg  98. 
Lciigenhoini,  Ji>.  Christian    121. 
l.eoniccMO,  Nicolo  136,  137,  138, 

13«),    140,    141,    151,    152. 
Leymbach,  Georg    128. 
Licius   I  23. 
Liniholz   v.   Mülilbcrg  Johannes, 

Kaplan  43,    176. 
Lobedans  in  Mittweida   110. 
l.or,  de,  s.   IniholT. 
Lorcnzo  di   liicci   20. 
Loiter,  Melchior   113,   115,    120, 

121,  147. 

Lubertus  de  Oscnbrug  4,  6. 
Ludwiger,  B.illha.scr  48,   7(1,   84, 

170. 
Lurz,  Hermann   14. 
Luther,     Ilans,     Apotheker     /.u 

Leipzig  78. 

Manardi,  Giovanni  146,  147,  148, 

151. 
Marco  Giovanni  da  Siena    10(1. 
Malteo  Giovanni    da   Siena    106. 
Matthias    Corvinus,    König    von 

Ungarn  40,  208. 
Meilerstadt,  s.  Pollich. 
Mcrzdorf,  Theod.    114,    116. 
Merzcborch  de  Siend.il,  Jacobus  6. 
Mcsebcrg  von  Stendal,  Jakob  6, 

7,    10,    11,    I-,    i'i,  24,  57,  58, 

59,  K  03- 
Mescberg,  Leonhard    176 
Messko  von  Schweidnitz,  Johann 

61. 
Mesue    16,    iS. 
Meurer,  Johann  Dr.(Sprottaw  gen 

Meurer)  von  Crossen  6,  7,  10, 

17,     19,    61,    62,     103 — 106, 

186,   200 — 204,   208. 
Meynharl.Andreas,  von  Pirna  177. 
Misch,     der    Wundarzt     Lorenz 

Ol. 
Molitoris,  Dr.  Kaspar  aus  Brauns- 

hcrg  43,  71,  77,  78,  III,  176. 
Mondino  dei  LuzzI    16,    18,    117, 

122,  123,    124,    133. 
Monctarius  s.   MUnzemeister. 
Monlagnana,  Barlolomeo    108. 
Monlagnana,  Pietro  di   122. 
Moriz  von  Sachsen    171. 
Mormann,   Dr.  Joh.    66,  67,  81. 
Morsiano  da  Imolc,  I'iotro  Andrea 

"7,   >23- 


Namenregister. 


211 


MüiiUinoistcr,  llaiis   17. 
MUnzenicister,  Dr.  Nicolaus,  Arzt 

in  frcibcrg  (Monctarius)    106, 

107,    108,    III. 
Mundinus,  s.  Mondino. 

Nicolaus  Praepositus   18. 
Nicolaus   Schultet!   de   Franken- 

vordis  6. 
Nicolus  Florcntinus   16. 
Niesemann,  Dr. med.  Konrad,  von 

Großlankheim   12,  60,  74,  75, 

180. 
Noricus,  s.  Tockler. 
Numburg,  s.  Voigt. 

Ocfele,  Felix  Freiherr  von    108. 
Oschitz,  Dr.,  s.  Salhauscn. 

Paracclsus  92. 

Partibus,  Jacobus  de,  s.  Despars. 

Pascha  von  Alvensleben,  s.  Alvens- 
leben. 

Paulikow,  Peter  von  6,  17, 18,  19. 

Paulos  von  Aigina   151. 

Pawlicow,  Peter,  s.  Paulicow. 

Payne,  J.  F.   119. 

Peter  von  Abano   146,  186,  191. 

Peters,  Hermann  21. 

Petrus  de  Crescentiis   184. 

Peyligk,  Bartholomäus   113. 

Peyligk,  Johann  von  Zeitz  113  bis 
121,    122,    123. 

Pflug,  Ritter  Otto  77. 

Pick,  Friedel  27. 

Pico  de  la  Mirandola,  Graf  Gio- 
vanni 124,  130,  135,  140,  142, 
145     146. 

Pisloris,  Benedikt,  s.  Stacts. 

Pistoris,  Christoff  95,  97,  98, 
182—184. 

Pistori.s,  Martha  geb.  Schmiede- 
berg 94,  95,  97. 

Pistoris,  Nicolaus  6,  7,  12,  58, 
60,  65,  83,  91,  94—99,   137. 

Pistoris  aus  Leipzig,  Simon  10, 
II,  24,  47,  48,  53,  67,  68, 
70.  73.  74.  79.  81.  83.  85, 
94—99.  "3.  133.  13^  154, 
179— 181,   182  —  184,   '86. 

Platearius  19. 

Platner,  Joh.  Zach.   121. 

Plauen,  edle  Frau  \on  103,  192 
bis   199. 

Plauen,  Vögte  von  62,    197. 


PIcu,  Mejufrou  van   196. 
Plinius   16,    17,    140,    141. 
Poliziano,  Angclo   136. 
Pollain   137. 

Pollich   von  Mellerstadl,   Martin 
68,73,83,  113,  122  —  152,179. 
Poscidonios    1 20. 
Posern-KIctt  104. 
PrantI,  Karl    1 17. 
Proctor  138. 
Proles,  Ursula  97,  98. 
Prutenus,  Wilh.,  s.  llaldenhoff. 

RabI,  Karl   113,   123. 

Rases  (ar-Razi|  13,   19,  55,  iii, 

124. 
Rau,  M.ig.  Michael,  Kaplan    177. 
Rebnicz   18. 
Regel   198. 
Reichenbach     von    Schweidnitz, 

Stanislaus  67,   81. 
Relnharl,  Dr.  Johannes,   Kaplan 

43.    '76. 
Reisch,  Gregor  118,   119. 
Reynhart,  s.   Reinhart. 
Ricardus,  Anglicus   123. 
Riesenburg,  Anna  von   197. 
Rochobonella,  Petrus   108. 
Roth,  Sebastian    164,    166. 
Ruflinus   191. 
Rufus   1 90. 

Sacrobosco,  Johann  von   88. 

Salhausen  von  Oschatz,  Nikolaus 
61,  62,  65,  66,  80,  81,  82. 

Santa  Sofia,  Galeazzo  di  208. 

Sartoris,  Heinrich  von  Braun- 
schweig 76. 

Sartoris,  Henning   76. 

Sartoris,  Ludwig,  von  Görlitz  76. 

Savonarola,Micaele  103, 187, 189. 

Schedel,  Hartmann   28,   29. 

Schedel,  Hermann  28. 

Scheibe,  Heinrich   175. 

Schleinitz,  Gugold   von  40 

Schiltel,  Dr.  Georg  (aus  .\mberg) 
23,  48,  79,  86. 

Schiltel  aus  Hambach,  Georg,  s. 
d.  vorhergehenden. 

Schiltel,  Huldreich  23. 

Schipnitz  aus  Weyda,  Johannes 
6,  7,  10,  II,  17,  19,  23,  24, 
27.  3'.  33.  35.  58.  59.  60, 
61,  62—67,  80-83,  85. 

Schleinitz,  Johann  von,  Abt  185. 


Schmiedeberg,  Heinrich  96,  97, 
98,  99,   151,   182  —  18g. 

Schmiedeberg,  Ursula  97,  98. 

Schmidberg,  s.  Becke. 

Schmidt,  Ludwig   108. 

Schüncfeld,  Christof  12,  74,  76, 
84,    180,    181. 

Schonfeld,  s.  .Schönefeld. 

Schott,  Johannes  21. 

Schrader,  Heinrich,  von  Braun- 
schweig 76. 

Schuiteti  de  Frankenfordis,  Nico- 
laus 6. 

Schultet!  von  Wittenberg,  Paul  61. 

Schwab,  s.  Schwabe. 

Schwabe     von    Leipzig,    Johann 

72,  84. 
SchwofTheimvon  L!cgnitz,Vincenz 

6,   103,  184,   185 — 191. 
Schwof  heim    von    Görlitz,    Paul 

73,  «77. 

Scultetus  de  Glogowia,  Johannes 

128. 
Sculteti,  Nicolaus    10. 
Senfelder,  Leopold    14,   208. 
Serapion   19. 
Silber,  Johann   14. 
Slantitz,  Heinrich    iio. 
Sperber,  Mag.  Joh.   175. 
Sprottaw,  s.  Meurer,  Johannes. 
Stabius,  Johann   128. 
Staets,  Dr.  med.  Benedikt  44,  45, 

178. 
Staets,  Vinzenz  71,  72,  73. 
Starten   von   Osnabrück,    Lubert 

6,   10. 
Slauffmann,  s.  Stofcnianu. 
Steinmetz,  Dr.  Johann  86. 
Stephanus   18. 
Stockton  Hough    114,   ii". 
Stöckel,  Wolfgang,  aus  München 

115,   119,   120,   121. 
Stofemann  f  Stoveman)  de  Luckow, 

Johannes  6,  59,  60. 
Stromer  von  Auerb.ich,  Heinrich 

10, 1 1,  47,77,  79,169, 170, 178. 
Stuchs,  Georg  125,   148. 
Stübel  8,   15,  17,  40,  45,  46,  47, 

5'.   53.    54,   56,   62,    73,    76, 

83,  85,  88,  89,  104,  131,  152. 
Stuflmann,  s.  Stofemann. 
Sturmhocfel,  Konrad   145. 
Swingenfels,   Heinricus,  Oculista 

58. 


Niuiicnte(;istcr. 


Taddeo   i8. 

Tansletler,  Gcoiv    uS. 
Ihanncr,  Jakob   132,   143. 
Thicmc,  s.  Thymc. 
Thomas  von  Ai|iiiiio    lijt. 
Thorbecke,  August    14. 
Ihymc  von  Fteyenstadt,  Alexius 

61. 
Tockonburg,  Johann  von,  tikiilist 

Ol  f. 
Tocklcr,    Konrad    (Noricus)    13, 

47,   56.   57.   75,   84,   87,   88. 

128,   170,   177. 
Toccklcr,  s.  Tockicr. 
Töply,   R.  von    123. 
rolhopf,  Magister  Hans    40,  41, 

125. 
Tolophus,  Janus  40. 
rorrigiano,  s.  Trusianus. 
Trusianus   13. 
Tübinger  aus   Wittenberg,    Peter 

44,    178. 


Udcritz,  Johannes   17. 

Vinccncius  de  Nyssa   <;. 

Vogel,  J.  J.  5.  ''.  'O,  ",  '2, 
62,  64,    131. 

Voigt  von  Naumburg,  Vin/.enz 
65,  80,  83. 

Vorschove  de  Monastcrio,  Bern- 
hard 4. 

Voulli<-nie    I  ;7. 


Wagh  von  Halle,  Johann  10,  II, 
24.  27,  66,  69,  70,  71,  72,  73, 
80,  81,  84,  85,  142,  143,  152, 
180. 

Wagner  aus  Landsberg,  Johann 
10,  II,  13,  23,  24,  36,  43, 
69,  7',  72.  73.  74>  76,  83. 
84,  85,  143,  154,  155,  170, 
176,  179. 

Wenzel,   König  von  Böhmen   3. 


Wetter,  Dr.  8a. 

Woyda,  Johann  von,  s.  Schipnitii. 
Wickcrsheimer,  Ernst    199. 
Wilhelm,    Herzog    von    Sachsen 

8.  53- 
Wilhelm    von    Saliceto    (l'lacen- 

tinus)   16,    III. 
Wilhclmus    109. 
Winipina,  Konrad    75,  102,    103, 

114,    116,    125,    147,    155. 
Wollgang,  Graf  von  Anhall    116. 
Wolkcnstein,  Katharina  95. 
Wustmann,    (iustav    36,   77,  86, 

97,   125- 
Wyaw,   Vincentius   4. 


Zarnckc,  Friedrich  8,  10,  11,  21, 

22,  55,   73.   '3'.   159,   '72. 
Zoch,  Dr.  jur.  Laurentius   175. 


Studien -Heft  8.     (Sud  hoff,   Die  q^^f  j 

medizinische  Fakultät  zu  Leipzig.) 


^^^^:^^  -c):i--c<^  .^:occ.K^.r  .:^w.. 


Eine  Seite  aus  dem   ältesten  Statutcnbiiche  der  Leipziger  medizinischen  Fakultät. 
Beginn  der  Eintragungen  über  Promotionen  und   Rezeptionen. 


Studien -Heft  8.     (Sudhoff,    Die 
medizinische  Fakultät  zu  Leipzig.) 


Taf.  II. 


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''n    \-«'      I  fr  "(^    --"V    C   f^y..  •   , 


Dekanatskonto, 

angelegt  auf  der  Innenseite  des  hinteren   Kinbanddeckels  des  Statutenbuches 

von  Dekan  Dr.  Johann  Schipnitz  von  Weyda. 


i 


Stiidun- 1  Iclt  >       .Mi.lln.ll,    I  "i.' 
mcdizini.sclic  l-alailtät  zu  Leipzig.) 


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2  T3 


Studien- llctt  M.     (MkIIk-M.    Die 
medizinische  Fakultät  zu  Leipzig.) 


Taf.  IV. 


L 


.  I)lt  Stcrt)endc'"   vi>n   Lukas  (  r.iiKicli   d    Alt    vom    .Sclinn(lhm;;''-clu-n 
weiland  in  der  NikolaiUirclie  zu  Leipzig,  gemalt    l.'il^ 
(Grabmal  des  Dekans  Valentin  Becke  von  Schmiedeberg). 


\ltar- 


Studien   I  l<-lt   N.      (Xulliiiff,    Die 
mciii/iiiisclic  Fakultät  zu  Lcipzij^.) 


'Inf.  Y 


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Studien-Heft  8.  (Sudhoff,  Die  Taf.  VI. 

medizin.    Fakultät    zu    Leipzig.'»  , 

CompnttniiiEiIiiis  plit 

öromra:a)f  afnrrationt  \  roiruptiör  attp 
tt  ^niii  3lrf  ftotf  lis  ro:rf  fponlf 8:iiS  finr  ac 
rurara  luriöiirimans  'ük  nis  nuf  ör  m  riu 
mljiatm.«tiarq8lirt  %\mx  tortDtisan 
gflindfwtjti  ifj  0^l|omaiutOftiirimo?plite 
tmtrptctü  Dolumimlius  attmte  CQUQtRu; 

Tfeic  qm  Doctrinas  multum  fulgcrc  pzobflras 

"^idcnr.ct  fcirae  conuigilalTc  nianus 
iDoctrtoquiß  tiruloö  ftudeat  pzebcrc  venulToö 

i3gidiOTZbomc:quiDocuercbcne  ^ — ■ 

(fptgräntaaiKttmatotem 

i£ui  fint  bnmani  fpcctatoz  cozpozis  vnx^Q 

Jllis  que  xirtns  officiumqj  fimnl 
'Xt'^  quo(B  fint  piomtjö  qucuis  Dcfcripta  fignn'd 

"Hpic  Cläre  offcnacö.intucare  modo 

domptntiioradapttts  plpGdS)C' 
rlarano:p»nripaltu  tturoam  roipo 
rts  mrmliwü  6suras  luimto  oftm 
ttns '  plplofoplpt  alumms  atimo' 
öuin  ptofuwra^ 

)^  in  fußiotilius  omnts  potrntie 
?  otßf  tatiuf  ^  ff  nfitmt«  tantp  matt 

rialee  7  o.'gJtncepcr  fiia  ojgana.quibusalUganf.  funt  notific« 

tc.^dfo  vt  iioiutii  pl)ilofopbflrici>picntc8  aliqiialciUcKÜo?ga 

,,v>,«  ,j3bcantpcnci3.lMflctJit  banc fuccuictl  ?  b:eui(Timä/Capm8 pbificiflb 

iiinqcre  ctcürationc./Cjrca  cuiua  aclarationc  a  toro  nöimmcrito  cd  mcipu-ir 

Gesamt-Titcl   und  Untertitel  des  anatomischen  Abschnittes  von  l*e>iigks  „Compendiunv  ,1499) 


Studien-Heft  8.  (Sud  ho  ff,  Die 
medizin.    Fakultät    zu    Leipzig.) 


laf.  VII. 


IrrtJöTirii^^batartJ  f ögifitFa  S>m^\\» 


Xt^trr 


Situsbild  aus  Peyügks  Compendium  ^1499). 


Studien-Heft  8.  (Sudhoff,  Die 
inedizin.    Fakultät    zu    Leipzig.) 


Taf.  VIII. 


fison 


J^curricuUcfrcb.'i 


Jfranei 


^acnrt3 


ccrebn 


2$ntmoi  £^cdiü8  ^oRrcmüB 

2 


tmiurteruäiB 


^tcmva}iLi9 


y^jttiAAdOiti 


l^machiU» 


xCapfulfl  co:(ii8 


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Yotacbilia 


ifpart'8 


TRamus  Vene  cbilis 


gctites 


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te 


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ftomacbi 
cojpozis 


dC8 


Organ-Abbildungen  aus  Peyligks  Compendium  (1499). 


Studicn-1  left  8.  (Sudhoff,  Die 
medizin.    Fakultät    zu    Lciii/.is^.l 


laf.  IX. 


i^  55  J3-  -5  tJ  ai'=  <p  -2  f 


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^s*5^^2"'l-?'^'i  g.-p 
|ii§tf  §#s'^^i 


Studicn-I  left  8.  (Siulh..ff,  Die 
medi/.in.   Fakultät    zu    Lei[)xig.) 


'laf.  X. 


Studien- Heft  8.  (Sudhot t,  Die 
medizin.   Fakultät   zu    Leipzig.) 

tneri  tfffopbag* 


Taf.  XL 
TR«»muoven«cbm8 

fi:ffiHlllMll\Tii\wnirmTp 


vltfm  f  mß  neruo^ 


ifiguwmrttrirts 


Xfft(CUlU9 


tlarctfcminalis 


Cotnm 


Qffic« 


furcul« 


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1^        5^ 


Scuröo2i>  ftomscbi". 


STclticutuff 


tM»  femitiQUii 


Oi'iu« 


Aus  Magnus  Hundts  „Antropologium",  1501. 


Studien-1  Icft  8.  (Sudhoff,  Die 
medizin.    Fakultät    u\    Leipzig.) 

^madiiatiua  t^bantolb  Coriürtoa  tD<;mo:fa 


7a/-  -^/Z- 


Situsbild  der  „Compendiosa  declarati""  von   1316. 


Studien-Heft  8.  (Sudhotf,  Die 
medizin.   Fakultät    zu    Leipzig.) 


Taf.  XIII. 


Studien-Heft  8.  (Sud hoff,  Die  Taf.  XIV. 

medizin.    l'^akultat    zu    I.eipzitj.'* 

Cafiior  ^f  ßlfr  iDortoi  rartanar  llutiialio  farüntatfm. 

p«(Trti!ai1llrt>lbl/'T>*njmpdtifpmüargnmfti  MrpDUti6üi<irtMfeBim4»p»ti«rmi?  plffiKpanJoio  nj«nmbjriM<ttffdrt<ip«l 
Il('}fandnin6ign4'rt  intcrta/iicqujqjnrglig^nea/öcpjaijtionibue  :purgatroniho(q«niae<tui /iimmfi  rtÄfUff»«  bifoitifil/ 
«((iOic  plmJtp'f  t  fcopum  idü  nunimc  iit|ct)Ddl  miOuuf/nd  »ri'i  ttnicre  (lurgatoitu  banön  «fl  nufcKartioitüTwqi  rbarmac»  fonj 
irntjneiitioit'iniri  p»ruulofi(Timi.<apiopur/uqj  vnOc()a.3i^coipa:ie  oculatus  3rfp8  fit  mcOioi*  | olcftCT fcofta» commri ß» 
fplccT«  ac  apptnOnr«  ötbrttgn  fjcutcjtj :  naum  :  anni  umpu«  :  Um^ttramcnCii/coipoii*  babioi :  plmiH>&m< :  ftfrfjionf  :  <»«r«l 
Kit  am :  cffutcubm; :  finibomac  J  CT(Ucun5i({  bumortB  nmtunMli'^'Uc  (Ulfbi  (|jci|fiait>f  nxtiunK  cciibit«:re  ^^l^ol)m  i^t 
«joibo»  omniba«  conclufiOfit»  C>i|'iucKnOje  bi  mcOutm  ^po|ui'nue/txHt  jnu«  mrOuiiw  fhiOlOJO*4fr  ^  tfaUlmiMXM  gOtlM/ 

röurttia* 

\tfMtttt  ^TTfbWrdFatd«  m«W  mdfm'iim  «jinlarttfr  porgatofto  imbtcanwitt»  t>«<a«m 

«si^irUUI(I>|')iaiifiC(.'onrpKan:cgn  vutu«ni:ccje(n  :<öplnicn^.fotfnAn>:rtriU(wn<M](tt<n!4IBt{ttDipi0: 401011  iltgitfljtl. 
«nfu<iuOin(in  <t  ^uiOomm  :  3pru'|'>P  fjoniotie  frcnncnOi  concociionoti. 

peiniii  Conrlußa. 
öfrunöaronrlußc. 

^  Cor4  mojbdmm  Mm  fcifantJbnt  t  q5^«r*{^tt«lD11  niacBJtwnwbmcpda  t(nt4n6anonijIt 
«3«9  fauuc  c[i  («»  m»tt>9»  rcguuuH  im(ui  c  (ömiiKit. 

CntiafonrIiiGo 

^  (S<T9:(n«n f4c((Qxtip;t>iIvkl!0:ant %\\  qoi  f  n< ti|ainiin(/in omni (Mttporgat^i^e ctBiKDr mcMMniRti«« 

ißunrtaronclufio. 

(Q  ^pertptm'ü  cf!  mctüä  4nt(  pf)4rntAa  (rt><^ieion;  art<m'cöpM«n(m :  (btmam  t  et  nptctfcnmt  (grfpat(^^ 

röutntnfonclufia» 

|([  iCtinpoe  4nnt  m  (^f^ibai^ü  pargdtionA^oe  pcrintit  act^  x*^io  in  qua  b(Q(t  (gtr  ccnfit<r4il60l)l  t/f« 

&mnronrlufm. 

f[  ^1  fmifiirf(r"'"> 'P'St^e  part«/öt> tjfrfnti»  «■  «rolunf«  fStfima/rpirimn  bcliIctjH  i  rt  «*;p»iV  hiittifb(MtfTi«A(«4K«n^/fMil 
fecnic};  ptopccr  rabibi  calo:ie  arrie  noe  aftibicntie/fuid  pll^gaN^l<\^  iriciiOM  (ra<n«lK;aif^UUItllltC(^rlirQa(«tn  uMtUU/M 
IHIMI  incPK4Uicn(9uia>  vjue  Oit^kilt»  t\\ :  naiurt«^  a&nic&iuii  molrpue. 

örptnnaronrulfio* 
t^rtmiaronfluno. 

C  3"  (X^itxnbü  mtbidnl«  porsmcitio»  confucoibo  ac  acci'tmcui  foliu  cgri«  dKninflutt  confT(ff4i)(«b 

SRonacontlurm« 

C  C9rtC0<U  mAüommti»  V40I4K :  moon«^  n«rt  imba/cpcQUt.rrfq-,  in  ptindpfc/nifi  ongnuit 

Conrluricrrtrnimonn0* 

C  ^34Pt)  inc^ocnü  ^  n«nsQie  mcilte  noIU  41  rfuc  (;cin^ie  c;uii«tu(ica((  p(c(^v((f  Dr£At6ti«  1  (^i^'f<^ 
Ein   Leipziger  medizinisciies  Disputationsprogramiu  (15 12). 


Studien-Heft  S.  (Sudhoff,  Die 
niediiiri.    Fatcultät    zu    Leipzig.) 


Taf.  XV. 


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Studien-IIeft  8.  (Sudhoff,  Die  7"-//.  XVf. 

mediiin.   Fakultät    zu    Leipzig.)  1 

Ifftotinfugatitit^ 

nt0  ptüortö  in 

meDtfina  aD 

l)onorealml 

gftnna 

ftilip 
fcn 

fi0 

UStalTrcbötiaclSimonem  pifloris 
Cui  tocieno  non  eo  veritue  noua  bclla  moucrc 

iJtifurgii  cötra  pulucmlcntus  cqucs 
Cuarc  age  nö  opus  cd  pifto:  modo  panib"'.  bcc  rc3 

Jiidigct  armati  viribus  mgenii 
Ibc  tibi  cü  Defint.cti  quc  non  ante  vidcbaö 

KcU  tuü  fcrmnt  fangmnolenia  capuc 

tx^\nax[ont  fdcnlcdtifat  ^  .m 

bcnriom  <t  jmagiflro  ConV-  /^A/ffllrtöij 

Cmn\ 

f  ^Jf^UctiMioCoKcgq  pUndpifl, 

C   iErcmplartafacißbfntpjffpjrenbie 
2^accaUriue  m»?tnnuo  vjctbipolenpg  • 

ne    n^P  -Öi.,,^^     ;  5"  ^  7     A^  IVnr»>m>;'  ^-»nc^Ar,   ro^r^cJi^ 

1.  Titelblatt  der  letzten  Streitschrift  l'oUichs.      2.  Vorlesungsanzeigc  von  Konra<l  Tockler 
(über  die  „Spera  materialis")  von    i  507. 


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Sudhoff,  Karl 

Die  Medizinische  fakultät 
zu  Leipzig  im  ersten  Jahrhun- 
dert der  Universität 


BloMeä 


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-^5UB'.    7^k\ 


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